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Kapitel 1




Erics Sicht




Genervt eilte ich durch die Vorhalle des überfüllten Flughafens. Die Gerüche machten mich fast wahnsinnig. Schweiß, Parfüm, Blut, verdorbene Lebensmittel… Meine gute Nase fing leider all diese ekelerregenden Gerüche auf.
Im Vorbeigehen warf ich einen kurzen Blick in ein Schaufenster, in dem ich mich widerspiegelte. Meine große, muskelöse Gestalt überragte die Menschen, die neben mir liefen, um Längen. Die lange Narbe auf meiner linken Wange sah gefährlich aus, kein Wunder, dass mich immer wieder Leute von der Seite her anstarrten.
Überall hetzten Frauen und Männer, ob jung oder alt, durch die Gegend, um ihren Flug in letzter Sekunde zu bekommen. Mit keinem Blick würdigten sie ihre Umgebung. Immer wieder stießen mich Menschen an. Bei dem Anzugträger, der seine Aktentasche festumklammert hielt, sodass seine Fingerknöchel weiß hervortraten, genügte mir noch ein bitterböser Blick. Doch als mich dann auch noch eine kleine, mollige Frau, mit ihrem rosa gemusterten Kinderwagen fast überfuhr, riss mein Geduldsfaden. Mir entwich ein wütendes Fauchen und ruckartig wirbelte ich herum! Mein Tattoo fängt an zu jucken – der große pechschwarze Tiger mit den glühenden orangen Augen, der sich über meinen gesamten Rücken erstreckte, war ein Zeichen dafür, dass die Verwandlung nahe stand. Ich musste mich dringend wieder abreagieren. Also atmete ich langsam aus, doch trotzdem fuhr ich sie gereizt an: „Haben sie keine Augen im Kopf?! Nur weil Sie mit so nem Monstergerät durch die Gegend fahren, ist das doch kein Grund, jemanden fast umzufahren!“
Wütend fuhr ich mir durch meine zerzausten schwarzen Haare.
Das tat gut, meine schlechte Laune endlich raus zu lassen.
Doch kaum hatte ich geendet, ertönte auf einmal ein furchterregendes Geräusch. Alarmiert schaute ich mich nach dem Verursacher um. Was war das? Das war ja grauenhaft! Meine Ohren, das Trommelfell wird platzen! Ein kalter Schauer lief mir den Rücken herunter.
Jederzeit zum Angriff bereit, schaute ich umher. Eine junge blonde Frau, die hektisch auf ihr Handy einredete, warf einen genervten Blick in unserer Richtung. Aber sonst liefen alle ungerührt weiter an uns vorbei. Also blickte ich wieder zu der Frau, die sich mittlerweile über den Kinderwagen gebeugt hatte. Einen wirklichen Stil hatte sie nicht. Ihre hässlichen kurzen Stummelbeine steckten in einem grau karierten Rock, der ihr bis zu den Knien ging, und weißen Nylonstrümpfen, die wiederrum in rot lackierten Sandalen endeten. Ihre – so gut wie nicht vorhandene Oberweite – und ihren nicht zu übersehenden Bauchansatz, versuchte sie mit einem kackbraunen Strickpullover, auf dem Bärchen aufgestickt waren, zu retuschieren. Das trug ja noch nicht einmal meine Oma!
Vorwurfsvoll blickten mich ihre wässrig blauen Augen unter den halbmondförmigen Brillengläsern an, während sie ihre buschige Augenbraue hochzog „Was erlauben Sie sich? Jetzt haben Sie mein Schnukiputzi aufgeweckt und er hatte doch gerade seinen Mittagsschlaf. Wissen Sie, wie lange es gedauert hat, ihn davon zu überzeugen, zu schlafen?“
Schnukiputzi?! Häh, was ist denn ein Schnukiputzi. Doch als mein Blick den mit Blümchen besticken Kinderwagen streifte, stieg in mir eine Ahnung hoch. Sie meinte doch nicht etwa…
Hilfe! Ich ersticke vor Lachen. In dem Kinderwagen lag ein Ding, das sich wohl Schnukiputzi schimpfte. So was abartig Hässliches hatte ich noch nie gesehen.
Eingemurmelt in eine dicke moosgrüne Baumwolldecke – hallo? wir hatten 30 ° im Schatten! – lag ein verschrumpeltes Etwas. Der gelbliche Sabber lief dem Ding am Kinn runter, ich nehme jetzt mal an, dass es ein Kinn war, weil man fast keinen Übergang zum Hals sah, da das Ding so viele Fettfalten hatte. Ähh, als ich mich etwas näher zu dem Ding beugte kam mir eine abartige Welle von Gestank entgegen, es roch nach voll geschissener Windel und Schweiß. Das war ja nicht auszuhalten. Mein Kopf schnellte mit einer ruckartigen Bewegung wieder nach hinten. Das Ding – oder Monster – hatte seine Mund sperrgenangelweit aufgerissen, so dass man einen Blick auf seine verfaulten Zähne werfen konnte. Und aus diesem Maul kam diese ohrenbetäubende Geräusche, die mein Trommelfell in Stücke rissen. Das war echt nicht zum Aushalten. Die zu gequollenen Augen schauten mich mit einem hinterhältigen Funkeln an. Und erst jetzt kapierte ich, was ich da sah – ein Baby. Ein schreiendes, hässliches Baby.
Geschockt starrte ich das kleine Monster weiterhin an.
„Sag mal, hören Sie mir überhaupt zu, sie Tölpel? Was erlauben Sie sich hier eigentlich, verschwinden Sie bloß!“, die unangenehme schrille Stimme dröhnte in meinen Ohren und riss mich von dem schrecklichen Anblick los. Als ich gerade zu einer passenden Antwort ansetzen wollte, entdeckte ich Lucien, der wild mit den Armen in meine Richtung zeigte und dann auf seine nicht vorhandene Uhr am Handgelenk deutete. Mit seinen kurzen grünen Haaren, seiner kräftigen Statur und den breiten Schulter stach er ebenso wie ich aus der Menge heraus. Als ich einen Blick auf die große Uhr an der Wand warf, merkte ich, dass das Flugzeug gleich schon starten würde. Deshalb verkniff ich mir ein Kommentar, warf einen letzten angeekelten Blick auf die seltsame Frau und ihr Baby und eilte dann Richtung Terminal sieben. Währenddessen ertönte durch den Lautsprecher die Aussage, dass der Flug nach L.A. in 15 Minuten starten würde. Als ich endlich beim Kontrollpunkt angekommen war, erwarteten mich dort schon Lucien und Adrian, der neben seinem Freund ziemlich farblos, aber nicht weniger bedrohlich aussah. Während Lucien von Kopf bis Fuß in die buntesten Sachen gehüllt war, trug Adrian nur eine schlichte schwarze Hose, ebenso dunkle Schuhe und ein blaues Shirt. Einzelne Strähnen seiner blonden Haare fielen ihm ins Gesicht, die er dann mit einer genervten Bewegung aus dem Weg strich.
„Na endlich, da bist du ja, Eric. Warum kannst du nicht einmal pünktlich kommen, lass mich raten, du warst beschäftigt und hast die Zeit vergessen?“ vorwurfsvoll blickte er mich an. Achselzuckend antwortete ich ihm. „Tut mir ja leid, aber die Leute werden immer unverschämter, hat mich doch tatsächlich so ne Alte mit ihrem Kinderwagen fast überfahren! Von dem Kind krieg ich wahrscheinlich heute Nacht Albträume. Das war so abartig hässlich, hättest du mal sehen….“ Adrian unterbrach mich mit einer wegwerfenden Handbewegung und deutet dann auf den Schalter. „Los jetzt, sonst schaffen wir es nicht mehr.“ Zielstrebig lief er zum Schalter, ließ die Kontrolle über sich ergehen und ging dann in Richtung Flugzeug. Dann war Lucien an der Reihe und schließlich ich.
Als ich das Flugzeug betrat, bat sich mir ein geiler Anblick. Eine junge blonde Frau hatte sich vornübergebeugt um nach ihrer Tasche zu greifen. So hatte ich eine optimale Aussicht.
Hmm… lange, sexy Beine, die in einem kurzen roten Rock steckten, geiler Arsch und…. Jackpot! Sie hatte sich umgedreht und knallte jetzt mit der Nase gegen meine Brust. Ich spürte, wie ihre Brüste gegen meinen Oberkörper gepresst wurden und blickte genau in ihr wunderschönes Gesicht. Ihre langen goldblonden Haare betonten ihre zarten Gesichtszüge. An den wunderbar geschwungen roten Lippen blieb mein Blick kurz hängen, bevor er zu ihren smaragdgrünen Augen, die mit goldenen und lilanen Schimmer durchzogen waren und von langen Wimpern betont wurden, wanderte.
„S-sorry“, stammelte sie. Süß, sie wurde sogar leicht rot, was sie sichtlich ärgerte.
„Schon gut, ich weiß ,dass ich einfach anziehend bin“ In meiner Stimme schwang leichte Arroganz mit und als ich mir durch die schwarzen Haare fuhr, bemerkte ich, wie ihre Augen dorthin wanderten und eine leicht sehnsüchtigen Blick annahmen.
Aber dann blinzelte sie und der Blick verschwand.
Sie setzte eine verführerische Mine auf und fuhr langsam mit ihrem Fingernagel über meine Brust. Dann reckte sie sich ein bisschen, sodass ihr Gesicht genau vor meinem schwebte. Sie kam mir so nah, dass ich ihren heißen Atem auf meiner Haut fühlen konnte. Meine Augen weiteten sich ein bisschen und ich atmete hektischer. Damit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Ihre vollen, dunkelroten Lippen öffneten sich leicht und sie hauchte mir entgegen: „Naja, sei mal nicht so eingebildet, ich würde dich noch nicht mal anziehend finden, wenn du nicht so eine hässliche Narbe im Gesicht hast und du der letzte Typ auf der Welt wärst. Ich steh nicht so auf arrogante, Schlägertypen.“ Fasziniert war ich ihren Lippenbewegungen gefolgt, sodass ich erst registrierte, was sie überhaupt gesagt hatte, als sie sich elegant umdrehte und den engen Gang entlang ging. Überrumpelte blinzelte ich mehrmals und mein Mund klappte leicht auf. Was war das? Noch nie hatte eine Frau mich so abblitzen lassen. Aber ich stellte überrascht fest, dass mir das irgendwie gefiel, dass sie nicht so leicht zu haben war. Trotzdem würde ich sie kriegen!


Kapitel 2




Also klappte ich meinen Mund zu und setzte mich mit großen Schritten in Bewegung. Meine Augen huschten über die Sitzreihen, auf der Suche nach der geheimnisvollen Schönen. Auf einmal streifte mein Blick die Alte von eben. Grimmig starrte sie mich an, während sie ihr Monsterbaby stillte.
Ähh! Auf den Anblick hätte ich verzichten können! Schnell blickte ich weg, und in dem Moment entdeckte ich sie. Die kleine Wildkatze versuchte gerade ihre Tasche in dem Gepäcksraum zu verstauen, doch sie kam nicht ganz ran. Schnell ging ich zu ihr hin, nahm ihr die schwarze Tasche aus der Hand und legte sie in das Fach. Sie wirbelte herum und schlug mir dabei ihre langen blonden Haare ins Gesicht. Als sie mich erkannte, verzogen sich ihre Augen zu Schlitzen und sie schaute mich böse an. „Was willst du?“ fauchte sie. Sie war wirklich eine kleine Wildkatze.
„Ich hatte noch nicht die Gelegenheit mich vorzustellen, ich bin Eric und wer bist du, Schönheit?“
„Steck dir deine Komplimente sonst wo hin, meinen Namen werde ich dir garantiert nicht verraten!“
Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzten, als plötzlich Lucien auftauchte.
„Na, Eric, belästigst du wieder Frauen?“ Schelmisch grinsend, verbeugte er sich übertrieben vor der Fremden, nahm ihre Hand und küsste sie. Dieser Anblick war einfach nur zum Lachen, seine verrückten grünen Haare wippten auf und ab und der Mund der Unbekannten war zu einem O geformt. Überrascht blickte sie ihn an.
„Schöne Frau, es tut mir wirklich leid, wenn mein Freund hier, “ Heftig schlug er mir auf den Rücken, „Sie genervt hat. Ich verspreche Ihnen, dass ich ihn in Zukunft nicht mehr aus den Augen lasse. Wäre ja auch unverantwortlich ihn auf die Frauenwelt loszulassen.
Achja, ich bin übrigens Lucien und wer sind Sie, bella donna?“ Immer noch vollkommen überrumpelt von dem verrückten Grünhaarigen vor ihr, öffnete sie den Mund und schloss ihn dann aber wieder. Was ziemlich lustig war, denn so ähnlich war es mir auch ergangen, als sich der verrückte Italiener mir das erste Mal vorgestellt hatte. Es hatte lange gedauert, bis ich mit seiner seltsamen Art klargekommen war, doch mittlerweile war er mit Adrian mein bester Freund.
Als sie ihre Gesichtszüge wieder einigermaßen unter Kontrolle gebracht hatte, näherte sie sich Lucien und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ich spitzte meine Ohren, doch sie sprach so leise, dass ich sie nicht verstehen konnte. Immer wieder kicherte sie und auch auf Luciens Gesicht breitete sich ein dickes, fettes Grinsen aus, das ich als ein Lucien-hat-schon-wieder-was-ausgeheckt-rette-sich-wer-kann Grinsen identifizierte.
Ich überlegte, ob ich nicht lieber die Flucht ergreifen sollte, doch ich wollte unbedingt wissen, über was die beiden da tuschelten. Immer wieder warfen sie mir verstohlen Blicke zu und flüsterten dann aufgeregt weiter. Eine Ader pochte an meiner rechten Schläfe und ich rieb mir genervt mit dem Finger über die Stelle. Die beiden da heckten ganz offensichtlich was aus und ich konnte es absolut nicht ausstehen, wenn jemand vor mir ein Geheimnis hatte. Konzentriert versuchte ich dem Gespräch zu lauschen, ging unauffällig einen kleinen Schritt in ihre Richtung, doch ich verstand immer noch nichts. Da ich meine ganze Aufmerksamkeit auf die beiden gerichtete hatte, sprang ich vor lauter Erschrecken fast an die Decke, als sich eine schwere Hand auf meine Schulter legte.
„Verdammt, Adrian, erschreck mich niemals wieder so!“, fuhr ich ihn wütend an, nachdem ich mich halb umgedreht hatte und in die spöttisch funkelnden, braunen Augen geblickt hatte.
Doch Adrian ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und verfolgte mit gerunzelter Stirn, wie Lucien immer heftiger auf die Wildkatze einredete.
„Wer ist die Frau?“, fragte mich mein Freund, während er unentwegt die Szene vor uns betrachtete. Es sah ziemlich lustig aus, wie Lucien wild mit den Händen gestikulierte. Einmal warf er vor lauter Verzweiflung seine Arme hoch, so dass er sie fast geschlagen hätte. Innerlich lachte ich schadenfroh vor mich hin, scheinbar war ich nicht der einzige, der sich an ihr die Zähne ausbiss. Denn so wie es aussah, waren sich die beiden nicht einig. Gesprächsfetzen wehten zu mir herüber und ich verstand nur immer wieder „Eric“ oder „Idiot“, wobei das eigentlich nur von ihr kam. Doch auf einmal bemerkten sie, dass sie zu laut sprachen und da fing dieses nervige Geflüster wieder an.
„Eric? Wer ist diese Frau jetzt?“ Was? Achja, Adrian war ja auch noch da und hatte mir ein Frage gestellt.
„Ähhmm, das weiß ich selbst noch nicht so genau, aber was ich weiß ist, dass sie eine kleine Wildkatze ist, hab ihre Krallen schon zu spüren bekommen.“ Bei dem Gedanke, huschte ein kleines Lächeln über mein Gesicht.
„Und das gefällt dir, nehm ich jetzt mal an, wenn ich deinen verklärten Gesichtsausdruck richtig deute.“ Das war keine Frage, denn er blickte mich wissend an und zog eine Augenbraue hoch.
„Du stehst aber auch immer auf die seltsamsten Frauen, sie sind zwar alle heiß, haben aber eine riesen Macke.“
Ich öffnete schon den Mund um zu protestieren, doch Adrian würgte mich ab.
„Versuch das gar nicht erst zu leugnen, weißt du noch? Die Anwältin, die sich nachher als Domina, die Voodoo praktizierte rausstellte. Ich werde in meinem Leben nicht vergessen, wie du entsetzt aus dem Zimmer gestürzt bist, nur mit halbruntergelassenen Boxershorts, weil sie dich ans Betten ketten wollte, mit der Peitsche ankam und irgendein Ritual an dir durchführen wollte.
Oder weißt du noch die Kindergärtnerin, die 20 Kinder von dir wollte und überall schon rumerzählt hat, dass ihr bald heiratet. Das Gesicht werde ich auch nie vergessen, als dich Lucien gefragt hat, ob er dein Trauzeuge sein könnte, und ob er einen lilanen Anzug anziehen könnte und du aus allen Wolken gefallen bist. Und als du dann Schluss gemacht hast, hat sie überall Fotos aufgeklebt, wie eure Kinder aussehen würden. Also das eine fand ich ja schon süß und sie wollte es Adrian nennen.
Oder, noch besser, die war ja auch genial….“
Entsetzt hielt ich ihm den Mund zu. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie die Wildkatze und Lucien, die aufgehört hatten, zu diskutieren, interessiert in unsere Richtung schauten. Wütend blickte ich sie an. Lucien legte vertraut eine Hand auf ihren Arm und sie fingen wieder an zu tuscheln. Sie führten sich auf, als ob sie sich schon Jahre kennen würden und nicht erst seit ein paar Minuten.
„Schon gut, halt bloß den Mund, es könnte vielleicht sein, dass ich das ein oder anderer Mal eine etwas seltsame Freundin hatte…“ , meinte ich zu Adrian.
„Das ein oder andere Mal? Nenn mir eine normale Freundin!“
„Lucy…“ Also wenn die nicht normal war, dann wusste ich es auch nicht.
„Lucy? Die hatte so ein Kontrollzwang, dass sie nachher sogar bestimmt hat, welche Boxershorts du tragen solltest. Du durftest ja noch nicht mal eine andere Frau anschauen.“

