Das war ja mal wieder typisch! Manchmal hasste ich meinen Vater echt, obwohl er es ja eigentlich nur gut meinte. Ich brauchte keinen Babysitter, ich war in der Lage, auf mich selbst aufzupassen. Eigentlich hatte ich mich gefreut, das Haus für mich alleine zu haben, da mein Vater mal wieder irgendeine wichtige Angelegenheit im Rat hatte. Doch er wollte mich nicht schutzlos zurücklassen, da er Angst hatte, dass einer seiner Feinde mich entführt um ihn zu erpressen. Deshalb wollte er, dass ich einen Beschützer bekam. Als ob ich mich nicht selbst verteidigen könnte, schließlich war ich halb Vampir und halb Hexe und hatte deswegen ein paar besondere Kräfte.
Zum Glück hatte ich ihm das ausreden können. Dachte ich zumindest. Als ich heute Morgen in die Schule kam, hatte ich aber plötzlich die genervten Gedanken eines Vampires gehört. Er war genervt, weil er den langweiligen Auftrag hatte eine kleine Göre zu beschützen. Göre? Klein? Der Typ war mir jetzt schon unsympathisch. Natürlich konnte er nicht wissen, dass besagte Göre ihn hören konnte, da Gedankenlesen keine normale Fähigkeit der Vampire war, sondern nur Hexen, oder eben Halbhexen -wie mir- vergönnt war.
Na toll, mein Vater hatte sich einfach über meinen Wunsch hinweggesetzt und einen Bodyguard organisiert! Ich konnte es nicht fassen.
Meistens hasste ich es, wenn ich immer alles hörte, was andere dachten, deshalb schirmte ich möglichst die nervigen Gedanken ab. Doch gelegentlich, wenn ich besonderes wütend oder abgelenkt war, strömten plötzlich alle Gedanken auf mich ein und mein Kopf fühlte sich an, als wolle er platzen. Aber manchmal war diese Fähigkeit auch ganz nützlich, ohne sie hätte ich nämlich nie erfahren, dass mein Vater doch Bodyguards eingestellt hatte.
Wütend warf ich meine Spindtür, deren dunkelblaue Farbe schon abblätterte, zu und ging an den pissgelben, fleckigen Wänden vorbei in Richtung Klassenzimmer.
Immer noch vor mich her grummelnd, achtete ich nicht auf meine Umgebung und stieß prompt gegen jemanden. Überrascht keuchend fiel ich nach hinten und meine Tasche riss mit einem lauten Ratschen auf. Alle Bücher verteilten sich polternd auf dem Boden. Na toll, noch schlimmer konnte der Tag ja nicht mehr werden. Mürrisch schaute ich ein wenig auf und mir stockte der Atem. Ich hatte schon viele heiße Männer gesehen, aber der hier übertraf sie so ziemlich bei weitem.
Seine smaragdgrünen Augen hatten einen verwegen Glanz und wurden von langen, dichten Wimpern umrandet. Die kurzen, tiefschwarzen Haare lagen ihm verwuschelt um den Kopf und verdeckten die kleine Narbe oberhalb seiner rechten Augenbraue fast vollständig. Seine Gesichtszüge waren markant und als ich meinen Blick etwas weiter nach unten schweifen ließ, musste ich es mir verkneifen verzückt aufzuseufzen. Trotz des grauen Shirts sah man seine wohldefinierten Muskeln überaus deutlich. Er strahlte ein natürliches Selbstbewusstsein und hatte etwas extrem männliches und verwegenes an sich.
Okay, Zoey, jetzt bloß nicht sabbern. So tief wirst du nicht sinken, egal wie heiß er ist. Und bei deinem Glück ist er auch noch ein arrogantes Arsch, so wie dein letzter Freund! Deswegen zeig ihm bloß nicht, wie gut er aussieht und steigere sein Ego damit.
Nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass ich meine Pokerface saß und ich mir sicher war, dass meine Stimme fest klingen würde, blickte ich ihm kalt in die Augen und schnauzte ihn immer noch schlecht gelaunt an: „Könntest du mir wohl aufhelfen und nicht so dumm glotzen?“
Er zog etwas verwirrt und offensichtlich erstaunt die Augenbraue hoch, wahrscheinlich hatte ihn noch nie ein Mädchen so angepampt, aber ich war ja schließlich auch nicht normal. Zu guter Letzt, streckte er dann seine Hand aus und half mir hoch.
„Na endlich!“ Ich sammelte meine Bücher schnell auf, stopfte sie irgendwie halbwegs in die kaputte Tasche und wollte schon davongehen, als sich warme Finger fest um Handgelenk legten.
