SCHÜLERAUFSÄTZE VON 1925/26/27
(übertragen von Hans Auer)
Lichtmess
1. Lichtmess in der Natur
2. Lichtmess in der Kirche
3. Lichtmess bei Bauern und Dienstboten
4. Lichtmessmarkt
Schluss
Ausführung
Lichtmess ist fast mitten im Winter. Andere Jahre hatte es große Schneemassen. Heuer war das nicht der Fall. Am Morgen war es wohl ein wenig frisch, aber gegen Mittag wurde es ganz angenehm warm. Es war ein wunderschöner Tag. Manche Frühlingsblumen blühten schon aufs herrlichste. Zum Beispiel guckte das gelbe Himmelschlüsselchen aus der Erde hervor. Der stengellose Enzian war bereits aus seinem dunklen Grabe herausgeschlüpft und stand in seinem blauen Röckchen schön und stramm da. Der Frühlingssafran mit den weißen oder violetten Blütenblättern zierte auch schon die Wiesen. Aber nicht nur im Freien, sondern auch in den Wohnungen der Menschen schmückten so manche blühende Blumen die Fenster. Um dreiviertel sieben Uhr war in der Kirche der feierliche Gottesdienst. Vor der heiligen Messe wurden Kerzen geweiht. In jedem Hause sollte wenigstens eine geweihte Kerze sein, denn auf ihr liegt ein besonderer Schutz und Segen. Die besorgte Hausmutter zündet sie im Sommer bei Hochgewittern, am Sterbebette eines Kranken und bei einem Versehgange an. Nach dem Gottesdienste begeben sich die Leute wieder heim. Die Bäuerin kocht ein kräftiges Mittagsmahl. Nach dem Essen geht der Bauer in seine Kammer und holt die vollgefüllte Brieftasche herab in die Stube. Den Knechten und Mägden wird der verdiente Lohn ausbezahlt. Dienstboten, welche noch beim gleichen Bauern dienen, bekommen noch etwas mehr als die anderen. Alsdann packen sie ihre sieben Habseligkeiten samt dem Gelde in ein Koffer, schütteln sich noch einmal kräftig die Hände und verlassen mit einem "B'hüt Gott!" das Haus. Tags darauf ist in Sillian ein großer Markt. Er wird besonders von Knechten und Mägden besucht, weil sie in diesen Tagen Geld in den Säcken haben. Wenn das Nötigste eingekauft ist, geht man in ein Gasthaus, isst und trinkt und ist fröhlich. Am Lichtmessmarkte wird manchesmal sehr viel Unfug und andere Dummheiten getrieben. Das soll aber nicht sein: Ordentlich und ohne Rausch sollte man wieder nach Hause gehen. Nach Lichtmess haben die Dienstboten einige Tage frei. Diese nennt man „Schlangeltage." Wenn diese Zeit vorüber ist, stehen sie wieder wohlgemut in den neuen Ort ein.
Die Arbeiten der Bauern im Laufe des Jahres
Die Bauersleute müssen ihr Brot wahrlich im Schweiße das Angesichtes essen. Von früh bis spät haben sie alle Hände voll Arbeit. Es gibt dabei aber vielerlei Abwechslungen. Und dazu können sie in Gottes freier Natur arbeiten. Das gibt ihnen frohen Mut und Ausdauer. Kaum hat die Sonne mit dem Schnee aufgeräumt und ist die Natur zu neuem Leben erwacht, beginnen die Arbeiten des Bauern auf dem Felde. Da sieht man den Erdkarren feldauf und feldab rollen, Düngerfuhren kommen auf Wiesen und Äcker gefahren. Nicht lange währt es und es wandert der Pflug über den Acker, Furche um Furche umgrabend. Hinter ihm her sind Knechte und Mägde, welche mit der Haue die Erdschollen zerbröckeln. Sind diese Arbeiten getan, so schreitet der Sämann mit bedächtigen Schritten über den Acker, die Samenkörner ausstreuend. Die Egge unterwühlt die Körner. Ein Acker wird. für die Kartoffeln freigelassen. Hier werden dünne Furchen gegraben und die Kartoffeln hineingegeben und hierauf zugemacht. Die Männer gehen in den Wald, Holz zum Verkaufe oder zu eigenen Zwecken zu fällen und zu bearbeiten. Die Frauen bleichen das Tuch, welches sie im Winter gesponnen und gewoben haben und reinigen den Acker vom Unkraute. Nun beginnt die Heumahd. Schon am vorigen Tag werden die Sensen hervorgeholt und gedengelt. Wann am nächsten Morgen die Sonne aufgeht, liegt schon Mahde neben Mahde. Ist das Gras auf der einen Seite getrocknet, wird es gewendet, dann in Reihen zusammengerecht, aufgeladen und in die Scheune geführt. Ist im Tale das Heu eingebracht, dann geht es auf die Bergwiesen. Sobald auch dort alles unter Dach gebracht ist, dann ist es Zeit zum Kornschnitt. Bald sind von den wogenden Getreidefeldern nur mehr die Stoppeln übrig. Nachher beginnt die Grummeternte. Jetzt werden die Kartoffeln eingeerntet. In der Tenne geht das Dreschen los. Ist die Flur mit Schnee zugedeckt, so machen sich die Männer auf, machen Weg und bringen das Bergheu, Holz und Stroh nach Hause, während die Frauen und Mädchen in der warmen Stube das Spinnrad und die Zunge um die Wette laufen lassen. Dies ist ein kurzer Überblick über die ländlichen Arbeiten.
Die liebe Sonne (1)
Der grimmige Winter hat seine Habseligkeiten wieder zusammengepackt und dem Frühling Platz gemacht. Die Sonne steigt am Himmelsbogen immer höher, und Jung und Alt freuen sich über sie. Auch die Vögel begrüßen sie schon am frühen Morgen als ihre Mutter und Lebensspenderin. Sie bringt Tieren, Pflanzen und Menschen neues Leben, spendet Gesundheit und Kraft und fördert das Wachstum der Pflanzen. Wer nur kann, geht in Gottes freie Natur und atmet frische, reine Luft ein. Überall, wo die Sonne ihr Licht ausgießt, herrscht Frohsinn. Wie herrlich kleidet sie die Blumen und den Wald, und wie schön schimmert am hohen Horizonte am Morgen und am Abend ihr purpurnes Rot! Ferner bringt sie Segen und Reichtum. Sie füllt dem Landmann die Scheune und dem Winzer den Weinkeller. Überall überhäuft sie die Menschen mit Segen.
Wiege und Sarg
(Ein Vergleich)
Einleitung: Die zwei wichtigsten Ruhestätten
1)In beide wird der Mensch hineingelegt
2)In beiden schläft er
3)An Wiege und Sarg wird geweint
4)An beiden wird gehofft und gebetet
Schluss
Ausführung
Es gibt mehrere Ruhestätten, wovon die Wiege und der Sarg wohl die zwei wichtigsten sind. Die Wiege steht am Eingange des menschlichen Lebens, der Sarg am Ausgange desselben. Manchmal sind sie nur eine Spanne voneinander entfernt, wenn das Kind früh stirbt. In die Wiege wird das Kind liebkosend von der Mutter hineingelegt. Es weiß noch nichts von den irdischen Nöten und Sorgen. Und in den Sarg wird der erstarrte Leichnam des Verstorbenen hineingelegt. Auch diesen trübt kein Ungemach mehr. Das Kind schläft in der Wiege einen erquickenden Schlaf, der Tote den Todesschlaf. An beiden werden viele Tränen vergossen. An der Wiege werden Tränen der Freude, am Sarge Tränen der Trauer geweint. Die Mutter betet viel für ihr Kind, damit es gut aufwächst. Sie verlässt die Wiege nie, ohne es zu segnen. Wenn dann einmal die Eltern gestorben sind, so beten auch die Kinder für sie und hoffen, dass sie auf die rechte Seite kommen. Wiege und Sarg sind nur aus ein paar Brettern zusammengemacht, die den Menschen bergen.
Die liebe Sonne (2)
Der Frühling naht heran. Die Sonne geht schon früher auf und später unter. Jung und Alt haben Freude mit ihr. Der Mond und die Sterne erblassen und verkriechen sich hinter den Bergen, wenn die Sonne kommt. Die Vögel grüßen sie mit den schönsten Liedern. Die Blumen öffnen sich und sehnen sich nach den warmen Strahlen der Sonne. Sie nimmt dies mit voller Freude an und will auch das Ihrige tun. Sie weckt die Blümlein und Gräslein aus ihrem Schlafe. Sie macht die Tautröpfchen zu Perlen. Weiters bringt die Sonne Leben, Gesundheit und Kraft. Wer die Sonne flieht, ist nie ein gesunder Mensch. Man soll die Sonne lieben, suchen und zu ihr gehen. Überall, wo sie ihr Licht ausgießt, herrscht Frohsinn. Wie schön und bunt kleidet sie die Blumen! Die Berge schimmern und leuchten im Abendrot. Die Sonne füllt dem Landmann die Scheunen, Harpfen und Heuhütten. Sie bringt den Segen über die ganze Welt.
Ein Tag in unserer Schule
Nach dem Gesetze der Schulordnung sollen wir wenigstens fünf Minuten vor dem Zusammenläuten in der Klasse versammelt sein. Dann packen wir unsere Schulsachen aus. Einige Kinder gehen zum warmen Ofen und wärmen sich bei demselben. Nach und nach füllt sich das Schulzimmer. Jetzt verkündet vom Kirchturme herab das liebe Glöcklein den Beginn der hl. Messe. Der Herr Lehrer gibt das Kommando zum Antreten. Wir treten ruhig und schweigsam an und gehen dann zur Schulmesse. Nach dieser gehen wir ebenfalls wieder ruhig herab, legen unsere Kopfbedeckungen und Oberkleider ab, treten, den Herrn Lehrer höflich grüßend, ein und begeben uns dann ruhig auf den Platz. Der Lehrer gibt ein Zeichen; wir erheben uns und beten ein andächtiges Schulgebet. Dann beginnt der Unterricht. Manche Schulstunden gehen rasch vorüber, manche langsam. Um 11 Uhr ist die Schule aus und dann können wir zum Mittagessen heimgehen. Um dreiviertel ein Uhr versammeln wir uns wieder in der Schule. Die beiden Klassenhelfer richten und stellen alles für den kommenden Unterricht her. Die Uhr rückt inzwischen auf ein Uhr vor. Wir beten wiederum ein andächtiges Schulgebet. Der Herr Lehrer hat schon das Nötige für den Unterricht vorbereitet. Der Unterricht beginnt. Es wird den ganzen Nachmittag emsig gearbeitet. Den Unterricht schließen wir mit einem frommen Abschlussgebet. Mit einem Gruß an den Herrn Lehrer treten wir den Heimweg an. Auf dem Heimweg erzählen wir uns manche Geschichte, besprechen dies und jenes und kommen dann manchmal spät nach Hause.
Die Wahrzeichen eines guten Dorfes
Jedes Dorf hat sein eigenes Gepräge. Manchmal kann man sich auch täuschen, dass man ein gutes Dorf für ein schlechtes anschaut, aber im großen und ganzen fehlt man nicht weit: Gehen wir durch ein Dorf und sehen wir an den Fensterbalken wohlgepflegte Blumenstöcke und neben den Häusern frische, duftende Blumengärtchen, so erkennen wir, dass das ein gutes Dorf ist. Ebenfalls auch, wenn bei und nach der Arbeit fröhliche Lieder erklingen, denn böse Menschen haben keine Lieder. Ferner ist es ein gutes Zeichen, wenn die Wohnungen reinlich sind und ebene glatte Wege das Dorf durchziehen. Der Misthaufen soll nicht zu nahe beim Hause sein, sodass das von den Dächern herabfallende Wasser nicht die besten Teile des Mistes wegschwemmt. Ein Sprichwort lautet: Der Misthaufen ist die Fotografie des Landmannes. Trifft man in einem Dorfe eine schön geschmückte Kirche und daneben ein freundliches, gepflegtes Schulhaus, so erkennt man daran deutlich die gute Gemeinde. Ferner ist das Dorf glücklich zu preisen, wenn in demselben wackere Feuerwehrmänner sind und eine gute Feuerversicherung besteht. In den gemeinen Arbeitstagen und an Bauernfeiertagen sollen die Gasthäuser leer stehen. Dafür sollen die Leute aber bei ihrer Beschäftigung anzutreffen sein. Heiligt man in einem Dorfe den Sonntag, indem man sich fleißig beim Gottesdienste und bei anderen Andachten einfindet, sind die Menschen freundlich und dienstfertig untereinander und mit den Fremden höflich. Auch grüßt man dort mit dem schönen deutschen Gruße: Grüß Gott! Daran erkennt man ganz besonders eine gute Gemeinde. Wir wollen uns auch bemühen, das Unsrige beizutragen, den guten Ruf unseres Heimatdörfchens zu erhöhen.
Der Sonnabend
Samstag heißt auch Sonnabend. Auf diesen Tag freut sich die ganze Christenheit, weil er der Mutter Gottes geweiht ist. Man sagt: „Es ist kein Samstag, wo die Sonne nicht einmal am Tage zu Ehren der lieben Gottesmutter scheint.“ Auch den Schulkindern ist der Samstag sehr lieb, denn sie haben am Sonntag keinen Unterricht und brauchen daher die Hausaufgabe erst an diesem Tag zu machen. Aber die Hausfrauen und Mädchen haben am Samstag sehr viel zu tun. Sie müssen die Stuben und Kammern auskehren und scheuern. Die Bauernmädchen tragen die Spinnräder hinauf in die Tenne. Sie kehren alle Spinnennetze von der Decke und von allen Ecken weg und verrichten noch andere wichtige Arbeiten. In der Küche werden die Kupfer-und Messingpfannen rein geputzt, dass sie glänzen wie Gold, und sie reinigen die Eisenpfannen, dass sie wie Silber glänzen. Im Keller wird der Krautbottich geöffnet und Kraut wird herausgetan, denn am Sonntag wird es zu den Knödeln gegessen. Vor dem Hause wird der Weg gekehrt und die Löcher werden mit Steinen ausgefüllt. Die großen Blöcke werden beiseite geschafft. Ist dann am Samstag alles schön aufgeräumt, so haben die Leute viel mehr Freude und bleiben am Sonntag auch lieber daheim. Zuhause spielen die jungen Burschen ein Kartenspiel, die Mädchen machen eine Handarbeit oder schauen nach den Blumen, ob sie eine Knospe haben oder gar aufgeblüht sind. Und dabei hört man oft ein fröhliches Lied erklingen.
In der Herrgottsfrühe
Wer die Schönheiten der Natur voll genießen will, soll am frühen Morgen einen Spaziergang in Gottes freier Natur machen. Es ist, als wenn der Odem Gottes durch die Luft wehen würde. Wenn die Sonne naht, so erscheinen die Berge, als würden sie sich in Gold verwandeln und als würde dieses langsam in das Tal herabrieseln. Die Vögel lassen vergnügt ihre Weisen als Morgenlied ertönen. Die Blumen lachen der Sonne entgegen und zahllose Tautröpfchen erglänzen in der Morgensonne wie bunte Perlen. Nicht umsonst heißt diese Zeit die „Herrgottsfrühe". Sie wird auch Gott geweiht, denn bald klingt das Glöcklein durch die klare und wonnige Morgenluft und ruft die Menschen zur heiligen Messe. Auf dem ganzen Erdkreise, wo Katholiken wohnen, steigt das Gebet derselben zum Himmel. „Morgenstunde hat Gold im Munde", sagt ein altes Sprichwort und mit Recht. Wer in der Früh an die Arbeit geht, dem geht sie gut vonstatten, und er ist dabei frisch und froh. Wer aber der Einladung der Vögel nicht folgt, die kühle Morgenluft scheut, der ist den ganzen Tag launisch und verdrießlich. Zudem macht die Morgenluft gesundes, gutes Blut. Darum soll man früh aufstehen und sich an den Wundern Gottes in der Natur erfreuen.
Das Brotbacken
Das Brotbacken besorgt die fleißige Bauersfrau selbst. Dabei geht es oft sehr heiß her, nicht nur im Ofen, sondern auch außer desselben. Schon den Tag vorher bereitet die Bäuerin den Sauerteig und richtet die sonst noch nötigen Sachen her. Sie hat zum Backen ein Holzscheiterhaus in den Ofen gebaut, Backfleggen und Backständer bereitgestellt. Kaum ist die Mitternacht vorbei, beginnt die Bäuerin die Arbeit. Sie macht zunächst das Feuer in den Ofen hinein. Es werden etliche Säcke voll Mehl in den Backtrog hineingeschüttet. Dann gibt man das Salz hinein sowie Fenchel und Kümmel, Anis und Zigeunerkraut. Es wird warmes Wasser zugegossen, dann besorgt eine Magd die schwere Arbeit, nämlich das Kneten. Das Kneten wird wohl fast eine Stunde dauern. Ist diese Arbeit vollendet, macht die Hausfrau ein Kreuz in den Teig und besprengt ihn mit Weihwasser. Sie deckt den Teig zu, damit er „aufgehen" kann. Nach geraumer Zeit ist der Teig bis oben voll. Man nimmt ihn heraus und macht schöne Brotlaibe davon. Man legt sie der Reihe nach auf die „Fleggen". Die Bäuerin sieht nach dem Feuer und schaut nach, ob es schon niedergebrannt ist. Sie nimmt das im Wasser eingetauchte und an einer langen Stange angebundene Tuch und kehrt damit den Ofen sauber, bis die letzten Kohlenstücke verschwunden sind. Die Brotlaibe werden in den Ofen hineingeschoben. Zuerst bäckt das Brot besser, weil mehr Hitze ist. Wenn man sechs bis sieben Öfen voll gebacken hat, muss man wieder neu einheizen. Mit dem Rest der Hitze dörrt man oft noch Hafer.
Der Getreideanbau in unserer Gegend
Wieviel Mühe und Schweiß kostet es, bis aus dem kleinen Samenkorn das schmackhafte Brot wird. Aber nicht nur die Arbeit macht es allein, sondern der liebe Gott muss den Segen und das Gedeihen geben. Um den Segen und das Gedeihen zu erbitten, wird bei uns alle Jahre am 2. Sonntag nach Ostern ein eigenes Bittfest feierlich gehalten. „Bete und arbeite!" gilt bei allen Menschen, besonders aber beim Bauern. Die erste mühselige Arbeit, wenn sie nicht schon im Herbst verrichtet worden ist, ist wohl das „Erdeaufführen" an steilen Orten. Soll aber die Frucht gut gedeihen, muss der Acker mit gutem Mist tüchtig gedüngt werden. Kaum hat die liebe Sonne den Boden aufgetrocknet, beeilt sich der Landmann, mit den Seinen das Feld zu bestellen, damit im Herbst das Korn früher zur Reife kommt. Was im Frühjahr um einen Tag früher angebaut wurde, reift im Herbst um acht Tage früher. Sorgfältiges Pflügen, Hauen und Eggen lohnt sich zehnfach. Ist der Acker fertig bestellt, macht die Bäuerin an jedem Eck des Ackers ein Kreuz, um dadurch den Segen Gottes zu erbitten. Am Vorabend des Palmsonntags binden die Knaben von den schönsten Palmzweigen einen Besen und tragen ihn am Sonntag früh in die Kirche zur Weihe. Acht Tage später, am Ostersamstag, sucht die Bäuerin ein schönes Spanscheit und trägt es auch in die Kirche zur Weihe. Am Ostersonntag nachmittag begibt sich ein Kind mit geweihten Palmen, einem Kreuz und Weihwasser auf die Roggenäcker sowie auch auf die anderen neugebauten Äcker und steckt das Kreuz und die Palmen in die Mitte der Äcker und betet, dass die Feldfrüchte gedeihen. Unter Gottes Schutz wächst die Saat aus der Erde hervor und endlich kommt die Zeit zum Jäten. Diese Arbeit sollte man mit größter Sorgfalt durchführen. Hier sagt man allgemein. „Beim Jäten: haben die Weiberleut' goldene Hände." Während der Heumahd ist das Getreide in der schönsten Blüte. Zu dieser Zeit geht der Bauer mit seiner Familie voll Freude hinaus auf die schönen grünen Felder. Mitunter schleicht ihm aber auch eine Furcht über den Rücken hinauf, denn er ist besorgt, dass wohl der Hagel die Frucht nicht zerschlägt. Gegen Abwendung dieses Übels besucht er fleißig die Samstagrosenkränze und am Sonntag die vier heiligen Evangelien und betet um den Schutz und den Segen Gottes für sein Feld. Gegen Ende August hat die heiße Sonne das Getreide zur Reife gebracht. Trotz Müdigkeit gehen die Schnitter mit den blitzenden Sicheln hinaus aufs Feld und schneiden die schweren Ähren ab. Nach einigen Stunden liegen lange Reihen von Garben auf den Stoppeln. Die schweren Garben werden gebunden und in Schobern aufgestellt oder in die „Harpfe" gebracht, wo das Getreide ganz ausreifen kann und von allem Unwetter geschützt ist. Von der Harpfe wird das Getreide heimgebracht und gedroschen. Von da wandert das Korn in den Kornkasten und einige Zeit nachher in die Mühle. Für die reiche Ernte zu danken, geht der Bauer mit seiner Familie am Kirchweihsonntag in die Kirche und singt ein feierliches „Te deum laudamus", d. h. „Großer Gott, wir loben dich.....“
Der Palmsonntag
Der Palmsonntag ist vor der ernsten und geheimnisvollen Karwoche. Einige Tage zuvor gehen die Knaben und die Mädchen hinaus, Palmreisig zu suchen. Die Knaben freuen sich besonders auf den Palmsonntag. Sobald dieser Tag gekommen ist, gehen sie schon früh in die Kirche. Dort fängt der Gottesdienst an. Vor dem Gottesdienste weiht der Priester die „Palmbesen“. Dann tragen die Buben die „Palmbesen“ heraus und verkaufen einige davon. Sie sind froh, wenn sie einige Groschen bekommen. Einen tragen sie nach Hause. Der Vater bricht einige Zweige ab und steckt sie über die Stalltür und hinter das Kruzifix. Auch über die Türe jeder Kammer werden ein paar Zweige hinaufgesteckt. Am Karsamstag machen die Kinder vom geweihten Holz Kreuze, nehmen Palmzweige mit und stecken sie auf die umgebauten Äcker. Wenn im Sommer ein Gewitter kommt, so zündet die Mutter Palmkätzchen an, damit Gott das Haus vor Blitz und Donner beschütze.
