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Aus meiner Kinderzeit



Bevor ich zur Welt kam, „flog ich mit den Mücken“…
Die Sprache der Bauern hat halt seine Tücken.
Ich bin in einem kleineren Dorfe geboren
und wäre im Winter beinahe erfroren.
So nach und nach trug man ins Taufbuchregister
mit mir noch ein meine vielen Geschwister.
Es waren ja zehne, davon sind geblieben,
infolge von Kränklichkeit leider nur sieben.
Der Krieg herrschte damals in unserem Land
und hatte den Vater zum „Reichsdienst“ verbannt.
Am meisten hat mich wohl die Kälte verbittert,
drum hatte ich meistens vor Kälte gezittert,
als hoch auf dem Bauernhof der Winter einzog
und als auch gefror noch das Wasser im Trog.
Der Ofen im Schlafzimmer blieb nämlich kalt,
obwohl reichlich Brennholz lag draußen im Wald.
Das Bettlager war stets mit Stroh angefüllt,
und Stroh war ganz anders als warm und mild.
Ein Brettchen ins Bratrohr des Herdes gelegt,
fein glatt gehobelt und rundum gesägt
hat dann, wenn oft herrschte gar eisige Nacht,
doch wenigstens Wärme ins Bettchen gebracht.
Von Schlafröcken durfte man sehnsüchtig träumen,
indessen der Mond stand hoch über Bäumen.
Die Kleidung war dürftig, die Hose aus Loden,
ein Luftzug durchströmte sie unten vom Boden.
Die Schuhsohlen waren mit Nägeln beschlagen,
drum war der Schuh schwer und hart auch zu tragen.
Im Schnee war derselbe wohl auch ziemlich kalt,
er passte meist nicht und war auch schon alt.
Es gab weder Mäntel noch Unterbekleidung:
Es fehlt das Geld für diese Entscheidung.
Der Ofen der Stube hat dann in der Nacht
dafür wieder öfters zum Schwitzen gebracht.
Der Herd in der Küche war auch immer warm,
wenngleich die Menschen rundum waren arm.
Er hat uns im Winter viel Freude beschert…
Ich stand nämlich barfuß sogar auf dem Herd.
Die Füße erfroren, das war gar nicht selten,
da sämtliche wohlige Pelzstiefel fehlten.
Die Hausschuhe kannte zuhause ich nicht,
jedoch in der Schule, da herrschte die Pflicht.
Bei Krankheit hieß es, die „Zähne verbeißen“,
so wurde man stahlhart, zumindest wie „Eisen“.
Bei Husten, Angina, Verkühlung und Fieber
lag man am Ofen der Stube halt lieber
als droben in Schmerzen und lautem Gejammer
in der für mich frostigen, eiskalten „Kammer“.
Dort zu erwachen mit Weh in der Lunge
nahm mir jedenfalls alle Kräfte vom „Schwunge“.
Das hatte den Bauern wohl damals gefehlt:
Den Arzt zu bezahlen mit nötigem Geld.
Viel lieber ertrug man den lästigen Husten,
und musste man zeitweise röcheln und pusten,
als sich doch von Ärzten sich lassen kurieren.
Denn so etwas wollte man gar nicht probieren.
Ja höchstens, wenn jemand von Fieber betroffen.
war endlich auf ärztliche Hilfe zu hoffen.
Das Elternhaus war nur zu Fuß zu erreichen,
dabei konnten leider oft Stunden verstreichen,
bis endlich der Arzt kam verspätet einher.
Da konnte er helfen zuweilen nicht mehr.
Die „Rettung“, den Hubschrauber gab es noch nicht,
wovon man wohl heute fast täglich schon spricht.
Zum Glück hat es früher auch manche gegeben,
die sich gerne widmeten menschlichem Leben.
Kam so ein Patient in missliche Lage,
befreite die Kräuterfrau ihn von der Plage.
Der Todkranke wurde zur Straße gebracht,
dort half ihm der Arzt oft sogar in der Nacht.
Er war mit dem Auto da schnell auch zur Stelle
und gab Erste Hilfe für schwierige Fälle.
Wenn ärztliche Kunst zwar bisweilen versagte
und selbst auch den Arzt ein „Rätsel“ sehr plagte,
dann musste er selbst schnell zum Krankenhaus fahren,
um sich alle Zweifel im Urteil zu sparen.
Die ganz letzte Hoffnung war stets das Spital,
wohin man sich wandte, je schwerer der Fall.
Ja, freizügig sei es dem Herrgott geklagt:
Der Kranke ward schließlich im Auto geplagt…
Denn nicht der Asphalt lag einstens auf Straßen,
nur Schotter und Steine, weit über die Maßen.
Die Fahrt war darum zumeist auch die Wende,
sie machte dem Hoffenden jählings ein Ende.
Wer davon hörte, der machte sich Sorgen
und suchte im Sommer schon zeitig am Morgen
nach heilenden Kräutern auf Wiesen, im Feld.
Um diese zu kaufen, da fehlte das Geld.
Das Essen war gut, doch einseitig auch:
Oft schmerzte ganz stark noch der knurrende Bauch.