Kapitel 3




Luciens Sicht




Überrascht starrte ich Chloe an, die Frau war genial! Ich fand sie ja schon sympathisch, als sie Eric einen Korb gegeben hatte, doch jetzt vergötterte ich sie. Der Plan war genial, Eric würde toben. Ich freute mich schon total auf sein Gesicht, wenn er herausfände, was wir ausgeheckt hatten. Da ich wusste, dass er es absolut nicht ausstehen konnte, wenn jemand in seiner Nähe flüstert und er nicht weiß, worum es geht, konnte ich mir vorstellen, dass er jetzt schon auf 180 war.
Eigentlich war es ja unfair von mir, aber Eric musste in der Hinsicht, echt mal eine Lektion verpasst kriegen. Sonst würde der nie eine vernünftige Beziehung auf die Reihe kriegen und noch mehr Mädchenherzen brechen, die sich dann nachher bei mir ausheulten.
Das wollte ich bei Chloe auf jeden Fall verhindern, auch wenn sie sich wahrscheinlich selbst zu wehren wusste.
Ich beugte mich noch näher zu ihr heran, sodass ich einen ausgezeichneten Blick auf ihr Dekolleté werfen konnte.
Kurz ließ ich den Blick genüsslich dort verweilen, aber schnell riss ich mich zusammen. Mittlerweile konnte ich Erics Interesse an ihr vollkommen nachvollziehen, doch erstens war er an ihr interessiert, also war sie tabu für mich und zweitens wollte ich sie gerne als Freundin und Verbündete gewinnen und deshalb hatte ich eigentlich keine Lust es mir mit ihr zu verderben.
Als ich ihr schnell wieder in die faszinierenden, smaragdgrünen Augen blickte, blitzten diese auf. Scheiße, sie hatte es gemerkt! Aber sie grinste nur frech und redete dann weiter über den Plan.
Hmmm… warum machte es ihr bei mir scheinbar nichts aus, aber bei Eric schon?
„Lucien! Hörst du mir überhaupt zu?“ Was? Schnell schüttelte ich den Kopf, war ja auch egal.
„Natürlich, Bella Donna, wie könnte ich auch nicht. Aber was hattest du nochmal gesagt?“
Kopfschüttelnd blickte sie mich an, wiederholte ihre Frage dann aber nochmal.
„Ich habe dich gefragt, ob du wirklich denkst, dass das funktioniert?“
„Aber sicher klappt das, vertrau mir, ich kenn ihn schon lange genug.“
Sie blickte mich immer noch zweifelnd an und zog ihre rechte, feingeschwungen Augenbraue hoch.
„Schau mich doch nicht so skeptisch an, du musst mir einfach nur vertrauen. Und jetzt muss ich wieder zu meinem Freunden, sie schauen schon.“
Lächelnd nickte sie. „Na dann wollen wir mal anfangen.“
Mein Grinsen wurde noch breiter, wenn das überhaupt noch ging, ich hoffte meine Mundwinkel rissen nicht ein. Übertrieben umarmten wir uns und da kam ich mit meinen Lippen ihren vollen, roten ganz nah.

Kapitel 4




Erics Sicht




Nein, Nein, Nein! Sie küssten sich, Lucien dieses Arschloch, er wusste doch ganz genau, dass ich sie wollte. Wie konnte er das machen? Das hätte ich ihm niemals zu getraut!
Nach ungefähr zehn Sekunden, mir kam es zwar vor wie zehn Minuten, trennten sie sich endlich voneinander und Lucies kam mit einem breitem Grinsen, dass ich ihm am liebsten vom Gesicht gewischt hätte, auf mich zu stolziert. Wütend funkelte ich ihn an.
„Aber Eric, was guckst du denn so böse?“, fragte er mich spöttisch.
Was? Das fragte er noch? Gerade wollte ich zu einer passender Antwort, die wahrscheinlich nicht sehr nett ausfallen würde, ansetzten, als Adrian mich leicht von ihm wegzog.
„Jetzt fangt hier bloß nicht an zu streiten, da hab ich jetzt überhaupt kein Nerv für!“ sagte er in einem Ton, der klar machte, dass er die Diskussion für beendet hielt. Aber das hielt mich natürlich trotzdem nicht davon ab, noch was zu sagen.
„Was kann ich denn dafür, wenn er sich einfach an die Frau, die ich wollte, ranmacht? Und dann auch noch ganze Zeit irgendwas flüstert, du weißt genau, dass ich das nicht ausstehen kann“, meinte ich grummelnd.
„Wenigstens will sie mich auch und weißt mich nicht die ganze Zeit ab.“ Selbstgefällig sah er mich an.
„Ich hab sie aber zuerst gesehen!“ Trotzig starrte ich ihn an.
„Oh, armer Eric…“ Lucien kam nicht mehr dazu, mir sein Kommentar entgegenzuschleudern.
„Man Leute, jetzt hört aber auf. Fehlte nur noch, dass du mit dem Fuß aufstampfst, Eric. Ihr verhaltet euch eh schon wie Kleinkinder, die sich um ihr Lieblingsspielzeug streiten. Könnt ihr euch nicht einmal wie erwachsene Männer verhalten. Und jetzt kommt!“
Angepisst stapfte er den Gang entlang zu unseren First-class Sitzen. Man könnte echt meinen, er wäre der Rudelanführer, und nicht ich! Aber da ich wusste, dass er in manchen Dingen einfach der bessere Anführer war, ließ ich ihm das durchgehen, vor allem da ich diese Position niemals gewollt hatte.
Artig dackelten wir ihm hinterher, da wir nicht noch mehr Ärger wollte, doch wir warfen uns immer wieder Todesblicke zu, schade, dass Blicke nicht töten konnten. „Wer zuerst kommt, malt zu erst.“, war immer eine ungeschriebene Regel bei uns gewesen, doch die hatte Lucien, so kam es mir zumindest vor, jetzt einfach mit einem riesen Presslufthammer zerstört. Außerdem war ich ranghöher als er, und wenn man es genau sah, hatte ich die höheren Besitzansprüche, aber dieses Recht hatte ich noch nie in Anspruch genommen. Klar war ich ziemlich besitzergreifend, doch wenn eine er sich für eine Frau entschieden hatte, hatte ich mich da nie eingemischt. Er war schließlich mein Freund, doch bei der geheimnisvollen Unbekannten war irgendwie alles anders. Sie war mein und da hatte Lucien nichts zu sagen! Doch in der gleichen Sekunde schellte ich mich, eine Frau würde nicht unsere Freundschaft zerstören!

Wütend ließ ich mich auf meinen Sitz plumpsen, also der Inneneinrichter dieser Flugzeuge hatte wirklich keinen Geschmack, denn die Sessel waren ekelhaft rosa, und die Gardinen babyblau.
Jetzt brauchte ich erstmal einen Erdbeermilchshake, meine persönliche Lieblingsdroge. Das war das erste, was ich morgens trank, eine Flasche stand schon direkt auf meinem Nachtisch, da ich ohne gar nicht aufstehen – geschweige denn einschlafen konnte. Und es war auch ein super Hilfsmittel um sich zu beruhigen und abzulenken.
Also winkte ich die Stewardess zu mir hinüber. Mit schwingenden Hüften kam sie auf mich zu stolziert, was ihr aber in ihren hochhackigen Schuhen nicht ganz gelingen wollte. Weit beugte sie sich zu mir herunter, sodass mir ihre übergroßen Brüste fast entgegen sprangen. „Was kann ich für sie tun?“, meinte sie mit ekelhaft hoher, zuckersüßer Stimme, bei der mir ein Schauer den Rücken hinunter lief – und es war kein angenehmer. Außerdem klang sie so verzaubert, dass ich mir ziemlich sicher war, dass ihre Frage über einen Wunsch nach einem Getränk hinausging. Sie versuchte sich sexy mit der Zunge über die kirschrot geschminkten Lippen zu fahren und warf ihr wasserstoffblond gefärbtes Haar nach hinten, was einfach nur affig wirkte.
Gelangweilt hatte ich das ganze betrachtet, die Frau war absolut nicht mein Typ, also antwortete ich nur trocken:
„Ein Erdbeermilchshake mit viel Sahne, einer Kiwischeibe am Glas, blauer Strohhalm, geschüttelt – nicht gerührt, in einem durchsichtigen drei Milliliter Glas, bitte.“ Ok, ich gebe zu, ich wollte sie provozieren.
„Häh?“ Mit offenem Mund starrte sie mich total verblödet an.
„Es reicht auch nur ein einfaches Erdbeermilchshake, Hauptsache es geht schnell.“ Ihr Mund stand immer noch offen und sie hatte sich keinen Meter von der Stelle bewegt.
Auffordernd blickte ich sie an, was stand sie hier noch herum?
Ich bemerkte, wie sie förmlich nach ihrer Fassung rang. Kurz schüttelte sie ihren Kopf und meinte dann:
„Tut mir Leid, Sir, aber Milchshake steht leider nicht im Angebot.“ Erst glaubte ich mich verhört zu haben, doch dann registrierte ich, dass sie es todernst meinte.
Eine Ader fing an meiner Stirn an zu pochen, kein gutes Zeichen, man sollte möglichst schnell in Deckung gehen und mich nicht weiter provozieren.
„Sagen sie das nochmal.“, meinte ich mit gefährlich leiser Stimme, aber jeder mit einem IQ von über 100 hätte die Drohung darin erkannt, aber scheinbar hatte sie keinen. Ich war es gewohnt, dass man mir gehorchte.
„Wir haben leider kein Milchshake in unserem Angebot, tut mir leid, aber kann ich ihnen nicht etwas anderes anbieten?“ Gleich würden mir ihre Monstertitten im Gesicht hängen, wenn sie mir noch näher käme.

Ich versuchte mich zu beherrschen und zischte mit zusammengebissenen Zähnen: „Es gibt keine Milchshakes? Keine Milchshakes?“ Meine Stimme wurde immer lauter und die Blondine war mittlerweile ein Stück zurück gewichen – gut für sie.
„Warum hat dieser gottverdammte Saftladen keine Milchshakes, ich dachte ich flieg in der First-class und nicht mit irgendeinem Billigflug? Ich fass es nicht, das …“ Adrians scharfe Stimme unterbrach mich.
„Eric, jetzt halt dich doch mal zurück, kaufst du dir halt ein Erdbeermilchshake, wenn wir endlich da sind. Dauert nur noch höchstens zwei Stunden.“ Nur noch? Das ist eine halbe Ewigkeit. Gerade wollte ich wieder anfangen zu meckern, aber sein Blick brachte mich schnell zum Verstummen. Ich glaube, ich hatte ihn für heute genug gereizt.
Gerade wollte ich die Stewardess genervt anfauchen, dass sie verschwinden soll, doch dann sah ich, wie die Unbekannte Schönheit in den Gang einbog und auf uns zu stolziert kam.
Ich würde ihr beweisen, dass die meisten Frauen auf mich standen! Ich setzte ein falsches Lächeln auf und fing an, mit der Stewardess zu flirten.
Je näher die kleine Wildkatze uns kam, desto wütender wurde ihr Gesichtsausdruck. Sie war doch wohl nicht etwa… ne, ich sollte mir gar nicht erst Hoffnungen machen.
Genervt drehte sie die Stewardess um, als die Wildkatze – ich hatte beschlossen, sie jetzt immer so zu nennen, da ich ihren Namen ja nicht wusste – ihr auf die Schulter tippte.
„Was?“ blaffte sie.
„Wieso machen Sie meinen Freund an?“, fragte die Wildkatze.
Ich fiel aus allen Wolken. Was? Freund? Vollkommen überrumpelt rieb ich mir die Ohren, vielleicht hatte ich mich ja verhört.
Doch als sie sich dann auch noch auf meinen Schoß setzte, war ich vollkommen durch den Wind. Reflexartig schlang ich meinen Arm um sie und zog sie noch näher ran. Was machten wir da? Und warum der plötzliche Sinneswandel?
„Dieser Mann hier ist Ihr Freund? Und wieso sitzen Sie dann fünf Reihen weiter als er?“, fragte die Tusse hochnäsig.
„Erstens, sitze ich sechs Reihen weiter und zweitens, was kann ich dafür, wenn die Fluggesellschaft zu dumm ist, richtig zu Buchen?“
Hmmm… sehr schön, schlagfertig und humorvoll war sie auch noch. Genau mein Typ.
„D…Das tut mir leid“, stotterte die Stewardess.
„Und jetzt gehen Sie und bringen sie meinen Latte Machiatto und mein Erdbeertörtchen!“, meinte die schöne Unbekannte auf meinem Schoß. Als sie sich bewegte, um sich zu mir umzudrehen, rieb sie sich an mir, was mir einerseits sehr gut gefiel, aber andererseits auch sehr peinlich werden könnte. Ich war doch kein pubertierender Teenager mehr, der dadurch erregt wird!
Liebevoll blickte sie mich an und fragte mich, was ich wollte.