„Was?“ fauchte ich und drehte mich schwungvoll um.
„Nicht so stürmisch, Wildkatze. Ich bin Ryan und wie heißt du, Süße?“ fragte er mit einem frechen Grinsen.
„Erstens, ich bin nicht süß. Zweitens, das geht dich gar nichts an. Und drittens, lass mich einfach in Ruhe, ich hab eh schon schlechte Laune und deine Gegenwart trägt nicht grade dazu bei, dass ich mich besser fühle!“, meinte ich wütend.
Da ertönte ein lautes Lachen und erst da bemerkte ich, dass hinter Ryan noch zwei weitere, heiße Jungs standen. Einer der beiden hatte blonde Haare, braune Augen und, wenn dies überhaupt möglich war, noch mehr Muskeln als Ryan. Der Andere war etwas schmächtiger, hatte braune Haare und blaue Augen, sah aber keineswegs schlechter aus, obwohl ich leider zugeben musste, dass Ryan der absolut heißeste von ihnen war.
„Oh mein Gott, dass ich das noch erleben darf! Ein Mädchen steht nicht auf Ryan und fährt ihn auch noch an!“, rief der Blonde lachend und kam auf mich zu.
Irgendwie mochte ich ihn sofort, er war mir sympathisch, obwohl er wahrscheinlich auch ein Macho war und meine Laune besserte sich ein bisschen. Immer noch grinsend, streckte er mir die Hand hin. „ Ich bin Dante und das ist Fabio.“ Mit der Hand deutet er auf den anderen Mann.
„Und Ryan hast du ja schon kennen gelernt.“ Hmm… Ryan, schöner Name.
„Da hätte ich auch drauf verzichten können“, meinte ich spöttisch und überhörte das empörte Schnauben aus Ryans Richtung.
„Ich bin Zoey“, stellte ich mich vor und wollte ihn gerade fragen, ob sie neu sind, als ich unterbrochen wurde. „Und ihm sagst du deinen Namen? Was hast du für ein Problem mit mir?“
Belustigt blickte ich ihn an.
„Ich mag nun mal keine arroganten Typen“, spottete ich schlicht und drehte mich wieder zu Dante um, der schon wieder in schallendes Gelächter ausgebrochen war.
„Seit ihr neu hier?“, fragte ich ihn, nachdem er sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte.
„Ja, heute ist unser erster Tag.“
„Oh, wenn du willst kann ich euch beide hier ein bisschen rumführen.“ Freundlich blickte ich ihn an und ignorierte Ryan dabei weiter geflissentlich.
„Gerne.“ Er schien sich wirklich zu freuen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mir etwas verheimlichte. Nur was? Ich runzelte die Stirn und da ich so neugierig war, beschloss ich nur mal eben ein bisschen in seinen Gedanken herumzuschnüffeln.
Manchmal war es schon ganz praktisch, eine Hexe zur Mutter zu haben, auch wenn diese mich direkt nach meiner Geburt mit meinem Vater alleine gelassen hatte.
>>Das nenn ich mal einen guten Auftrag. Ich mag Zoey. Die Kleine ist heiß und auch nicht um einen Kommentar verlegen. Ich denke, mit ihr werden wir viel Spaß haben. Und das Beste ist, dass sie Ryan scheinbar nicht ausstehen kann. Das ärgert den mit Sicherheit tierisch. Ich bin mal gespannt, wie es mit den beiden weiter geht. Zum Glück scheint sie mich akzeptiert zu haben und wird nichts dagegen haben, wenn wir öfters was mit ihr machen, um sie besser beschützen zu können.
Hmm, ich frag mich, warum wir sie überhaupt beschützen müssen und sie es noch nicht mal bemerken darf. Naja, sie muss wohl wichtig sein, denn der Auftrag kommt vom Chef des Clans persönlich. <<
Das konnte ja jetzt wohl nicht wahr sein! Die drei sollten mich beschützen?! Erst jetzt wurde mir auch bewusst, dass die drei Vampire sein mussten.
Merkwürdig, dass mir das vorher nicht aufgefallen war.
Verdammt! Ich versuchte mich zu beherrschen, sie konnten ja schließlich nichts dafür, dass sie mir jetzt die nächste Woche auf der Pelle hängen mussten.
Also würden sie jetzt die ganze Zeit versuchen `unauffällig´ in meiner Nähe zu bleiben. Und ich hatte Dante auch noch sympathisch gefunden...
Aber das schlimmste wäre Ryan! Ununterbrochen seine überhebliche Visage sehen? Nein, danke!