Den Zucker verwendete man meistens nur sparsam,
man hielt ihn ganz strenge wohl unter Gewahrsam.
An Stelle des Zuckers trat meist Saccharin
in Form von Tabletten fast wie Medizin.
Ganz selten gab’s Zuckerln, auch nie süßen Saft.
So fehlte dem Kinde die nötige Kraft,
die für schwere Arbeit und für Energie
so notwendig war schon in aller Früh’.
Den Buckelkorb mochte man deshalb nicht gern,
man hielt ihn vom Leibe sich meistens ganz fern.
Ja, hatte der Imker nicht Honig genug,
wenn selten die Bienen sich zeigten im Flug,
dann war es für Kinder verständlich verdrießlich…
Ja Honig, den brauchte man irgendwie schließlich.
War kalt mancher Sommer und reich auch von Regen,
dann war auch recht kärglich der „süßliche Segen“.
Die Mostbirnen kaute man lange im Mund:
Man liebte den Saft, denn der war gesund.
Auch legte man sie meist ins Bratrohr hinein,
als Dörrbirnen schmeckten sie dann aber fein.
Doch es gab auch Sorten von gutem Geschmack.
Sie trug man nach Hause im hanfenen Sack
und legte sie sacht gern auf ganz weiche Matten,
bis sie ihre Farbe geändert bald hatten.
Nach längerem Liegen sah man sie dann weich
und waren von Süßigkeit innerlich reich.
Die Äpfel vom Baume trug man in die Küche
schon wegen des Duft’s und der guten Gerüche.
Sie wurden dann einzeln ins Wasser gegeben
in kupferner Pfanne am Herde daneben.
Im Wasser gekocht, da schmeckten sie gut.
Man wusste, dass Apfeltee stärkte das Blut.
Gab es dann mal irgendwo Zwetschken zu kaufen,
so aß man davon ganz in Mengen und Haufen,
denn Süßigkeit fehlte uns damals vor Jahren…
Es waren halt Jahre, gesäuert vom Sparen.
Ein Fläschchen mit Kuhmilch war täglich der Lohn
für Hirten auf Almen, zu klein die Ration.
Drum lernte man frühzeitig gerne das Melken:
Die Milch roch so kräftig nach Rosen und Nelken.
Brot gab es genug, dies stärkte die Glieder,
wenn mancher vor Schwäche schon tief lag darnieder.
Was half denn dem Hungernden all sein Gejammer?
Er aß drum ganz heimlich in finsterer Kammer
und öffnete Dosen, gefüllt gar mit Fisch.
Sie musste man kaufen, sie fehlten am Tisch.
Auch fehlte das Kernöl gleich wie auch das Fett…
So aß man auch Butterbrot heimlich im Bett.
Der Dienst am Altare erbrachte manch Geld,
davon hat so mancher sein Essen bestellt,
das er dann am Heimweg in Heimlichkeit aß:
Ein üppiges Essen, das machte noch Spaß!
Wenn Obst man erwischte und gar Apfelsaft,
dann spürte man richtig die wirkende Kaft.
Man trank einen Liter ganz gierig oft aus
und fühlte sich dankbar im einsamen Haus.
Für Bergschulen wurde manch Obst auch geschenkt…
Ob man wohl noch heute so zwischendurch denkt?
Zu Weihnachten gab es gar viele Pakete
als Spenden von auswärts und für manche Nöte.-
Ich wurde erzogen zum Hüten und Wandern
und ging von der Almhütte wieder zur andern.
Die Ferien waren schon vorprogrammiert…
Man war auch recht stolz, dass man Schafhirte wird.
Was mich auch noch heute ganz irgendwie wundert…
Ich zählte bisweilen sogar über hundert.
Die Bauern bezahlten dafür Stück für Stück
so rund einen Euro, dies brachte mir Glück.
Es fehlte mir damals so grad eine Uhr,
denn ganz ohne Zeitgefühl in der Natur
war es ohne Sonne bisweilen zu schwer,
die Zeit zu erraten - so halt ungefähr.
Ich kaufte am Markt mir das Zeitinstrument
und förderte dadurch mein junges Talent.
So um dreißig Euro, ein halbes Gehalt,
ward schnell auch dafür bald in Eile gezahlt.
Ich spielte auch gerne verbissen „Tarock“
und zählte mein Geld dann mit Bleistift und Block.
Es war eine Leidenschaft, ja eine Sucht,
denn ich hatte immer Gewinne verbucht.-
Das Reisen mit Autobus oder mit Bahn,
das durfte man selten, nur dann und wann.
Die Osttirol-Rundfahrt vergesse ich nie,
war sie auch geprägt noch von Angst und von Müh’…
Ob wohl der Schofför den Bus richtig lenkt?
Kein Wunder, wenn daran man heute noch denkt!
Die Welt zu erforschen, liegt jedem im Blut:
Was Neues zu sehen, gefiel allen gut.
Allein von den Gipfeln die Heimat zu seh’n,
war für alle Kinder bezaubernd und schön.
Dass wir nicht allein sind auf unserer Welt,
das ist es, was schließlich doch jedem gefällt.