„Ich will eigentlich einen Erdbeershake, aber den gibt es hier laut dieser Dame nicht.“
Momentmal, liebevoll?! Irrte ich mich, oder hatte sie mich gerade wirklich und wahrhaftig liebevoll angeguckt?
„Wenn mein Freund einen Erdbeershake will, dann bekommt er auch einen. Wieso sitzen wir eigentlich First- Class, wenn hier die Bedienung so schlecht ist? Los gehen Sie und hohlen sie einen Shake, es scheint ja nicht so, als ob das Flugzeug bald abheben würde!“, schnauzte sie die Stewardess an, die darauf hin, gar nicht schnell genug verschwinden konnte.
„Soso, du willst also nichts von mir?“, meinte ich mit einem fetten Grinsen im Gesicht.
So schnell, wie er gekommen war, verschwand der liebevolle Gesichtsausdruck wieder und machte einem genervten Platzt, mit dem sie mich eben immer bedacht hatte.
„Nö, will ich auch nicht.“ Sie zuckte mit den Schultern, schlug mit Lucien ein und meinte dann, dass sie wieder gehen würde.
Vollkommen verwirrt ließ sie mich zurück. Was war das?
Verwirrt guckte ich Lucien an, doch der grinste nur vor sich hin und ich hatte keinen Bock schon wieder Ärger von Adrian zu kassieren, deswegen hielt ich erstmal meinen Mund. Vorallem da wir jetzt langsam abhoben, und ich wusste, dass Adrian Flugangst hatte, was er aber natürlich nie zugeben würde. Man merkte es ihm nur an, weil er dann noch missmutiger war.
Also grübelte ich weiter vor mich hin, doch ich verstand sie einfach nicht, obwohl ich mir immer eingebildet hatte, dass ich Frauen eigentlich ganz gut verstehe. Aber normalerweise standen auch alle Frauen auf mich.
Langsam machte sich der Milchshakeentzug bemerkbar, ich wurde immer hippliger und unruhiger. Endlich kam diese blonde Stewardess wieder, doch sie brachte mir nicht mein heiß ersehntes Milchshake.
„Es tut mir leid, aber es gibt wirklich keine Milchshakes.“
Nein! Jetzt nicht aufregen, Eric, tief einatmen und wieder ausatmen und wieder ein…
Wütend wandte ich mich einfach von ihr ab und ignorierte sie, obwohl sie mir mehr als auffällig zu verstehen gab, was sie von mir wollte. Und trotzdem drückte sie mir noch einen Zettel mit ihrer Nummer in die Hand. War die Frau dumm? Erstens hatte die kleine Wildkatze doch wohl mehr als deutlich klar gemacht, dass ich ihr Freund sei, auch wenn es nicht stimmte, und zweitens zeigte ich ja wohl nicht wirklich Interesse an ihr.
An dem verklingen Klackern ihrer Absätze, hörte ich, dass sie endlich gegangen war.
Ich verbot mir noch weitere Gedanken an eine gewisse Wildkatze und an eine wundervolles, rotes, leckers,… Milchshake und las gelangweilt in einer dummen Zeitschrift.
Auf einmal ertönte ein Schrei und sofort sprang Lucien auf.
„Chloe!“ Er hetzte den Gang entlang zu dem Ursprung des Schreis. Schnell lief ich ihm hinterher.
Dort erblickte ich die kleine Wildkatze, die wohl Chloe hieß. Die blonde Stewardess stand vor ihr und hatte eine Tasse in der Hand – eine leere. Der kochend heiße Inhalt hatte sich auf Chloes Schoss verteilt und sie versuchte hektisch ihn abzuwischen. Lucien war ihr zu Hilfe geeilt und hatte seine Hände ebenfalls an ihrem Schoss, was mir irgendwie gar nicht gefiel.
Schnell lief ich auch hin, riss einer Frau das Taschentuch, das sie gerade benutzen wollte, aus der Hand und hielt es Chloe hin. Rasch griff sie danach. Als endlich das Gröbste beseitigt war, wandte sich Chloe an die Stewardess.
„Sie blöde Schnepfe, das haben Sie mit Absicht gemacht! Nur weil Sie meinen Freund nicht haben können und Sie eifersüchtig sind!“
Jetzt doch wieder „Freund“, will die mich eigentlich total verwirren?
„Wie können Sie wagen, mir so etwas zu unterstellen. Es war ein Luftloch und deswegen habe ich ausversehen den Kaffee verschüttet.“
Das Wort „ausversehen“ betonte sie überdeutlich.
„Erstens, wollte ich gar keinen Kaffee, sondern einen Latte Machiato und zweitens gab es überhaupt kein Luftloch, oder hat hier jemand eins bemerkt?“
Wütend funkelten sich die beiden Frauen an.
„Also ich hab keins bemerkt.“, wagte ich es, mich einzumischen.
„Sehen Sie?! Ich werde mich bei Ihrem Vorgesetzen beschweren und jetzt verschwinden sie endlich.“
Schnell verschwand die Blondine. Chloe war immer noch ziemlich sauer, und ich traute mich nicht sie anzusprechen, da ich ihren Zorn nicht wieder auf mich lenken wollte.
Und schon ging Lucien auf sie zu und nahm sie in den Arm.
Arschloch! Und sie schmiegte sich auch noch an ihn und blickte mich ausdrucklos an.
Ich verstand diese Frau einfach nicht. Erst spielte sie die eifersüchtige Freundin und jetzt wieder die kühle Eisprinzessin, zumindest zu mir.
Wütend wollte ich davon gehen, doch auf einmal hielt mich jemand am Arm fest.
Ich drehte mich um und blickte- Ähh! Nicht schon wieder diese komische Frau mit dem Monsterbaby, verfolgte die mich etwa? Als ich in ihr wütendes Gesicht blickte, fragte ich mich, was ich diesmal schon wieder angestellt hatte.
„Wie können Sie es wagen, mir einfach das Taschentuch aus der Hand zu reißen, Sie Idiot?“
Oh Nein, das war ihr Taschentuch gewesen, ich hatte gar nicht drauf geachtet, wem es gehörte, da ich möglichst schnell Chloe helfen wollte.
„Tut mir lei…“, versuchte ich mich zu entschuldigen, doch sie ließ mich gar nicht zu Wort kommen.
„Die Jugend von heute ist wirklich total unverschämt, früher wäre sowas niemals vorgekommen.“
„Oh man, kommen Sie mal in diesem Jahrhundert an, wir leben im Jahr 2012, und nicht mehr 1950.“
Und mit diesen Worten ging ich weg, da ich kein Bock mehr auf die Tusse hatte, vor allem, da ihr kleines Monster schon wieder anfing zu schreien. Das war ja nicht auszuhalten.

Kapitel 5




Luciens Sicht




Unser Plan ging ja mal sowas von auf! Eric hatte sich richtig schön aufgeregt und jetzt war er total verwirrt. Chloe war aber auch eine begnadete Schauspielerin, obwohl ich das Gefühl hatte, als sie die Stewardess so angefaucht hatte und auf Erics Schoss saß, dass nicht alles nur gespielt war.
Er war eifersüchtig und wütend, weil mal eine Frau nicht auf ihn stand, sondern scheinbar auf mich, was einen absolute Ausnahme war.
Klar, ich sah auch gut aus, und das wusste ich auch, aber meistens waren Frauen von meiner etwas ungewöhnlichen Frisur und meiner Art abgeschreckt, aber so war ich nun mal. Und außerdem war Eric meistens in meiner Nähe und er hatte irgendwas an sich, was Frauen sofort dazu brachte, sich in ihn zu verlieben.
Und ich konnte mich auch nicht beschweren, ab und zu hatte ich mal eine Beziehung, aber da die meistens leider nicht lange hielten, hatte ich mich in letzter Zeit eher auf kurze Affären spezialisiert.
Der Unterschied zwischen mir und Eric war, dass ich den Frauen von vorneherein klar machte, dass es nie mehr werden würde. Und dem entsprechenden waren die Enden der Affären dann auch kurz und schmerzlos. Eins musste man Eric aber schon zugunsten sprechen, er machte den Frauen wirklich keinen Hoffnung, aber er machte es ihnen scheinbar auch nicht klar, dass es nur ein OneNightStand oder so war.

Ich bemerkte, wie er immer noch vor sich her grübelte, doch ich grinste nur schadenfroh. Endlich wurde ihm mal ein Denkzettel verpasst.
Auf einmal ertönte ein Schrei – eindeutig von Chloe. Schnell rannte ich zu ihr und sah, dass die blonde Stewardess von eben, den Kaffee über Chloes Schoss geschüttet hatte, ich vermutete mal mit voller Absicht, denn sie grinste heimlich, schadenfroh vor sich hin.
Chloe versuchte hektisch die heiße Flüssigkeit abzuwischen und ich kam ihr zu Hilfe.
Kurz danach reichte Eric uns ein Taschentuch und wir versuchten das Gröbste weg zu machen. Doch trotzdem blieb ein hässlicher, brauner Fleck auf ihrem roten Rock zurück.
„Also ich will ja nichts sagen, aber scheinbar hast du dir eine Feindin gemacht“, flüsterte ich Chloe ins Ohr, mit einem Blick zu der Blondine, die mittlerweile wieder Eric anhimmelte.
„Ach halt doch die Klappe, Lucien.“
Und dann wandte sie sich der Stewardess zu und baute sich bedrohlich vor ihr auf.
„Sie blöde Schnepfe, das haben sie mit Absicht gemacht! Nur weil sie meinen Freund nicht haben können und sie eifersüchtig sind!“
Gespielt empört schnappte die Tusse nach Luft.
„Wie können sie wagen, mir so etwas zu unterstellen. Es war ein Luftloch und deswegen habe ich ausversehen, den Kaffee verschüttet.“
Ja sicher!
„Erstens, wollte ich gar keinen Kaffee, sondern einen Latte Machiato und zweitens gab es überhaupt kein Luftloch, oder hat hier jemand eins bemerkt?“
Richtig so, Chloe, gibs ihr. Ich liebte Chloes Schlagfertigkeit.
Nachdem Eric sich dann auch noch eingemischt hatte, verschwand die Blondine eingeschnappt.
Da ich sah, dass Eric Chloe anstarrte, ging ich auf sie zu und nahm sie in den Arm. Rasch schmiegte sie sich wie ein kleines Kätzchen an mich.
Erics Gesichtsausdruck war göttlich, wütend drehte er sich um und wollte gehen, als ihn diese komische Frau vom Flughafen festhielt.
Hitzig fingen sie an zu diskutieren und ich wandte mich wieder Chloe zu.
Da der Platzt neben ihr frei war, ließ ich mich auf ihn fallen und wir belachten uns darüber, dass Eric so wütend war.
Chloe war gerade richtig laut am Lachen und kriegte sich kaum wieder ein, ich machte mir schon Sorgen. Nicht, dass sie gleich erstickt.
„Liebe Passagiere. Bitte setzen sie sich auf ihren Platz und schnallen sie sich an. Es gibt leichte Turbulenzen, die wir schnell beheben werden!“ Wir dachten uns nichts dabei und schnallten uns zügig an.
Auf einmal wurde das Flugzeug von einem heftigem Ruck durchgeschüttelt und als ich hektisch aus dem Fenster guckte, musste ich entsetzt feststellen, dass das Flugzeug unnormal schnell an Höhe verlor. Plötzlich fiel das Flugzeug dann auch noch in Schieflage. Panisch schrien schon viele Leute los und auch ich spannte mich am ganzen Körper an. Das waren aber alles andere als leichte Turbulenzen!
Als dann auch noch die Atemmasken runter fielen, fingen die Leute hysterisch an, kreuz und quer durch das Flugzeug zu rennen, teilweise liefen sie sich regelrecht über den Haufen. Selbst die Stewardessen hatten einen panischen Gesichtsausdruck und kümmerten sich nicht um die Leute. Verflucht, wenn selbst die ängstlich wurden, bedeutet das, dass es wirklich ernst war.
Verdammte Scheiße, das war ganz und gar nicht gut.


Kapitel 6




Erics Sicht




Ich blätterte immer noch in dieser dummen Zeitschrift, als das Flugzeug auf einmal heftig durchgeschüttelt wurde. Da ich schon öfters geflogen bin und auch schon ein paar Mal Turbulenzen mitbekommen hatte, beunruhigte mich das nicht weiter. Gelassen schnallte ich mich an, als der Pilot uns in einer Durchsage dazu aufforderte. Doch ein mittevierziger Anzugträger wurde das scheinbar zu viel, denn er holte die Kotztüte, auf der eine Messlatte abgebildet war, die in drei Teile eingeteilt war: Unten stand „kleines Luftloch“, in der Mitte „Turbulenzen“ und Oben „Preise der Konkurrenz“- also die Maßeinheiten für die Menge des Erbrochen.
Ich musste schmunzeln über diese Werbung. Leider verging mir dann das Lächeln, als der Typ wirklich anfing, sich zu übergeben. Angeekelt rümpfte ich die Nase, das war ja widerlich.
Doch auch einmal verlor das Flugzeug auch massiv an Höhe und drehte sich einmal komplett um die eigene Achse. Die Lichter flackerten und die Atemmasken fielen herab. Ein Augenblick war es toten Still, doch dann brach eine Massenpanik aus. Mein Trommelfeld drohte zu zerplatzen, als alle anfingen hysterisch zu schreien und panisch umher zu rennen. Der Pilot versuchte noch die Leute zu beruhigen, doch zu spät. Alles war außer Kontrolle geraten.
Ich versuchte gelassen zu bleiben, doch auch mir fiel das mittlerweile ziemlich schwer. Vor allem da ich hin und her geschleudert wurde. Adrian neben mir fluchte leiser vor sich hin. Wir beide brauchten uns nicht allzu viele Sorgen zu machen, da man als Gestaltwandler ziemlich stabil war, aber leider auch nicht unverletzbar. Außerdem waren die Menschen um uns herum alles anderes als stabil. Sie würden wie Streichhölzer zerbrechen, wenn wir mit der Geschwindigkeit irgendwo aufprallen würden.
Da durchzuckte mich ein Gedanke – Chloe.
Schnell schnallte ich mich ab und bahnte mir ein Weg durch die hysterische Menschenmasse in dem ich meine Ellenbogen mehr als großzügig benutzte.
Doch als das Licht endgültig ausfiel und das Flugzeug in vollkommene Dunkelheit hüllte, verlor ich meine Orientierung. Am Geruch konnte ich Lucien und Chloe auch nicht ausmachen, da hier einfach zu viele Menschen waren, die Angstschweiß schwitzen.
Als wir dann auch noch in Schräglage kippten, hatte ich überhaupt keinen Plan mehr, wo ich war. Das einzige war ich noch hörte, waren das Gekreische. Hier schrien 206 Passagiere um ihr Leben, war ihnen aber nicht viel bringe würde.
Auf einmal erhellte kurz ein Taschenlampestrahl meine Umgebung und ich sah Lucien, der sich an einem Sitz festhielt und mit der anderen Hand Chloe umklammerte. Schnell wollte ich auf sich zu rennen, doch dann sah ich wie in Zeitlupe einen zusammengeklappten Kinderwagen aus dem Stauraum fallen und auf mich zu kommen. Ich wollte ausweichen, doch ich wurde angerempelt und bevor ich mich wieder fangen konnte, bemerkte ich ein Schlag auf meinem Kopf. Bevor mich die Dunkelheit gefangen nehmen konnte, dachte ich noch:
Na toll, niedergestreckt von einem Kinderwagen.