Der Jahrmarkt
In Sillian werden wie in allen größeren Orten im Laufe des Jahres mehrere Märkte abgehalten. So hält man am 2. Jänner den sogenannten Neujahrsmarkt, am 3. Februar den Lichtmessmarkt, weiters den Fastenmarkt, den Ostermarkt usw. ab. In jedem Orte, in welchem Märkte abgehalten werden, ist ein eigener Platz dazu da, der Marktplatz. Hier sind Schrauben in Pflöcke getrieben, an welche das Vieh angehängt wird. Am Vorabend des Marktes werden lange Reihen von Ständern aufgestellt. Am Markttag selbst sieht man schon in aller Frühe Zuzüge von allen Seiten dem Marktplatz zueilen. Die Händler machen dort ihre Ware zurecht. Bald zeigt sich auf dem Marktplatz reges Leben und Treiben. Leute eilen geschäftig hin und her. Die Viehhändler machen sich an die Bauern heran und handeln nun den Preis des Viehes. Auf den Ständen haben sich Spielwarenhändler, Hut- und Eisenwarenhändler, Schnittwarenverkäufer und Leute, welche Körbe, Rechen und andere Gerätschaften für den Bauern zu verkaufen haben, angesammelt. Auch allerlei Tingl-Tangl wird feilgeboten. Besonders die Juden machen sich bemerkbar. Sie preisen laut ihre Waren an und haben meistens eine große Zuhörerschar um sich. Für den Magen ist gleichfalls gesorgt. Da sind Verkäufer, welche Obst, Bäckereien und andere Leckerbissen feilhalten. Im Herbst verschmähen die Märktler auch ein paar Kastanien nicht. Gegen Nachmittag und Abend leert sich allmählich der Marktplatz. Besonnene Leute gehen nach Hause, andere ins Gasthaus und machen sich einen guten Abend. Die Kaufleute beeilen sich, um noch rechtzeitig auf den Bahnhof zu gelangen. So geschäftig es am Tag ist, so ruhig ist es am Abend. Manches verspätete Stück Vieh, welches keinen Käufer gefunden hat, ist zu sehen.
Ein Winterabend daheim (1)
Sobald die Sonne auf den höchsten Bergen verschwunden ist und es zu dämmern anfängt, so ist der Abend angebrochen. Die Männer kommen von der Holzarbeit, und wir Schüler kommen aus der Schule heim. Dann wird eine ordentliche Jause gegessen. Die Frauen schieben ihre Spinnräder beiseite, um in der Küche ihre Arbeiten zu verrichten. Die Schwester geht in den Stall, um das Vieh zu füttern. Der Vater legt sich ein wenig hinter den Ofen und geht dann auch in den Stall, um die Schafe zu füttern. Der Much und der Anton lesen Geschichtenbücher oder den Volksboten. Unterdessen hat die Mutter das Abendessen hergerichtet und die Schwester die anderen Arbeiten verrichtet. Wir setzen uns alle zum Tisch und essen mit gutem Appetit. Hernach beten wir den gemeinsamen Rosenkranz. Die Kinder gehen früher zu Bett, damit sie am Morgen früh aufstehen können. Nach dem Rosenkranz segnet uns alle zuerst der Vater, dann die Mutter mit Weihwasser. Wir machen das Kreuzzeichen, und mit dem schönen Gruß „Gelobt sei Jesus Christus!“ gehen wir aus der Stube. Wir stapfen lärmend und polternd über die Stiege hinauf in die Kammer.
Die Linde
Die Linde ist ein stattlicher Baum mit dichter Laubkrone und wird gerne in der Nähe von Häusern angepflanzt. Es gibt zwei Arten von Linden: die kleinblättrige oder Winterlinde und die großblättrige oder Sommerlinde. Der Blütenstil trägt bei der Sommerlinde zwei bis drei, bei der Winterlinde fünf bis sieben Blüten in Trugdolden. Die wohlriechenden Blüten erscheinen im Juni und verbreiten einen weithin wahrnehmbaren Duft und sind sehr reich an Nektar. Eine blühende Linde wird daher von Tausenden Bienen und Insekten umschwärmt. Die Blüten geben einen vorzüglichen Schwitztee ab und sollten daher in keiner Hausapotheke fehlen. Das Holz ist weich und zäh und eignet sich am besten zu Schnitzereien. Die Linden erreichen ein sehr hohes Alter. Sie leben auch dann noch fort, wenn ihr Inneres schon verfault ist. Der Kirchplatz in Sillian heißt heute noch „Unter der Linde“. Dort stand eine Linde von riesiger Größe. Sie wird wohl fünfhundert Jahre alt gewesen sein. Unter ihrem Schattendach saßen einst die Richter von Heinfels zu Gerichte. Die Riesenlinde hatte nach früheren Angaben einen Umfang von 23 Wiener Ellen, das sind 18 Meter. Im ausgehöhlten Stamm konnte eine Familie bequem Wohnung und Obdach finden. Diese alte, erhabene Zierde des Marktes hat ein Windstoß am 30. Juni 1836 eingestürzt.
Die Fruchtwechselwirtschaft in unserer Gegend
Jede Getreideart, überhaupt jede Pflanze zieht aus dem Boden nur jene Nahrungsstoffe, die ihr gedeihlich sind. Baut man daher auf dem gleichen Acker mehrere Jahre nacheinander die gleiche Getreideart an, so findet sie ihre Nahrungsstoffe nicht mehr in genügender Menge. Sie muss hungern und verkümmern. Eine andere Getreideart gedeiht auf dem gleichen Acker wieder vortrefflich. Darauf gründet sich die Fruchtwechselwirtschaft. In unserer Gegend baut man allgemein so an: Auf die neu umgebaute „Egart“ sät man Hafer oder Flachs und setzt Kartoffeln. Im zweiten Jahr wird der Acker mit Sommerweizen oder zum Teil auch mit Gerste bestellt, und im Herbst desselben Jahres folgt Winterroggen, der dann im nächsten Jahr zur Reife kommt. Hafer, Sommerweizen, Winterrogen ist hier die bestbewährte Fruchtfolge. Hülsenfrüchte und Kartoffeln, die nur in geringer Menge angebaut werden, baut man manchmal auf „zähen“ Äckern, um den Boden wieder locker und mürbe zu machen. Hat man den Acker neun bis zwölf Jahre auf die oben angegebene Weise bebaut, so lässt man ihn wieder 8 bis 10 Jahre „liegen“. Er ist dann eine „Egart“ und wird im Jahr zweimal gemäht.
Unsere Laubbäume
Obwohl geschlossene Laubwälder in unserer Gegend nicht vorkommen, treffen wir doch verschiedene Laubbäume an. Sehr viel angepflanzt wird die Esche, denn sie liefert reichliches und nahrhaftes Futter für unsere Haustiere und vortreffliches Holz für Tischler, Drechsler und Wagner. Nicht selten trifft man die Eberesche mit den roten Beeren. Die Traubenkirsche (Elze) erfreut uns im Mai und Juni mit ihrer Blütenpracht und dem angenehmen, starken Geruch. Die Linden sind stattliche und besonders wegen ihrer heilkräftigen Blüten beliebte Bäume. Sie war der Lieblingsbaum der alten Deutschen. Man pflanzt sie mit Vorliebe in der Nähe von Häusern an. Die weißrindigen Birken geben dem Wagner das beste Holz. Ihre Zweige bindet man zu Koch- und Kehrbesen und zu Ruten für böse Kinder. Neben der Birke gedeiht auch die Espe (Zitterpappel). Auch sie gibt vortreffliches Wertholz. Am Bache wachsen neben den verschiedenen Weiden die Erlen. Erlenrinde nimmt man zum Rotfärben und die Weiden schneidet der Korbflechter. Ahornbäume stehen am Kirchwege vom Dorfe nach St. Peter. Eichen wachsen auf den „Messenveidler Feldern“. Eine Ulme steht bei „Niederriesen“. Rosskastanien und Pyramidenpappeln wachsen bei „Rainer“ und vor der Antoniuskirche. Innerhalb der Ringmauer des Schlosses finden wir einen stattlichen Nussbaum. Buchen habe ich in unserem Gemeindegebiet vergeblich gesucht.
Vorherbestimmung der Witterung
Bei den Arbeiten des Landmannes hat die Witterung den größten Einfluss. Schon unsere Vorfahren waren gute Wetterkenner. Darauf weisen ganz besonders die alten Bauernregeln hin. Es gibt vieles in der leblosen und belebten Natur, woran man die Vorboten der kommenden Witterung erkennt. Das Schwitzen der Mauern und Brunnentroge, das Sauern der Milch, das Niederschlagen des Rauches, das Glühen der Pfannen, das Rosten der eisernen Küchengeschirre, das Ansammeln von Wasser im Krautbottich, der lästige Geruch der Misthaufen und Aborte, das Rauschen der Telegraphendrähte, die starke Fortpflanzung des Schalles und das laute Gekrächze der Raben und Habichte deuten auf größere Feuchtigkeit hin. Schließen der schöne Rotklee, die gelb gekleidete Ringel- und Kuhblume, die rot- und weißgefärbte Ackerwinde und die silberweiß erglänzende Eberwurz ihren Kelch während des Tages, so kommt ganz gewiss Regen. Auch die Tiere zeigen oft schon einige Tage vorher ungünstige Witterung an. Die Hunde fressen Gras, die Katze kratzt am Holz, manche Hennen krähen dem Hahn ähnlich, das Weidevieh frisst gierig und ist am Abend fast nicht nach Hause zu bringen und die Insekten fliegen in Bodennähe, daher auch die ihnen nachstellenden Schwalben. Selbst die Menschen spüren in ihrem Körper die bevorstehende Witterung. Sie sagen dann: „Heute spüre ich es in allen Gliedern.“ Alte Wunden, Frostbeulen, angefaulte Zähne, Hühneraugen und Schmerzen, die ein Mensch öfters hat, tun doppelt so weh. Ferner erkennt man die Veränderung des Wetters an gewissen Punkten. Wir in Panzendorf haben folgende Kennzeichen: Hat der „Haunold“ am Vormittag eine Nebelkappe auf und geht diese um zwölf Uhr nicht weg, so kommt nachmittags sicher Regen. Und wenn in Villgraten über den „Gabesitten“ am frühen Morgen eine Wolke zu sehen ist, kommt schlechtes Wetter. Der Südwind von Italien bringt fast immer Regen. Von den Bäumen hat die Salweide beim Landmann eine besondere Aufmerksamkeit gefunden. Faulen die Palmkätzchen beim Herabfallen von den Ästen schneller als in anderen Jahren, so hat der Landmann im Herbst bei der Ernte schlechte Witterung zu befürchten. Viele Palmkätzchen auf der Salweide deuten auf eine reiche Ernte hin.
Auf den Bergwiesen (1)
Es ist ein milder, wonniger Julitag. Auf den Feldern ist das Heu eingeräumt, aber es gibt noch die zwei bis drei Stunden entfernten Wiesen, wo der Bauer hingehen muss, um das Gras zu mähen, zu trocknen und anschließend in Sicherheit zu bringen. Am Vorabend richtet die Mutter die notwendigen Lebensmittel her. Am anderen Morgen um drei Uhr in der Früh begibt sich der Bauer mit seinen Knechten und Mägden nach einem kräftigen Frühstück den Berg hinauf. Sie müssen auch die Sensen, Rechen, Kümpfe und Wetzsteine den steilen Weg mit sich hinauftragen. Die funkelnden Sterne und manchmal auch der herableuchtende Mond erfreut sie, denn sie können hoffen, dass sie das Heu gut in die „Schupfen“ bringen können. Es ist auch ein beschwerlicher Weg, denn hie und da führt er auch über steinigen Boden. Endlich sind sie am Ziele angelangt. Da liegen nun die herrlichen Bergwiesen wie ein bunter Teppich, und liebliche Blumen verbreiten einen feinen, kräftigen Wohlgeruch. Eine Magd macht sich aus Steinen einen Herd und kocht das Frühstück. Unterdessen beginnen die Knechte und der Bauer zu mähen. Mahde um Mahde liegt schon, und die „Recher“ müssen sich beeilen, damit sie das Gras zum Trocknen bald ausgebreitet haben. Um elf Uhr bereitet eine Magd das Mittagessen vor. Nach dem Essen gönnt der Bauer seinen Dienstboten einige Minuten Ruhe. Indessen ist das Gras von der Sonne „gedörrt“. Nun wird es gewendet, damit es auch auf der Unterseite getrocknet wird. Nachher bringen sie es in die „Schupfe“. Anschließend wird noch bis zum Einbruch der Dunkelheit weitergemäht. Nach dem Abendessen beten alle gemeinsam den Rosenkranz und legen sich darauf müde in das gesunde, erfrischende Heu. Am anderen Morgen, sobald die Glocke im Tale zum „Englischen Gruß“ läutet, ist der Bauer mit seinen Knechten und Mägden schon wieder bei der Arbeit. Wenn sie in den Bergwiesen fertig gemäht haben und wenn das Heu eingeräumt ist, danken alle Gott und begeben sich frohen Mutes wieder nach Hause.
Die Vögel im Winter
Draußen ist es sehr kalt. Das Feld ist mit einer weißen Decke zugedeckt. Ganz kahl ist der Laubwald, und die Vöglein finden ihre Nahrung fast nicht mehr. Ach, wie viele von ihnen müssen zugrunde gehen! Aber es gibt auch gute Menschen, die den Vögeln ein paar Körnchen hinstreuen. Es finden sich jedoch leider solche Leute, die den Vöglein nachstellen und ihnen die Freiheit rauben, welche sie so sehr lieben. Kaum scheint die Sonne ein bisschen länger und wärmer, so kommt in die lieben Tierchen wieder ein neues Leben. Sie singen viel fröhlicher als zuvor und brauchen nicht mehr Not zu leiden. Zum Glück hat ihnen der liebe Gott ein warmes Winterkleid gegeben und sorgt auch sonst für sie. Für uns Menschen sind die Vögel sehr nützlich. Wir sollte sie schätzen, weil sie alljährlich viel Ungeziefer verzehren.
Glockenläuten
Wenn ich dem Klange der Glocken lausche, so kommt es mir vor, als ob sie zu uns Menschen reden wollten. Frühmorgens laden sie uns schon zum Gebete und mahnen uns, Gott für die Gnade, dass er uns gesund und gestärkt erwachen ließ, zu danken. Dann rufen sie uns zur Kirche. Zu Mittag und am Abend verkünden sie uns das „Ave Maria“. Wie jauchzend erklingen die Glocken zu Weihnachten, als wollten sie rufen: „Freut euch, der Herr ist gekommen!“ Doch wie schaurig klingen sie bei Not und Gefahr. In weite Ferne rufen sie hinaus: „Kommet, helfet, rettet!“ Und trägt man einen Toten zu Grabe, dann laden sie ihn mit ihrem traurigen Ton zur letzten Ruhe ein.
Auf den Bergwiesen (2)
Es ist ein milder, wonniger Julitag. Auf den Feldern ist das Heu eingeräumt, aber es gibt noch die zwei bis drei Stunden entfernten Wiesen, wo der Bauer hingehen muss, um das Gras zu mähen, zu trocknen und anschließend in Sicherheit zu bringen. Am Vorabend richtet die Mutter die notwendigen Lebensmittel her. Am anderen Morgen um drei Uhr in der Früh begibt sich der Bauer mit seinen Knechten und Mägden nach einem kräftigen Frühstück den Berg hinauf. Sie müssen auch die Sensen, Rechen, Kümpfe und Wetzsteine den steilen Weg mit sich hinauftragen. Die funkelnden Sterne und manchmal auch der herableuchtende Mond erfreut sie, denn sie können hoffen, dass sie das Heu gut in die „Schupfen“ bringen können. Es ist auch ein beschwerlicher Weg, denn hie und da führt er auch über steinigen Boden. Endlich sind sie am Ziele angelangt. Da liegen nun die herrlichen Bergwiesen wie ein bunter Teppich, und liebliche Blumen verbreiten einen feinen, kräftigen Wohlgeruch. Eine Magd macht sich aus Steinen einen Herd und kocht das Frühstück. Unterdessen beginnen die Knechte und der Bauer zu mähen. Mahde um Mahde liegt schon, und die „Recher“ müssen sich beeilen, damit sie das Gras zum Trocknen bald ausgebreitet haben. Um elf Uhr bereitet eine Magd das Mittagessen vor. Nach dem Essen gönnt der Bauer seinen Dienstboten einige Minuten Ruhe. Indessen ist das Gras von der Sonne „gedörrt“. Nun wird es gewendet, damit es auch auf der Unterseite getrocknet wird. Nachher bringen sie es in die „Schupfe“. Anschließend wird noch bis zum Einbruch der Dunkelheit weitergemäht. Nach dem Abendessen beten alle gemeinsam den Rosenkranz und legen sich darauf müde in das gesunde, erfrischende Heu. Am anderen Morgen, sobald die Glocke im Tale zum „Englischen Gruß“ läutet, ist der Bauer mit seinen Knechten und Mägden schon wieder bei der Arbeit. Wenn sie in den Bergwiesen fertig gemäht haben und wenn das Heu eingeräumt ist, danken alle Gott und begeben sich frohen Mutes wieder nach Hause.
Beim lieben Vieh
Es ist ein schöner Winterabend. Die Sonne ist hinter die Berge hinabgesunken, und die Dunkelheit schleicht langsam heran. Nun sagt die Mutter zu der Magd: „Geh’ in den Stall!“ Sobald die Magd in den Stall kommt, schauen die Tiere schon erwartungsvoll nach der Tür. Dann nimmt sie einen Besen und kehrt die Futterkrippe aus. Danach gibt sie dem hungrigen Vieh ein Büschel Heu, das sie zuvor in den „Wurf“ gesteckt hat. Dann hängt sie die kleinen Milchkälber ab und führt jedes zu seiner Mutter. Sie lässt sie dort Milch trinken, wieviel sie wollen. Sobald das Vieh das Futter aufgefressen hat, treibt sie es zur Tränke. Während es trinkt, bringt die Magd den Mist weg und streut Stroh auf das Lager. Hernach gibt sie ihm nochmals Heu zum Fressen und melkt inzwischen die Kühe. Wie Wasser fließt die Milch in den „Sechter“. Schließlich gibt sie diesen noch „G’sott“ und bürstet bzw. striegelt das Vieh von Mist und Staub frei. Dann sprengt sie den Stall mit Weihwasser und geht in das Haus. Die Tiere legen sich zufrieden auf das weiche Nachtlager.
Ein Winterabend daheim (2)
Es dunkelt schon. In den Bauernstuben hören die Spinnräder auf zu summen, und die „Weiberleut“ begeben sich in die Küche, wo sie das Nachtmahl kochen und noch sonstige Arbeiten verrichten. Die Männer haben jetzt Feierabend und versammeln sich in der Stube. Der Vater stopft sich sein Pfeiflein mit Tabak und zündet ihn an. Er legt sich auf die Ofenbank oder auf den Ofen hinauf. Es kommen auch noch die Knechte. Sie machen ein Kartenspiel, während draußen in der Natur die Schneeflocken sacht wie Englein hernieder auf die Erde schweben und wie Sternlein glitzern. Das Nachtessen ist gekocht, und das Gesinde setzt sich zu Tisch und lässt sich die kräftige Bauernkost gut schmecken. Nach dem Essen wird das Tischgebet verrichtet und der Rosenkranz nicht vergessen. Die Kinder machen, wenn sie vorher nicht Zeit hatten, die Aufgabe. Sind sie fertig damit, schnitzeln die Buben etwas für’s Krippele, und die Mädchen machen von Silber- oder Goldpapier Körbchen und ein Wiegele für das Jesukind. Es wird auch etwas vorgelesen und den Kindern werden die anschließenden Fragen beantwortet. Nun summen auch die Spinnrädlein wieder fort, und sie würden uns viel zu erzählen haben, wenn wir sie verständen. Ist die Zeit zum Schlafengehen da, so entfernen sich die Leute mit einem „Gelobt sei Jesus Christus!“ und begeben sich zur Ruhe, welche die müden Glieder stärkt. Die Mutter schaut noch in den Stall und sie sieht auch nach, ob das Feuer keinen Schaden anrichten kann. Dann begibt auch sie sich zur Ruhe.