Seufzend ließ ich den Kopf hängen. Was sollte ich schon groß dagegen machen?
Auf jeden Fall wäre es besser, wenn die drei nicht wussten, dass ich sie durchschaut hatte. So könnte ich sie in einem unbeobachteten Moment vielleicht doch irgendwie loswerden. Oder Ryan wenigstens ordentlich bei seiner Aufgabe leiden lassen. Also beschloss ich, mir erst mal nichts anmerken zulassen.
Dante hatte wohl gemerkt, dass ich in Gedanken versunken war und fragte mich, was los sei. „Nichts, alles in Ordnung, ich habe nur grade überlegt, wo ich euch zuerst hinführe“, log ich ohne mit der Wimper zu zucken.
„Na dann. Also, meinst du, dass wir Ryan auch mitnehmen können? Sonst ist er wahrscheinlich aufgeschmissen, in dieser großen Schule“, fragte er. Ich wollte gerade zur Antwort ansetzen, als Ryan, den mittlerweile schon mehrere aufgetakelten Mädchen umzingelten, mich unterbrach. „Ne, das ist nicht nötig, ich denke, es wird sich schon jemand finden, der mich nicht für einen arroganten Typen hält, und sicher nichts gegen eine kleine Privatführung hat.“ Er blickte die Mädchen, die ihn anhimmelten und begeistert nickten, vielsagend an. „Ich will ja niemanden mit meiner Anwesenheit belästigen.“
Verächtlich schnaubend schaute ich mich um. Da wir mitten im Schulflur standen starrten uns alle mit neugierigen Blicken an. Mehrere Mädchen verrenkten sich extra die Hälse, um einen Blick auf einen der drei Neuen zu erhaschen, während die Jungs heimlich neidische und wütende Blicke auf Ryan abschossen, da er ihnen die Show stahl.
Wie dämlich sie doch alle waren, mal abgesehen davon, dass er arrogant war, würden sie schreiend davon laufen, wenn sie wüssten, das er in Wirklichkeit ein Vampir war. Denn das hier war eine reine Menschenschule, auf die ich nur ging, weil mein Vater mich nicht auf einer der Clanschulen schicken wollte. Deswegen hatten sie alle keine Ahnung, dass es nicht nur Menschen gab, sondern auch Vampire, Werwölfe, Hexen und noch Schlimmeres. Selbst mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich an Ghule denken musste. Ich hoffte, dass es mir erspart blieb, jemals bei lebendigem Leib von diesen ekelhaften Monstern langsam aufgefressen zu werden.
Ich wurde von einem Klackern, das auf mich zukam aus meinen Horrorgedanken gerissen.
Cindy kam auf ihren zehn cm hohen Highheels um die Ecke gestöckelt. Ich stöhnte leise auf, nicht auch noch die! Aber hätte ich mir ja denken können, Cindy war die Schulqueen und Oberzicke hier, und immer über alles informiert. Natürlich konnte sie es sich nicht entgehen lassen, den heißesten Jungen, der diese Schule je betreten hatte, kennenzulernen. Sie zog ihren Ausschnitt soweit es ging runter, überprüfte im Vorbeigehen nochmal ihr Aussehen in einem Handspiegel, warf ihren lange wasserstoffblond gefärbten Haare über ihre Schulter und stolzierte dann auf Ryan zu. Dieser war gerade noch mit einer anderen Blondine beschäftigt, doch als er sie kommen hörte, blickte er kurz auf und in seinem Gesicht breitete sich ein großes Lächeln aus. Vergessen war die andere Blondine, die aber scheinbar nichts davon mitbekam und weiter auf ihn einredete, obwohl er ihr schon längst nicht mehr zuhörte. Sie zog erst beleidigt und schmollend ab, als Cindy direkt vor ihnen stand und ihr mit einer Handbewegung zu verstehen gab, dass sie hier nicht mehr erwünscht war. Dann wandte Cindy sich Ryan zu, reckte ihr Kinn und drückte ihre Brust hoch, so dass man einen perfekten Ausblick auf ihre unnatürlich großen Brüste hatte, den Ryan natürlich auch direkt ausnutzte. Er starrte ihr unverhohlen in den Ausschnitt, während sie sich vorstellte, mit ihm flirtete und er ihr immer charmante Komplimente machte. Na da hatten sich aber zwei gefunden! Um mir das nicht länger antun zu müssen wand ich mich an Dante:
„Na, umso besser, komm Dante, da Ryan ja beschäftigt ist, zeig ich euch dann die Schule.“ Bevor der etwas erwidern konnte, schnappte ich mir seine Hand und zog ihn in Richtung Schulhof, wo sich auch viele Leute tummelten und uns beobachteten, da gerade Mittagspause war. Fabio folgte uns ohne ein Wort zu sagen.