Das erste was ich bemerkte, als ich langsam wieder zu mir kam, war die Nässe. Sie durchdrang meine Sachen und ich fühlte, wie diese immer schwere wurden und mich nach unten zogen. Rasch schlug ich meine Augen auf und befand mich inmitten der Überreste des Flugzeugs. Überall schwammen Koffer und als ich eine die Flugzeugtür im Wasser schaukeln sah, schwamm ich schnell dort hin. Bedrohlich schwappte das Wasser immer wieder über mir und ich verschluckte die salzige Flüssigkeit. Prustend hustete ich sie wieder aus und streckte meine Hand nach der Tür aus. Mit den Fingerspitzen erreichte ich es und packte dann fester danach. Rasch zog ich mich näher ran und wollte mich gerade auf die schwimmenden Tür schwingen, als auf einmal jemand auf meine Hände trat. Vor Schmerz ließ ich kurz los, wurde aber sofort ein paar Meter von einer Welle nach hinten geschleudert. Ich fluchte und suchte nach dem Treter. Nein! Die nicht, die würde mir nicht MEINE Tür vor der Nase wegschnappen. Heftig kämpfte ich gegen die Wellen an und war schon wieder nah an meiner Rettung. Doch war das denn zu glauben? Miss „Die Jungend von heute“ und ihr Schnukiputzi hatten es sich bequem gemacht – naja so bequem wie man es sich halt auf einem 2 Meter breiten Aluminiumtür, die im Wasser schwamm machen konnte. Ich fasse es nicht, jetzt versuchte sie auch noch vor mir wegzupaddeln, als sie sah, dass ich auf sie zu geschwommen kam. Was war das denn für eine egoistische Person? Ich hätte noch genug Platz gehabt.
Meine Wut beflügelte mich und ich stob durchs Wasser. Die würde ich kriegen! Ich hatte den Rand schon wieder fast erreicht, doch auf einmal schlug eine riesen Welle über mir zusammen und meine Hände rutschen an der glitschige Tür ab. Ich wollte mich festpacken, doch diese fürchterliche Frau, trat schon wieder nach mir. Da ich keinen Halt fand, schleuderte mich die Welle gnadenlos mehrere Meter weg. Heftig nach Luft schnappend tauchte ich wieder auf, nachdem ich kurz unter Wasser gedrückt wurde.
Auf einmal sah ich noch ein weiteres Wrackstück vor mir her schwimmen, schnell griff ich danach und diesmal machte es mir auch keiner streitig. Eilig schwang ich mich auf das Teil und atmete erstmal tief durch. Doch dann musste ich an Lucien, Adrian und die kleine Wildkatze denken. Was, wenn sie noch irgendwo bewusstlos schwammen? Erschöpft fing ich an zu paddeln und hielt Ausschau nach den dreien. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich ziemlich weit abgetrieben war.
Suchend sah ich mich um, doch ich sah nur vereinzelte schwimmende Koffer. Auf einmal erblickte ich einen Körper, der auf der Wasseroberfläche lag, zuerst sah ich nur die blonden Haare, doch als ich näher kam, entdeckte ich, dass es Chloe war. So schnell ich konnte paddelte ich zu ihr hin. Verdammt! Ihre Augen waren geschlossen, doch glücklicherweise sah ich keine schwerwiegenden Verletzungen. Rasch zog ich sie auf mein Wrackstück, doch als ich bemerkte, dass sie noch Puls hatte und leicht zuckte, war ich erleichtert. Ich beugte mich zu ihr runter. Was sollte ich denn jetzt machen?
Erst versuchte ich es mit schütteln, dann presste ich mein Hände auf ihre Brust und drückte. Sofort kam ein Schwall Wasser aus ihrem Mund. Doch als sie immer noch nicht zu sich kam, versuchte ich mich an meinen erste Hilfe Kurs zu erinnern. Mund zu Mund Beatmung, war glaub der nächste Schritt. Also holte ich tief Luft, machte ihren Mund weiter auf und legte meine Lippen auf ihren. Normalerweise hätte ich das ja jetzt sehr genossen, doch dazu war ich diesmal zu ernst.
Keuchend riss ich meinen Kopf wieder hoch, zog die Luft rasselnd in meine Lunge und senkte meinen Kopf wieder. Doch schlagartig öffnete sie ihre Augen, blickte mich verwirrt an und Klatsch! Sie hatte mich geschlagen! Überrascht starrte ich sie an. Warum hatte sie mich geschlagen?
„Du, Du,Du…Pervesling!“ Perversling?!
„Du wolltest mich küssen, obwohl ich bewusstlos war!“ Was? Ich hatte sie retten wollen!
„Jetzt hör mir mal zu, du kleine Zicke! Du warst bewusstlos und ich wollte Mund zu Mund Beatmung machen, um dich zu retten. Weißt du was, das nächste Mal lass ich dich einfach abkratzen!“
Ihre Augen weiten sich, als ihr bewusst wurde, dass sie mich grundlos angeschnauzt hatte.
Sie öffnete schon dem Mund, wahrscheinlich um sich zu entschuldigen, doch ein Blick von mir reichte und sie schloss ihn wieder.
Am liebsten wäre ich jetzt abgehauen, aber leider ging das ja nicht. Also begnügte ich mich damit, eine finstere Mine aufzusetzen und sie komplett zu ignorieren.
„Eric!“ Hatte ich mich verhört, oder war das Lucien, der mich da rief.
Suchend blickte mich um und entdeckte ihn und Adrian, sie hatten sich ebenfalls auf ein Wrack gerettet und hatten noch eine Person dabei.
Schnell paddelten sie auf uns zu. Doch als sie kurz vor uns waren, knurrte Chloe auf einmal abfällig, ich verkniff es mir, sie anzuschauen. Als sie endlich bei uns waren, verstand ich dann auch, warum sie geknurrt hatten. Die blonde Stewardess von eben war ebenfalls bei Adrian und Lucien. Irgendwie hatte ich mittlerweile das Gefühl, dass mich alle verfolgten, erst die alte Hexe und jetzt auch noch die. Generell war der Tag ja mal ein Griff ins Klo und dabei hatte ich mich so gefreut, endlich mal wieder nach L.A. zu kommen.
Erleichtert blickte ich die beiden an, ihnen war nichts passiert.
„Endlich haben wir euch gefunden!“ Irrte ich mich, oder blickte Lucien dabei nur Chloe an?
Adrian blieb so sachlich wie immer.
„So, jetzt müssen wir nur irgendwie Hilfe holen oder versuchen an Land zu kommen.“
„Und was ist mit den anderen Leuten?“, fragte Chloe.
„Wir können ihnen nicht helfen, das einzige war wir im Moment tun können ist, versuchen Hilfe zu holen.“ Leider musste ich Adrian zustimmen, wir könnten wirklich nichts tun.
Chloe sah so aus, als ob sie protestieren wollte, aber auch sie musste einsehen, dass es keine andere Lösung gab.
Also paddelten wir gemeinsam los und hielten Ausschau nach Land.
Nur Blondie saß auf dem Wrack und tat wie eine Königin – sie machte noch nicht mal den kleinen Finger krumm, nörgelte und kommandierte uns rum. Nach fünf Minuten platze Lucien der Kragen.
„Jetzt hör mir mal zu, du verwöhnte Prinzessin, wir kämpfen hier alle um unser Überleben und was machst du? Du jammerst und jammerst und jammerst. Zu mehr bist du ja scheinbar nicht fähig, wie hast du es überhaupt in deinem Beruf ausgehalten?“
Entsetzt sah sie ihn an und dann – brach sie in Tränen aus.
Unter heftigen -. eindeutig gespielten – Schluchzern wandte sie sich an Adrian und versuchte bei ihm ihr Glück, nachdem ich ihr nur einen abfälligen Blick zugeworfen hatte.
„Wie kann er sowas sagen, ich bin noch geschockt von dem Absturz. Bitte sag ihm, dass er mich in Ruhe lassen soll.“
Doch mit ihrer vorgeschobenen Lippe und mit dem Augenaufschlag, der wahrscheinlich kokett sein sollte, war sie bei Adrian an der falschen Adresse. Mit Verachtung sah er sie an, solche Frauen konnte er absolut nicht ausstehen.
„Entweder du hilfst jetzt mit, oder ich schmeiß dich runter.“ Seine Stimme war bedrohlich und eiskalt.
Total entsetzt und verwirrt, dass Adrian nicht auf ihren Schmollblick ansprang, sah sie sich panisch um. Doch als sie registrierte, dass sie von keinem von uns Unterstützung bekommen würde, verzog sich ihre Mine und – OH Wunder! – sie fing an mit einer Hand mit zu paddeln, aber so lasch, dass es im Prinzip nichts brachte. Die ganze Zeit jammerte sie vor sich hin, während wir anderen alle hart arbeiten. Man hörte nur noch Gekeuche und niemanden war danach sich zu unterhalten.

Kapitel 7




Als Lucien kurz davor war Blondie ins Wasser zu schupsen und ohne sie weiter zu fahren, da sie einfach unertragbar war, jubelte Chloe auf einmal auf.
„Da, da ist Land!“ Sie zeigte nach vorne und als ich auch dort hinblickte, sah ich einen Strand und direkt dahinter einen dichten Wald.

Ja! Rettung in Sicht! Denn langsam wurde es nämlich echt anstrengend, die ganze Zeit mit den Händen zu paddeln. Chloe hatte schon aufgegeben, da sie einfach nicht mehr konnte, obwohl sie sich wirklich tapfer gehalten hatte. Und die Stewardess hatte schon nach einer Stunde aufgehört, vor allem nachdem sie sich einen Fingernagel abgebrochen hatte und danach erst einmal in ein hysterisches Geheule ausgebrochen war. Also lange würde ich die nicht mehr ertragen, ohne ihr den Hals um zu drehen.
Ich hoffte, dass wir am Land schnell auf Leute treffen würden.
Wir strengten uns nochmal extra an und nach weiteren zehn Minuten hatten wir es dann endlich geschafft.
Total erschöpft ließ ich mich erstmal in den Sand plumpsen, wirbelte aber eine Sandwolke auf, und musste prompt anfangen zu husten, da ich Körner in die Lunge bekommen hatte. Na super! Fing ja schon gut an.
„Wenn du erstickst, krieg ich dann dein Auto?“ Will der mich verarschen?! Wütend warf ich eine Handvoll Sand nach Lucien, doch er wich kichernd aus. Als ich immer noch nicht aufhörte zu husten, erbarmte Adrian sich meiner und klopfte mir auf den Rücken. Endlich flogen die letzten Körner aus meiner Lunge und ich konnte wieder normal atmen.
Immer noch sauer blickte ich mich suchend nach Lucien um, doch ich sah, dass er gerade mit Chloe dabei war die Wrackstücke an Land zu ziehen und sie sich scheinbar köstlich amüsierten.
Das verbesserte meine Laune nicht gerade.
Ich wollte gerade zu ihnen hingehen, doch auf einmal stand die Stewardess vor mir und versperrte mir den Weg.
„Was?“, fauchte ich sie unfreundlich an. Ich hatte echt keinen Nerv mehr für die.
Schon wieder bildeten sich Tränen in ihren Augen. Was war die eigentlich für eine Heulsuse?
„Warum seid ihr alles so gemein zu mir?“ Das fragte die ernsthaft noch?
„Weil du eine arrogante Tusse bist.“
„Aber..Aber….“
„Aber…aber…“ äffte ich sie nach. Ok, ich weiß ich war gemein, aber meine Laune hatte echt den Nullpunkt erreicht. Jetzt kullerten ihr große Krokodilstränen über die Wangen. Na toll!
„Ist ja gut, reiß dich einfach ein bisschen zusammen und dann sind wir auch netter zu dir,ja?“
Sie schluckte und versuchte dann sich zusammen zu reißen.
„Ok.“ Da sie jetzt schon wieder breit anfing zu grinsen, ahnte ich, dass das nicht wirklich funktionieren würde.
Sie versuchte mich verführerisch anzulächeln, doch das hatte schon nicht gewirkt, als sie noch nicht wie ein Zombie aussah. Ihre Schminke war komplett im Eimer, da sie durch das Wasser verlaufen war und ihr Gesicht jetzt schwarz gestreift war. Ihre Haare hingen ihr platt und nass über der Schulter, ein Ohrring fehlte und der eine Absatz von ihrem Schuh war abgebrochen, so dass sie hinkte. Aber auf die Idee, die Schuhe auszuziehen, kam sie nicht.
Als ich Chloe laut loslachen hörte, sah ich, dass Lucien sie Huckepack durch die Gegend trug. Zähneknirschend schaute ich weg, ich verstand einfach nicht, warum sie mich immer wieder abwies und lieber Lucien nahm.
Kurz überlegte ich, ob ich weiter mit der Stewardess flirten sollte, da Chloe beim ersten Mal ja scheinbar eifersüchtig war, aber das wollte ich mir jetzt echt nicht nochmal antun.
Als ich den Sand knirschen hörte, drehte ich mich um und sah wie Adrian auf uns zu gestiefelt kam.
Irgendwie kam mir genau in dem Moment der Gedanke, dass wir alle wirklich ziemliches Glück gehabt haben, da wir den Absturz überlebt hatten. Bein Adrian, Lucien und mir war das ja nicht so erstaunlich, weil wir nicht so leicht verletzbar waren wie Menschen, aber bei Chloe und der Stewardess?
Doch Adrian unterbrach meine Gedankengänge.
„Eric, such du bitte noch am Strand nach Überresten des Flugzeugs, vielleicht wurde ja noch was Nützliches angespült. Wir wollen die Nacht erstmal noch hier verbringen, und morgen dann weiter gehen.“
Dann wandte er sich an die Stewardess.
„Und du gehst in den Wald und suchst nach trockenen Ästen, wir wollen ein Feuer machen.“
Sofort fing sie an zu protestieren.
„Ich geh doch nicht alleine in den Wald, es wird bald dunkel. Da laueren mit Sicherheit jeden Menge böse Tiere!“
Adrians Mine verdunkelte sich.
„Du machst das, sonst kannst du dich alleine durschlagen, aber ich glaub nicht, dass du dann auch nur eine Nacht überleben würdest. Und die Tiere werden dich schon nicht fressen, dafür bist du wahrscheinlich viel zu ungenießbar. Wie heißt du eigentlich?“
Sie wurde unter seinen Wörtern ganz klein, sah aber wohl ein, dass ihr nichts anderes übrig blieb.
„Tiffany.“, murmelte sie und lief dann mit kleinen Schritten zum Wald. Sie hatte die Schuhe immer noch nicht ausgezogen, würde mich nicht wundern, wenn sie sich noch den Hals bricht.
Als Adrian mich fordernd anblickte, machte ich mich auch an die Arbeit, obwohl ich mich am liebsten einfach in den Sand gelegt hätte, um mich ein bisschen auszuruhen.
Schweigend sammelte ich ein paar Koffer ein, die an Land gespült waren und versuchte Lucien und Chloe zu ignorieren, die scheinbar ihren Spaß hatten.
Auf einmal entdeckte ich einen Gegenstand, da ich aus der Ferne nicht erkennen konnte, um was es sich handelte, lief ich näher. Als mein Blick auf das Gerät fiel, fing die Ader an meiner Stirn schon wieder an zu pochen. Wütend knurrte ich, denn es war ein Milchshakegerät, das ich von mir zu Hause gut kannte. Eindeutig kam es von dem Flugzeug, denn das Logo der Flugreisegesellschaft war sogar noch drauf. Und die Stewardess hatte behauptet, es gäbe keine Milchshakes, und was war das dann? Ne Saftpresse oder was?
Die würde ich mir vorknöpfen, wenn sie wieder kam. Niemand hielt mir mein Milchshake vor. Oh nein! Da fiel mir ein, dass ich dann heute keine Milchshake mehr bekommen würde. Was soll ich denn jetzt machen, schon allein bei dem Gedanke daran, dass ich mein Abendmilchshake nicht bekam, nachdem das Späternachmittagshake schon ausgefallen, fingen meine Hände an zu zittern.
Doch auf einmal ertönte ein panischer Schrei und als ich mich nach seinem Verursacher umsah, musste ich ungläubig lachen. Das konnte doch nicht wahr sein! Tiffany rannte – immer noch auf ihren Schuhen, dementsprechend lächerlich sah es dann auch aus – hysterisch kreischend aus dem Wald den leichten Hang zum Strand hinunter, verfolgt von einer- ja was war es denn eigentlich? Ein kleines Tier, das aussah wie eine Mischung aus einem Chihuahua und einem Tiger. Es gab seltsame kläffende Geräusche von sich, wirkte aber kein bisschen gefährlich, eher so, als ob es nur spielen wollte.
Doch Tiffany rannte wie von der Tarantel gestochen vor ihm weg und schrie:
„Hilfe! Ein Monster ist hinter mir her!“
Aber keiner von uns machte Anstalt ihr zu helfen. Im Gegenteil, Lucien und Chloe kugelten sich schon im Sand vor Lachen und selbst Adrians Mundwinkel verzogen sich ein bisschen nach oben.
Als das Tier Chloe und Lucien entdeckte, wechselte es abrupt die Richtung und steuerte auf die beiden zu. Dann legte es sich neben sie und kugelte sich auch im Sand. Das sah einfach zu lustig aus, vor allem als Lucien und Chloe den Mund vor Verblüffung gar nicht mehr zubekamen. Der Chihuahua-Tiger zappelte noch ein bisschen weiter mit den Beinen in der Luft, doch als er die offenen Münder der beiden sah, klappte er auch sein Maul auf und ließ die Zunge heraus hängen. Chloe war immer noch wie erstarrt und auf einmal streckte er seine rosa Zunge aus und schleckte ihr übers Gesicht. Lucien prustete los und auch Chloe musste, nach dem ersten Schock, lachen. Nachdem sie sich grob mit dem Ärmel übers Gesicht gewischt hatte, kniete sie sich vor ihm hin und fing an ihn zu streicheln und zu kitzeln, was er genießerisch über sich ergehen ließ. Das machte sie in meinen Augen irgendwie besonders, jede andere Frau die ich kenne, siehe Tiffany, hätte jetzt angefangen angeekelt zu kreischen.
Doch ihr schien das scheinbar nicht sonderlich viel auszumachen und kuschelte und redete sogar mit ihm.
Mittlerweile hatte sich Lucien auch von seiner Lachattacke erholen können, obwohl sein Gesicht immer noch ein fettes Grinsen zierte. Gemächlich kam er zu uns hinüber geschlendert, ließ sich neben uns auf den Boden fallen und bohrte seine Zehen in den Sand. Seine orangen Schuhe hatte er ausgezogen und neben sich gestellt.
„Also so schlimm ist das ganze doch gar nicht, mir gefällt’s hier. Super Wetter, Meer, Sand und eine heiße Frau. Was will man mehr?“
Nach einer Weile kam Chloe mit dem Hund – oder was auch immer – angerannt.
„Darf ich es behalten?“, fragte sie wie ein kleines Kind.
Wir mussten schmunzeln und schüttelten die Köpfe.
„Ja, darfst du“, gab Lucien lachend nach.
Adrian betrachtete das Wesen neugierig.
„Ist es ein Junge oder ein Mädchen?“
Schnell guckte Chloe nach und grinste.
„Es ist ein Männchen. Ich glaube ich nenne ihn Krümmel“, beschloss sie.
Was war das denn für ein Name?
„Krümel? Ich bitte dich!“ Spöttisch blickte ich sie an, es machte mir Spaß sie zu reizen.
„Und wie soll ich ihn deiner Meinung nach nennen?“, fragte sie schnippisch.
„Ja, anders halt. Bart oder Jack“, schlug ich vor.
„Das ich nicht lache. Ich habe einen passenden Namen.“ Frech grinste sie mich an.
„Und der wäre?“, fragte ich nun neugierig.
„Ich nenne ihn Eric, denn er ist genauso niedlich wie du!“ Sie kniff mir in die Wange.
Wie konnte sie es wagen?
„Ich bin nicht niedlich!“, knurrte ich.
„Ja sicher!“, antwortete sie nur und tätschelte meine Wange.
„Komm Lucien. Wir gehen Spielen mit Eric.“
Gerade wollte ich sauer zu einer Antwort ansetzten, doch Adrians warnender Blick hielt mich zurück. Doch ich kochte die ganze Zeit wütend vor mich hin. Vor allem, da Lucien und Chloe mit dem Hund rumspielten, und schon wieder jede Menge Spaß hatten.
Adrian und ich beschlossen uns ein wenig im Wald umzusehen und ich rief Lucien zu, dass er sofort kommen sollte. Ich hatte schlechte Laune.
Er stand von dem Baumstamm auf, wurde aber noch kurz von Chloe zurückgehalten. Doch er sagte nur kurz was und kam dann auf uns zu geschlendert.