Der Monat Dezember (1)
Vor allen anderen Monaten hat der Dezember seine Eigentümlichkeiten und Reize. Das ganze Land ruht unter der weißen Schneedecke. Gott selbst hat es eingebettet, nachdem es den ganzen Sommer über gesprossen, gegrünt und geblüht hat, dass es eine Freude war. Frau Sonne beehrt uns nur einige Stunden des Tages mit ihrem Besuche, dafür aber leuchten die Sternlein doppelt so hell vom Himmelszelt. Die Berge glühen beim Weggang der Sonne so goldig rot, als wollten sie die Farbenpracht des Sommers ersetzen. Heuer ist der Winter noch nicht Herr geworden, dafür hat er aber seine Schwester, die Kälte, ins Land geschickt, um seine Ankunft vorzubereiten. Der 6. Dezember bringt das Fest des großen Kinderheiligen St. Nikolaus mit seinen Krampusumzügen. Die ganze Adventzeit werden die Rorate, auch „Goldene Ämter“ oder „Engelsämter“ genannt, abgehalten. Die Krone wird dem Dezember durch das heilige Weihnachtsfest aufgesetzt, das die Christen sehnsuchtsvoll erwarten. Die unschuldigen Kinder träumen vom Christkindlein mit dem schimmernden Christbaum und den flatternden Engelein, wie es die Mutter ihnen vormalte. Aber auch die Gedanken der Erwachsenen sind auf das Christfest gelenkt. An den langen Winterabenden erzählt man sich vom Christkind und liest Weihnachtsgeschichten vor. Die Weiberleute lassen ihr Mundwerk mit dem Spinnrad um die Wette laufen. Am Heiligen Abend ist Weihnachtsbescherung. Wie jubeln da die Kinder unter dem strahlenden Christbaum! Um Mitternacht ist die Christmette. Da sieht man von allen Seiten wandelnde Lichtlein der Kirche zueilen. Mit dem Monat Dezember schließt das alte Jahr, und wir treten voll Hoffnung ins neue. Der 31. Dezember, das ist der Silvestertag, wird mancherorts feierlich begangen.
Der Monat Dezember (2)
Mag der Dezember auch noch so kalt, rauh und frostig sein, uns ist er immer noch der liebste Monat von allen im Jahre. Er bringt das schönste aller Kinderfeste und das heiligste aller Kirchenfeste mit sich. Heuer sind die Fluren und Wälder nur mit einer ganz dünnen Schneedecke überzogen, und das Thermometer zeigt fast immer eine Kälte von fünfzehn bis zwanzig Grad. Die Sonne lässt sich nur zu Mittag ein paar Stunden sehen. Dann verschwindet sie wieder mit einem wunderschönen roten Schein auf den Spitzen des Horizontes. Am Abend schauen die Sternchen wie blinzelnde Äuglein vom blauen Himmel auf die tote und ausgestorbene Erde herab. Unter dem freien Firmament blüht kein Blümlein mehr, und kein einziges Vöglein lässt sein helles Stimmchen vernehmen. Dafür aber jauchzen die fröhlichen Kinder im engen Stübchen. Auch die Eisblumen an den gefrorenen Fensterscheiben blühen um so herrlicher. Die Kirche feiert im Dezember die heilige Adventzeit mit den „Goldenen Ämtern“. Viele Leuten gehen zur Rorate. Advent ist die Vorbereitungszeit auf das herrliche Weihnachtsfest. Am 6. des Monates ist St. Nikolaus. Am Vorabend dieses Tages kommt jener heilige Bischof mit dem schwarzen Manne auf Besuch. Die Kinder freuen sich schon lange vorher auf diesen Tag. Sie können jedoch die heimliche Furcht vor dem wilden Manne nicht verbergen. St. Nikolaus stellt den Kindern Fragen aus der Religionsstunde. Können sie alle Fragen, welche er an sie richtet, gut beantworten, so schenkt er ihnen reichliche Gaben. Ist diese Freude vorüber, so sehnen sich die Kinder unaussprechlich auf das Christkind. Um sich die langen Abende zu verkürzen, schnitzen die Knaben Figuren für die Weihnachtskrippe, und die Mädchen lesen oder erzählen Weihnachtsgeschichten. In bestimmten Häusern werden auch für den Kirchenchor schöne Hirten- und Krippenlieder gelernt. Unter solchen Arbeiten schleicht die Zeit dahin, und der Heilige Abend steht vor der Tür. Das ganze Haus, von unter bis oben, ist schön gescheuert, und alle Geschirre sind blitzblank geputzt. Ungefähr um sieben Uhr abends gehen der Vater mit der Glutpfanne und ein Kind mit Weihwasser durch alle Räume der Wohnung und beräuchern bzw. besprengen jeden Winkel. Dabei beten sie den Rosenkranz. Wenn das alles getan ist, geht man in die Küche und wartet bis das heißersehnte Christkindlein kommt. Endlich läutet ein silberhelles, kleines Glöcklein. Alle Familienmitglieder gehen mit leisen Schritten und größter Spannung in die Stube. Hier steht ein kleines Tannenbäumchen auf dem Tisch. Hell glänzende Lichtlein flackern und leuchten herab auf die schönen Gaben. Die Kinder jauchzen und jodeln vor Freude über die erhaltenen Geschenke. Die Zeit flieht dahin, und man rüstet sich, zum Heiligen Amt zu gehen. In der Kirche stimmt feierlich und kraftvoll die Orgel an, als wäre es eine himmlische Musik, von Engelshänden gespielt. Man betet so innig und herzlich wie schon lange zuvor nicht mehr. Ist das Amt zu Ende, so geht man wieder heim. Vom Kirchturm ertönt das traute Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ in die nächtliche Finsternis hinaus. Wenn man zu Hause angekommen ist, isst man etwas und legt sich dann zur Ruhe. Mit dem 31. Dezember geht das alte Jahr zu Ende, um dem neuen Platz zu machen. Wir sagen ihm freundlich „Ade!“ und danken Gott für die empfangen Wohltaten mit der Bitte, uns im neuen Jahr mit seiner segnenden Hand treulich zu schützen und zu führen.
Der heurige Heilige Abend (1)
Der Heilige Abend ist des braven Menschen größte Freude. Die Erde ist mit einem schneeweißen Linnen geziert, und die großen, schlanken Fichten- und Tannenbäume schauen ernsthaft in die Welt hinaus, als wollten sie von alten, finsteren Zeiten erzählen.
Als ich zeitig aufwachte, schien noch der Mond beim Fenster herein. Gleich flog mir der Gedanke zu: Heute ist Heiliger Abend, und das liebe Jesukindlein mit seinem blonden Lockenköpflein und seinem freundlichen Gesichtchen will zu uns kommen. Und viel schneller als sonst kroch ich aus dem warmen Bette. Die Glocken läuteten feierlich und ihre Stimmen verhallten in den Bergen. Es läutete zur Frühmesse. Viele junge und alte Menschen kamen zur Kirche. Wir Kinder und auch ältere Leute empfingen das Sakrament der Buße, damit wir bei der Mitternachtsmette das Jesukind in wirklicher Gestalt empfangen können. Während des Rorates sangen wir das Herbergslied „Wer klopfet an...?“. Als die Leute vom Kirchgang heimkamen, wurde am Vormittag noch fleißig gearbeitet. Am Abend richtete ich ein kleines Kripplein auf. Die Kerzen am Christbaum wurden angezündet. Unsere Nachbarn kamen mit der Glutpfanne und beräucherten alle Wohnräume. Danach begaben sich alle zu Tisch und aßen die kräftige Bauernkost. Ich und mein Bruder gingen zu Bett, aber die Eltern blieben noch wach. Hell und rein klangen die Glocken durch den stillen Ort und weckten die Bewohner aus dem Schlaf. Der Mond schien mit seinem vollen Gesicht auf die Erde nieder und leuchtete den Leuten zur Kirche. Dieselbe war schön geschmückt. Die Orgel brauste und gab den Sängern die Melodie an. Wir Kinder zahlten heuer die Mitternachtsmette und sangen das Lied „Die Heimat der Seele“. Nach der Mette hörten wir vom Turm das schöne Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“, das vier Musikanten bliesen. Als wir heimkamen, nahmen wir noch einen kleinen Imbiss. Dann legten wir uns zu Bett.
Der heurige Heilige Abend (2)
Einleitung
Ausführung: 1. Der Frühgottesdienst
2. Untertags
3. Die Abendandacht
4. Die Christmette
Schluss
Alle Menschen freuen sich auf das Weihnachtsfest. Denn in der Heiligen Nacht kommt das liebe Christkindlein, das uns seine Gaben und seine Gnaden austeilt.
Am Morgen standen wir mit freudigem Herzen auf. Unser erster Gedanke war: „Heute ist Heiliger Abend“. Wir zogen uns an und folgten dem Messglöcklein. Viele Leute gingen an diesem Tag zum Rorate. Nach dem Offertorium sangen wir Schulkinder das Herbergslied. Und im Anschluss an die hl. Messe empfingen wir das Sakrament der Buße. Hernach gingen wir nach Hause, um der Mutter beim Aufräumen zu helfen. Am ganzen Vormittag wurde geputzt und gespült. Am Nachmittag trugen der Vater und Michael die Krippe zuerst in die Küche, um den Staub zu entfernen, und dann in die Stube. Alle Kinder gingen mit. Die umgefallenen Krippenmännlein wurden wieder aufgestellt und andere neue wurden wieder dazugestellt.
Sobald es anfing zu dämmern, zündete man die in der Krippe aufgestellten Kerzen an. Die Kinder versammelten sich um die Krippe. Der Vater räucherte in allen Räumen und Josef besprengte sie mit Weihwasser. Die Mutter machte und sott unterdessen Schlipfkrapfen. Hernach kam das liebe Christkindlein mit seinen Gaben. Wir Kinder freuten uns über die Bescherung. Alsdann gingen wir zum Tisch und aßen die kräftige Bauernkost. Nach dem Essen beteten wir den Abendrosenkranz. Bald darauf begaben wir uns ins Bett.
Um halb elf Uhr nachts standen wir wieder auf und zogen unsere besten Kleider an. Als wir in die Kirch kamen, fing bald das Amt an. Es wurde für uns Schulkinder gefeiert. Dabei durften wir die heilige Kommunion empfangen. Nach der Christmette bliesen vier Musikanten schöne Weihnachtslieder vom Turm herab. Bald darauf gingen wir wieder nach Hause und nahmen einen warmen Imbiss ein. Hernach legten wir uns wieder müde ins Bett.
Unsere Krippe
Wir haben eine schöne mittelgroße Krippe mit Bergen und Figuren aller Art. Es gibt da Hirten, die das Jesukind anbeten wollen und auch solche, die noch bei ihren Herden sind. Auch Jäger mit ihren Hunden, die gerade auf einen Bären lauern, sind in unserer Krippe zu finden. Man sieht die zwei Städte Jerusalem, wo der grausame König Herodes wohnte, und Bethlehem. Ganz vorne in der Mitte ist wohl der Mittelpunkt und das Schönste der Krippe, nämlich der Stall von Bethlehem mit dem Jesukind in der Krippe. Seine heiligste Mutter Maria und der Nährvater Josef beten knieend vor ihm. Hinter dem schlafenden Jesukind stehen ein Esel und eine Kuh. Über dem Stall schwebt der Verkündigungsengel. Unsere Krippe ist fünfzehn Jahre alt. Der verstorbene Krieger Josef Schraffl hat sie angefertigt. Wir freuen uns jedes Jahr, wenn das hohe Weihnachtsfest naht, auf das Aufstellen der Krippe in der Stube.
Heimkehr von der Alm
Gegen Ende September ist es auf der Alm nicht mehr recht gemütlich. Eisige Winde streichen über die Berge. Der Reif versengt die Gräser, sodass die ganze Alm ganz rötlich und „fuchset“ (rotbraun) aussieht. Zudem zwingt der zeitweise fallende Schnee zum Almabtrieb.
Wenn das Vieh im Dorfe einzieht, klingelt und bimmelt es, als ob „Sturm geschlagen“ werde. Die erste Kuh hat einen prächtigen Kranz von Almblumen zwischen den Hörnern. Schön langsam und feierlich ziehen die Kühe daher und nicken würdevoll mit dem Kopfe, als wollten sie sagen: „Grüß euch Gott!“ und als wüssten sie, dass heute ein Ehrentag für sie sei. Nach dem bedächtigen Altvieh hüpft das ausgelassene Jungvieh daher. Hinterher schreitet mit Freude und Stolz auf Gesicht und Haltung der Senner mit Edelweiß und Edelkäutern und anderen herbstlichen Almblumen auf Hut und Stock. Die Hirten knallen lustig mit den Peitschen darin und lassen einen hellen Juchzer erschallen. Die Bauern mustern mit Kennermiene das heimkehrende Vieh. Die Kinder drücken mit lauten Zurufen ihr Erstaunen aus, dass die kleinen Kälblein den Sommer über so gewachsen sind. Die größte Freude hat die Bäuerin, wenn der Senner recht viele Butterknollen und Käseleibe nach Hause bringt.
Der Brecheltag
Das Brecheln ist eine sehr harte Arbeit, welche viele Mühe kostet. Man ist immer wieder froh, wenn dieser Tag vorbei ist. Am Vorabend trägt man Holz zum „Brechelloch“. Um vier Uhr in der Früh lodert schon das helle Feuer aus dem Loch. Kaum graut der Morgen, so hört man schon den Schall der Brecheln weithin. Der Flachs wird zuerst auf dem Loch, welches mit Stangen bedeckt ist, heiß gemacht, dass sich die Hülle leichter von den Flachsfasern löst. Die Männer brecheln das Gröbste ab und geben dann den Flachs den Frauen, welche ihn glänzend machen. Sobald die Köchin das Mittagessen bereitet hat, ist jeder froh, wieder ein bisschen ausrasten zu dürfen. Am Nachmittag geht es wieder flink weiter, bis der ganze Flachs aufgearbeitet ist. Zuletzt räumt man alles sauber zusammen und ist froh, dass die Arbeit getan ist. Der Bauer geht mit Freuden daran, den Flachs zu wägen. Wenn jemand während des Brechelns vorbeigeht, wird er „gekragelt“. Ein alter Brauch ist es, dass der „Gekragelte“ den Flachs zurücklässt und dafür Birnen hergibt. Darum hütet sich jeder, während des Brechelns vorüberzugehen.
Wenn im Orte jemand stirbt (1)
Vom schlanken Kirchturm ertönt ein silberhelles, klares Glöcklein. Man nennt das „Zügenläuten“. Eine Seele ist vom Tränental in das bessere Jenseits gepilgert. Die Leute, welche sich auf den Wegen begegnen, bleiben stehen und fragen, wer wohl gestorben sei. Viele andächtige Vaterunser werden für das Seelenheil der Dahingeschiedenen gebet. Im ganzen Dorfe ist es bekannt, dass eine schöne, blühende Jungfrau ihr Leben opfern musste. Die Mutter drückt der geliebten Tochter mit einem wehmütigen Blicke die starren, eingefallenen Augen zu. In der Wohnstube legt man die Teure mit zitternden Händen weinend und schluchzend auf die Totenbahre. Die Stube wird mit schönen Bildern geziert, die Fenster verdeckt und die Bahre mit Kränzen, Blumen und Kerzen geschmückt. Eine arme Person bittet man um das „Hüten“ der Leiche. Bald kommen die ersten Beter. Sie beten still, um den trauernden Hinterbliebenen nicht ihr Weh zu vergrößern. Am Abend füllt sich die ganze Stube mit Leuten. Es wird laut gebetet. Nach drei „Rosenkränzen“ bekommt man Kaffee. Nachher betet man noch drei „Rosenkränze“. Am zweiten Todestage ertönen um 12 Uhr mittags die Kirchenglocken zum „Schiedungläuten“. Am nächsten Tag kommen in der Früh die Trägerinnen und Verwandten und trinken Kaffee. Der Priester segnet die Leiche und begleitet sie vom Hause. Dann setzt sich der traurige Leichenzug in Bewegung. Die Jungfrauen, mit einem Kranze im Haar, tragen die tote Kameradin dem Zug voran, dann folgen die Verwandten und Nachbarn und zum Abschluss die übrigen Leute. Am Friedhof angekommen, hält man mit dem lauten Gebete inne. Der Sarg wird gesegnet und in das kühle Grab gelegt. Alle Trauernden stehen um das Grab herum und weinen und seufzen bitterlich. Man geht in die Kirche und wohnt den Totenämtern bei. Nachher begibt man sich noch einmal zum Grabe und betet das „Libera!“ Wenn das größte Leid vorüber ist, so geht man in ein Gasthaus und hält ein Totenmahl. Sobald man wieder daheim ist, kommt es einem sehr öde und einsam vor. Die Wunde, die Gott in das Herz der Hinterbliebenen schlug, heilt sehr lange nicht, und Tag und Nacht denkt man an die Unvergessliche.
Wenn im Orte jemand stirbt (2)
Eine Mutter von vielen Kindern liegt schon acht Tage, schwerkrank von der Lungenentzündung, darnieder. Der neunte Tag bringt den größten Schmerz und das bitterste Weh über das Herz des Vaters und der Kinder. Das herzzerreißende Weinen hört man weithin. Die kleinen Kinder wissen noch gar nicht, was geschehen ist, und stehen doch weinend an der Leiche der Teuren. Es vergeht eine Zeit, bis sich der Vater wieder seiner bewusst wird und den Mesner bittet, dass er das „Zügenglöcklein“ läute. Wimmernd, als ob es auch etwas fühlen würde, trägt es seine Klagetöne durch das Dorf, dass es alle hören können. Die Leute erschrecken, sobald sie die Nachricht vom Tode dieser Mutter hören. Manche Träne erglänzt in den Augen der Mütter, und die düstere Frage drängt sich in manchen Herzen auf: „Wer wird diesen Kindern die Mutter ersetzen können oder in welcher Stiefmutter wird man noch ein solch liebendes Mutterherz finden können?“ Die Leiche der Mutter wird von der Kammer in die Wohnstube getragen, und die Nachbarn helfen beim Aufbahren. Auch bittet man einen der Nachbarn, die Leiche zu „hüten“ und den Betern zu danken. Wenn alle Vorbereitungen getroffen sind, kommen die ersten Beter. Die meisten davon kommen am Abend. Es ist wohl ein bitterer Anblick, die weinenden Kinder zu sehen. Die kleineren Kinder rufen in einemfort nach der Mutter und suchen sie vergebens. Die meisten Beter hören das traurige Rufen der Kinder. Tränen treten manchen in die Augen, und sogar Männer weinen. Nach dem Gebet bekommen alle einen Kaffee mit Brot und die Männer auch Branntwein. Lautlose Stille herrscht während des Essens, denn niemand will die Wunden, die der Herrgott gemacht hat, noch weiter aufreißen. Nachher werden wieder drei „Rosenkränze“ gebetet. Darauf gehen alle Beter nach Hause. Am nächsten Tag wird zu Mittag eine halbe Stunde „Schiedung“ geläutet. Während dieser Zeit und auch noch am Abend wird noch einmal gebetet. Am dritten Morgen wird in aller Früh alles Notwendige für das Begräbnis vorbereitet. Die älteren Kinder dürfen diesmal auch dabei sein. Es kommen die Verwandten, die Träger und viele Leute aus der Umgebung. Diesen allen wird noch einmal Kaffee gegeben. Dann bereitet man sich auf den Letzten Gang vor. Man nimmt die Glutpfanne mit geweihten Kräutern und segnet die tote Mutter. Die Träger nehmen den Sarg auf die Schulter, und der traurige Zug setzt sich in Bewegung. Dem Sarg folgen zuerst der weinende Vater, dann die schluchzenden Kinder und die übrigen Verwandten. Hinter diesen schreiten die Nachbarn und die anderen Leidtragenden. Und vom Turme schwer und bang tönt der Glocken Grabgesang. Wenn der Leichenzug in die Nähe des Friedhofs kommt, geht ihm die Geistlichkeit entgegen und nimmt die Einsegnung vor. Nach dem Einsegnen gehen die Priester voran und singen laut das „Miserere!“. Der Zug kommt in den Friedhof, wo sich die Leute um das offene Grab drängen, in welches die teure Mutter hinabgesenkt wird. Während der Priester die Gebete spricht, kann man meistens wohl wieder das Schluchzen der Hinterbliebenen hören. Darauf senkt man den Sarg in die Tiefe. Der Priester nimmt eine Schaufel voll Erde und schüttet sie zum letzten Male segnend auf den Sarg. Hernach verrichtet der Totengräber seine Arbeit, und der Priester betet noch laut ein „Vater unser“ vor. Der Vater mit seinen Kindern und die vielen Angehörigen besprengen das Grab mit Weihwasser. Dann gehen alle in die Kirche, um an den Seelenmessen und –ämtern teilzunehmen. Am Schluss dieser Messen besucht der Priester noch einmal das frische Grab. Hernach geht der Großteil der Teilnehmer zum sogenannten Totenmahl. Hierauf machen sich alle Leute traurig und bedrückt auf den Heimweg. Leer scheint das Haus der Mutter, die nicht mehr darin lebt und wirkt. Denn überall fehlen die sorgenden Hände der Mutter.