„Das war so genial! Den Gesichtsausdruck des Polizisten, als Ryan sich seine Hose runterzieht und sein Arsch dem Bullen entgegenstreckt, werde ich nie in meinem Leben vergessen. Ryan war so stocke voll, dass er sich noch nicht mal gewehrt hat, als sie ihn mitgenommen haben. Und als ich ihm am nächsten Morgen aus der Ausnüchterungszelle holen musste, hatte er keinerlei Erinnerung mehr an den letzten Abend und war dementsprechend auch unangenehm überrascht, als er im Knast aufgewacht ist. Dabei hatte er noch mal Glück gehabt, er hätte fast ne Anzeige wegen Beamtenbeleidigung bekommen. Ich hab ihn noch nie so besoffen erlebt, normalerweise lässt er sich eigentlich nicht so gehen. Ich glaub ja immer noch, dass es an dem geheimnisvollen Anruf lag, den er morgens bekommen hatte und von der mir immer noch nicht erzählt hat.“
Ich hatte noch nie im meinem Leben so gelacht! Dante war einfach ein genialer Erzähler und brachte mich immer wieder zum Lachen, selbst wenn die Geschichte an sich keine lustige war, schaffte er es sie durch seine Gestik, Mimik und durch seinen Tonfall zu einer solchen zu machen. Und ich liebte es, wenn er mir über seine und Ryans Eskapaden erzählte, das war einfach zu genial.
Wir saßen jetzt schon seit Anfang der Pause auf der Bank unter der großen Eiche und Dante hatte die Zeit genutzt und mir jede Menge Geschichten erzählt. Fabio saß stillschweigend neben Dante und hatte sich die ganze Zeit nicht geregt, er hatte noch nicht mal geschmunzelt über Dantes Witze. Er wirkte total abweisend und verschlossen.
Als es klingelte stand ich genervt auf und wollte gerade ins Gebäude gehen, als ich plötzlich eine Hand an meinem Arsch fühlte. Ruckartig fuhr ich herum und sah in Mikes Gesicht, der mich schmierig anlächelte, seinen Blick gierig über meinen Körper wandern ließ und noch fester zupackte. Angeekelt riss ich mich los.
„Was soll das Mike, wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du mich verdammt noch mal in Ruhe lassen sollst? Ich bin kein verdammtest Sexobjekt, du Schwein!“, schrie ich ihn an.
Ich hasste es so, dass dieser Typ immer wieder aufdringlich wurde, egal was ich sagte. Jedes Mal lief mir ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich ihn nur anschauen musste. Sein fettiges, braunes Haar hing ihm ins Gesicht und seine Nase sah so aus, als ob sie mehrmals gebrochen worden wäre. Mal ganz abzusehen von seinen Zähnen, die völlig kaputt und schief waren.
„Aber Baby, du hattest ein Blatt an deinem geilen Knackarsch hängen, das wollte ich doch nur weg machen.“
Entgeistert starrte ich ihn an. Wie konnte er es wagen? Meine Hand schellte gerade hoch, um ihn zu ohrfeigen, als plötzlich Ryan wie aus dem Nichts auftauchte und den Typ grob mit einer Hand am Hals packte und hoch hob.
„Du hast sie doch gehört, du Schwein. Sie hat dir gesagt, du sollst sie nie mehr anfassen. Und wenn du das noch einmal tust, dann sei dir sicher, dass du danach nie mehr Irgendwas berühren kannst, haben wir uns verstanden?“, meinte er gefährlich leise zu Mike. Dieser japste nur und zappelte mit den Beinen.
„Ob wir uns verstanden haben?!“ Ich sah, dass Ryans Augen sich vor Wut verdunkelten und griff ein, auch wenn ich es mir nicht verkneifen konnte, ein wenig schadenfroh über Mikes aktuelles Schicksal zu sein.
„Ryan, lass ihn sofort runter, er kriegt keine Luft mehr.“
Fassungslos sah er mich an.
„Du setzt dich für diesen Perversen ein?“
„Nein, ich setze mich nicht für ihn ein, ich will nur nicht, dass du hier jemanden auf dem Schulhof umbringst.“ Nun kam auch Regung in Dante und er sprach auch beruhigend auf ihn ein.
Langsam ließ Ryan ihn runter, doch er hielt ihn immer noch fest umklammert.