Kapitel 8




Gemeinsam durchsuchten wir dann den Wald, da wir sicherstellen wollten, dass von dort keine Gefahr drohte.
Ich musste jetzt unbedingt mal etwas Klarheit bekommen, um das Chaos in meinem Kopf ein wenig zu ordnen. Schnell holte ich zu Lucien auf, der ein paar Schritte vor mir durch den matschigen Boden stakste.
„Lucien, was ist denn jetzt eigentlich zwischen dir und Chloe?“
Ich konnte ihn zwar nicht grinsen sehen, doch ich war mir sicher, dass er es tat.
„Was soll denn da sein?“, tat er unwissend und ließ „ausversehen“ einen verzweigten Ast in mein Gesicht schellen. Wütend knurrte ich.
„Jetzt tu doch nicht so scheinheilig, da läuft doch was!“
Und wieder bekam ich einen Ast ins Gesicht.
„Wo läuft was?“, rief er gespielt erschrocken und sah sich hektisch um.
„Ich sehe nichts.“ Er kämpfte sich weiter durch das grüne Gestrüpp des Dschungels.
Es war unangenehm warm, denn die Luftfeuchtigkeit war ziemlich hoch und es war so schwül, dass es vermutlich bald ein Gewitter geben würde. Immer wieder musste ich lästige Mücken verscheuchen, die sich auf meinem Körper für einen kleinen Snack niederließen. Diese Viecher waren die wahren blutsaugenden Vampire und nicht diese lächerliche Gestalten aus Büchern.
Meine Kopfhaut fing an zu kribbeln und es war auch unheimlich still hier, kein Vogelgezwitscher, kein Geraschel von anderen Tieren. Es würde eindeutig ein Gewitter geben.
„Haha, sehr lustig, Lucien. Ich kann mich gar nicht mehr halten vor Lachen. Dann will ich es mal deutlicher machen. Bist du mit ihr zusammen?“
Klatsch! Schon wieder landete ein Zweig in meinem Gesicht. Langsam würde ich richtig wütend, wenn er so weiter macht, würde er es bereuen.
„Also im Moment bin ich nur mit dir und Adrian hier zusammen, oder siehst du noch jemanden Andern?“ Jetzt reichte es mir! Mein Geduldsfaden zerriss, wie Nebel umhüllte meine Wut mein Verstand und ich stürzte mich vollkommen von Sinnen auf ihn. Er war zwar auf den Angriff vorbereitet, doch ich war der Stärkere von uns beiden.
Und eher er sich versah, hingen seine Beine nutzlos in der Luft herum und er fand sich an die raue Rinde eines Mammutbaums gepresst wieder. Ich umklammerte seine Kehle und beugte mich ganz nah zu ihm heran. Als ich einen Blick auf meine Hand warf, bemerkte ich, dass die Haare dort dichter, dunkler wurden, und meine Nägel länger, schärfer.
„Reiz mich nicht zu sehr, du weißt wie schnell ich die Beherrschung verliere und ich will dir nicht wehtun. Also sag mir jetzt einfach, ob du und Chloe ein Paar oder so seid!“ Das brüllte ich schon fast.
Er japste hektisch nach Luft und rote Flecken bildeten sich in seinem Gesicht.
„Scheiße, Eric, ich krieg keine Luft mehr!“ Für einen kurzen Moment wurde mein Griff noch härter, sodass meine Fingerknöchel weiß hervortraten. Er setzte an um etwas zu sagen, doch er wurde von Adrians lauten Rufen, die durch das dichte, dunkelgrüne Gestrüpp des Urwaldes gedämpft wurden, unterbrochen. Erst dadurch wurde der Nebel in meinem Kopf durchbrochen und er zog sich zurück. Erschrocken zuckte ich zusammen, als mir bewusst wurde, was ich hier gerade tat. Schlagartig entkrampfte ich meine Finger und sprang mehrere Meter zurück, sodass ich mich nun wiederrum an den Stamm eines Baumes gepresst wieder fand. Entsetzt sah ich, wie sich in Luciens smaragdgrünen Augen kurz ein Flackern bemerkbar machte und ich befürchtete schon, dass er ohnmächtig werden würde. Doch zum Glück fing er sich wieder und rieb sich schmerzerfüllt stöhnend, seinen Hals, an dem man deutlich die Abdrücke meiner Finger sehen konnte. Die roten Male würde wohl noch ein wenig sein Hals verunstalten. Eine große Welle des Selbsthasses traf mich, krampfhaft drückte ich meine Finger in die raue Rinde der großen Eiche und krallte mich an ihr fest. Verdammt, ich stand kurz davor mich zu verwandeln!
Was hatte ich nur getan? Wie konnte ich nur? Er war mein bester Freund, mein Kumpel und für nichts auf der Welt wollte ich seine Freundschaft missen. Und was tat ich? Ich rastete total aus, nur weil er mich ein bisschen reizte. Normalerweise machte mir das auch nicht sonderlich viel aus, da ich es mittlerweile gewohnt war, aber bei Chloe verstand ich irgendwie kein Spaß.
„Verdammt, Lucien, es tut mir so leid. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich hab total die Kontrolle verloren. Sorry, …“ Total in meine Entschuldigung vertieft, bemerkte ich nicht, wie Lucien auf mich zukam.
„Hey, Eric, ist ja gut. Ich hätte wissen müssen, dass ich es übertreibe. Und außerdem ist ja nichts passiert, wir sind nun mal Gestaltwandeler und deswegen halt impulsiver. Eigentlich ist es ja sogar meine Schuld,…“
Ich knurrte gereizt und unterbrach ihn damit.
„Es ist ganz alleine meine Schuld und das wissen wir beide! Ich werde damit leben müssen und es wird nie mehr wiedervorkommen.“
Meine Mine verhärtete sich, ich wusste auch schon genau, was ich tun musste, um das einzuhalten. Auch wenn es mir sehr schwer fallen würde. Aber ich konnte es mir nicht leisten, noch mal so die Kontrolle zu verlieren und es riskieren mich beinahe zu verwandeln, schlimmstenfalls könnte es sogar unter nichts wissenden Menschen passieren. Und die Auswirkungen wären nicht auszudenken.
„Naja, wenn du meinst, Kumpel. Und jetzt lass es uns einfach vergessen, ja?“
Tief durchatmend entkrampfte ich meine Finger, kniff mir in den Nasenrücken und versuchte mich zu lockern, denn ich war total verspannt.
Ich nickte nur bestätigend und wir setzten unseren Weg durch das grüne Dickicht fort. Unerträgliche Stille breitete sich zwischen uns aus, eine absolute Prämiere, denn normalerweise laberte Lucien ohne Strich und Faden. Gewöhnlich nervte es mich ein bisschen, erheiterte mich aber auch, aber jetzt wünschte ich mir nichts lieber, als dass wir ein bisschen ungezwungen plaudern könnten. Aber er war scheinbar genauso in Gedanken versunken wie ich. Ob seine Gedanken wohl bei Chloe waren? Verdammt! Nicht schon wieder. Schnell bekämpfte ich die Eifersucht, die schon wieder anfing zu lodern und jeglichen Gedanken an SIE.
Jedes Knirschen unserer Schuhe auf dem teilweise bemoosten Boden und jedes Knacken eines trockenen Astes, schallte unnatürlich laut in meinem Kopf wieder. Erneut fiel mir diese Stille auf, war ja schon fast unheimlich und außerdem war es gar nicht gut, wenn es ein Gewitter geben würde. Denn wir hatten ja noch nicht mal wirklich ein Dach über dem Kopf. Mir, Lucien und Adrian würde das nicht allzu viel ausmachen, wenn wir uns einfach als Tiger aneinander gekuschelt unter einen Felsvorsprung legen könnten. Unser dickes Fell würde uns vor dem Schlimmsten schützen. Doch wir durften uns nicht im Beisein unwissender Menschen verwandeln und es kam für mich nicht in Frage sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Also mussten wir wohl oder übel in unserer menschlichen Gestalt das Unwetter ertragen. Das einzige was wir sonst noch tun könnten, wäre zumindest einen provisorischen Unterschlupf am Strand zubauen.
„Wir sollten auch mehrere Äste und vielleicht ein paar große Blätter oder so sammeln, damit wir was bauen, wo wir heute Nacht schlafen können und was uns einigermaßen vor dem Gewitter schützt. “
Lucien nickte nur zustimmend und brach bald darauf mit einem lauten Knacken von einer großen Linde einen abgeknickten Ast ab. Auch ich fand bald einen verzweigten Ast und so sammelten wir stillschweigend vor uns hin.
Nachdem wir Adrian endlich eingeholt und genug Holz für ein Feuer und Äste für den Unterschlupf gefunden hatten, machten wir uns auf dem Rückweg zum Strand. Kurz bevor wir ankamen, hörte wir schon einen lautstraken Streit der beiden Frauen. Oh Mann, wir hatten sind gerade gestrandet und die hatten nichts Besseres zu tun, als sich gegenseitig anzuschreien. Als ich meine Ohren spitze, hörte ich Gesprächsfetzten. Scheinbar ging es irgendwie um Jungs und unwichtige Dinge. Leider konnte ich es nicht genau verstehen und ich nahm mir vor gleich danach zu fragen.
Als wir wieder auf den Strand traten, standen die beiden, die zuvor auf einem angeschwemmten Baumstamm saßen, synchron auf und kamen auf uns zu.
Die blonde Stewardess stolzierte auf mich zu und versuchte mit verführerischer Stimme, die leider nicht wirklich verführerisch war, sondern sich eher so anhörte, als würde man mit einem Nagel eine Tafel hochfahren - bei dem Geräusch läuft es mir immer kalt den Rücken runter - meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass Chloe zu Lucien gegangen war und sie sich scheinbar mal wieder super zu amüsieren zu schienen. Ich verbot mir eifersüchtig zu werden, denn ich hatte ja gesehen, wohin das geführt hatte. Ich hatte meinen besten Freund verletzt! Und scheinbar wollten die beiden wirklich was von einander, deswegen würde ich den beiden ab jetzt nicht mehr im Weg stehen, auch wenn es mir wirklich, wirklich schwer fallen würde.
Wiederwillig wandte ich mich also wieder zu, wie hieß sie noch gleich, Tiffany und versuchte mich auf sie zu konzentrieren. Ich musste mich zusammen reißen um ihre Hand nicht unsanft wegzudrücken, als sie mir mit dem Finger über dir Brust fuhr.
„Wollen wir nicht ein wenig im Wald verschwinden?“ Ok, das war ja mal ein eindeutiges Angebot – das ich auf keinen Fall annehmen wollte. Eher würde ich heute Abend nackt einen Sambatanz ums Feuer aufführen und ich hasste tanzen! Die Frau war wirklich ziemlich billig.
Ich war ziemlich wählerisch, was Frauen anging und mochte es eher, wenn es zumindest eine kleine Herausforderung war, sie zu verführen. Und prompt dachte ich wieder an die kleine Wildkatze, die es mir alles andere als einfach machte. Aber ich liebte Herausforderungen und normalerweise hätte mich nichts davon abgehalten, sie zu jagen. Denn auch in meiner menschlichen Gestalt, hatte ich manche tierische Instinkte. Doch ich wollte Lucien nicht wieder verletzten, sowohl körperlich als auch seine Gefühle. Deswegen musste ich meine Begierde einfach mal zu unterdrücken, für meinen Freund.
„Ne, tut mir Leid. Wir müssen jetzt erstmal dafür sorgen, dass wir einen Unterschlupf bauen, damit wir dem Gewitter nicht völlig schutzlos ausgeliefert sind. Aber vielleicht ein anderes Mal? “ Eigentlich sträubte alles in mir sich dagegen, sich auf sie einzulassen, aber ich konnte mir gut vorstellen, dass mir die nächsten Stunden in Chloes Nähe ohne sie zu berühren, mir einiges abringen würden und ich möglicherweise eine Ablenkung brauchte.