Am Sonntag
Der Sonntag ist für Jung und Alt ein Ruhe- und Festtag. Früh am Morgen rüstet man sich schon für den Gottesdienstbesuch in der Kirche. Die Wochentagskleider werden aufgeräumt und die Sonntagskleider hervorgeholt. Die Mädchen stehen vor dem Spiegel und machen sich schön. Am Sonntag dauert das Saubermachen etwas länger. Die Knaben warten schon ungeduldig vor dem Hause. Endlich sind alle feierlich angezogen und wandern gemeinsam der Kirche zu. Nach dem Gottesdienst stehen zahlreiche Landleute vor der Kirche, um noch mancherlei zu besprechen. Für sie ist der Sonntag auch ein Tag des Einkaufs. Vor den Kaufläden stehen viele Menschen und überlegen, was sie für sich, für die Frau und Kinder brauchen können. Dann treten sie den Heimweg an. Unterdessen hat schon das Hausmütterchen den Mittagstisch gedeckt. Man betet nach frommer Sitte das Tischgebet. Nach dem Essen räumen die Dienstboten auf, und die Eltern machen ihr Mittagsschläfchen. Nachmittags gehen sie wieder zur Kirche. Nach dem Segen kehren die älteren Leute nicht ungern in die „Schenke“ ein. Während der Woche waren sie fleißig und genügsam, dafür wollen sie sich am Sonntag einmal erholen und die Gemütlichkeit pflegen. Die Kinder gehen aber heimwärts. Nachdem sie ihre Aufgaben gemacht haben, widmen sie sich dem Spiele. Manche Leute gehen im Sommer statt in das Wirtshaus über ihre Felder, um den Stand des Getreides zu besichtigen. Zuhause angekommen, berichtet der Vater von seinem Rundgang über die Felder und bespricht mit der Mutter, später auch mit den Dienstboten die nötigen Arbeiten der kommenden Woche. Unterdessen neigt sich der Sonntag dem Ende zu, und man begibt sich zum Abendessen. Ist die Abendmahlzeit vorüber, so betet man noch den „Rosenkranz“. Hierauf sitzt man noch ein Weilchen beisammen und überdenkt noch einmal die Ereignisse der vergangenen Woche. Oft liest auch noch der Vater aus der Zeitung vor. Um 21 Uhr geht man zur Ruhe, um die neue Woche gestärkt und ausgeruht antreten zu können.
Ein Besuch der Vögel im Winter
Es ist ein kalter, frostiger Wintermorgen. Die Sonne hat oben die Spitze eines Berges erreicht und sieht majestätisch ins Tal hernieder. Da kommt es in den Garten geschwirrt. Es ist das Volk der daheimgebliebenen Sänger. Voraus ein kleiner Specht, der sich auf dem Birnbaume niederlässt. Hier rutscht er stammauf, stammab, hier eine Puppe hervorziehend, dort eine Käferlarve spießend. Zwei Blaumeisen zanken sich um eine Larve. Eine dritte kommt herzu und fällt ein salomonisches Urteil. Sie ergreift mit der Beute im Schnabel die Flucht. Ein Kleiber meißelt von einer Nuss Stück für Stück herunter, die er in einer Spalte einklemmt. Ein Baumläufer macht sich an einer mit Baumwachs bestrichenen Stelle zu schaffen. Zeisige und Tannenmeisen wiegen sich in den Zweigen des Apfelbaumes. Ein rotgefiedertes Gimpelpaar tut sich an den Mostbeeren gütlich. Ein paar Spatzen haben sich in die Nähe des Fensters gemacht, wo mitleidige Kinder das Tischlein deckten. Ein Buchfinkenpaar bemerkt den Fund und tut dies auch den anderen Vögeln kund. Nun fallen alle Vögel darüber her. Da geht es kopfüber und kopfunter. Ein Zaunkönig, der aus dem Gewirr ein dickes Brotstück gerettet hat, freut sich königlich und verzehrt es in aller Gewissensruhe hinter dem Zaun, wo er von den Nachstellungen seiner Ge-fährten gesichert ist. Hinter dem Fenster sind die Kinder, drücken die Gesichter an die kalten Scheiben und sehen zu, wie es ihren gefiederten Gästen schmeckt.
Die Spinn- und Webekunst
Die Kunst des Spinnens und Webens kannte man schon im frühen Altertum. Damals hatten es die Menschen aber lange nicht so bequem wie heute. Im Jahre 1530 erfand der deutsche Steinmetz und Bildschnitzer Johann Jürgens das Spinnrad. Dass das Spinnen schon in alter Zeit eine weibliche Arbeit gewesen ist, steht in vielen Büchern und Legenden ausführlich beschrieben. Die Töchter im Tempel zu Jerusalem lernten Flachs und Wolle zu spinnen, die feinen Linnen zu weben, gottesdienstliche Gewänder auf die kunstvollste Weise zu sticken und die prächtigsten Teppiche für die Verzierung des Tempels zu wirken. Hier lernte auch Maria, die Gottesmutter, diese Kunst und wirkte später ihrem Sohn ein Kleid, welches die Juden nach seiner Kreuzigung ausgelost und unter sich verteilt hatten. Die Biblische Geschichte erzählt, dass die Wand und das Dach des Heiligen Zeltes mit Teppichen bedeckt waren. Auch die Ägypter waren geschickt im Spinnen und Weben. Das beweisen auch die Mumien, welche mit Leintüchern eingewickelt waren. Man hielt das Spinnen und Weben in großer Ehre, und deshalb taten diese Arbeit nicht nur Bauers- und Taglöhnersleute, sondern auch die Fürstinnen und deren Töchter. Die Gemahlin Karls des Großen und deren Töchter sponnen Flachs und webten ihrem Vater Kleider, welcher er auch gerne trug. Mit rechtem Stolz öffneten die adeligen Frauen ihren Verwandten die duftenden Leinkästen. Heute man nur mehr in den Bauernhäusern Spinnräder. Man hat heutzutage sogar schon Spinnmaschinen, welche zugleich spinnen und weben können. In allen Läden und Geschäften bekommt man Stoffe aller Art zu kaufen.
Der Thurntaler Urban
Es war an einem herrlichen Maiabend. Die funkelnden Sternlein leuchteten vom blauen, wolkenlosen Himmel auf die friedlich ruhende Erde herab. Klein-Poldi saß mit ihrer Tante vor dem Hause auf der Bank und bat um eine Geschichte. Die Tante erzählte: „Dort an den felsigen Ufern des Thurntaler Sees hauste vor sehr alter Zeit ein Mann, der sehr böse und ohne Gottesfurcht war. Wenn im Sommer die wogenden Kornäcker in voller Pracht dastanden, schlug Urban, denn so hieß der Mann, mit seinem Stecken in den See. Da stiegen dunkle Wolken in die Luft, die Blitze zuckten, und der Donner rollte und die festen Hagelkörner fielen klatschend zu Boden. So wurde der ganze Segen des Himmels vernichtet. Einmal kam Urban nach Sillian, um zu betteln. Als die Leute den gefürchteten Menschen sahen, verriegelten sie alle die Türen. Nirgends fand er Einlass. Voll Wut kehrte er zu seinen Gestaden zurück. Er fing an, den See auszulassen. Dies sah ein Hirtenknabe. Schnell eilte er herab nach Sillian und berichtete von der großen Gefahr. Alle Glocken fingen an zu läuten. Jung und Alt gingen zur Kirche und beteten mit dem Priester, welcher das Allerheiligste aussetzte. Man ging in der Prozession durch den Markt. Urban hatte sein Werk schon fast vollendet, und das Wasser schoss schäumend dem Tale zu. Gott aber erhörte das Flehen des Volkes und gebot dem Wasser Stillstand. Der Bösewicht stürzte beim letzten Segen in den See. Nun ist in Sillian von ihm Friede.“ Die Tante hatte geredet und das kleine Kind schlummerte in ihren Armen sanft ein.
Der Monat August (1)
Der August hat seinen Namen vom römischen Kaiser Augustus, der zur Zeit Christi Geburt regierte. Der Monat August ist auch ein richtiger Almmonat. Karl der Große hieß ihn auch „Ernting“, weil man in diesem Monat zumeist das Getreide erntet. Alle Schneeflecklein sind verschwunden bis in die hintersten Täler und bis hinauf in das Gebirge. Smaragdgrün zieht sich das Gras bis hin zu den Almen. Edelweiß und Raute, Steinröslein und Braunellen blühen auf allen Höhen. Die Herdenglöcklein bimmeln auf den höchsten Jöchern, und die Almhirten jauchzen über alle Berggipfel hinaus. Inmitten dieses herrlichen und schönen Monats ist auch das hohe Fest der Muttergottes, Mariä Himmelfahrt. Auch in unserer Pfarrkirche in Sillian feiert man das Patrozinium, welches sehr festlich abgehalten wird. An diesem Tage wollen auch die Blumen Festtag halten, und das mit Recht. Als die hl. Gottesmutter Maria starb, so erzählt die Legende, wurde sie von den Aposteln begraben. Nach drei Tagen gingen sie wieder hin zum Grabe und fanden es leer. Süßer Wohlgeruch von Rosen und Lilien aber quoll daraus hervor. Die hl. Jungfrau war in den Himmel aufgefahren. Deshalb gehen am Vorabend des Frauentages die Mädchen und Mägde in den Garten, um Blumen und Kräuter für einen Buschen zu suchen. In früheren Zeiten sammelte man 77 verschiedene Arten. Die Tage von Mariä Himmelfahrt bis Mariä Geburt sind der Muttergottes geweiht. Während dieser Zeit breitet die Muttergottes ihren Schutzmantel besonders über die Erdenkinder aus. Auch das Getreide hat man im August unter dem Schutze Marias eingebracht. Leider dauert dieser Monat nur 31 Tage. Bald kommt der Herbst ins Land gezogen, und das Gras verfärbt sich allmählich gelb und braun. Es stirbt langsam ab. Eine alte Bauernregel lautet: Am Laurentiustag schaut der Herbst übers Joch, am Bartholomäustag kommt er ins Tal.
Ein Sommerabend
Die Sonne ist dem Untergange nahe. Nur noch auf den höchsten Gipfeln sieht man ihre goldenen Strahlen. Die Leute, die den ganzen Tag im Walde gearbeitet haben, ziehen müde und matt ihrer trauten Wohnung zu. Die Vögel, die den ganzen Tag dem Schöpfer Lob und Preis gesungen haben, fliegen in ihre Nester zurück. Der lustige Hirt stapft mit den blöckenden Schafherden dem Dörflein zu. Die Ameisen, die den Tag über fleißig gewesen waren, kriechen emsig ihrem großen Ameisenhaufen zu. Alles ist ruhig und leise. Kein Mücklein sieht man mehr in den Lüften umhertanzen und kein Häslein am Feld kreuz und quer springen. Doch da, an einem kleinen Örtchen sieht man ein kleines Lichtlein auftauchen, das so schön leuchtet. Es ist ein Johanniskäferchen. Schaut man gegen das blaue Himmelsgewölbe, so blinken am ganzen Firmament die funkelnden Sterne. Sie erinnern uns an die Allmacht und Größe Gottes. Bald guckt auch der Mond hinter den Bergen hervor, und es wird heller. Jetzt läuft der Fuchs aus seinem Bau heraus und geht auf Raub aus, um seine Jungen zu füttern. Die Menschen im Dorf legen sich zur Ruhe und beginnen zu träumen. Die Mitternacht rückt immer näher, und es wird überall friedlich und still. Nur das Rauschen des Baches kann man weithin vernehmen.
Die Hand
Welch herrliches Meisterstück ist doch die menschliche Hand! Mit ihren geschickten Fingern und dem frei beweglichen Daumen hat sie den Menschen zum Herrn der Welt gemacht. Die Hände verschaffen den Menschen Nahrung und Speise und auch die Wohnung. Die Geschicklichkeit der Menschenhand verstand es, aus den Urwäldern schöne, blühende Wiesen und Gärten zu machen. Mit der Hand hat man die vielen großen Städte erbaut und die ehrwürdigen Klöster gegründet. Sie meißelt aus Steinen die schönsten Kunstwerke, zaubert mit dem Pinsel wundersame Gemälde und schnitzt die herrlichsten Figuren. Die menschliche Hand ist es, die uns aus der Orgel, aus der Geigen und den anderen Instrumenten engelgleiche Töne hervorlockt und zu einem Wohlklang vereinigt. Die geschickten Hände sind es, welche die zartesten Häkel- und Strickarbeiten vollenden und die wertvollen Bastelarbeiten herstellen. Man spricht von den unfolgsamen Händen, die immer unrecht tun. Zu tadeln sind jene Hände, welche alles wegwerfen und zerbrechen. Nicht zu loben sind auch die naseweisen Hände, welche alles angreifen, auch das, was nicht ihr Eigentum ist und nicht ihnen gehört. Die besten Hände sind jene, welche sich immer wieder zum Gebete falten, Opfer spenden und segnen. Wie wohl tut es doch den Kindern, wenn sie die Mutter noch vor ihrem Tode mit der Hand segnet und dabei Gott um seine Hilfe anruft! Wir wollen unsere Hände bewahren, damit sie uns allzeit zur Ehre und dem Nächsten zum Segen gereichen.
Das Alpenhorn
Das Alpenhorn wird in manchen Gebirgstälern der Schweiz nicht nur zum Aufspielen des Kuhreigens benützt, sondern dient auch zu religiösen Gebräuchen. Wenn im Tale die Dämmerung eingetreten ist und die höchsten Schneefelder noch im Scheine der untergehenden Sonne erglänzen, tritt aus der höchsten Hütte im Alpenkranze der Sennhirte mit dem langen Alpenhorn in der Hand. Er ruft in dasselbe hinein: „Lobet Gott, den Herrn!“ Sogleich antwortet von allen Seiten des Alpenreviers, dass es über die Berghänge hin widerhallt: „Lobet Gott, den Herrn!“ Es dauert oft eine Viertelstunde, bis der letzte Laut verhallt. Nun folgt eine Pause feierlicher Stille. Alle knien nieder und beten mit entblößtem Haupte. Da ertönt es wieder von der obersten Hütte: „Gute Nacht!“ „Gute Nacht!“ kommt es zurück, und alle begeben sich zur Ruhe.
Vom Sparen
Am 31. Oktober war der erste große Spartag der Welt. Er sollte uns an das Sparen erinnern. Die heutige, schwere Zeit sagt uns, dass man während des Krieges das Sparen ganz verlernt habe. Unsere Vorfahren sagten: „Sparen soll man im Kleinen“. Man sollte bei den Zündhölzchen zu sparen anfangen. Die jungen Menschen achten das kleine Geld gar nicht mehr. Ein Sprichwort heißt: „Wer den Groschen nicht ehrt, ist des Schillings nicht wert“. Sparen sollte man auch beim Essen. Das heißt, man muss nicht unbedingt Zuckerln kaufen. Bei der täglichen Nahrung aber darf man nicht sparen, denn diese braucht man, um die Kraft und die Gesundheit aufrecht zu erhalten. Der Seelsorger eines Tales meinte einmal: „Unsere Leute tragen das Gute, z. B. die Butter, das Schmalz, den Käse und die Eier vom Dorf hinaus, dafür bringen sie schlechtes Zeug mit, nämlich Zeres, Kaffee, Tee usw.“. Das nennt man aber nicht kluges und weises Sparen. Sparen sollte man auch bei der Kleidung. Man darf nicht jede Moderichtung mitmachen. Das mögen die reichen und noblen Leute tun. Halten wir es mit dem schönen Spruche: „Selbst gesponnen, selbst gemacht, ist die schönste Bauerntracht“! Manche Kinder haben gewiss hie und da einen Groschen übrig. Sie sollten eine Heimsparkasse gründen und jedes übrige Geldstück hineinlegen. Man bekommt später eine gewisse Freude am Sparen. Von nun an wollen wir fest zusammenhalten und sparen, so gut wir können, denn ein Sprichwort sagt: „Von Sparenberg kommt man leicht nach Reichenberg“.
Was man aus einem Samenkorn alles machen kann
Im Herbst sät der Bauer sein Korn. Es ist seine letzte Tat im Jahre und auch die schönste. Bald gucken kleine Hälmlein aus der Erde, nackt und zart. Sie frieren im kühlen Licht und weinen leise. Das hört der gütige Himmel und sendet Schnee, eine dicke, warme Decke. Nun sind sie zugedeckt wie mit einem Bett und können schlafen. Nach wenigen Monaten weckt sie die Sonne. Es ist Frühling geworden. Der Schnee ist geschmolzen, und alles reckt sich und wächst zum Licht. Das Hälmchen setzt ein goldenes Krönlein auf und schaut stolz in den Sommer. Die junge Ähre wird schön und reif. Da sieht der Bauer das wogende Kornfeld und denkt dabei: „Es wird Zeit.“ Er ruft die Burschen und Mägde zur Ernte. Leise klingen die Sicheln und ergeben neigen sich die stolzen Ähren. Sie wissen, dass die Menschen Nahrung brauchen. Sie bleiben auf den kahlen Feldern und warten auf die Einfuhr. Hohe Erntewagen ziehen sie heim. Es ist ein Segensjahr. Scheunen und Böden sind schwer von Frucht. Wieder kommt der Herbst, und wieder keimt eine neue Saat im Erdreich. Da klingt es hell im Takt von den Tennen. Die Burschen dreschen die Körner aus den Ähren. Millionen guter Körner füllen die Säcke. Von diesen Körnern bekommt der Müller einen Teile zum Mahlen. Klipp, klapp, läuft das Wasserrad, und drinnen in der Mühle sausen die Mühlsteine und mahlen die Körner zu Mehl. Der Bäcker holt sich etwas vom Mehl und bäckt seine Brote und Semmeln zum Frühstück. Ein anderer Teil wandert meistens nach Linz in die altberühmte Frank-Fabrik, wo die feinen Kaffeewürzen gemacht werden. Diese kommen dann in den Handel. Nun glänzen sie wie dunkle Perlen. Die Mutter kauft diese, die in Schachteln verpackt sind, und macht daraus den allerbesten Frühstückskaffee. Neben der Tasse liegt das frische Brot. Brüderchen und Schwesterchen! Beide, „Kaffee“ und „Brot“ entstammen einer Wiege, nämlich der geheiligten Erde. Unermesslich ist der Segen, den sie mit ihren Körnchen unter die Menschen streut.
Eine Stunde in der „Strickschule“
Von drei bis vier Uhr ist „Strickschule“. Wir Mädchen stapfen über die Stiege hinunter in die untere Klasse. Wenn wir dort sind, beginnt eine kurze Pause. Nach der Ermahnung des Fräuleins müssen wir still sein und unsere mitgenommenen Sticksachen hervorholen. Nachher wird fleißig gestrickt, gehäkelt und ausgenäht. Einige Mädchen der zweiten Klasse lesen inzwischen aus der Erzählung „Schuld und Sühne“ vor. Alle zehn Minuten kommt ein anderes Mädchen zum Vorlesen an die Reihe. Gestern musste das 7. und 8. Schuljahr eine „Ferse“ stricken. Wenn es vier Uhr ist, müssen wir still zusammenpacken und auf unsere Plätze gehen. Das Fräulein ruft: „Steht auf zum Beten!“ Nach dem Gebet stellen wir uns in einer Reihe an und gehen hinaus ins Freie. Mit dem schönen Gruß „Grüß Gott!“ begeben wir uns nach Hause.
Das Erkennen
Nach langer Wanderschaft kehrte ein Geselle in sein Heimatstädtchen zurück, um sich ein eigenes Heim zu gründen. Jugendfrisch und lebensfroh war er ausgezogen, sonnenverbrannt und staubig und als ernster Mann kehrte er wieder. Am Schlagbaume lehnte der Torwart, einst sein bester Jugendfreund, mit dem er oft gezecht hatte. Doch er erkannte ihn nicht. Da stand am Fensterbalken seines Vaterhauses seine Schwester. „Blühende Jungfrau, grüß dich Gott!“ redete er sie an. Doch unerkannt ging er weiter. Da begegnete ihm sein Mütterlein. Es war in der Kirche gewesen und hatte für ihn, den sie in weiter Ferne wähnte, gebetet. Auch jetzt beschäftigten sich seine Gedanken mit ihm. „Würde ihn auch sein Mütterlein als Fremden betrachten?“ fragte er sich. Sein Herz klopfte merklich. Mit einem kurzen Gruße wollte er vorbeihuschen. Doch das schwache Mutterauge erkannte ihn sogleich. Mit dem Rufe „Mein Sohn!“ sank ihm die Mutter in die Arme.