Ein Auto zu haben, war damals noch selten.
Doch wer eines hatte, der konnte was gelten.
Ein Traum war die Fahrt einst zum Tristachersee
und das noch dazu im Privat-Pkw!
Die Firmung mit zwölf hat dies möglich gemacht:
Man denkt an den Paten bei Tag und bei Nacht.
Den steirischen Anzug vergesse ich nicht,
er war ja ganz neu und zu tragen auch Pflicht.
Was mich wohl noch jetzt fast grad nahezu grämt:
Ich hätte mich damit beinahe geschämt,
denn alles was neu war, fiel schließlich auch auf,
dies nahm ich wohl darum ganz schwer noch in Kauf.
Zu viel zu erleben, war ich noch zu „nüchtern“,
und ehrlich gesagt, gewiss auch zu schüchtern.
Ein Ausflug nach Kärnten kommt mir in den Sinn:
Ein „Höhepunkt“ war es, wie’s mir einstens schien.
Der Pressegger-See war diesmal das Ziel.
Es gab dort zu sehen so unheimlich viel.
Obwohl ich nicht jung war an zählbaren Jahren,
so traute ich mich nie mit Booten zu fahren.
Ich konnte nicht schwimmen, dies war auch der Grund,
weshalb ich so fürchtete jedweden „Schlund“,
der Menschen verschlingt im eisigen Nass…
Das Schwimmen machte mir später erst Spaß.
Das Fahrräder-Fahren, das Fahren mit Schi
sowie mit der Rodel war gar keine Müh’.
Was aber schwebte am Pressegger-See?
Es waren dort Rosen, so weiß wie der Schnee.
Ich liebte schon immer das blühende Weiß,
das Edelweiß lockte mich ständig so heiß.-
Nur wenn man im Leben viel Gutes erfährt,
dann hatte das immer schier doppelten Wert.
Wo Güte man findet, wird reich man beschenkt,
zu gerne man daran ein Leben lang denkt.
Ist aber das Leben bedrückend und hart,
was ich mir heut’ wünschte, es bliebe erspart,
dann denkt man mit Wehmut daran oft zurück
und hält fest umklammert das seltene Glück.
Die Strafen, sie waren wohl nie ganz gerecht.
Drum ging es mir nachher auch meistens sehr schlecht.
Die Strafen, das Züchtigen – es ist kein Schmäh –
ist darum für mich wohl schon lange pasee.
Der Strafende ist meist gewiss selbst bestraft,
weil es ihm persönlich viel Kummer nur schafft.
Zu sehr bleibt oft übrig ein fühlbarer Hass,
besonders im Kinde, und das ist kein Spaß.
Auch ist es für jeden ganz unsagbar schwer,
wenn früh stirbt die Mutter… Man weint um sie sehr.
Es war für mich schwierig, das Leben war leer:
Man hätt’ gern die Mutter und hat sie nicht mehr.
Ich mache bisweilen mit manchem die Wette:
Wie froh wäre ich, wenn ich sie noch hätte.
Umso mehr ist man froh fast um jeden Verwandten
und klammert sich innig an alle Bekannten.
Geschwister sind dann wohl ein Elternsymbol,
man hängt sich an sie und hofft auf ihr Wohl.
Zum Glücke besaß ich noch Onkel und Tanten,
die Mitleid noch hatten und mich auch gut kannten.
Sie nahmen sich meiner gern „Gott sei Dank!“ an
und machten vom Knäblein direkt einen Mann.
Wie oft ist verzweifelt man tief in der Not
und glaubt nicht so recht an den liebenden Gott!
Wie leicht für ein Kind manche Freude vergeht,
wenn es außer einigen niemand versteht.
Denn Kinder sind immer betrübt in der Seele,
und Tränen, sofern man sie zähle,
sind bei ihnen immer ein Zeichen der Leere:
Die Tropfen ergießen sich weit in die Meere.
Und später im Alter, ist vieles vorbei,
schöpft daraus man immer noch Tränen herbei.
Auch Liebe, die einem zu oft ist versagt,
macht später nach Jahren recht trüb und verzagt.
Auch gräbt sich recht tief bis ins innerste Herz
der fast nicht mehr heilende, bittere Schmerz.
Es braucht sicher jeden den gütigen Führer,
sonst wird er im Leben doch nur ein Verlierer.
Beklagen und Trauern drücken nur nieder
und lassen „zerfließen“ die fröhlichsten Lieder.
Ist froh man gesinnt, dann strahlt man dies aus
und singt fast beständig im Heim und im Haus.
Was braucht wohl ein Mensch? Er braucht gute Worte.
Ja, gerne tritt er dann durch solch eine Pforte.
Mit Lob wird im Leben zumeist sehr gespart…
So wird dann das Kind ziemlich bissig und hart.
Die Blume, das weiß man, die muss man begießen,
doch auch bei Kindern wär’s nur zu begrüßen,
wenn sie statt des Tadels viel Lob würden kriegen,
dann würden sie öfters im Kampfe auch siegen.

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Tag der Veröffentlichung: 18.09.2010

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