Bevor wir uns ans bauen machten, öffneten wir noch die drei Koffer, die wir am Strand aufgesammelt hatten.
Nachdem wir den ersten Koffer aufgebrochen hatten, beugten wir uns gespannt über ihn. Doch ich bemerkte sofort, dass wir zumindest in dem Koffer nichts Nützliches finden würden, denn er war ein reiner Frauenkoffer, aber Tiffany kreischte trotzdem verzückt los.
„Ah, ich bin gerettet, das ist Unterwäsche von Victoria’s Secret. Den roten BH wollte ich mir schon seit Ewigkeiten kaufen. Ja! Und es gibt ein Schminkköfferchen.“
Schnell griff sie danach und riss es habgierig an sich. Sie warf Chloe einen bösen Blick zu, als diese den Koffer nur ansah. Achtung! Zickenkrieg!
„Er gehört mir, ich hab ihn zuerst gesehen.“
Chloe sah sie verblüfft an.
„Ähmm, keine Sorge. Ich brauch mich nicht zu schminken, aber bei dir wird das eh nichts mehr retten. Vielleicht solltest du dir mal lieber darüber Sorgen machen, dass wir vielleicht verhungern oder so und dich nicht für Unterwäsche interessieren, die eh pitschnass ist.“
Tiffany klappte den Mund auf um empört etwas zu erwidern, doch ihr fiel nichts ein. Verzweifelt suchte sie nach einer passenden Antwort, man sah förmlich wie es in ihrem Gehirn ratterte.
Lucien konnte sich natürlich nicht zurück halten und fing prompt an zu lachen und Chloe stimmte schnell ein, denn es sah einfach zu komisch an, wie sie überlegte.
Wütend schnaufte Tiffany und drehte sich auf dem Absatz um, doch nach einem Schritt, kam sie nochmal kurz zurück und schnappte sich Teile der Unterwäsche und humpelte dann davon, wahrscheinlich um sich irgendwie wieder ansehbar zu machen.
Chloe und Lucien konnten sich immer noch nicht halten vor Lachen und deshalb machten Adrian und ich uns daran, den Koffer weiter zu durchsuchen, auch wenn wahrscheinlich wirklich nichts Nützliches in ihm war.
Wir machten einen Müllhaufen und ein Haufen für Sachen, die wir vielleicht noch gebrauchen konnten.
Die durchweichten Tampons, mehrere Perücken und die benutzte Zahnbürste kamen direkt auf den ersten Haufen, doch wir breiten die Klamotten auf den Boden aus und wollten sie trocknen lassen, man wusste ja nie, wie lange wir noch hier festsitzen würden und die Frauen konnten sicherlich Wechselklamotten brauchen.
Chloe und Lucien machten sich ein Spaß daraus jedes Teil zu kommentieren und sich zu überlegen, welcher Frau dieser Koffer wohl gehörte, bis ihnen einfiel, dass die Frau, der das alles mal gehört hatte, möglicherweise sogar tot war. Das verdarb ihnen den Spaß und nun machten wir uns alle stillschweigend daran, die Koffer weiter zu durchsuchen.
Der nächste Koffer enthielt leider auch nichts nützliches, sondern nur jede Menge Sandspielzeug und mehrere Pempas und Schnullers und so ein Kram.
Der dritte Koffer war pink und das hätte mir schon zu denken geben sollen.
Doch ich öffnete ihn trotzdem und bereute es im gleichen Augenblick.
Ich konnte es nicht fassen!
„Ist das ein pinker Dildo?“, fragte Lucien entsetzt.
„Und da sind pinke Plüsch-Stoffhandschellen und rosane Liebesperlen. Und ihhh… ein Gummischwanz!“ Chloe schaute diesen seltsamen Koffer fassungslos an. Und im nächsten Moment lachten sie und Lucien natürlich gleich wieder los.
Auf einmal ertönte ein Kreischen.
„Ah! Was macht ihr da an meinem Koffer?!“ Wir drehten uns alle gleichzeitig zu Tiffany um und starrten sie verblüfft an. Das war ihr Koffer?
Sie kam auf uns zu gelaufen und drängelte mich zu Seite, um sich schützend vor den Koffer zu stellen.
„Das geht euch gar nichts an.“
Doch zu spät, wir hatten bereits alle den Inhalt des Koffers gesehen und so wie Lucien aussah, brannte er schon geradezu darauf, Tiffany mit dem Inhalt aufzuziehen, doch sie kam ihm zuvor.
„Das ganze Zeug hab ich gar nicht nötig, die sind für … äh, für meine Cousine. Mir laufen die Type reihenweise hinterher, da brauche ich keine Dildos oder so.“
Auf Luciens Sicht breitete sich ein unheilvolles Lächeln auf, so als hätte sie ihm eine perfekte Vorlage gegeben.
„Also das würde ich aber nicht so ernst nehmen, wenn dir Typen hinterherrennen. Wir rennen ja schließlich auch Bällen hinterher und schießen sie dann weg.“
Chloe prustete los und hielt sich vor lauter Lachen den Bauch.
Aber Tiffany guckte nur total belämmert und wusste schon wieder nicht, was sie erwidern sollte.
Ich versuchte mich zu beherrschen und nicht auch zu lachen, denn ich wusste aus Erfahrung, dass Lucien manchmal ganz schön fies war und einen überrumpelte.
Lucien wartete und wartete, doch sie hatte immer noch kein Ton heraus gebracht.
Er tat enttäuscht und wandte sich nach Chloe um.
„Es macht aber auch kein Spaß mit dir Tiffany, du bist ja noch nicht mal schlagfertig. Ich wette Chloe hätte eine geile Antwort parat.“ Chloe grinste über beide Ohren und hatte natürlich wirklich eine schlagfertige Antwort.
„Jungs, dafür solltet ihr es nicht zu ernst nehmen, wenn wir sagen, dass wir euch lieben. Wir verlieben uns ja auch in Schuhe und holen uns trotzdem 15 neue Paare.“
Lucien lachte lauthals los und schaute sie bewundernd an.
„Ich wusste es doch, du bist meine Seelenverwandte.“
Plötzlich überkam mich wieder die Eifersucht, doch ich versuchte sie zurückzudrängen, ich hatte einen Entschluss getroffen und daran musste ich jetzt festhalten.
„Jaja, genug geschnulzt Lucien. Wir müssen uns jetzt ein Unterschlupf bauen, denn das Gewitter kommt immer näher.“
„Schon gut Eric. Los, dann an die Arbeit.“ Euphorisch legte er Chloe einen Arm um die Schulter und zog sie näher an sich, während er drauf wartete, dass wir loslegten.
„Also, wir müssen möglichst weit weg vom Wald bauen, denn wenn es wirklich ein Gewitter gibt, könnte sonst ein Baum auf uns stürzen, wenn er vom Blitz getroffen wird. Aber auch nicht zu nah am Wasser, damit wir nicht nass werden, falls es stürmisch wird. Ich habe etwas weiter hinten eine paar dicke, etwas höhere Felsen gesehen. Ich würde Vorschlägen, dass wir uns darüber ein paar Decken oder Zweige hängen, damit wir so etwas geschützt schlafen können. Und dann würde ich davor noch so eine Art Vorzelt bauen, wo man auch stehen kann.“ Ich schaute die anderen abwartenden an, vielleicht hatten sie ja noch Vorschläge.
Chloe seufzte und befreite sich aus Luciens Umarmung. Dann nahm sie den kleinen Hund, oder was auch immer es war, auf den Arm und meinte: „Kommt ihr?“
Alle nickten zustimmend und so machten wir uns dran alles aufzubauen.
Zuerst steckten wir die längeren Äste dicht um die Felsen herum und spannten dann darüber die halbwegs trockenen Klamotten und legten dann noch mehrere Schichten Blätter drauf.
Alle halfen tatkräftig mit, selbst Tiffany versuchte zu helfen, auch wenn es nicht wirklich nützlich war. Doch als wir ein paar von ihren Sachen aufhängen wollten, fing sie sofort an hysterisch zu meckern und wollte keins ihrer Kleider hergeben.
„Entweder du gibt’s uns jetzt etwas von deinen Sachen oder du kannst draußen schlafen.“, drohte Adrian krampfhaft beherrscht. Zögerlich rückte sie ein paar Klamotten heraus und auch diese spannten wir auf.
Als wir endlich fertig waren, ließen wir uns alle müde an einem Felsen herunterrutschen und lehnten uns an. Chloes neues Haustier kam zu ihr, leckte ihr einmal quer übers Gesicht und bellte. Vermutlich hatte er Hunger. Genauso wie wir alle.
„Ja Kleiner, ich weiß du hast Hunger, wir auch. Komm ich gehe dir was suchen“, meinte sie fürsorglich und erhob sich mit dem Hund auf dem Arm. Sie kletterte über die Felsen hinweg, doch ich hielt sie am Arm zurück. „Warte! Ich komme mit dir. Es ist sonst zu gefährlich.“ Das plötzliche Aufwallen des Beschützerdrang konnte ich nicht unterdrücken und so machten wir uns gemeinsam auf die Suche.

Kapitel 9




Luciens Sicht


Während ich die Füße in dem warmen Sand vergrub, schaute ich den beiden nachdenklich hinterher und überlegt, ob Chloe und ich das Spiel noch weiter treiben sollten. Eric war ja wirklich extrem eifersüchtig, was ich ja eben am eigenen Körper gespürt hatte und er war das Alphatier unsere Gruppe, außerdem beschützte er sein Revier ziemlich heftig. Nicht das ich Angst hätte, dass er mir wirklich was tun würde, nur war er sonst noch nie so besitzergreifend. Klar war er noch nie gut damit klar gekommen, dass er eine nicht sofort bekommen hat oder eine einen anderen genommen hat. Aber irgendwas war diesmal anders.
Adrian riss mich aus meinen Gedanken indem er mir auf die Schulter haute und meinte, dass ich schon mal ein paar Steine zusammen suchen sollte, um ein Feuer vorzubereiten und er wolle ein paar Kaninchen oder irgendwas Essbares jagen. Während ich schweigend die Steine aus dem Sand klaubte, schweiften meine Gedanken schon wieder zu Chloe und Eric.
Eigentlich wollte ich gar nicht aufhören, so zu spielen, denn es machte echt Spaß. Chloe war nämlich echt geil, eigentlich die perfekte Frau. Schlagfertig, heiß, humorvoll und auch ein bisschen verrückt. Was will man mehr? Für einen Moment stellte ich mir vor, wie es wäre, wenn wir wirklich zusammen wären und nicht nur so tun würden. Wir könnten so viele geile Sachen machen.
Als ich einmal versucht habe, meine Exfreundin zu überreden, als wir in Polen waren, Leute auf Englisch zu beileidigen, doch sie hatte viel zu viel Angst, dass einer sie verstehen würde. Und als ich ihr zum Geburtstag ein Hotelaufenthalt in einem alten Knast, das in ein Hotel umgebaut wurde, geschenkt habe, ist sie irgendwie total ausgerastet und ich habe schlussendlich Schluss gemacht. Mit Chloe wäre das sicherlich nicht passiert, sie hätte den Witz verstanden.
In Gedanken ging ich alles durch, was ich mit ihr machen könnte, doch auf einmal wurde ich schon wieder unterbrochen. Ärgerlich sah ich Tiffany an, die mich irgendwas gefragt hatte.
„Was?“, blaffte ich. Langsam raubte sie mir meinen letzten Nerv.
„Ich wollte nur fragen, wann es denn endlich was zu essen gibt. Ich verhungere“, nörgelte sie. Ich atmete tief durch und versuchte mich zu beruhigen um sie nicht anzuschreien.
„Wir sind hier leider nicht in einem 5-Sterne Hotel, wo man auf Fingerschnipsen was zu essen bestellen kann. Hier müssen wir uns das Essen selber besorgen. Wir wäre es, wenn du versuchst, ein paar Beeren oder Nüsse zu pflücken“, schlug ich vor.
Sie rümpfte die Nase, doch zu meinem Erstaunen machte sie sich ohne ein weiteres Wort daran, den Waldrand abzusuchen.
Als Adrian wieder kam, machten wir uns gemeinsam dran, dass Feuer anzufachen und die Kaninchen, die er gefangen hatte, fertig zu machen.