Franz von Defregger
Franz Defregger wurde im freundlichen Dörflein Dölsach als armes Bauernbüblein am 30. April 1835 geboren. Sein Vaterhaus nennt man Eder. Schon in seiner frühesten Jugend hatte er ein großes Verlangen zu malen, zu schnitzen und zu zeichnen. Wenn er hinter den Schafen einherging, schnitzte er an einer Rübe oder einer Kartoffel und brachte manch schönes Figürlein zustande. Die Bauernarbeit freute ihn nicht. Er hatte seine Gedanken auch als erwachsener Bursche immer beim Malen. Schon sehr früh starb sein Vater. Nun war Franz Bauer. Er entschloss sich, sein Anwesen zu verkaufen. Mit dem Erlös und mit einem Brief vom Pfarrer reiste er nach Innsbruck zum Bildhauer Stolz. Dieser betrachtete den Osttiroler vom Kopf bis zum Fuß und grüßte ihn. Er fand, dass er ein ungewöhnliches Talent zum Malen besitze. Er brachte ihn zum hoch angesehenen Maler Piloty nach München. Dort wurde Defregger zum weltberühmten Maler herangebildet. Franz von Defregger malte am liebsten Bilder aus dem Tiroler Bauern- und Familienleben, wie die Familienmitglieder im Heimgarten beisammensitzen und fröhlich plaudern, wie sie in der Sennhütte bei traulichem Gespräch beisammen sind, wie sie sich zur fröhlichen Unterhaltung versammeln, wie sie das Tischgebet verrichten und wie der Vater den Kindern Spielzeug macht. Von solchen Bildern kenne ich „Das Tischgebet“, „Auf zum Tanz“, „Der Urlauber“, „Im Elternhaus“, „Der Brief“ und „Der neue Hausgenosse“. Besonders berühmt machten ihn die geschichtlichen Bilder aus dem Tiroler Befreiungskriege im Jahre 1809, wovon ich folgende kenne: „Speckbacher und sein Sohn Anderl“, „Das letzte Aufgebot“, „Heimkehr der Sieger“, „Die Tiroler Helden“, „Hofers letzter Gang“, „Speckbachers Aufruf“ und „Der Tharerwirt“. Defregger starb im Jahre 1921 am 2. Jänner in München. Sein Name und seiner Werke aber werden fortleben, solange es ein Tirol gibt.
Alles ist hindurchgegangen
In der schönen Stadt Lyon an der Rhone in Frankreich trug sich einmal folgende Geschichte zu: Ein Mann in dürftiger Kleidung, mit einem Meterstab in der Hand, schritt einem Gasthause zu. Er maß die Tür nach ihrer Länge und Breite. Dann griff er mit der Faust an die Stirne. Es schien nicht zu stimmen. Er maß zum zweiten, dritten und wiederholten Male, allein, er schüttelte immer wieder den Kopf. Die neugierigen Menschen hatten sich um ihn gesammelt. Einer fragte ihn: „Ja, lieber Mann, was tun Sie denn da?“ Der Mann sprach: „Diese Tür ist verhext. Sie ist keine zwei Meter hoch, und doch.... Ich hatte ein schönes Haus, es ging da hinein. Ich besaß ausgedehnte Wiesen und Wälder. Sie gingen hier durch. Mein vielen Pferde und Kühe, meine Wagen und mein Hausgerät und selbst mein Glück, mein Wohlstand, meine Ehre gingen da hinein. Wenn ich jetzt selber hineingehen will, so wirft man mich hinaus, weil ich keinen Pfennig mehr habe.“
Der Segen der Sonne
Die Sonne ist die Quelle allen Lebens. Sie spendet der Welt Licht und Wärme. Ein Leben ohne Sonne wäre nicht denkbar. Die ganze Welt würde in den Mantel der ewigen Dunkelheit gehüllt sein. Der Mond und alle übrigen Planeten würden ihren Schein verlieren, da sie alles Licht der Sonne verdanken. Aller Pflanzenwuchs wäre nicht da, und die Erde würde von einer dicken Eisschicht überzogen sein. Sie bricht den Bann des Winters. Die Sonne ist es, die die Pflanzen aus dem Schoße der Erde hervorlockt und in den Laubbäumen die Knospen entfalten lässt. Sie schmückt die Gräser und Blätter mit dem zartesten Grün und färbt die Blumen mit den schönsten Farben. Sie bewirkt, dass es regnet, indem sie das Meerwasser verdunsten und als Wolken in die Höhe steigen lässt. Die Sonne erzeugt den Wind, welche die Wolken nach allen Weltrichtungen treibt, bis sie als Regen auf die Erde träufeln. Hier tränken sie die dürren Fluren. Ein Teil sickert in den Boden und kommt als Quelle zum Vorschein, die dann, immer größer und größer werdend, als Fluss dem Meere zueilt, um den Kreislauf aufs Neue zu beginnen. Die Sonne ist der beste Arzt. Sie tötet viele Krankheitskeime. Sie führt den Tieren und Menschen Sauerstoff zu und macht, dass die Bäume und Pflanzen den giftigen Kohlenstoff aufnehmen. Besonders die Höhensonnenstrahlen sind bis zu einem gewissen Mass sehr gesund. Darum spazieren viele Menschen auf die Berge, um dort die wärmenden Strahlen zu genießen.
Die Panbrücke
Am westlichen Ende unseres Dörfleins befindet sich eine hölzerne Brücke, welche Panbrücke genannt wird. Sie wurde in den Jahren 1780 bis 1781 von Schwaben aus mächtigen Lärchenstämmen erbaut. Sie ruht auf zwei Betonpfeilern und ist 63 m lang. Im Jahre 1895 wurde an der Südseite ein gedeckter Gehsteig dazu gebaut. Ein zweiflügeliges Dach schützt die Brücke vor Regen und Schnee. In der Mitte der Brücke befindet sich an der Südseite eine Statue des hl. Johannes von Nepomuk. An der Nordseite ist ein Kruzifix mit dem sterbenden Erlöser. Beide Statuen werden mit Blumen und Tannenzweigen von Johann Schraffl geschmückt. Beim sterbenden Erlöser brennt Tag und Nacht ein Öllämpchen, welches einen geheimnisvollen Schein ins Dunkel der Brücke wirft. Der gekreuzigte Heiland hat am rechten Unterschenkel eine rote Hiebwunde, welche ihm zur Franzosenzeit ein roher Soldat beim Vorbeimarschieren zugefügt hat. Aber Gottes Strafe ereilte den Frevler bald, denn beim Weitermarsche starb er bald eines traurigen Todes. Zur Franzosenzeit kam die Brücke in große Gefahr. Als General Joubert 1797 nach der Niederlage bei Spinges hier durchmarschierte, versuchte er, die Brücke anzuzünden. Drei Sillianer Scharfschützen, welche sich am Pitersberge versteckt hatten, schossen so lange herunter, bis die Franzosen ihr Vorhaben aufgaben und weiterzogen.- Nachtrag: Im Herbst des Jahres 1926 wurden dem gekreuzigten Heiland aufs Neue von rohen Arbeitern an beiden Beinen eine Wunde zugefügt. Zur Sühne hat jetzt der liebe Heiland eine kleine Laterne bekommen.
Handwerker und Innungen
Während die gröberen Arbeiten, die keine Lehrzeit forderten, von Sklaven verrichtet wurden, so galt schon von jeher das Handwerk für eine ehrenvolle Tätigkeit freier Männer. Die einzelnen Berufe vereinigten sich zu Gruppen, die man Zunft nannte. So sprach man von der Weberzunft, von der Schneiderzunft, von der Schmiedezunft usw. Die Meister bildeten Genossenschaften, die man Innung nannte. Die Meister wählten aus ihrer Mitte den Innungsmeister. Heute nennt man ihn Genossenschaftsvorstand. Sie hatten ein eigenes Haus, Innungsheim genannt, wo sie ihre Versammlungen abhielten und ihre Beschlüsse fassten. Ließ sich ein Meister eine Unredlichkeit zuschulden kommen, so wurde er aus der Innung ausgesperrt. Wenn einer ein Handwerk lernte, so musste er nach drei- oder vierjähriger Lehrzeit das Gesellenstück machen. Die Innung stellte ihm einen Lehrbrief, der vom Innungsmeister unterschrieben war, aus. Mit dem Lehrbrief in der Tasche und dem Felleisen auf dem Rücken ging er dann hinaus in die Welt, bald da, bald dort Arbeit nehmend. Oft begegnete er auf der einsamen Landstraße einem Wanderburschen, und sie zogen gemeinsam weiter. Wenn sie nach jahrelanger Wanderschaft Land und Leute kennengelernt und nützliche Erfahrungen gesammelt hatten, so kehrten sie nach der Heimat zurück. In der Heimat angekommen, machten sie ihr Meisterstück und wurden dann als Meister in die Innung aufgenommen.
Die Kreuzschau
Ein Pilger überstieg einen hohen Berg. Als er auf der Höhe ankam, sah er zu seinen Füßen ein herrliches Tal voll grünender Wiesen liegen. Er streckte seine müden Glieder auf das duftig Alpengras nieder. Bald fielen ihm die matten Augenlider zu. Ein Traum umfing seinen wachen Geist. Er sah die Sonne als das Angesicht seines Herrn, das Firmament war sein Kleid, und die ganze Erde dessen Saum. Er klagte dem lieben Heiland sein Kreuz, das ihn ganz niederdrücke, und bat ihn, er möge ihm ein leichteres geben. Auf einmal war ihm, als sei er in großen, weiten Hallen. Darin waren unzählige Kreuze aufgestellt. Eine donnerähnliche Stimme tönte durch den Saal. Der Herrgott rief ihm zu, er solle sich von allen diesen Kreuzen eines aussuchen. Er betrachtete einige. Aber das eine war ihm zu groß, das andere wieder zu schwer und wieder ein anderes hatte zu eckige Kanten. Bald wurde er eines kleinen Kreuzes gewahr, welches einen funkelnden Glanz verbreitete. Es war vergoldet. Aber dem Golde entsprechend war auch sein Gewicht. Der Mann hatte nun alle durchsucht, aber kein passendes gefunden. Er wollte es noch einmal probieren, ein entsprechendes Kreuz zu finden. Nicht lange darauf fiel ihm ein Kreuz auf, welches ihm das beste zu sein schien. Freudig rief er aus: „Herr, so du willst, das sei mein Kreuz!“ Hierauf betrachtete er es genauer und erkannte, dass er dasselbe ja zuvor getragen hatte. Nun lud er es auf seine Schultern und trug es, ohne sich weiterhin über sein Kreuz zu beklagen.
Die Haselstaude
Die sonnigen, warmen Vorfrühlingstage haben bereits die Blüten der Haselstaude geöffnet. Wenn man die Staubblüten nur sanft berührt, rieselt ein feiner, gelber Staub herab und hängt sich an die Stengelblüten. Diese sind ganz klein und stehen zu dritt, zu viert oder zu fünft in einem Büschel beisammen. Sie sehen aus wie eine zarte, schuppige Knospe, aus der rote, feine Federchen hervorschauen. Fällt der Blütenstaub auf die roten Narben, so entwickelt sich die Frucht, die Haselnuss. Die Kinder suchen im Herbst alle Haselstauden nach diesen Nüssen ab und was sie übriglassen, schleppt das fuchsige Eichhörnchen in seine Winterwohnung. Die Blätter der Haselstaude kommen erst lange Zeit nach dem Blühen zum Vorschein. Sie sind breit und rundlich, und der Blattrand ist scharf gezähnt. Die Zweige sind gerade, glatt und sehr biegsam. Die weißen Punkte geben ihnen ein nettes Aussehen. Korbflechter und Binder schätzen das Haselholz hoch ein. In unserer Gegend besteht der sinnige Brauch am Feste Mariä Heimsuchung, am 2. Juli, vor Sonnenaufgang einen Haselzweig abzuschneiden und im Hause unter das Dach zu stecken zum Schutze gegen Blitz und Ungewitter. Als Maria, die heilige Jungfrau, zu ihrer Base Elisabeth über das Gebirge ging, wurde sie unterwegs von einem heftigen Gewitter überrascht. Da fand sie Schutz unter den Zweigen einer breitkronigen Haselstaude. Und seit jener Zeit schlägt nie mehr ein Blitz in eine solche Staude ein. Der gütige Schöpfer hat dem Haselstrauch auch heilende Kräfte gegeben. Die blühenden Kätzchen, im Schatten gedörrt, geben einen sehr heilsamen Tee gegen die Grippe. Nervöse Leute füllen das Kopfkissen mit grünen Haselblättern und finden einen erquickenden Schlaf.
Der Monat August (2)
Der Monat August hat seinen Namen von Kaiser Augustus, der um die Zeit Christi Geburt in Rom regierte. Kaiser Karl nannte diesen Monat „Erntemonat“, weil das meiste Getreide geerntet und in die Scheune gebracht wird. Im Monat August sind die Tage bedeutend kürzer als im Juli, dafür aber wärmer. Nirgends, auf keinem Berge, sieht man ein Schneefleckchen mehr. Wenn die Bauern die meisten Arbeiten getan haben, ziehen sie im August hinauf in die Bergwiesen und ernten dort das würzige und duftende Bergheu ein. Am 15. August ist das hohe Fest Maria Himmelfahrt. An diesem Tag ist in Sillian das Patrozinium. Am Vorabend pflücken die Mädchen und Mägde einen Strauß von allerschönsten Blumen, die sie im Garten und auf der Wiese finden. Am Festtag tragen sie die Blumen in die Kirche, um sie vom Priester weihen zu lassen. Die Kirche ist schön geschmückt, und würziger Wohlgeruch erfüllt das ganze Gotteshaus. Nach der Weihe tragen die Mädchen die Blumen wieder heim. Bei Unglück und Ungewitter nimmt man sie zum Räuchern her. Von Maria Himmelfahrt bis Maria Geburt sind die Tage der Mutter Gottes geweiht. In dieser Zeit breitet sie besonders ihren Schutzmantel über Felder, Wiesen und Menschen aus.
Der „Wasserschmätzer“
Wenn wir am Draudamm spazierengehen, so sehen wir mancherlei Vögel am Flusse umherfliegen. Einer von diesen ist die Wasseramsel oder Wasserdrossel, die man auch „Wasserschmätzer“ heißt. Es ist ein sehr zierlicher Vogel. Am Kopf und am Nacken ist er fahlbraun. Die Flügel sind schieferfärbig. Der vordere Teil und die Brust sind weiß wie Milch. Die Nahrung dieses Vogels besteht aus Kerbtieren und deren Larven, aus jungen Krebsen, kleinen Schnecken und mitunter auch aus einem winzigen Fischlein. Die Wasseramsel fliegt von Stein zu Stein und schwimmt auch hie und da unter dem Wasser hin und her, bis sie etwas später wieder auftaucht. Es ist ihr ein Vergnügen, wenn die Drau manchmal auch wild und stark dahinrauscht. Mag sie auch noch so lang im Wasser sein, ihr Gefieder wird nicht nass, weil sie es mit dem Fett der Bürzeldrüse einölen kann. Die Wasserdrossel baut ihr Nest am Ufer des Flusses, unter Brücken, oft auch unter Rinnen. Sie ist auch ein gern gesehener Gast bei den Mühlen und Brettersägen.
Unser Mond
Nach dem Untergang der strahlenden Sonne, wirft der Mond sein mildes Licht auf die Landschaften der Erde hernieder. Er erfüllt in den Stunden der Nacht alles mit seinem zauberhaften Glanz. Freudig begrüßt der einsame Wanderer den Mond. Wie eine sichere Lampe leuchtet er am Himmel und zeigt ihm den Weg. Der Mond scheint auch in die Kammern der Kranken hinein und erfüllt ihre wunde Seele mit Trost. Alle Leute haben den Mond gern. Nur der Bösewicht schreckt zurück, wenn der Mond mit vollem Gesicht zu ihm herniederschaut und ihn an das allsehende Auge Gottes erinnert. Der Mond wandert einmal im Monat um die Erde und wandert zugleich mit dieser um die Sonne. Das Mondlicht braucht nur 1, 25 Sekunden, bis es die Erde erreicht. Der Mond ist fünfzigmal kleiner als die Erde. Beim wunderbaren Schauspiel einer Sonnenfinsternis steht die Erde zwischen Sonne und Mond in gerader Linie. Der Mond ist auch vom lieben Gott als Zeiteinteiler bestimmt worden. Er teilt die Monate und Wochen ein. Sieben Tage nach Neumond sieht man den zunehmenden Mond als eine Sichel, sieben Tage später ist Vollmond, nach weiteren sieben Tagen nimmt der Mond wieder ab bis zum letzten Viertel und wieder sieben Tage später ist wieder Neumond. Also dauert eine Mondumkreisung genau 28 Tage. Die Sternkundigen schildern uns den Mond als einen Erdtrabanten, an dem es kein Wasser und keine Luft gibt. Nur kahle und nackte Felsen ragen am Mond empor, dazwischen gibt es dunkle, kesselartige Vulkane und Täler. Diese toten Felsenwände ziert kein Wald. Vollständig nackt heben sie sich empor. Keine Quelle durchbricht das Gestein. Im weiten Tale, zu Füßen dieser staubigen Felsen erglänzt kein See. Kein Bach schlängelt sich durch grüne Wiesen. Über diese Wüstenlandschaft saust kein Windhauch. Grabesruhe herrscht auf dem Mond. Die Menschen aber haben den Mond mit seinem silberhellen Schein trotzdem gern. Wenn der liebe Gott den Mond nicht scheinen ließe, müssten wir auf ein herrliches Naturschauspiel verzichten und die Erde wäre um vieles ärmer.
Der Eichelhäher
Der Eichelhäher ist hierzulande ein wohlbekannter, aber nicht geachteter Vogel. Die Bauersleute nennen ihn auch „Buingratsche“, und dies mit Recht, weil er ein recht arger Bohnenschelm ist. Er ist etwas so groß wie eine Taube. Sein Gefieder ist gelbrot, seine Flügel sind schwarz und mit einem schwarz-blau-weißen Spiegel geziert. Auf dem Kopf trägt er eine Federhaube, welche er, wenn er zornig ist, aufsträubt. Der Eichelhäher ist ein Allesfresser. Im Herbst, wenn das Korn reif ist, so geht er auf die Bohnen-, Erbsen- und Kornfelder los, oder wenn die Feldfrüchte schon in den Harpfen sind, so sucht er dieselben auf. Er weicht die Bohnen und Erbsen in seinem Kropf auf, nachdem er sie gefressen hat. Er ist der ärgste Nestzerstörer unserer Wälder. Mit seinem starken Schnabel vermag er sogar die Haselnüsse zu öffnen. Er ist ein Feind der Kreuzotter. Von ihrem giftigen Biss fürchtet er sich nicht, sondern er hämmert einfach auf den Kopf los, bis sie tot ist. Auf diese Weise macht er sich sogar nützlich. Der Eichelhäher ist ein unruhiger und listiger Vogel. Er ist ein arger Spötter und vermag, die Stimmen von anderen Vögeln nachzumachen. Jung eingefangen, kann man ihn bisweilen dazu abrichten, ein Lied zu pfeifen und Worte nachzusprechen. Nicht in Scharen, sondern nur einzeln fliegt er. Wenn sich ein Eichelhäher irgendwo bei einer Harpfe sattgefressen hat, so kommt der nächste zur Futterstelle. Besonder bevor schlechtes Wetter kommt, sammelt er fleißig Nahrung. Das Geschrei der Eichelhäher klingt wie ein Gekreische. Der ärgste Feind des Eichelhähers ist wohl der Habicht. Auch der Waldkauz stellt ihm nach. Der Baummarder überfällt ihn hauptsächlich in der Nacht, wenn der Vogel seinen Kopf in die Federn gesteckt hat. Der größte Feind ist wohl der Mensch. Weil der Eichelhäher an der Landwirtschaft einen ungeheuren Schaden anrichtet, wird er nicht selten abgeschossen.
Die Stoppelrübe
Sobald das Korn abgeschnitten ist, baut man noch Rüben an. Der Samen „geht“ schon nach einigen Tagen „auf“. Wir Kinder können es fast gar nicht erwarten. Sobald die Rüben ein bisschen groß sind, laufen sie über den Acker und holen sich diese Stoppelrüben. Die Eltern sehen dies aber nicht gerne. Sobald es zum „Ausziehen“ der Rübe kommt, sind alle Kinder dabei. Sie werden die Früchte auf einem Häufchen zusammen. Hernach gibt man sie in einen Wagen und fährt diesen nach Hause. Daheim werden die Stoppelrüben von den Kindern geputzt. Hernach bringt man die geputzten Rüben auf ein Krautbrett. Dort werden sie „eingehackt“. Das zerkleinerte Kraut gibt man in ein Fass. Nach drei bis vier Wochen ist das Kraut sauer. Man kann es als Zuspeise verwenden.