Kapitel 10




Erics Sicht



Zuerst liefen wir schweigend nebeneinander her und beobachteten den Hund, wie er an jedem Ast schnüffelte und an den Waldrand pinkelte.
„Du hättest nicht mitkommen müssen, Eric“, meinte sie plötzlich in die Stille.
„Doch“, brummte ich und wir verfielen wieder in Schweigen. Fahrig strich ich mit meinem Finger die Narbe in meinem Gesicht nach.
„Ich…“ Ich wollte gerade meinen Satz beginnen, doch im gleichen Moment fing auch sie an zu sprechen und brach dann ab. Wir starrten uns an und nachdem niemand etwas getan hatte, versuchten wir es nochmal, doch wieder im gleichen Moment. Ich prustete los und Chloe stimmte schnell ein und jedes Mal wenn wir uns ansahen, mussten wir noch mehr lachen. Der Hund sprang aufgeregt zwischen unseren Füßen umher und bellte wie verrückt. Irgendwann hatten wir uns wieder beruhigt, Chloes Wangen hatten sich rötlich verfärbt und sie sah einfach bezaubernd aus.
Einen Moment lang starrte ich sie nur an, doch dann schaute ich hastig wieder weg.
„Warum warst du eigentlich in dem Flugzeug nach Los Angels?“, fragte ich Chloe.
„Oh, ich wohne da. Ich war in London um ein paar Freunde zu besuchen und shoppen zu gehen. Und du?“ Fragend blickte sie mich aus ihren von dichten Wimpern umrahmten, grünen Augen an.
Verdammt! Was sollte ich ihr denn sagen? Dass wir dort hin wollten, weil mein Vater und sein Rudel mal wieder in Schwierigkeiten steckten und wir sie daraus holen sollten?
„Ähmm… wir wollten meinen Vater besuchen.“
Als sich ihre Augen für einen kurzen Moment verdunkelten, hatte ich das Gefühl, dass sie gemerkt hatte, dass ich ihr nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte. Aber sie sagte nichts und so unterhielten wir uns noch ein bisschen über unsere Leben und Freunde.
Die ganze Zeit überlegte ich krampfhaft, wie ich unauffällig erfahren konnte, ob sie jetzt mit Lucien zusammen ist oder nicht. Aber ich wollte es nicht zu offensichtlich machen, weil es ja nicht so aussehen sollte, als ob ich eifersüchtig oder so wäre.
Als sie mir erzählte, wie sie mit einer Freundin einen Verkäufer verarscht hatte, sah ich die Gelegenheit gekommen.
„Du und Lucien habt wirklich den gleichen schwarzen Humor, ihr passt echt gut zusammen.“ Ich versuchte es beiläufig klingen zu lassen und schaute aufs dunkelblauschimmernde Meer hinaus.
„Ja, stimmt. Ich liebe seinen Humor.“ Mehr sagte sie nicht und fluchte innerlich, weil ich immer noch nicht herausgefunden hatte, ob sie jetzt wirklich zusammen waren.
Da mir kein Gesprächsthema mehr einfiel, liefen wir wieder schweigend nebeneinander her.
Irgendwann kehrten wir zurück zu den anderen, die schon ein Feuer angefacht hatten. Als mir der Duft von knusprigem Fleisch in die Nase stieg, stieß ich ein hungriges Knurren aus. Es war zu lange her, dass ich etwas gegessen hatte. Chloe sah mich fast ein wenig erschrocken an und Adrian machte ein vorwurfsvolles Gesicht, weil ich mich nicht beherrscht hatte. Niemand durfte etwas von unserer wahren Natur erfahren.
Schnell setze ich mich ans Feuer und wir warteten ungeduldig darauf, dass die Kaninchen endlich fertig waren. Adrian hatte voraussichtlich direkt mehrere gefangen, denn wir aßen mehr als normale Menschen. Als sie endlich fertig waren, fing ich sofort an eins gierig herunter zu schlingen, was mir einen verblüfften Blick von Chloe einbrachte. Ich zwang mich ein wenig langsamer zu essen, doch es war einfach zu köstlich. Und als ich zu Adrian und Lucien herüberschaute, sah ich, dass es ihnen auch nicht anders erging.
Als wir endlich alle satt waren, blieben wir noch ein bisschen sitzen und redeten. Zwischendurch bemerkte ich immer wieder, dass Chloes Haar im Schein des Feuers fast ein wenig golden glänzte und ich konnte meinen Blick kaum abwenden. Doch als der erste Vorbote des Gewitters kam und es anfing zu regnen, machten wir uns schnell daran, alles ins trockenen zu stellen und selbst unter den Schutz des provisorischen Unterschlupfs zu schlüpfen. Innendrin war es ziemlich eng, und man konnte nur kriechen, da die Steine nicht hoch genug waren um stehen zu können. Lucien vor mir stieß sich den Kopf und fluchte leise vor sich hin, während er versuchte eine Decke zurecht zulegen, sodass er es einigermaßen bequem hatte. Als er es endlich geschafft hatte, konnte ich auch endlich zu meinem Platz, der neben Luciens lag, kriechen. Glücklicherweise war der sandige Untergrund ziemlich weich, auch wenn mich der Sand kitzelte. Adrian legte sich direkt neben den Eingang und Tiffany wollte sich auf Luciens andere Seite legen, doch dieser warf ihr ein warnenden Blick zu und sie legte sich auf meine andere Seite. Zum Schluss ließ sich Chloe neben Lucien nieder und Adrian rollte noch einen Stein vor den Eingang und stopfte die Ritzen mit weitern Kleidern. Zum Glück hatten wir von denen genug. Wir murmelten alle gute Nacht, ich schloss die Augen und versuchte einzuschlafen, doch jetzt fing das Gewitter erst richtig an und mindestens über eine Stunde grollte es genau über uns. Mehrmals sah ich durch die kleinen Ritzen zwischen den Steinen große, grelle Blitze über den Himmel zucken, die das innere unseres Unterschlupfs erhellten. Leider war es auch ziemlich stürmisch, sodass es ziemlich zog und da auch ein paar Regentropfen dadurch reinkamen, wurde es ziemlich schnell nass und kalt. Ich zupfte an der Decke und zog sie ein bisschen höher, doch leider wurde jetzt meine Füße nicht mehr bedeckt. Jetzt wünschte ich mir, dass ich mich einfach verwandeln könnte, dann wäre mir wenigstens nicht mehr so kalt und der Regen könnte mir auch nichts mehr anhaben. Ich war jetzt schon weniger empfindlich, als Chloe und Tiffany die vor sich hin bibberten. Als das Gewitter etwas weiterzog und ich es in dem engen Raum einfach nicht mehr mit Luciens lautem Schnarchen aushielt, krabbelte ich über Adrian hinweg und schob den Stein zu Seite. Schnell schlüpfte ich hinaus und schob den Stein hinter mir wieder vor den Eingang. Sofort fuhr der Wind unter meine Klamotten und eine Gänsehaut kroch über meinen Körper. Rasch fing ich an zu laufen, auch wenn meine Füße immer wieder tief im nassen Sand einsackten. Der Wind und der Regen peitschten mir ins Gesicht und ich hielt auf den dichten Wald zu. Dort würde ich geschützt sein und ich könnte mich endlich verwandeln. Ich stieß einen erleichterten Seufzer aus, als endlich die riesigen Bäume über mir aufragten und den Wind abschirmten. Schnell lief ich noch ein paar Schritte in den Wald hinein und ließ mich dann neben einem besonders großen Baum auf alle vieren nieder. Zum Glück konnte ich meine Kleider anlassen, denn ich hatte keine Lust mich hier auszuziehen. Am Anfang, also kurz nach meiner ersten Wandlung mit 16, hatte ich das Ganze noch nicht gut im Griff und so hatten meine Klamotten da regelmäßig drunter gelitten. Aber jetzt beherrschte ich die Wandlung perfekt. Ich versuchte alle unwichtigen Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen und mich nur auf meinen Körper und die Kraft, die in ihm loderte und nach draußen wollte, zu konzentrieren. Ich weiß noch, dass ich ziemliche Angst vor meiner ersten Wandlung hatte, weil meine Brüder mir jede Menge Scheiß von grauenhaften Schmerzen erzählt hatte und ich ihnen das abgekauft hatte. Nachdem ich mich zum ersten Mal verwandelt und gemerkt hatte, dass ich überhaupt keine Schmerze empfunden habe, zahlte ich ihnen das erst Mal heim.
Verdammt! Meine Gedanken schweiften schon wieder ab. Das hasste ich am meisten, es war tierisch schwer sich genug zu konzentrieren, es reichte schon, wenn man nur eine Sekunde abschweifte und schon musste man wieder von vorne anfangen. Nochmal versuchte ich alle Gedanken im hintersten Winkel meines Gehirns zu verstecken und diesmal funktionierte es endlich. Ich spürte wie sich sämtliche Muskeln in meinem Körper anspannten und meine Haut von vielen, kleine Härchen überzogen wurde. Jetzt würde es nur noch Sekunden dauern und dann…
Meine Konzentration zerplatzte wie eine Seifenblase, als plötzlich das Knacksen eines Astes hinter mir ertönte. Sofort zog sich mein Fell wieder zurück und meine Muskeln lockerten sich. Wütend knurrend drehte ich mich um in der Erwartung ein davon huschendes Tier zu sehen, doch was ich sah ließ mein Herz fast stehen bleiben. Verdammt!
Chloe stand erstarrt da, hatte gerade ein Ast in der Hand, denn sie vermutlich zu Seite schieben wollte und blickte mich verblüfft an.
„Was machst du denn da?“ Sie ließ ihren Blick über mich streifen. Vermutlich sah ich total durchgeknallt aus, wie ich da auf allen vieren hockte, meinen Rücken durchgedrückt hatte und mich krampfhaft anspannte. Krampfhaft suchte ich nach einer passenden Antwort und betete still, dass sie gerade erste gekommen war und nichts von meiner Fast Verwandlung mitbekommen hatte, sonst hätte ich nämlich ein großes Problem. Es war absolut verboten, dass normale Menschen irgendetwas von der Verwandlungssache erfuhr.
„Ähmm… sieht man das nicht? Ich mache Yoga.“ Das war das erst Beste was mir durch den Kopf geschossen war.
„Yoga?“ Nicht überzeugt trat sie näher und legte ihren Kopf ein wenig schief.
„Ja, willst du mit machen?“ Was laberte ich da? Ich konnte doch überhaupt kein Yoga!
„Jetzt? Es ist mitten in der Nacht!“
Vorsichtig rappelte ich mich auf und klopfte mir die Blätter von der Hose. Jetzt war ich gerade total erleichtert, dass ich meine Kleider anlassen konnte, sonst wäre es ja noch peinlicher und schwerere zur erklären gewesen.
„Ja, warum nicht. Das Gewitter hat aufgehört, die Luft ist super und frisch und die Nacht …äh… ist wunderschön. Und außerdem konnte ich nicht mehr schlafen. Aber was machst du eigentlich hier? Bist du mir etwas gefolgt?“ Ich versuchte vom Thema abzulenken und da war Gegenangriff einfach die beste Methode. Jetzt trat sie unbehaglich von einem Fuß auf den anderen.
„Äh, ja, also. Als ich aufgewacht bin, hab ich gemerkt, dass du nicht mehr da warst und ich da ich nicht mehr einschlafen konnte, wegen Luciens Geschnarche bin ich deinen Fußspuren im Sand gefolgt. Ich hab mich halt gewundert, was du nachts hier draußen machst. Auf Yoga wäre ich nicht gekommen.“ Jetzt grinste sie mich leicht ein und auch meine Mundwinkel verschoben sich nach oben, auch wenn ich immer noch im Hinterkopf hatte, dass sie möglicherweise etwas gesehen hatte, was sie auf keinen Fall hätte sehen dürfen.
„Nun ja, Luciens Schnarchen hat mich auch genervt, auch wenn ich es eigentlich mittlerweile gewohnt sein müsste.“ Bloß vom Yoga ablenken, nachher wollte sie wirklich noch mitmachen und mein Schwindel würde auffliegen.
„Wie lange kennt ihr euch eigentlich schon?“ Uh, schwere Frage. Ich glaube er war mit 16 Jahren, direkt nach seiner ersten Wandlung, meinem kleine Rudel beigetreten. Irgendwie war das noch gar nicht so lange, trotzdem hatte ich das Gefühl, dass ich ihn schon ewig kannte.
„Seit drei Jahren, auch wenn es mir länger vorkommt.“ Es war ziemlich ungewöhnlich, dass sich ein Tiger so früh schon von seinem Rudel abspaltete, aber Lucien war schon immer anders gewesen. Eigentlich hatte er zu dem gleichen riesigen Rudel, es war das größte in Nordamerika, wie ich gehört. Es war so groß, dass es sich über den ganzen Kontinent verteilte und ich hatte ihn deshalb vorher nicht kennengelernt. Erst als ich den Streit mit meinem Vater, der der Anführer war, hatte und daraufhin mein eigenes Rudel gegründet hatte, waren wir uns begegnet. Er war schon immer ein Rebell gewesen und hatte es auch nicht mehr unter der Fuchtel seiner Familie ausgehalten. Ich glaube, manchmal vermisste er seine Familie, aber das taten wir alle. Zwar konnte ich meinem Vater einfach nicht verzeihen, was er getan hatte, doch trotzdem liebte ich ihn und den Rest meiner Familie noch. Im Prinzip waren wir alle drei Ausgestoßene, auch wenn Adrian der einzige war, der nicht freiwillig gegangen war. Eigentlich wollte ich ja, als ich mich von dem anderen Rudel losgelöst hatte, einfach nur allein sein, aber dann war Adrian zu mir gestoßen, der schon vorher mein Freund war, auch wenn er sich verändert hatte. Eine Zeitlang waren wir alleine durch die Welt gestreift und waren nirgends lange geblieben, doch irgendwann hatten wir gemerkt, dass uns jemand folgte. Da wir den Geruch nicht kannten, stellten wir uns auf einen Angriff ein, doch es war nur Lucien…
„Eric?“ Chloe wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht rum und riss mich aus meinen Gedanken.
„Was?“, fragte ich verwirrt.
„Ich hab dich gefragt, woher ihr euch kennt.“ Uh, wir kamen aber auch echt von einem unangenehmen Thema aufs andere. Ich wollte sie nicht schon wieder anlügen.
„Ähmm… er ist der Sohn von einem Angestellten von meinem Vater.“ Naja, im Prinzip war auch das nicht gelogen, nur dass ich das eigentlich nicht unbedingt Angestellten nennen würde.
„Achso“, murmelte sich.
„Hat dein Vater eine Firma?“ Gewissermaßen ja. Jedes Rudelmitglied musste ein wenig Geld bezahlen und mein Vater verwaltete das alles und so. Ganz durchgeblickt hatte ich da nie.
„Ja, so eine Geschäftskette. “, meinte ich einsilbig.
Chloe merkte wohl, dass ich nicht länger über das Thema sprechen wollte, deshalb wandte sie sich einem anderen Thema zu, was ich aber leider auch nicht besser fand.
„So, dann zeig mir doch mal ein paar von deinen Yogaübungen, ich mach sogar mit.“ Verdammt! Warum hatte ich nicht einfach gesagt, dass ich mich einfach nur strecken wollte oder Schlafgewandelt bin?
Schicksalsergebend kniete ich mich wieder hin und fing an mich irgendwie zu verrenken.
Muss wohl ziemlich lustig ausgesehen haben, denn Chloe kicherte, hockte sich auch ihn und machte auch Übungen, wenn auch weitaus eleganter als ich.
Sie streckte ihren rechten Arm und ihr linkes Bein aus und wollte gerade noch was machen, als plötzlich ein weiteres Knacken ertönte -
erschrocken zuckte sie zusammen und wir drehten uns um.
„Eric!“, rief Chloe erfreut und dieser Hund kam auf uns zugestürmt, naja zumindest auf Chloe. Er warf sie um und sie landeten auf dem Boden. Chloe lachte und kitzelte den Hund unterm Bauch.
„Na, du süßer Eric, bist du mir etwa gefolgt?“, fragte sie grinsend.
„Kannst du bitte aufhören, ihn Eric zu nennen. Ich hab keinerlei Ähnlichkeit mit diesem süßen Hund!“ Naja, außer der Tatsachen, dass ich mich auch gerne mit ihr am Boden rumrollen würde.
„Aber warum denn? Ihr seid euch doch so ähnlich, beide so süß“, zwitscherte sie frech.
Bei dem Wort „süß“ knurrte ich erbost. Ich war vielleicht heiß oder attraktiv, aber nicht süß!
„Ich bin nicht süß!“, stieß ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor, wobei ich das Wort „süß“ wie eine Beleidigung, die es für mich war, zischte.
„Aber, das ist doch kein Grund sich aufzuregen, Eric. Oder was meinst du Eric?“, wandte sie sich an dieses Monsterviech, mit dem ich verglichen wurde. Genervt kniff ich mir in den Nasenrücken und versuchte mich zu beherrschen.
„Treib es nicht zu weit. Lass es einfach sein, ja?“, meinte ich mit gefährlich leiser Stimme, doch Chloe hatte die unterschwellige Drohung scheinbar wahrgenommen, denn sie sah mich ein wenig erschrocken an.
„Ja, ist ja schon gut“, beruhigte sie mich. Ich entkrampfte meine, zu Fäusten geballten Hände, ein wenig und musste mal wieder feststellen, dass meine Selbstbeherrschung fast gleich null war. Daran musste ich dringend was ändern!
„Und, wollen wir jetzt weiter Yoga machen?“, fragte sie, wahrscheinlich um die Spannung aufzulockern.
Nach einer halben Stunde unmöglicher Verrenkungen gab ich erschöpft auf, diese Übungen waren einfach schrecklich und Chloe schien sich einen Spaß daraus zu machen, sich immer schlimmere Übungen auszudenken. Ich ließ mich einfach platt auf den Rücken fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Fasziniert sah ich Chloe aber weiter dabei zu, wie sie sich verrenkte und einige Positionen waren ganz schön…aufreizend. Schnell schaute ich weg, bevor das Ganze für mich unangenehm werden könnte. Ich bemerkte, wie sich die Müdigkeit in meinem Körper bemerkbar machte, kein Wunder, ich hatte schon lange nicht mehr richtig geschlafen und heute…beziehungsweise gestern, war ein anstrengender Tag gewesen. Meine Augen fielen zu und ich döste ein wenig ein.


Kapitel 11


Erics Sicht




Ich wurde davon wach, das eine Hand in meinem Gesicht landete. Überrascht stützte ich mich auf meinen Arm und schaute verblüfft auf Chloe, die dicht an mich gekuschelt neben mir lag und komische Bewegungen mit ihren Händen machten. Fasziniert betrachtete ich sie, sie war richtig süß, während sie schlief und ich fragte mich, was sie wohl träumte. Vielleicht kam ich ja drin vor…ungewollt breitete sich ein Grinsen auf meinem Gesicht aus. Doch das rutschte sofort wieder aus meinem Gesicht, als sie leises Luciens Namen murmelte und dann immer hysterischer wurde. Ihre Hände fuchtelten wild um sie und ihre Gesichtszüge, die vorher so friedlich waren, verzerrten sich. Ein gellender Schrei entwich ihr und sie brüllte etwas von einem Fall, Angst und Atemmasken. Sofort wurde mir klar, dass sie wahrscheinlich von dem Flugzeugabsturz träumte und ich versuchte sie zu wecken.
„Chloe! Wach auf, das ist nur ein Traum!“ Doch ich drang nicht zu ihr hindurch, sie wurde immer panischer und auf einmal schrie sie auch meinen Namen. Geschockt versuchte ich sie wachzurütteln und diesmal funktionierte es auch glücklicherweise. Abrupt riss sie ihre Augen auf und ihr Kopf schellte hoch, sodass unsere Nasen fest gegeneinander stießen. Ihr entwich ein schmerzerfüllter Seufzer, während ich nur meinen Kopf zurückzog und mir meine, ein wenig schmerzenden, Nase rieb.
„Was ist los?“, fragte sich mich verwirrt. Sie sah einfach unglaublich süß aus, mit ihren zerstruppelten Haaren und den geröteten Wangen.
„Du hast schlecht geträumt.“ Sie sah immer noch nicht so aus, als ob sie wüsste, was passiert ist. Eigentlich wirkte sie auf mich eher so, als ob sie noch im Halbschlaf wäre und tatsächlich, ihr Körper fiel wieder zurück und sie schlief selig ein. Da ich es mir natürlich nicht entgehen lassen würde, noch ein wenig mehr mit ihr im Schlaf zu kuscheln, legte ich mich auch wieder zurück und schloss die Augen.
Zum zweiten Mal wurde ich davon wach, dass Chloe sich in meinen Armen wand, doch ich öffnete die Augen nicht, denn ich bemerkte, dass sich schon wach war und wollte sie noch ein bisschen schmoren lassen. Scheinbar wollte sie aufstehen, doch ich ließ sie nicht und hielt sie weiterhin festumklammert. Sie machte merkwürdige Verrenkungen um aus der Umarmung zu kommen, doch ich tat weiterhin so als ob ich noch schlafen würde, denn ich hatte das Gefühl, dass sie nicht wollte, dass ich aufwachte. Wahrscheinlich war es ihr unangenehm, dass wir so aneinander gekuschelt waren. Als sie es fast geschafft hat, stöhnte ich gespielt verschlafen auf und schlang meine Arme wieder fester um sie. Sofort erstarrte sie und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, doch zum Glück sah sie es nicht. Nachdem ich wieder so tat, als ob ich ruhiger schlafen würde, begann sie erneut, sich zu bewegen. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, sie nur still zu ärgern und begann deshalb mich zu regen, sodass es aussah, als ob ich aufwachen würde. Langsam schlug ich die Augen auf und blickte direkt in Chloes Gesicht. Böse schaute sie mich an und ich konnte mir ein keckes Grinsen nicht verkneifen. Das machte sie noch aufgeregter und als ich gerade was sagen wollte, kam sie mir zuvor: „Bilde dir bloß nichts darauf ein. Ich probiere schon die ganze Zeit frei zukommen, aber du hast Arme aus Stahl!“, bremste sie mich ab. „Ach du findest also ich bin muskulös?“, fragte ich dreist und guckte andeutend auf meine Oberarme.
„Ach, halt doch die Klappe!“
„Bring mich doch dazu!“, meinte ich frech, doch meine Augen weiteten sich, als sie dämonisch grinste und mir immer näher kam, sodass sie unsere Lippen fast berührten. Wie hypnotisiert starrte ich auf ihre vollen Lippen und als sie nicht mehr weiter kam, überbrückte ich den letzten Abstand, doch ich hatte sie kaum berührt, es war nur ein Hauch von einem Kuss, doch trotzdem bemerkte ich fasziniert ihren umwerfenden Geschmack, löste sie sich ruckartig von mir und stand elegant auf.
„Jetzt hältst du ja die Klappe, war ja einfach“, lachte sie und drehte sie ruckartig um und ging, bevor ich überhaupt wieder in der Lage war irgendetwas zu sagen. Vollkommen überrumpelt starrte ich ihr mit offenem Mund hinterher. Ich fasste es nicht, sie hatte mich einfach sitzen gelassen! Das konnte sie doch nicht machen! Doch der Tiger in mir schnurrte vorfreudig und ich leckte mir über die Lippen.
Die Jagd konnte beginnen!

Kapitel 12


Luciens Sicht


Ruckartig wachte ich auf und wusste erstmal gar nicht, wo ich war. Da es stockdunkel war, konnte ich mich nur auf meine Nase verlassen. Hmmm…Salz, Wasser, nasse Klamotten, Sand, Adrian, Eric und noch ein Geruch. Erst konnte ich ihn nicht einordnen, doch als die Verschlafenheit langsam verschwand, registrierte ich, dass es Chloes Geruch war. Aber wo war sie? Ich weiß noch, dass sie neben mir eingeschlafen war, doch jetzt lag sie nicht mehr auf ihrem Platz. Ruckartig richtete ich mich auf und stieß mir prompt den Kopf, da der Unterschlupf so niedrig war. Suchend blickte ich mich um, glücklicherweise funktionierten meine Augen auch im Dunkeln, und entdeckte, dass Eric ebenfalls nicht da war. Verdammt! Wo waren die bloß? Ich rappelte mich auf und versuchte die kleine, eifersüchtige Stimme zu ignorieren, die mir versuchte einzureden, dass die beiden gerade sich küssend am Strand lagen. Das würde Chloe nicht machen, sie hatte sich doch extra auf den Deal mit mir eingelassen um Eric eins auszuwischen und sie würde nicht doch auf ihn reinfallen, oder? Und warum war ich überhaupt eifersüchtig? Vielleicht weil sie die erste Frau war, die meinen Humor verstand, ihn sogar teilte, Eric nicht an den Hals fing, nicht pingelig und nörgelig war…
Bei dem Gedanken an sie, musste ich lächeln, sie war wirklich anders als andere Frauen, die in einer solchen Situation wären. Und außerdem schien sie mich wirklich zu mögen und mein Aussehen nicht merkwürdig zu finden. Grinsend schob ich den Stein zum Eingang zur Seite und trat ins Freie. Befreit atmete ich tief ein und roch sofort diese typische klare Luft, die nach einem Gewitter herrschte. Lecker. Ich richtete meine Augen auf den Boden um nach Fußspuren zu suchen. Tatsächlich sah ich zwei Paare, eins, was viel tiefer eingedrückt war und größere Abdrücke hatte – definitiv Eric. Daneben ein Paar, was das andere mehrmals kreuzte, doch trotzdem konnte ich erkennen, dass es Chloes waren. Sie führten beide in dieselbe Richtung und waren eng beieinander. Also doch... gegen meinen Willen überrollte mich die Enttäuschung, also fiel sie doch auf ihn rein, ich hatte sie für klüger gehalten…. Missmutig starrte ich auf Meer und konzentrierte mich auf das Rauschen, sodass ich die lauten Schritte einer menschlichen Frau, erst hörte, als sie schon fast hinter mir war. Aus Reflex drehte ich mich angriffsbereit um, doch dann traf mich auch schon ihr Geruch. Chloe. Lachend umarmte sie mich.
„Ich hab Eric gerade so reingelegt, schade dass du nicht dabei warst Lucien, war einfach zu lustig!“
Ich konnte mir ein erleichtertes Lächeln nicht verkneifen. Sie hatte ihn nur reingelegt.
„Na, dann wirst du mir es wohl genau erzählen müssen“, lachte ich zurück.