Auf der Bergwiese
Im heurigen Sommer ging ich mit dem Vater hinauf auf die Bergwiese „Höllenstanleiten“. Ich verbrachte dort 14 Tage. Mir gefiel es droben sehr gut. In aller Herrgottsfrühe ging ich hinein zum Bach, der etwa 5 bis 10 Minuten von der „Schupfe“ entfernt war. Mit dem frischen, klaren Wasser wusch ich mir Gesicht und Hände. Nachher kletterte ich hinauf auf alle Spitzen und atmete die würzige Almluft tief ein. Wohlriechende Blumen, wie z. B. „Blutströpflein“, „Bergnagelen“ und „Speik“ wuchsen auf der Wiese. Darunter dehnten sich ganze Felder von Alpenrosen aus. Darüber, auf Felswänden und Schroffen, blühte die vornehme Edelraute. Auch Heilkräuter standen in schönster Blüte da. Untertags musste ich kleinere Arbeiten verrichten. Am vorletzten Tag meines Aufenthaltes ging ich mit den anderen hinauf auf das „Hornisch-Eck“, um uns die Gegend noch einmal besser anzusehen. Auf der Anhöhe genossen wir eine schöne Aussicht. Hier heroben waren auch Leute und der Hirte von Sexten. Der Vater setzte sich zu ihm, und sie plauderten miteinander. Ich schaute mit einem Fernrohr herunter nach Panzendorf und hinüber zu den Dolomiten. Beim Abwärtsgehen pflückten wir einen Strauß der allerschönsten Alpenblumen, die wir fanden. Am anderen Tage rüsteten wir uns zum Heimgang. Auch die Blumen nahm ich mit nach Hause.
Der Abtrieb von der Alm
Am Kirchweihsonntag, es ist der 16. Oktober, trieben wir das Vieh von der Alm. Dort war es jetzt nicht mehr so gemütlich wie im Sommer, denn es strichen schon frostige Winde über die Berge. Der Reif sengte an den Gräsern, und die saftgrünen Alpenmatten wurden rötlich und braun. Das Scheiden von den luftigen, sonnigen Höhen wurde mir nicht leicht gemacht. Draußen im Tal wartete schon der Bauer mit Sehnsucht auf das Vieh. Der größten Kuh wurde eine helle Glocke mit einem schön gestickten Riemen umgehängt. Hin und wieder stießen wir helle Jauchzer aus. Dieser Almabtrieb war eine wahre Pracht. Ich begleitete noch die Sennerin bis zum Hof und ging dann lustig und fröhlich nach Hause.
Der Sternenhimmel
Ein wunderbares Leuchten, Funkeln und Schimmern verkündet uns an schönen, klaren Abenden im weiten Himmelsraum Gottes Allmacht und Herrlichkeit. Mit Staunen, Bewunderung und Ehrfurcht schaut der fromme Mensch hinauf zum blauen Sternenzelt, wo unzählbare Sternlein funkeln. Ein gutes Auge kann am nächtlichen Sternhimmel 5000 Sternlein zählen, auf einer Sternwarte aber viele Millionen. Jener nebelartige Streifen, der Milchstraße genannt wird und den Himmel in zwei ungleiche Hälften teilt, hat allein schon über 18 Millionen Sterne. Wegen der weiten Entfernung erscheint uns die Milchstraße wie ein weißer Streifen, der sich von Norden nach Süden zieht. Damit man den Sternenhimmel besser überblicken kann, hat man ihn in Sternbilder eingeteilt. Die bekanntesten Sternbilder sind: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fisch. Einige davon kann man mit freiem Auge entdecken. Ein anderes Sternbild ist die „Gluckhenne“ oder das Siebengestirn. Ein wunderbares Sternbild ist der Orion. Manche Leute nennen den Orion „Sense“. Es erscheint wie eine blanke Sense im weiten Himmelszelt. Wenn wir mit dem Auge nach Süden wandern bis zum Äquator, so erblicken wir ein wunderbares Sternbild, nämlich das Kreuz des Südens. Es erinnert uns an das Kreuz der Erlösung. Wegen der ungeheuren Entfernung der Sterne erscheinen sie uns wie kleine Pünktchen. In Wirklichkeit sind es aber riesengroße Himmelskörper. Wie groß muss doch der Himmelsraum sein, der alle diese Sterne umfasst! Und wie unendlich groß und mächtig muss erst der sein, der dies alles gemacht hat.
Die Kohlmeise
Das liebliche Vöglein kommt bei uns sehr häufig in Wäldern, Wiesen und Rainen vor. Es springt von Ast zu Ast, hüpft und singt den ganzen lieben Tag. Es ist am Rücken gelblich-grün und an der Unterseite gelb. Scheitel und Kehle sind schwarz. Der Schnabel ist kurz und gut zum Aufpicken kleiner Insekten geeignet. Die Nasenlöcher sind mit Federn bedeckt. Das Gefieder ist sehr fein und locker, die Beine kräftig und gelenkig. Die Nahrung der Kohlmeise besteht aus Insekten und Fleisch. Das Nest baut sie zumeist in kleinen Hohlräumen am Baum. Zweimal im Jahr brütet die Meise. Sie wird nicht selten von Buben mit Leimspindeln oder Fallen gefangen. Dann verkaufen sie die armen Vöglein, oder sie werden über den Winter mit Futter in Käfigen gehalten. Im Sommer hängt man den Käfig zumeist vor das Haustor, da die Kohlmeise eine gute Sängerin ist. Als Insektenfresserin macht sie sich sehr nützlich.
Der Wacholder
Der Wacholder oder „Kranebit“ ist ein sehr nützlicher Strauch. Er ist immer grün und hat spitze Nadeln. Man findet ihn auf allen Weideplätzen. Die Früchte reifen nur alle drei Jahre. Sie sind sehr klein und bläulich. Von der Wacholderstaude wird alles verwendet: Die Früchte kann der Apotheker gut gebrauchen, und sie sollen in jedem Hause sein. Die Nadeln werden von den Bauern gesammelt und zu „Leck“ vermahlen. Das Holz verwendet der Drechsler. Die Äste und Beeren werden bei ansteckenden Krankheiten zur Räucherung gesammelt. Ein alter Arzt sagte: „Vor der Wacholderstaude sollte man den Hut abnehmen.“
Albin Eggers Begräbnis
Albin Egger war ein berühmter Maler und stammt aus Lienz. Er malte das Kriegerdenkmal in seiner Heimatstadt. Er starb im Bozner Krankenhaus und wurde von dort in seiner Heimat überführt. In der Antoniuskapelle wurde er aufgebahrt. Die Kapelle war mit schwarzen Fahnen geziert. Links von der Straße waren Gestelle mit vier Brettern aufgerichtet, auf welchen vier eiserne Kessel mit brennendem Pech standen. Am 11. November um 4 Uhr nachmittags war sein Begräbnis. Links und rechts von der Straße standen eine Menge Leute. Auch ich war dabei. Die Bürgerschüler und die größeren Volksschüler stellten sich an erster Stelle geordnet auf, dann folgten in Tracht die Alt- und Jungschützen. Am besten gefielen mit die 6 Mädchen und 2 Knaben in Altlienzer-Tacht. 6 Burschen trugen schöne Kränze. 4 Männer hielten Lichter in der Hand. Nachher folgte der Sarg, den ebenfalls 6 Männer trugen. Die Truhe war mit einem schönen Leichentuch zugedeckt. Hinter dem Leichnam gingen acht Priester. Es war auch der Hochwürdige Herr Christoph Wurzer, der frühere Kooperator von Sillian, dabei. Jetzt setzte sich der Leichenzug in Bewegung. Ich selbst durfte nicht mitgehen, da ich auf den Zug eilen musste.
Geschichtliche Zahlen von Panzendorf
464: Die Hunnen bauen den Hunnenturm; 772: Erstürmung der Hunnenburg; 1240: Die Görzer Grafen sind die Besitzer der Burg Heinfels; 1331: Einweihung der Laurentiuskapelle im Schloss; 1349: Einweihung der St. Peterskirche; 1500: Die Görzer Grafen sterben aus. Kaiser Maximilian erbt das Schloss Heinfels; 1633: Die St. Peters-Kirche wird vergrößert; 1693: Die St. Antonius-kapelle wird gebaut; 1781: Die Panbrücke wird gebaut; 1787: St. Peter wird eine Expositur; 1828: Große Überschwemmung mit Bergsturz; 1882: Große Überschwemmung; 1902: Brand des Schulhauses; 1904: Bau des neuen Schulhauses; 1926: Die Gemeinde bekommt das elektrische Licht.
Das Bergwerk in Panzendorf
Das Bergwerk liegt am Eingang ins Villgratental im „Lueg“. Der Ursprung des Bergwerkes reicht zurück in die Zeit der Römer, welche nach Gold und Kupfer schürften. Im 16. Jahrhundert wurde auch nach Erz gegraben. Wann der Betrieb wieder eingestellt wurde, ist nicht bekannt. Erst in den Jahren 1875 bis 1880 wurden die Stollen aufs neue geöffnet und weiter getrieben. Auch neue Stollen wurden geschlagen. Zu einem regsamen Betrieb brachte es erst die bayrische Aktiengesellschaft in Heufeld, welche das Bergwerk ankaufte und nach Schwefelkies ausbeutete. Es wurden Bohrmaschinen und eine Aufbereitung eingestellt. Zur raschen Beförderung des Erzes wurde eine Rollbahn bis zur Station Sillian hergestellt. Gegenwärtig ist das Bergwerk geschlossen.
Die Erfindung der Mühlen
Die alten Deutschen nährten sich ursprünglich vom Fleisch der erlegten Tiere und von Hafermus. Die Körner zerrieben sie zwischen zwei Steinen. Die ersten Wassermühlen erfand man in Asien, und von dort kamen sie nach Rom. Von den Römern lernten sie dann die alten Deutschen kennen. Doch zuerst hatten nur die reichen Grundbesitzer und die Klöster solche Wassermühlen. Die ärmeren Bauern mussten deshalb das Korn zum Kloster oder zum Gutsherrn tragen. Dem Müller mussten sie als Lohn für das Mahlen den sogenannten „Metz“, das ist der 16. Teil vom ganzen Korn, zurücklassen. Später wurden dann auch die Wind- und Schiffsmühlen allmählich bekannt. Die Windmühlen kamen nur in wasserarmen Gegenden vor. Die Schiffsmühlen wurden vom Meerwasser angetrieben. Bis zum 16. Jahrhundert musste man das Mehl mit einem Sieb von der Kleie absondern. Erst in dieser Zeit wurde dann das sogenannte „Beuteltuch“ bekannt. Heute aber hat man in den Städten schon Kunstmühlen, die mit elektrische Kraft betrieben werden.
Die Tiere im Winter
Der Winter naht heran. Schnee und Eis bedecken den ganzen Erdboden. Die Leute ziehen sich zurück in ihre warme Stube. Wer hinausgehen muss, hüllt sich in warme Kleider ein, damit die Kälte nicht durchdringt. Wir müssen uns jedoch wundern, wie sich die Tiere im Winter bei dieser Kälte durchbringen. Aber die Güte Gottes sorgt für jedes Geschöpf. Er hat vielen Tieren einen Winterpelz gegeben. Die Säugetiere bekommen ein warmes Winterkleid, dichte Wollhaare gegen die Kälte und zusätzlich als Tarnung die passende Färbung. Das Schneehuhn erhält an Stelle der ausgefallenen Federn ein doppeltes Flaumenfederkleid. Der Hamster, die Füchse, die Maulwürfe und die Murmeltiere beugen für den Winter vor, indem sie schon im Herbst genug Nahrung in ihre Höhlen und Nester getragen haben. In einem Hamsterbau findet man oft 20 bis 30 Kilogramm Getreidekörner. Der Hirsch, das Reh, die Gämse und der Hase haben im Winter sehr böse Zeiten durchzukämpfen. Ist sehr schlechtes Wetter, so flüchten sie unter Bäume und Sträucher. Damit diese Tiere Nahrung haben, hat der liebe Gott in sehr strengen Wintern das Heidekraut länger und dichter wachsen lassen. Einige Tiere halten einen Winterschlaf, wie z. B. der Bär. Wenn der Frühling wieder kommt und die Sonne wärmer scheint, die Bächlein sprudeln und die lieben Blümlein wieder aus der Erde hervorgucken, erwachen alle Tiere, die den Winter hindurch geschlafen haben. Sie verlassen, zwar abgemagert und hungrig, aber doch gesund ihre Höhlen und suchen sich neue Nahrung. Vielen Singvögeln wird es im Herbst bei uns zu kalt. Deshalb ziehen sie nach Süden in wärmere Länder. Sie bekommen von Gott neue Schwungfedern, damit sie die weite Reise besser zurücklegen können. Sie fliegen nach Italien oder weiter über das Mittelländische Meer nach Ägypten in das Innere Afrikas. Dort ist der „Tisch“ für sie bereits „gedeckt“. Ist der Winter bei uns jedoch vorüber, so finden die Vögel ohne Kompass und Landkarte wieder in unsere Heimat zurück und suchen dort ihre alten Nester auf, die sie in den Häusern, in Wäldern und Feldern und sonst noch überall gebaut haben. So sorgt Gott für alle Tiere im Winter.
Der Weg zum Rorateamt
Mit dem ersten Adventsonntag treten wir in den Weihnachtsfestkreis ein, und es nähern sich die lieblichsten Festzeiten des ganzen Jahres. In aller Früh, wenn die Vöglein draußen im Walde ihre Köpflein noch im warmen Gefieder verstecken, und wenn die Morgensonne noch lange hinter den Bergen verborgen ist, ertönen schon die Glocken und rufen uns zum Rorateamt. Da wird es auf allen Bergen lebendig. Überall beginnen die Fensterscheiben zu leuchten, und schon kommen die Lichter und Fackeln den Berg herunter, einzeln und in langen Reihen. Aus den hohen Kirchenfenstern scheint auch schon helles Licht, und alle frommen Menschen strömen der Kirche zu. Drinnen in der Kirche ist alles übersät von Lichtern und Flämmchen. Feierliche Orgelklänge durchbrausen den heiligen Raum, und es beginnt das Rorate- oder goldene Amt. In der Kirche knien die Leute voll Vertrauen auf die Fürbitte der heiligsten Muttergottes. Nach dem Amt ziehen die Kirchgänger, vom Segen Gottes begleitet, nach Hause und beginnen dort mit ihrer Arbeit.
Weihnachten der Vögel
Wir wissen ein Land, wo es die Vögel besser haben als bei uns, ein Land, wo sie im Sommer nicht gefangen und nicht gestört werden und wo sie im Winter einmal einen gedeckten Tisch haben. Dieses Land heißt Norwegen. Im Herbst, wenn die Bauern ihr Korn dreschen, lassen sie eine volle Garbe übrig und bewahren sie bis zum Heiligen Abend auf. Am Heiligen Abend, an dem alle Menschen besser essen als gewöhnlich, bekommen auch die Vögel eine gute Mahlzeit. Die Bauern holen die Garben, welche sie bis dort aufgehoben haben, und stecken sie auf eine hohe Stange. Die Vögel bemerken dies bald und kommen scharenweise, um die Mahlzeit zu verzehren. In Norwegen nennt man diese gute Sitte „Weihnachtsbüschel“. Interessiert schauen die Bauern hinauf zu den Vögeln und freuen sich mit ihnen. Die Vögel aber lassen diese große Wohltat nicht unbedankt, sondern vertilgen im Sommer, wenn der Schnee längst geschmolzen ist, Tausende schädlicher Insekten und Käfer und singen ein fröhliches Lied. Auch wir sollten uns bemühen, diese schöne Sitte nachzuahmen, indem wir in der kalten Jahreszeit den armen und hungrigen Vögeln Futter ins Futterhäuschen streuen, damit sie nicht verhungern.
Achtung vor dem Brot
In der Gegend von Innsbruck, wo jetzt kahle und schroffe Felsen emporragen, lebte vor alter Zeit die mächtige Riesenkönigin „Frau Hitt“. Dort waren früher grüne Wälder, üppige Wiesen, fruchtbare Äcker und blühende Gärten. Alles gehörte der sagenhaften Königin. Trotz ihres Reichtums war sie sehr unbarmherzig, und wenn ein armer Bettler um eine milde Gabe bat, so wies sie ihn mit groben Scheltworten von ihrer Türe ab, und er musste mit leeren Händen und mit tiefbetrübtem Herzen weiterwandern. Ja, sogar ihren Dienstboten gab sie zu wenig zum Essen. Eines Tages aber, als ihr kleiner Sohn voll Schmutz und Kot nach Hause kam, gab sie den Dienern den Befehl, den Knaben mit weichen Brosamen vom Schmutz zu reinigen. Als Gott sah, welchen Frevel Frau Hitt mit der Gottesgabe trieb, fuhr ein heiliger Zorn in ihn. Ein mächtiges Gewitter zog herbei, und es fing an zu donnern und zu blitzen. Als sich das Wetter verzogen hatte, waren keine Wälder, Wiesen, Äcker und Gärten mehr zu sehen, sondern nur kahle Felsen erstreckten sich über die zerstörte Gegend. Gott hatte Frau Hitt für ihren Frevel bestraft, indem sie zu Stein wurde.- Aus dieser Geschichte sollten wir lernen, dass wir das Brot als Gabe Gottes schätzen müssen. Darum habt Achtung vor dem Brot! Wenn einem ein kleines Stücklein Brot auf den Boden fällt, so sollte man es aufheben und wenn es schmutzig ist, den Tieren zum Fressen geben. Isst man auf dem Feld ein Stücklein Brot und es fällt einem dort etwas zu Boden oder man verliert dasselbe, so könnte man ein „Vater unser“ für die Unvorsichtigkeit beten. Ein Sprichwort sagt: Wer in der Jugend ein Stück Brot wegwirft, muss es im Alter betteln. Isst man Brot, so sollte man achtgeben, dass es nicht bröselt. Findet man ein Stück Brot, das man nicht mehr essen kann, so könnte man es auch den Vögeln als Futter streuen. Im Frühjahr, wenn der Bauer sein Korn gesät und den Acker bestellt hat, macht er an allen vier Ecken des Ackers mit dem Rechen ein Kreuz, damit Gott das Korn segne. Ist das Korn bereits angebaut, so hält man in der Kirche ein allgemeines Bittfest, um den Erntesegen zu erhalten. Im Herbst, wenn die Schnitter die letzte Garbe geschnitten haben, stellt man die sogenannte Betgarbe auf und betet dabei das Ablassgebet zum Dank für die reiche Ernte. Sobald die Garben gedroschen sind und das Korn im Kornkasten untergebracht ist, macht der Hausvater ein Kreuz auf die Kornbehälter. Beim Backen macht man nach dem Kneten auch ein Kreuz auf den Brotteig. Und wenn dann ein Brotlaib angeschnitten wird, so macht man mit dem Messer zuerst ein Kreuz auf die Unterseite des Brotes. Das Vieh und die Kinder sollte man von den Kornäckern abhalten, damit sie nichts zertreten. Ein alter Bauer hatte einmal vor seinem Acker eine Tafel aufgestellt. Darauf war folgende Inschrift zu lesen: „Kornrupfer, merke dir, unser täglich Brot wächst hier! Und willst du es genießen, so tritt es nicht mit Füßen!“
Die Stubenfliege
Die Stubenfliege gehört zu den häufigsten und weit verbreitetsten Insekten. Sie ist vielfach in den Häusern anzutreffen. Sie nimmt ihre Nahrung nicht mit den Fühlern wahr, sondern mit ihren großen, rotbraunen Augen und ihrem Riechorgan. Diese Augen bestehen aus vielen kleinen, mosaikartigen Auglein. Darum ist sie auch geschwind in der Nähe, wenn man die Speisen auf den Tisch stellt. Die Stubenfliege beschmutzt alle Gegenstände und ist sehr lästig. Zum Glück ist sie aber kein Blutsauger. Sie nährt sich von Flüssigkeiten, von Zucker und Käse. Die festen Stoffe, die sie zu sich nimmt, löst sie zuerst mit einer Flüssigkeit aus dem „Rüssel“ auf. Die Stubenfliege legt ihre Eier auf Speisen, wo die ausschlüpfenden Maden genügend Futter vorfinden. Die Maden gleichen kleinen, weißen, kopf- und fußlosen Würmchen. Sie sind sehr gefräßig und wachsen äußerst rasch. Innerhalb kurzer Zeit verpuppen sie sich und in nicht gar langer Zeit schlüpfen schón wieder kleine Fliegen aus. Die Stubenfliege vermehrt sich ungemein schnell. Man fängt sie mit Fliegenbändern oder legt Fliegenpilze am Fensterbrett auf. Ein Verwandter ist die Brumm- oder Fleischfliege. Sie fliegt mit starkem Gesumm im Haus umher und stößt dabei immer wieder an den Fensterscheiben an. Das Weibchen legt seine Eier in kleinen Häufchen auf Fleisch oder Speck. Eine andere Verwandte ist die Ochsen- oder Viehbremse. Diese hat aber einen Stechrüssel. Die Schafbremse legt ihre Eier oft die Nase von Schafen. Wenn die Maden ausschlüpfen und in das Gehirn der Schafe vordringen, verenden diese nicht selten an der sogenannten „Drehkrankheit“.
Die Luft
Man hat längst schon erkannt, wie wichtig die Luft für die Gesundheit des Menschen ist. Mit der gesunden Luft heilt man viele Kranke, und oft ist diese die einzige Medizin, die dem Kranken noch hilft. Und dennoch schätzen die Menschen diese große Gottesgabe viel zu wenig und verunreinigen sie durch Rauch, sei es durch Kamin- oder Tabakrauch. Manche Menschen wollen die frische, gesunde Luft gar nicht so recht in ihre Wohnungen hineinlassen. Indem wir atmen, entziehen wir der Luft den Sauerstoff und füllen sie mit Stickstoff an. So entsteht die viele, schlechte Luft in überfüllten Räumen wie z. B. in den Schulen, Kirchen, Wirtshäusern, Fabriken und Städten. Die ganze Pflanzenwelt arbeitet aber an der Reinigung der Luft mit. Welch eine große Wohltat ist die frische Luft! Wie wohl ist uns doch, wenn wir durch den grünen Wald spazierengehen und dabei bedenken, wie gut doch der liebe Gott sein muss, der uns diese große Wohltat erwiesen hat. Die frische, klare Waldluft kommt uns vor wie ein Hauch vom Paradies.