Kapitel 13


Erics Sicht


Ich beschloss, ihr nicht sofort nachzurennen, ich war ja nicht ihr Hund! Während ich also durch den Wald schlenderte und einen kleinen Umweg machte, überlegte ich, wie ich sie gleich am besten reizen könnte. Langsam sah ich, wie die Sonne aufging und den Strand erhellte. Der Sand war fast bis zum Wald hin nass und klumpig, es musste ziemlich heftig gestürmt haben, sodass die Wellen soweit gekommen waren. Ich zog meine Schuhe aus und vergrub meine Füße im nassen Sand, was irgendwie ein lustiges Gefühl war. Es war allerdings auch eine Abkühlung, denn meine Haut stand ein wenig unter Strom und kribbelte, da ich eben ja durch Chloe bei meiner Verwandlung unterbrochen worden war und mein Körper verlangte danach, sich endlich wieder zu verändern. Es war bereits eine Woche her, dass ich mich zuletzt verwandelt hatte. Erst die Geschäfte in London, die ziemlich nervend zermürbend waren und dann das ganze Unglück mit dem Flugzeug. Normalerweise wäre ich jetzt schon wieder Zuhause in Los Angeles und hätte meine Ruhe, doch jetzt…? Aber wenigstens hatte ich Chloe kenne gelernt, das könnte noch spaßig werden.
Ich war ziemlich genervt davon, dass mein Vater mal wieder meine Hilfe brauchte. Sein Rudel gewöhnte sich einfach nicht daran, dass sie in diesem Zeitalter nicht mehr so ausfällig jagen dürfen und sich anpassen müssen, wir sind nicht mehr die Unverletzbaren, wie wir es früher einmal waren. Die heute Technik könnte auch uns schaden. Es war ein riesen Skandal gewesen, als ich mich nach dem Streit mit meinem Vater, von dem Rudel getrennt habe und nach Los Angeles gegangen war. Ich wollte einfach selbständig sein und nicht ständig unter der Fuchtel meines Vaters stehen. Doch ich war nicht lange allein, bald darauf war Adrian zu mir gestoßen, wenn auch nicht ganz freiwillig…
Ein entsetzter Schrei riss mich aus meinen Gedanken. Er klang fruchterregend und er klang nach…Chloe! Verdammt, was hatten die denn jetzt schon wieder angestellt, konnte man den hier nie seine Ruhe haben?
Sofort beschleunigte ich meine Schritte, hetzte über den Strand und versuchte angestrengt auszumachen, was sie bedrohte. Der Sand, in dem ich immer wieder einsackte, beschwerte mir das Ganze und da ich dadurch abgelenkt war, hätte ich es fast zu spät gemerkt. Wie vom Donner getroffen, stemmte ich meine Fersen in den Sand und blieb ruckartig stehen.
Verdammt! Wir wurden von Gestaltwandler angegriffen. Der Geruch der zu mir herüber kam, stammte eindeutig von Tigern. Eher ich mich versah, war ich wieder losgerannt und schon bald sah ich unser Lager, doch der Anblick der 50 riesigen, verwilderten Männer und der nochmal 20 Tiger, die etwas hinter ihnen standen, ließ mir fast das Herz stehen. Verdammt! Sie waren in der Überzahl und hatten Lucien, Adrian, Chloe und Tiffany umzingelt. Lucien und Adrian hatte Vereidigungspositionen angenommen, während sich Tiffany panisch hinter Adrian versteckte und Chloe noch versuchte tapfer zu bleiben.
Zum Glück hatte sich keiner meiner beiden Freunde verwandelt, denn hofften wahrscheinlich genauso wie ich, dass das andere Rudel nicht bemerken würde, dass wir ebenfalls Tiger waren. Wenn sie in uns nur Menschen sahen, würden sie uns nicht als Bedrohung ansehen. Vermutlich waren sie einfach nur gekommen, da sie gemerkt haben, dass Eindringlinge auf ihrer Insel waren. Ich vermutete, dass sie uns einfach nur verschrecken wollten, uns aber nicht als ernsthafte Bedrohung ansahen und wieder verschwinden würden, nachdem sie ihr Revier gekennzeichnet hatten. Aber einen anderen Tiger würden sie hier niemals dulden. Deswegen hoffte ich, dass sie unsere animalische Seite nicht rochen, denn wir hatten uns alle schon lange nicht mehr verwandelt und außerdem die Nacht mit mehreren Menschen verbracht, sodass der Geruch einigermaßen überdeckt sein müsste.
Trotzdem betrachtete ich das Ganze weiter aus der Ferne und versteckte mich ein wenig hinter einem großen Felsen. Gut das die Dinger hier überall lagen. Soweit ich das von hier erkennen konnte, war das ein wildes Rudel, das nichts mit der Außenwelt zu tun hatte. Solche gab es überall, da viele mit der modernen Zivilisation nicht klar kamen und lieber weiter ihre wilde Natur auslebten und das hier war der perfekte Ort dafür.
An Luciens Lippenbewegungen und den erhobenen, abwehrenden Händen konnte ich erkennen, dass er versuchte beruhigend auf die Männer einzureden, doch ich konnte nicht verstehen, was er sagte.
Aber scheinbar schienen es die richtigen Worte zu sein, denn die Männer wirkten nicht aufgebracht. Doch auf einmal veränderte sich die ganze Situation schlagartig. Gebrüll ertönte, die Tiger sprangen vor, die Männer nahmen ihre langen Speere zu Hand und richteten sie alle auf – Tiffany. Ich fasst es nicht, was hatte die denn jetzt schon wieder angestellt. Auf jeden Fall schien sie vollkommen hysterisch zu sein, denn sie kreischte und heulte und wedelte mit ihren Fäusten. Lucien und Chloe versuchten sie zu beruhigen, doch sie brüllte auf das Rudel ein und man sah förmlich, wie diese immer aggressiver wurden. Und ehe ich irgendwie reagieren konnte, stürzten auf einmal zwei Riesen hervor, schnappten sich Tiffany und auch Chloe, die direkt daneben stand, zogen sie trotz ihres Widerstands zu sich und schleiften sie abartig schnell hinter sich her. Ich hörte wie Chloe vor Schmerzen schrie und ich rannte ohne Nachzudenken auf sie zu um die beiden Männer aufzuhalten, doch ich kam zu spät. Wie auf Kommando drehte sich das komplette Rudel um und lief im Gleichschritt davon. Ich widerstand dem Drang ihnen sofort planlos zu folgen, denn ich wusste, dass das eh nichts bringen würde. Außerdem durften sie nicht erfahren, dass wir ebenfalls Tiger waren.
Also rannte ich auf Adrian und Lucien zu, die noch überrumpelt an der gleichen Stelle standen.
„Was ist passiert?“, rief ihnen schon zu, bevor ich überhaupt da war.
„Keine Ahnung, auf einmal waren die da und haben uns umzingelt. Und ich hatte sie gerade soweit beruhigt, als Tiffany aus irgendeinem Grund vollkommen ausgerastet ist und die beleidigt hat. Und dann haben die die beiden mitgenommen. Ich sag dir, das sind Barbaren. So wie die aussehen, vielleicht sogar Kannibalen. Vollkommen unzivilisiert, wir konnten uns kaum verständigen. Verdammt! Wir müssen Chloe retten, ich hab gesehen, dass sie verletzt war, weil der Typ sie so grob über den Boden gezogen hat. Zum Glück haben die uns nicht auch mitgenommen, die haben nicht gemerkt, dass wir genauso wie sie sind. Aber wir müssen sie da irgendwie wegholen!“
„Ich schlage vor, wir folgen ihren Spuren. Vermutlich werden sie ein Lager haben, dass wir zuerst auskundschaften müssen, bevor wir überhaupt irgendeine Rettungsaktion planen können.“ Sachlich wie immer stellte uns Adrian seinen Plan vor und da wir dagegen nichts einzuwenden hatten, packten wir ein paar Sachen zusammen und begannen den Spuren zu folgen.
Immer wieder verloren wir fast die Abdrücke, da der Waldboden hier schon wieder ziemlich trocken war und die Männer, die wir verfolgten, keine tollpatschigen Menschen waren, sondern Jäger, die es perfektioniert hatten, so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen. Doch da sie so viele waren, bemerkten wir immer wieder eine abgeknickten Ast, Haare, Fell oder Fußabdrücke. Einmal endeckten wir sogar Blut und ich hoffte inständig, dass es nicht von Chloe stammte. Wir wanderten stundenlang den Spuren hinterher und tauchten immer tiefer in das Dickicht des Waldes ein. Verdammt! Wie groß war dieser verdammte Wald denn? Wütend schlug ich einen Ast zur Seite, woraufhin Lucien ein kleiner Schmerzenslaut entwich, als dieser ihm ins Gesicht knallte. Doch er beschwerte sich nicht und so liefen wir schweigend weiter.
Nach einer weiteren Stunde hörten wir endlich Geräusche. So vorsichtig wie möglich schlichen wir uns näher ran. Ab und zu endeckten wir ein paar nachlässige Wachen, die an einen Baum gelehnt standen. Die machten uns weniger sorgen, aber vermutlich strichen hier auch irgendwo gewandelte Tiger herum, die uns sehr schnell entdecken würden. Aber bis jetzt hatten wir Glück, vermutlich waren sie so selbstsicher, dass sie dachten, auf ihrer Insel würde es niemand wagen, sie anzugreifen.
Wir schlichen immer näher und bald endeckten wir zwei Pfähle, an die scheinbar zwei Menschen gefesselte waren, denn ich sah zwei Handpaare die mit dicken Seilen umschlungen waren. Chloe und Tiffany! Gerade wollte ich schon lostürmen, als Lucien mich zurückhielt.
„Vorsichtig, Eric. Wir dürfen jetzt nichts überstürzen. Du gehst schon mal hin, während wir hier die Gegend weiter auskundschaften. Wir waren dich, wenn sich jemand nähert, ja?“ Hastig nickte ich zum Zeichen, dass ich verstanden hatte und lief jetzt wesentlich vorsichtiger auf die beiden Stämme zu. Doch schon bald musste ich leider den Schutz der Büsche verlassen, da die Holzstämme ziemlich mittig auf einem kleinen Platz standen. Geduckt lief ich jetzt ohne Deckung auf die beiden zu, doch da kein Gebrüll erklang und mich auch niemand aufhielt, nahm ich an, dass mich bis jetzt noch keiner entdeckt hatte. Also sprintete ich die letzte Strecke und lief dann um die Pfähle herum, stockt jedoch ruckartig.
Chloe war nicht da! Nur eine bewusstlose Tiffany und – die eklige, fiese Frau aus dem Flugzeug. Die mich so angemeckert hatte und mich mit ihrem Monsterbaby in dem Monsterbabywagen fast überfahren hätte und die mir mitten auf der See mein Brett geklaut hat! Ausgerechnet die Alte fand ich hier mitten in der tiefsten Wildnis. Auch sie schaute mich erschrocken an, doch glücklicherweise konnte sie nicht schon wieder anfangen zu nerven, denn sie hatte einen Knebel im Mund. Wahrscheinlich hatte das Rudel ihr Gezeter nicht mehr ertragen.
Auch wenn ich sofort nach Chloe suchen wollte, begann ich Tiffanys Fesseln zu lösen, denn ob ich es wollte oder nicht, sie gehört ja schließlich auch zu unserer kleinen Gruppe. Wer weiß, wozu sie noch gut sein könnte. Als sie so geschüttelt wurde, öffnete Tiffany die Augen und blickte mich erleichtert an, als sie mich erkannt hatte. Sie nuschelte etwas, doch ich verstand sie nicht, doch ich zog ihr den Knebel nicht ab, da sie sonst wahrscheinlich wieder irgendetwas Falsches sagen würde und die uns nachher noch endeckten. Ich stütze sie ein wenig, denn sie sah echt übel aus. Ihre Hose war zerrissen und das eine Knie war geschwollen, außerdem waren da noch mehrere Prellungen im Gesicht. Was für Bastarde waren das eigentlich?
Rasch schaute ich mich um, doch bis jetzt hatte noch niemand unsere Rettungsaktion bemerkt. Ich wollte schon gerade mit Tiffany weg eilen, um zumindest schon mal sie in Sicherheit zu bringen, während ich noch nach Chloe suchte, doch auf einmal fing die komische Frau fürchterlich an zu grummeln und schrie wohl unter ihrem Knebel nach Hilfe. Trotz diesem Hindernis war sie aber leider ziemlich laut und ich hatte Angst, dass die Männer uns Flucht zu früh entdecken würden, deswegen kehrte ich schnell um und riss ihr den Knebel ab, nachdem ich ihr gedroht hatte, sie umzubringen, wenn sie nicht ihre verdammte Klappe halten würde. Etwas eingeschüchtert hatte sie genickt, doch das würde sicherlich nicht lange halten.
Sobald sie wieder sprechen konnte, meckerte sie natürlich gleich los.
„Wie können sie es wagen, mich einfach so hier lassen zu wollen. Nehmen sie mich gefälligst mit und öffnen sie meine Fesseln. Diese Barbaren haben mein Baby, ich muss es unbedingt finden!“ Aber ich ließ mich nicht erweichen, sie wäre nur eine Last und außerdem würde ich es keine fünf Minuten mit der aushalten. Also schickte ich mich an, einfach wegzugehen, doch sofort wurde sie lauter.
„Wenn sie gehen, werde ich das ganze Camp zusammen schreien und sie schaffen es nicht hier wegzukommen!“ Diese hinterhältige….! Mit zusammen gebissenen Zähnen überlegte ich, was ich jetzt machen sollte. Ich konnte sie ja schlecht wirklich umbringen, also blieb mir wohl nichts andres übrig, als wirklich ihre Fesseln zu lösen.
„Lassen sie mich das nicht bereuen“, flüsterte ich bedrohlich, während ich sie befreite.
„Verschwinde einfach von hier und lass dich nicht erwischen.“ Hoffentlich verstand sie das und beschwerte uns nicht noch Probleme.
„Aber mein Baby…“, heulte sie schon fast.
„Dein Baby ist eh schon tot. Das sind Kannibalen, die lieben Babyfleisch.“ Ich wusste, dass ich fies war, aber die ging mir einfach so auf die Nerven, doch ich hatte nicht mir ihrer Reaktion gerechnet.
Sie rastete vollkommen aus. „Mein Baby!“, kreischte sie und schlug wild um sich, sodass ich nicht schnell genug bei ihr war, um ihr den Mund zu zuhalten. Verdammt! Die würden uns entdecken und uns aufspießen!
„Sei still, die erwischen uns noch!“ Doch sie war nicht zu bändigen, also versuchte ich sie bewusstlos zu schlagen, doch auf einmal ertönte das unheilvolle dumpfe Geräusch von Schritten, dass mehrere große Personen ankündigten. Zu spät.


Impressum

Texte: Mir und Milena
Bildmaterialien: Vielen, vielen Dank an die großartige Covergestalterin teetrinkerin Das Cover ist wirklich super ;)
Tag der Veröffentlichung: 25.05.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Diese Buch widmen ich Milena, weil wir zusammen schreiben und sie die Sicht von Chloe schreibt :D

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