Die Baumwollpflanze
Von allen Stoffen, welche der Mensch zur Kleidung braucht, nimmt die Baumwolle die wichtigste Stelle ein und ist daher für den Menschen unentbehrlich. Die Baumwollpflanze wird 50 Zentimeter bis einen Meter hoch und wächst nur in heißen Gegenden. Die Blätter sind ahornähnlich, die Blüten sind gelb, und nach vollendeter Blütezeit bilden sich aus den Fruchtständen nussgroße Kapseln. Die Früchte sind unseren „Käsepappeln“ ähnlich. Nach der Reifezeit springen die Kapseln an drei Seiten auf, sodass die Rohbaumwolle erscheint. Wenn man über ein solches Baumwollfeld sieht, so möchte man meinen, dies sei ein mit Schnee bedecktes Feld. Sind also die Kapseln offen, werden sie abgepflückt. Die Baumwolle wird von den Kapseln befreit, verpackt und weiterversandt. In den Fabriken wird sie zu Stoffen wie z. B. zu Flanell gewebt oder zu Zwirnen gesponnen. Als fertige Ware kommt die Baumwolle in den Handel. Das baumwollreichste Land sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Sie liefern jährlich 16 Millionen Ballen Baumwolle. Weitere Länder sind: Ägypten, Britisch-Indien, China und Brasilien. Am meisten Baumwolle braucht man in England. Auch in Tirol sind einige Baumwollspinnereien und Baumwollwebereien.
Ein lustiger Heutag
Es war ein schöner, heißer Sommertag. Die Männer mähten das würzige Gras ab und die Sonne dörrte es zu Heu. Es wurde „zusammengerochen“. Hernach breitete man große, weiße Leinentücher aus, die sogenannten „Blochen“. Darauf wurde das Heu gelegt, und das Tuch wurde an allen vier Ecken zusammengebunden. Die Männer trugen das Heu nun auf dem Kopf zum Rübenacker. Im Stadel war schon der Aufzug zum Hinaufführen des Heues vorbereitet. Der Vater bediente den Aufzug und ließ mit der Seilwinde den Aufzugwagen, den man auch „Hunt“ nennt, am Tragseil abwärts. Am Aufzugwagen war ein „Flaschenzug“ mit einem Seil angehängt. Dieses Seil musste man fangen und den „Flaschenzug“ niederziehen. Der „Heupackt“ wurde nun in einen eisernen Haken eingehängt und wieder mit der Seilwinde in den Stadel geführt. Diese Arbeit machte uns Kindern, die am Stadel mithalfen, viel Freude. Wir jauchzten und klatschten mit den Händen, als das Heu auf diese Weise hoch in die Lüfte emporgehoben wurde. Ein Wägelchen stellten wir für die Heufuhre bereit, und mein Bruder schob dieses zur „Heudiele“. Dort leerten wir Kinder das Heu aus dem Tuch und hängten das leere Tuch wieder in den „Hunt“. So ging es immerfort weiter, bis das ganze Heu im Stadel war. Am Abend erzählten wir einander, was wir am ganzen Tag erlebt hatten.
Wenn der Bauer das Heu von der Bergwiese bringt
Wenn im Winter der erste reichliche Schneefall eingetreten ist und der Schnee wie ein dichter, weißer Mantel Berg und Tal eingehüllt hat, gehen am ersten schönen Tag in der Woche etwa vier bis sieben Männer, ausgerüstet mit guter Winterbekleidung, mit Schneereifen an den Füßen und mit Schneeschaufeln in den Händen, über die „Heuriese“ den Berg hinauf. Sind sie bei der „Heuschupfe“ angekommen, beginnen sie, den Schnee wegzuräumen und die „Ladestatt“ für das Heu-Aufladen zu machen. Nun sind die notwendigsten Vorbereitungen getroffen, und das „Heuziehen“ kann am nächsten Tag beginnen. Nach einer kurzen Nachtruhe werden die „Heuzieher“ geweckt. Da heißt es noch einmal tüchtig essen, denn es gibt nun zehn bis zwölf Stunden keine warme Mahlzeit mehr. Alles, was die Bäuerin an gutem Essen bieten kann, kommt auf den Tisch. Mit „Fergel“, „Bindseilen“ und dem „Wiesbaum“ auf dem Rücken, machen sich die Männer auf den weiten Weg. Nach einigen Rastpausen sind sie bei der „Schupfe“ angelangt. Ein kalter, scharfer Wind bläst von den Tauern her, und wer nicht erfrieren will, muss tüchtig zugreifen. Zuerst werden die „Fergel“ und die Seile am Boden ausgebreitet. Hernach wird das Heu von der „Schupfe“ herausgeholt und zu einem Fuder gefasst. Ist das Fuder groß genug, kommt der „Wiesbaum“ darüber. Das Fuder wird nun fest zusammengebunden. So werden alle Fuder „aufgelegt“. Die „Heuzieher“ halten nun einen Augenblick inne, nehmen den Hut vom Kopf und beten ein „Vater unser“ für eine glückliche Heimfahrt. „In Gottes Namen!“ sagt der erste und zieht sein Fuder vor. Geht die Fahrt zu schnell, so werden Fichtentaxen untergelegt. Geht es wieder schwerer zu ziehen, dann müssen zwei oder drei Männer „zusammenhelfen“, um das Fuder weiterzubringen. An einem eigenen Platz werden die Fuder auf Schlitten gehoben. Nun geht es mit sausender Geschwindigkeit zu Tal. An der Straße warten schon die Pferde und ziehen die Fuder in das Futterhaus. Ein fröhliches Mahl beschließt die gefährliche Arbeit.
Der Steinbruch in Panzendorf
Am felsigen Abhang des Schlossberges befindet sich ein Steinbruch, in welchem im Jahre 1926 sehr viele Steine gebrochen wurden. Baumeister Bodner hat die Steine von der Fraktion Heimfels gekauft, um sie zum Draubau verwenden zu können. Am Steinbruch waren jeden Tag einige Arbeiter beschäftigt, welche Löcher in die Felsen bohrten und dieselben mit Dynamit luden. Täglich um die Mittags- und Abendzeit sprengten sie die großen Felswände. Jedesmal, wenn gesprengt wurde, kam vorher ein Arbeiter zu uns und meldete, dass wir jetzt in Deckung gehen sollten, damit wir nicht von einem Stein getroffen würden. Draußen beim Gasthaus „Oberthaler" stand auch ein Arbeiter und machte die Vorbeigehenden auf die Sprengung aufmerksam. Auch wir Kinder durften um diese Zeit nicht ins Freie, sondern mussten uns in die Küche oder Stube unseres Elternhauses begeben. Manchmal aber gingen wir auf den gegenseitig gelegenen Hang hinauf und versteckten uns während der gefährlichen Sprengung hinter einer Staude. Auf diesem Rain hatten wir eine gute Sicht zum Steinbruch. Sobald der Sprengmeister die Zündschnur angezündet hatte und er in Deckung war, krachte es nach kurzer Zeit laut, dass uns fast die Ohren „zufielen". Nachher ging unser Vater öfters Nachschau halten, wieviel lockere Steine wohl losgebrochen waren. Einmal flog ein Stein tatsächlich bis zu einem Fenster unseres Hauses, sodass die Scheiben zerbrachen. Von Mitte Oktober bis Weihnachten stand der Steinbruch still. Jetzt aber ist er wieder in Betrieb.
Der beste Aufsatzschreiber
Florian Unterberger war der fleißigste Aufsatzschüler in seiner Klasse. Er wurde oft und viel vom Herrn Lehrer gelobt und als Musterschüler vorgestellt. Einmal klagte Josef Balhuber, sein Freund und Mitschüler, Florian sein Leid. Er sagte: „Mir fällt beim Aufsatzschreiben nie etwas ein und die Fehler springen mir massenhaft in die Feder." Da meinte Florian: „Du musst oft und viel und fleißig lesen und das Gelesene wiederholen. Dann musst du noch wie ein guter Musiker die Stimme heben und senken und bei den Pausen ein wenig aussetzen. So wird dein Ohr empfindlich. Ich habe mir auch schöne Sätze und Beifügungen säuberlich und zierlich in ein Heft geschrieben und auswendig gelernt. Wenn ich dann einen Aufsatz geschrieben habe, habe ich auch immer wieder diese Beifügungen verwendet. Und wenn du einen Aufsatz schreibst, musst du dir zuerst auch einen Plan machen, damit nicht alle Gedanken durcheinander geraten. Schließlich musst du dir auch nach jedem Satz den gedanklichen Zusammenhang mit dem nächsten gut überlegen. Wenn du diese Ratschläge befolgst, wirst auch du eines Tage gute Aufsätze schreiben." Josef befolgte alle diese Ratschläge von Florian und wurde bald ebenso vom Herrn Lehrer gelobt.
Ein Handwerksbursche
Voriges Jahr und heuer kam zu uns ein Männlein. Wir erkannten es schon, sobald es über die Straße näher herankam. Es hatte einen großen, weißen Bart und am Kopfe trug es fast keine Haare. Heuer wurde es 78 Jahre alt. Es hatte bisher im Leben viele Schicksalsschläge erlebt. Von seinen Erlebnissen erzählte es mir sehr viel. Es musste lange Zeit im Waisenhaus leben und hatte keine Verwandten. Später erlernte es den Beruf eines Schmiedes und übte dieses Handwerk auch längere Zeit aus. Zu mir sagte das Männlein: „Ich gehe nun schon 30 Jahre in der Welt umher und lebe nur von milden Gaben barmherziger Menschen. Die besten Leute traf ich im Pustertale an, weil ich dort im Winter zur Nachtruhe eine warme Stube hatte, aber die besten Speisen bekam ich in Böhmen."
Das „walsche Urschele"
Im Jahre 1923 war ich im November bei meiner Gotl in Sexten. Da kam fast alle Wochen von Padola ein altes Weiblein zu uns, das allgemein das „walsche Urschele" genannt wurde. Es war von kleiner, gebückter Gestalt. Weiße Haare umrahmten das runzelige, magere Gesicht. Aus seinen Augen blickte das Weiblein zufrieden in die Welt. Das „Urschele" trug ein schwarzes Lodenröcklein, eine blaue Schürze und an den Füßen schwere Holzschuhe. Mit einem Körblein auf dem Rücken und mit der „Betschnur" in der Hand schritt es rüstig des Weges einher. Wenn ich es von weitem kommen sah, lief ich schnell ins Haus und sagte zur Gotl: „Das walsche Urschele kommt!" Da richtete die Gotl eine Schüssel voll guter Milch und ein Stück Brot her, womit sie das „Urschele" bewirtete. Sobald das alte Weiblein gegessen hatte, erzählte es gerne von vergangener Zeit und von seinen Erlebnissen. Wir horchten ihm gerne zu. Die Gotl gab dem „Urschele" bei seiner Verabschiedung meistens einen Laib Brot und ein Stück Käse mit, wofür es sich auch herzlich bedankte. Wir baten es dann auch immer, bald wieder zu kommen, da wir nur zu gerne seinen Erzählungen lauschten.
Bei den Pferden im Stalle
Am Abend, wenn es anfängt dunkel zu werden, so gehe ich in den Stall, um die Pferde zu füttern. Zuerst räume ich den Barren aus. Nachher gebe ich den Rossen „Gsott". Und während sie fressen, schaffe ich den Mist aus dem Stall. Sobald sie das erste Futter aufgefressen haben, gebe ich ihnen noch eine „Grute" voll. Anschließend gehe ich über die Stiege hinauf in den Stadel und stecke beim Wurfloch Heu hinunter. Wenn zu wenig „Gsott" im Stalle ist, so nehme ich einen Korb und fülle den „Gsottgrant" bis oben an. Dann gehe ich hinaus in die Tränke, mache die Tränkstangen zu und hänge zuerst die „Liese" und darauf den „Fuchs" ab. Während die beiden Pferde draußen beim Trog trinken, streue ich Sägemehl auf das Pferdelager und gebe Heu und Hafer in den Barren. Wenn die Tiere von der Tränke wieder zum Barren kommen, hänge ich sie an und verlasse den Stall. Am Morgen stehe ich wieder frühzeitig auf und füttere die Pferde.
Unser Kreuzschnabel
Unser Kreuzschnabel ist ein sehr munterer Vogel. Da er immer nur in der „Steige" lebt, kann er nicht mehr gut fliegen. Der Käfig hängt in der Stube in der Nähe des Fensters. Schon eineinhalb Jahre lang haben wir ihn jetzt. Er hat ihm gegenüber noch ein Kameraden. Den ganzen Tag hüpft er von Stange zu Stange und singt manchmal gar ein Liedlein. Im Sommer ist er meistens etwas lustiger als im Winter. Schon beim ersten Morgengrauen ist er hellwach und begrüßt den neuen Tag mit allerlei Künsten. Gleich in der Früh nach dem Aufstehen füttert der Vater den Krummschnabel mit Hanf und füllt das kleine Schälchen mit frischem Wasser nach. Manchmal gibt er ihm auch noch ein Stück Zucker oder etwas von der gekochten Polenta.. Vom Frühjahr bis zum Herbst, wenn die warme Sonne gegen das Haus herscheint, hängt der Vater den Käfig vor die Haustüre. Wir Kinder wären froh, wenn unser Kreuzschnabel noch ziemlich lange am Leben bleiben und ihm niemand etwas zuleide tun würde.
Unser treuer Haushund
Unser Haushund heißt „Lyón". Er ist ein treues und wachsames Tier. Mein Vater hat ihn vom „Bach Thomas" um zwanzig Schilling gekauft. Den ganzen Tag über bewacht der Hund das Haus. Und kommt jemand in die Nähe des Hauses, dann bellt er so laut, dass alle aufmerksam werden. Geht jemand vom Haus weg, begleitet er ihn ein Stück des Weges. „Lyón" ist nicht böse, außer man neckt ihn. Wenn man ihn in Ruhe lässt, ist er sehr friedlich. Mit seinem Hundefreund, dem „Rainer Hektor", verträgt er sich gut. Die Hennen und Katzen kann er nicht leiden. Wird er einer Henne ansichtig, dann kann er ihr oft auch kräftig zusetzen. Sein Lager in der Nacht ist eine Holzkiste. Von dort aus beobachtet er jeden, der vorübergeht. Wenn man sein Bellen hört, weiß man, dass irgendjemand in die Nähe des Hauses kommt. Alle im Hause mögen „Lyón" gerne. Besonders der Vater hat seine Freude mit ihm.
Unsere liebe Hauskatze
Wir haben eine liebe graue Hauskatze. Sie ist beiläufig fünf Jahre alt. Ich kenne sie als eine gute Mäusefängerin. Sie sitzt fast den ganzen Tag über auf der Lauer. In der Stube unseres Hauses habe ich sie bisher nie gesehen. In die Küche kommt sie höchst selten. Nur wenn die Mutter allein in der Küche ist und dort etwas isst oder gerade Fleisch schneidet, schmeichelt sie ihr um die Füße. Wenn die Katze in die Speisekammer schleicht, dann tut sie es nur deshalb, um dort Mäuse zu fangen. Sie stiehlt nie Futter. Nur wenn sie Hunger hat oder gerade Junge füttern muss, dann kann es sein, dass sie sich etwas Verbotenes holt. Am Abend miaut sie so lange, bis man sie mit Milch füttert. Fangen lässt sie sich nicht, obwohl sie sonst recht zahm ist. Wenn man sie mit Gewalt bändigen oder auch streicheln will, erhält man gewiss von ihr einige Kratzer. Unsere Hauskatze bringt alle Jahre ca. fünf Junge zur Welt. Lange Zeit hält sie diese versteckt. Doch an ihrem äußeren Gehabe erkennt man es, dass sie sich als Katzenmutter anders verhält. Jetzt traf man sie oft auch in der Speisekammer an, wo sie sich Futter für ihre Jungen besorgte. Einmal hatte sie wieder fünf junge Kätzchen. Da mussten wir drei davon töten, weil wir sonst zuviel Nachwuchs gehabt hätten. Ein Kätzchen verschenkten wir, das zweite behielten wir selber. Wir Kinder spielten gerne mit dem jungen Kätzchen in der Stube. Wenn die alte Katzenmutter wieder einmal eine Maus gefangen hatte, miaute sie vor der Stubentür so lange, bis wir das kleine Kätzchen hinausgehen ließen. Gemeinsam verzehrten sie dann die Maus am Gang. Im Herbst, als wir den Hafer schnitten, traf man beide, die Alte und das Junge, am Felde bei der Mäusejagd an. Am Abend gingen sie dann mit vollem Bauch zurück zum Bauernhof. Im November 1926 schenkten wir die junge Katze dem „Garber Peppe". Die Alte war ab nun oft sehr traurig, denn sie musste nun wieder allein auf die Mäusejagd gehen. Im Dezember gab ihr der Seppl einen halbtoten Eichelhäher Fressen. Zuerst schmeckte ihr dieser nicht. Aber als Seppl den Vogel getötet hatte, war der Vogel in kurzer Zeit verschluckt. Nur die Federn blieben übrig. Unsere Hauskatze lebt zum Glück immer noch und geht wie eh und je munter auf Mäusefang aus.
Unser Zeisig
Unser Zeisig wurde im Herbst gefangen, heimgebracht und in einen Käfig getan. Dieser wurde in der Küche neben dem Fenster an der Wand aufgehängt. Unser Zeisig ist ein fröhliches, munteres Tierlein. Wenn wir in der Früh aufstehen, „singt" er fast ununterbrochen. Er ist schon hellwach und schaut uns mit seinen kleinen, lieblichen Äuglein zwischen den Käfigspangen heraus an. Am Abend steckt der Zeisig schon um 6 Uhr sein Köpfchen in die warmen Federn und schläft. Wir haben ihn alle gern, weil er recht zutraulich ist. Wenn wir ihm einen Finger entgegenstrecken, dann pickt er so lange hinein, bis wir ihn gerne wieder herausziehen.
Wie die Vögel singen lernten
Vor vielen, vielen Jahren konnten die Vögel noch nicht singen. Da sagte der liebe Gott zu den Engeln: „Lehrt die lustigen Vöglein doch singen!" Die folgsamen Englein flogen zur Erde und gaben den Vögeln Gesangsunterricht. Einige von den Vögeln hörten nicht zu und konnten so wie bisher nicht singen. Ihre Stimme blieb die gleiche. Es war mehr Geschrei als Gesang. Die anderen aber, die gehorchten, konnten in kurzer Zeit gut singen. Diese sind nun unsere Singvögel.
Mein Maialtärchen
Wie schön und herrlich ist doch der Monat Mai! Er ist unserer himmlischen Mutter geweiht. Brave Kinder errichten im Elternhause auch ein kleines Maialtärchen, welches sie mit den schönsten Blumen schmücken. Auch ich habe in meiner Schlafkammer ein Maialtärchen aufgerichtet. Inmitten wunderbarer Vergissmeinnicht steht eine nette Marienstatue. Die Muttergottes faltet die Hände und schaut zum Himmel empor. An beiden Seiten sind Blumenstöcke hingestellt. Diese Blumen wachsen direkt neben unserem Elternhause auf der Schattseite des Dorfes. Hinter der Statue sind noch andere farbenfrohe Blumen eingefrischt. Vor dem Altärchen steht ein kleines Lämpchen mit einer Kerze, welche ich während des Nachtgebetes anzünde. Ich gebe den Blumen jeden Tag frisches Wasser in die Vase und wechsle die welken mit neuen aus.
Wie der Nil Ägypten befruchtet
Der Nil entspringt im Innern Afrikas. Er durchflutet ein 30 km langes Tal. Ägypten ist wegen seiner fruchtbaren Gegenden tatsächlich ein Geschenk des Nil. Im Mai fängt der Wasserspiegel des Flusses zu steigen an, obgleich kein Wölkchen den blauen Himmel trübt und kein Regentröpfchen fällt. Im August tritt der Nil aus seinem Flussbett und überschwemmt das ganze Tal. Die Gegend gleicht in dieser Zeit einem still dahinfließenden See. Während bei uns eine solche Überschwemmung als eine Katastrophe angesehen würde, freuen sich die Ägypter, denn der Nil macht die ganze Gegend fruchtbar. Jetzt können die Einwohner auf einem Schifflein spazierenfahren. Bei dieser Gelegenheit werden die Schiffe schön geschmückt und mit schneeweißen Fähnlein geziert. Im Oktober sinkt der Wasserspiegel des Nil wieder, und der Boden ist nun mit feinem Schlamm bedeckt. Die ägyptischen Bauern beeilen sich gleich, ihr Feld zu bebauen. Wenn dann bei uns der Winter beginnt, so ist Ägypten in ein blühendes Land verwandelt. Es breiten sich grünende Wiesen, üppige Kornfelder und herrliche Gärten aus. Der Himmel erstrahlt in dunkelblauer Farbe, und die Sonne sendet ihre warmen Strahlen. In dieser Zeit suchen viele Ausländer Erholung in Ägypten. Ist die Ernte eingebracht, gleicht das Niltal wieder einer öden Wüste. Der Nil hat für die Ägypter eine große Bedeutung.
Unser „Nero"
Unser „Nero" war ein sehr lieber Hund. Er war schwarz und glatthaarig. Uns Kinder hatte er sehr gern. Wir durften oft mit ihm spielen. Doch man musste alle Sachen vor ihm verstecken, weil er sie sogleich zerbiss. Er war noch sehr jung. Meine Mutter wollte ihn dazu dressieren, mit ihr mitzulaufen. Einmal nahm sie ihn tatsächlich mit. Da begegnete ihr ein Fuhrmann, dem der Hund sehr gut gefiel. Einen kurzen Augenblick schaute die Mutter nicht auf „Nero", und schon packte ihn der Fuhrmann und trug ihn in seinen Wagen. Kurze Zeit später war er mit „Nero" schon weit weg. Uns tat es sehr leid, dass wir nun unseren treuen Hund nicht mehr hatten. Die Mutter tröstete uns aber und sagte: „Dem Hund geht es gewiss ganz gut, denn wenn der Fuhrmann nicht ein Hundeliebhaber wäre, hätte er ihn nicht mitgenommen."
Der Winter ist ein harter Mann
Der Herbst hat Abschied genommen. Nun kommt der kalte, schneeige und grausame Winter. Er hat einen weißen Pelzmantel. Die weiße Pelzhaube hat er tief in das Gesicht heruntergezogen, damit ihm nicht friert. Der Kalender zeigt uns den Winter am 21. Dezember an. Aber er schaut schon Mitte Oktober von den Bergspitzen herab. Der Winter ist ein seltsamer Patron. Husten, Lungenentzündung und andere Verkühlungen bringt er mit sich, als wären sie seine Reisegenossen. Manche Menschen bringt er ins Krankenbett oder gar ins feuchte, kühle Grab. Alle Wege macht er voll Eis, sodass die Leute ausrutschen und sich den Fuß brechen. In Lienz sind im Jahre 1927 an einem Tage zwei Personen auf dem Eis ausgeglitten, sodass sie sich die Füße brachen und ins Spital gebracht werden mussten. Der Winter „beißt" den Leuten in die Finger und Zehen, bis sie vor Kälte ganz blau sind. Besonders hartherzig ist er gegen die Vögel. Viele fliehen vor ihm und ziehen in wärmere Länder. Denjenigen, welche da bleiben, deckt er das Futter mit Schnee zu, sodass sie Hunger leiden müssen. Sogar im Frühjahr meldet er sich manchmal noch einmal zu Wort und lässt es hie und da auf den Bergen schneien.
Der heurige „Weiße Sonntag“
Heuer war der „Weiße Sonntag“ am Nationalwahltage, den 24. April 1927. Ein schöner Morgen brach an. Die ersten Vöglein sangen munter ihre Lieder und die ersten Blümlein hoben freundlich ihr Köpfchen. Es war, als wolle die Natur ein Jubellied beginnen. Um ein viertel nach sechs Uhr waren die Kinder in der Schule versammelt. Alle waren festtäglich gekleidet, die Knaben mit Sträußchen und Blumen, die Mädchen im weißen Kleide. Sie trugen auf dem Kopf den Myrtenkranz. Aus allen Mienen lachte eine selige Freude. Als der Herr Kaplan kam, hielt er eine Ansprache. Nachher gingen wir hinauf in die Kirche. Diese war sehr schön geschmückt und würziger Wohlgeruch erfüllte sie. Feierliche Orgelklänge ertönten. Wir erwarteten es kaum, bis wir hintreten konnten zum Tisch des Herrn. Nach der hl. Messe gingen wir froh nach Hause. Besonders für die Erstkommunikanten war der „Weiße Sonntag“ ein schöner Tag.
Ein Tag aus dem Leben des Landmannes
Der Landmann lebt mit seiner Familie einfach, schlicht und zufrieden in seinem Hause. Seine verschiedenen Arbeiten bieten ihm vortreffliche Abwechslung. Vom Hühnerstall ertönt ein lautes „Kikeriki“. Durch diesen Ruf geweckt, steht der Bauer mit seinem Gesinde auf. Haben sich die Leute angekleidet, so verrichten sie das tägliche Morgengebet. Die Bäuerin kocht ein kräftiges Morgenessen, welches meistens aus Suppe und Mus besteht. Die Magd versorgt das Vieh, der Knecht füttert die Pferde und der Bauer richtet die nötigen Sachen für das Tagwerk her. Hat die Magd gefüttert, so geht das Hausgesinde auf das Feld hinaus. Im Frühjahr werden die Zugtiere vor den Pflug gespannt. Nun wird ein reichlich gedüngter Acker umgepflügt. Sobald der Bauer ein Stück bearbeitet hat, läutet die Kirchturmuhr die Neun-Uhr-Zeit. Unterdessen ist die Bäuerin mit den häuslichen Arbeiten fertig geworden, und sie trägt jetzt das „Neuner“ auf das Feld. Die Leute hocken sich zusammen und irgend jemand hält die Schüssel. Mit gutem Appetit wird die Schüssel geleert. Das Zugvieh erhält einen Korb voll Heu zum Fressen. Bis halb elf Uhr bleibt die Mutter auf dem Feld, dann geht sie heim und kocht das Mittagessen. Um 11 Uhr oder um einhalb zwölf Uhr kommen die anderen nach. Während die Mutter fertig kocht, füttert die Magd das Vieh. Nun setzt man sich zu Tische. Ein andächtiges Gebet geht dem Essen voraus. Ein kräftiges Essen stillt den Hunger der Müden. Während des Essens wird vieles geredet und erzählt. Nach dem Essen dankt man Gott durch ein andächtiges „Vater unser...“ für die erquickende Speise. Die Bäuerin spült das Geschirr ab und eine Magd räumt die Kammern auf. Der Bauer und die Knechte richten die Egge, das Korn und das Saatschaff für die nachmittägige Arbeit her. Um 13.30 Uhr rüsten sich der Bauer, die Knechte, die Mägde und die Bäuerin auf, wieder auf das Feld zu gehen. Die Zugtiere werden aus dem Stall geführt und eingespannt. Auf dem Felde angekommen, wird zuerst der Acker fertig gebaut und angerichtet. Sodann kommt der Sämann und sät das Korn, entweder Roggen, Weizen, Gerste oder Hafer. Mit der Egge wird das Korn unter die Erde gebracht. Unterdessen ist die Zeit zur „Marende“ gekommen. Die Mutter bringt den Kaffee und das Brot. Beides schmeckt den Arbeitsleuten vortrefflich und stärkt sie wieder. Das Zugvieh bekommt wieder sein Heu. Etwa zehn Minuten sitzen alle noch, dann gehen sie wieder an die Arbeit. Am Abend geht die Bäuerin und die Stallmagd etwas früher heim. Die Mutter kocht das Nachtmahl und die Magd füttert das Stallvieh. Beim Betläuten hört die Arbeit am Feld auf. Man betet den „Englischen Gruß“ und alle verlassen dann das Feld. Ist das Essen nicht ganz fertig gekocht, so arbeiten die Knechte noch beim Hause eine kurze Zeit, die Mägde helfen der Bäuerin. Sind die Arbeiten fertig, wird das Nachtmahl gegessen. Nach demselben betet man noch den Abendrosenkranz. Während desselben spült eine Magd das Geschirr ab. Nachher gehen alle zur wohlverdienten Ruhe.
Was eine Schwalbe erzählt (1)
„Gott sei Dank!“, der raue Winter ist vorüber und der herrliche Frühling macht sich überall sichtbar. Blümlein und Gräser sprießen aus der Erde hervor und erfreuen unser Auge. Als erste Boten des Frühlings sind wohl auch die lieben Schwalben zu nennen. Auch in unserem Hausgang hat sich ein liebes Schwalbenpärchen ein Nest gebaut. Schon am frühen Morgen singen und zwitschern sie, dass ihnen fast die Kröpflein springen. An einem schönen Frühlingstage saß ich einsam vor dem Haus. Die Schwalbe jubilierte ihr Liedchen über der Haustür. Da plagte mich die Neugierde, was diese Schwalbe etwa mitgemacht und gesehen hat. Ich brauchte ihr meine Bitte nicht zweimal zu sagen, da fing sie schon an zu erzählen: „Wenn wir wissen, dass bei euch Frühling wird, so erfüllt es uns mit besonderer Lust. Froh und freudig schwingen wir unsere Flügel zum Fluge nach dem trauten Dörflein, wo wir schon so manches Jahr in Frieden und Freude unser Nest bauten. Wir flogen vorüber an großen Städten und herrlichen Ortschaften. Wir ruhten vom Fluge oft kurze Zeit auf einem Dache aus, hörten aus vielen Häusern jammern und klagen, so manches Leid drückte deren Bewohner. Man möchte kaum glauben, wie auch in den schönsten Palästen zwischen Samt und Seide manches gedrückte Menschenherz schlägt. Aus anderen Häusern hörten wir wieder Musik und Gesang. Wir begegneten frohen und traurigen Gesichtern und hörten, wie sich die Leute gegenseitig ihre Erlebnisse erzählten. Wir entnahmen oft aus ihren Reden so manches Belehrendes, besonders dass jeder mit seinem Los zufrieden sein soll. Auch waren wir vielen Gefahren ausgesetzt, bis wir endlich glücklich hier anlangten und uns zufrieden fühlten. Wir wollen euch in den schönen Sommermonaten die Tage durch unseren Gesang erfreuen. Aber eine Bitte hätten wir: Lasst uns in Frieden und zerstört nicht unsere Neste! Wenn dann wieder der Herbst kommt, dann erfüllt sich unser Herz mit Wehmut durch den Gedanken an das Scheiden. Ein inniges ‚Lebewohl!‘ aus dankbarem Herzen, und wieder geht es dem Süden zu über das weite, breite Meer, wo schon manche meiner Kameradinnen ermattet und erschöpft in die ungeheuren Tiefen des Wassers stürzten.“ Gerne hörte ich der Schwalbe zu und noch viele einsame Stunden hat sie mir durch ihren Gesang verkürzt. Und stets erfüllt sich mein Herz mit Freude, wenn die erste Schwalbe über die Schwelle meines Vaterhauses fliegt.
Was eine Schwalbe erzählt (2)
Als ich mich gestern hinaus in die Sonne setzte, kam ein Schwälblein zu mir. Es fing an, mir seine Lebensgeschichte zu erzählen: „Als es im Herbst kalt wurde, versammelten wir uns auf den Aufzugseilen und berieten, wohin wir fliegen sollten. Nach längerer Beratung bereiteten wir und auf die gr0ße, weite Reise nach dem Süden vor. Wir flogen über hohe Berge, über große Städte und endlich über das weite, unermessliche Meer. Dort gingen viele meiner Begleiter zugrunde oder wurden von bösen Menschen gefangen, als sie ermattet auf ein Schiff niederflogen. Bald kamen wir ans Ziel unserer Reise, nämlich nach Afrika, wo die Neger wohnen und wo viele wilde Tiere ihr Gebrüll in dichten Wäldern hören lassen. Aber als die Sonne in meiner alten Heimat wieder regelmäßiger ihre warmen Strahlen auf die Erde sandte, zogen wir bald wieder in das geliebte Vaterland zurück.“
Was eine Schwalbe erzählt (3)
Frühlingszeit ist es. Ringsum grünen die Wiesen und der Mensch freut sich an der erwachenden Natur. Die Zugvögel sind zum Teil schon zurückgekehrt, und wir warten mit Sehnsucht auf die Ankunft der Schwalben, die uns verkünden, dass es nun endgültig Frühling geworden ist. Doch horch! Was zwitschert über uns in der blauen Luft? Die Schwalben sind wieder da. „Grüß Gott, ihr lieben Leute!“ ruft uns eine Schwalbe zu. „Nun bin ich auch wieder heimgekehrt. Ist mein Nestchen noch da? Denn ich möchte mich ausruhen von der weiten Reise. Als ich euch im Herbst verließ, ging der Flug zuerst über hohe, schneebedeckte Berge. Ein kalter Wind wehte, doch allmählich blieben die Berge zurück und wir gelangten an das Meer. Hier mussten wir eine Zeitlang rasten, denn der beschwerliche Teil unserer Reise, der Flug über das große Wasser, lag noch vor uns. Viele von uns gelangten an das Ziel, andere verendeten in den Netzen der Vogelfänger. In Afrika, am Ufer des Nil, verbrachten wir die Monate, als es bei euch kalt war. Es war unser Winterquartier. Wir hatten aber immer Sehnsucht nach der Heimat. Als nun die ersten warmen Lüfte vom Norden her wehten, hielten wir es nicht mehr länger aus. Wir sagten den Menschen dort ein ‚Lebet wohl!‘ und wir flogen wieder dem Norden zu. Wir kehrten in unsere alte Heimat zurück und bauten dort ein neues Nest für unsere Jungen. Hier kann ich wieder fröhlich sein.“
Die Walderdbeere
Der Mai kam mit dem wunderbaren Gesang der Vögel und mit all seiner Blütenpracht. Im Walde, wo es zuvor öde und kahl war, wurde es lebendig. Da jubilierten und musizierten die Vögel wie Waldmusikanten. Aber nicht nur die Vögel machten sich bemerkbar, auch die Blumen streckten ihr Köpfchen aus der Erde hervor. Alles lachte vor Wonne, nur die Erdbeere weinte. Denn niemand schaute auf sie, und doch hatte sie so schöne und weiße Blüten und grüne Blätter, die weithin leuchteten. Da kam eine Biene zur Erdbeere, tröstete sie und sprach: „Es wird schon besser werden. Hoffe und harre!“ Die Erdbeere versprach es. Und siehe, als alle anderen Blumen verblüht waren, da stand die Erdbeere in voller Pracht da, denn sie hatte schöne, purpurrote Früchte. Da kamen plötzlich viele Besucher, um von ihren Früchten zu naschen: Die Biene suchte die Erdbeere auf, das Eichkätzchen pickte an den Früchten und am Abend zündete das Johanniskäferlein seine Laterne an, damit es sehe, wo sich die Früchte der Erdbeere befinden. Die schönsten und besten Früchte aber deckte die Erdbeere mit ihren grünen Blättern zu. Und am nächsten Morgen kam ein herziges Mägdlein, um für ihre kranke Mutter Erdbeeren zu pflücken. Da lachte die Erdbeere vor Wonne und Herzenslust und opferte sich gerne für die kranke Mutter. Ein sanfter Wind blies die Blätter von den Früchten ab, und das Mädchen konnte die schönen, roten Früchte gut sehen. Es pflückte einen Tragkorb voll, bis sie ihn vor lauter Gewicht fast nicht mehr tragen konnte. Die Erdbeeren helfen nämlich besonders den Kranken, damit sie wieder genesen und die Gesundheit erlangen können.
Unser „Wunderwetterbub“
In der Steyler-Missionszeitschrift „Stadt Gottes“ lag eine Bestellkarte für einen „Wunderwetterbuben“. Er kostete 1 Schilling und 50 Groschen. Als wir dies dem Vater erzählten, willigte er schnell ein, einen solchen zu kaufen. Es ist ein Bild mit einer Länge von ca. 20 cm und einer Breite von 14 bis 15 cm. In der Mitte des Bildes steht ein Knabe, eben dieser „Wunderwetterbub“. Er schaut recht spitzbübisch drein. Er hat auch einen spaßigen Hut auf dem Kopf. Mit seinen kurzen Hosen macht er einen netten Eindruck. Sind die Hosen des Knaben blau, so kommt schönes Wetter, sind sie violett wird es veränderlich, hat er aber rote Hosen an, so wird bald schlechtes Wetter sein. Wir haben das Bild auf der Schattenseite des Hauses neben dem Haustor aufgehängt. Wenn mein Vater in der Früh aufsteht, schaut er zuerst, welche Hosen der Bub anhat. Hat er rote Hosen an, sagt der Vater immer: „Der versteht vom Wetter nichts“. Trotzdem ist er heute noch am selben Platz und zeigt fleißig das Wetter an.
Die Schule ist aus
Es naht das Fest unserer Kirchenpatrone Petrus und Paulus. Mit diesem Fest endet das Schuljahr. So wie man sich auf den Schulanfang freut, freut man sich aber auch wieder auf dessen Ende. Die Schulkinder fangen schon an, die Tage bis dorthin zu zählen. In den letzten ‚Schultagen will man nicht mehr so fleißig lernen, da man lieber im Freien spielen würde und man schon auf die Sommerferien wartet. Da ist dann sehr lustig und man kann nette Ausflüge in den kühlen Wald machen.
Wie ich einmal Knödel kochte
Liebe Mitschülerin!
Heute will ich dir einmal berichten, wie ich am vorigen Samstag Knödel kochte. Die Mutter hatte nicht Zeit, deshalb sagte sie zu mir, ich sollte zu Mittag Knödel kochen. Ich freute mich sehr, dass ich dies einmal tun durfte. Ich schnitt das hergerichtete Brot und das Fleisch. Dann machte ich im Herd Feuer, nahm die Pfanne, stellte sie auf das Feuer und goss Wasser hinein. Während das Wasser kochte, machte ich den Knödelteig. Ich nahm dazu Milch und Wasser, gab Mehl , Salz und das geschnittene Knödelzeug dazu und machte daraus einen Teig. Als das Wasser sott, formte ich mit zwei Löffel aus dem Teig die Knödel und gab sie in das siedende Wasser. Nachdem ich einige Minuten gewartet hatte, nahm ich einen Knödel heraus, stach ihn auseinander und schaute, ob er wohl schon gesotten war. Nun nahm ich die Pfanne vom Herd, leerte die Knödelsuppe samt den Knödeln in einen größeren Kochtopf und stelle ihn auf den Tisch. Den Leuten, die sich an den Tisch gesetzt hatten, wünschte ich guten Appetit.- Liebe Mitschülerin! Berichte auch du mir einmal, wenn du Knödel kochen darfst. Es grüßt dich deine Mitschülerin Marianne Wieser.
Der Linzer Dom
Als ich im vergangenen Sommer mit der Mutter nach Pupping in der Nähe von Linz fuhr, um bei der „Profeß“ meines Kusins beizuwohnen, fuhren wir mit dem Dampfer auf der Donau nach Linz. Dort besichtigten wir den herrlichen Linzer Dom. Er ist in Kreuzform gebaut. Wenn man beim Haupteingang hineinkommt, sieht man einen großen Raum ohne Kirchenstühle. In der Mitte desselben steht ein großes Taufbecken. Ganz vorne im Kirchenraum sind mehrere Altäre und der schöne Hochaltar. Die Kirchenfenster waren wunderschön anzusehen, da sie voll von herrlichen Glasmalreien waren. Zum Glück war auch ein Führer anwesend, der uns die vielen Malereien und Fresken erklärte. Der Dom sollte noch einen unterirdischen Raum haben, wo auch noch heilige Messen gelesen werden können. Dorthin konnten wir leider nicht hinkommen, da der Eingang versperrt war.
Ein Tag in unserer Schule
Die Glocke gibt vom Turm das erste Zeichen. Bald kommen die Schulkinder in aller Früh vom Elternhaus zur Schule. Sie beeilen sich, denn kalte Morgenluft macht sich bemerkbar. Im geheizten Klassenzimmer wärmen sie sich wieder. Dann packen sie ihre Schulsachen aus. Die Klassenhelfer richten das Nötige zum Unterricht zurecht. Bald gibt die Glocke das Zeichen, und auf Kommando des Herrn Lehrer stellen sich alle auf dem Gang auf. In geschlossenen Reihen geht die ganze Schülerschar in die Kirche. Nach der hl. Messe gehen alle paarweise wieder zur Schule. Zuerst wird dort ein kurzes Schulgebet gesprochen. Die meisten sitzen ruhig und aufmerksam auf ihrem Platz in der Schulbank. Soweit sie können, beantworten sie alle Fragen laut und deutlich. In der ersten Stunde gibt es meistens Rechenaufgaben. Zehn Minuten vor 10 Uhr ist die große Pause. Dabei können die Schüler auf das WC gehen und die mitgebrachte Jause essen. Montag, Mittwoch und Freitag ist in der 3. Stunde Religion. Nach dem Unterricht gehen alle Schüler auf den Schulplatz. Wenn der Herr Lehrer ein Zeichen gibt, gehen alle Kinder mit einem kräftigen „Grüß Gott!“ nach Hause. Um dreiviertel ein Uhr füllt sich das Klassenzimmer wieder mit Kindern. Am Nachmittag folgen die Fächer Geographie, Gesang und Lektüre. Nach dem Gebet im Anschluss an den Unterricht packen alle Schüler ihre Schulsachen möglichst geräuschlos in ihre Schultaschen und begeben sich auf den Heimweg.
Schuljahr 1924/25 in der Volksschule Heinfels, 2. Klasse
Nachdem die alte Volksschule vom Jahre 1904 durch einen Brand vernichtet wurde, baute man im Jahre 1938 diese zweiklassige Volksschule. Im Jahre 1989 wurde diese Schule wieder umgebaut.
Tag der Veröffentlichung: 11.10.2010
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