„Ryan, du kannst ihn loslassen. Was mischt du dich überhaupt ein? Ich hätte das auch alleine geregelt, hab ich sonst auch immer geschafft.“ Im nächsten Moment bereute ich schon, das gesagt zu haben. Er wollte doch nur helfen.
Wut blitze in seinen Augen auf.
„Nen „Danke“ hätte es auch getan.“ Und weg war er. Verblüfft schaute ich ihm nach, eigentlich hatte er Recht, vielleicht hätte ich mich wirklich bedanken sollen.
Ein wehleidiges Stöhnen lenkte meine Aufmerksamkeit wieder zu Mike, der sich den Hals rieb.
„Und nun zu dir, du Kakerlake. Wehe, du fasst mich noch einmal an, dann halt ich Ryan nicht mehr davon ab dir ernsthaft weh zu tun.“
Ein ängstliches Wimmern entfuhr ihm und er machte, dass er davon kam. Erbärmlich.
Ich schaute mich nach Ryan um, da ich mich bei ihm entschuldigen wollte, doch als ich sah, dass er wieder von einem Haufen Frauen umzingelt wurde, war mir das dann auch zu dumm.
Dante legte ein Arm um meine Schulter und zog mich leicht ins Schulgebäude.
Genervt ließ ich mich in mein Auto plumpsen, als die Schule zu Ende war. Ich war den ganzen Tag lang immer wieder mit Ryan aneinander geraten. Er regte mich einfach immer wieder auf. Ich konnte nicht verstehen, warum alle Mädchen ihn total anhimmelten, er war ein Arsch. Trotzdem hatte ich mehrmals versucht mich bei ihm zu entschuldigen, doch seine neuen „Fans“ ließen mich gar nicht erst zu ihm durch, das war doch nicht mehr normal!
Als ich mich genug abgeregt hatte, fuhr ich endlich los. Ein Blick in den Rückspiegel bestätigte meine Vermutung, die Jungs verfolgten mich. Leise kicherte ich vor mich hin. Sie hatten nicht gemerkt, dass ich sie schon längst enttarnt hatte, aber da ich fies war, ließ ich sie in dem Glauben immer noch völlig ahnungslos zu sein. So hielt ich sie ziemlich auf Trab, da ich ständig verschwand und sie mich dann immer suchen mussten, weil sie mich eigentlich nicht aus den Augen lassen durften. Und sie mussten sich immer unauffällig verhalten, ich sollte ja nicht mitkriegen, dass sie mich beschützen. Das war ganz schön anstrengend für sie gewesen. Haha, ich wusste, ich war ganz schön gemein, aber ich war immer noch wütend, dass mein Vater sie über meinen Kopf hinweg arrangiert hatte.
Aber ich glaube heute Abend irgendwann werde ich sie erlösen, sie können ja nichts dafür.
Zu Hause angekommen, schmiss ich meine Sachen in die Ecke und pflanzte mich erstmal aufs das große, dunkel rote Sofa. Zur Tarnung machte ich den Fernseher an, doch in Wirklichkeit beobachtete ich die Jungs. Sie parkten in einem schwarzen Lamborghini auf der anderen Straßenseite und überwachten das Haus. Also das nannte ich aber nicht unauffällig. Jeder der vorbei kam gaffte das Auto an. Naja sie waren sich scheinbar ziemlich sicher, dass ich zu dumm wäre, sie zu bemerken. Gleich würde ich ihnen erstmal einen riesen Schrecken einjagen.
„Das wird lustig“, murmelte ich und ging hoch ins Bad.
Nachdem ich geduscht hatte, betrachtete ich mich im Spiegel. Meistens war ich eigentlich relativ zufrieden mit meinem Aussehen, denn meine blonden Haare gingen mir in Wellen bis zu Hälfte des Rückens, meine Augen waren ozeanblau und ich wusste, dass ich eine ziemlich gute Figur hatte. Ich war zwar schlank, aber nicht zu dür.
Ich musste schmunzeln, als ich daran dachte, dass mein Exfreund immer ganz verzaubert meinte, dass ich aussah wie eine sexy Göttin. Manchmal hatte ich echt das Gefühl, dass er dazu neigte zu übertreiben.
Schnell zog ich mir eine Röhrenjeans und einen dünnen roten Pullover an und setzte mich wieder unten aufs Sofa. Und irgendwie dachte ich schon wieder an Ryan. Leider musste ich zugeben, dass er wirklich verdammt anziehend war.
Warum konnte ich denn nicht aus meinem Kopf bekommen? Kein anderer Junge hatte mich bisher so verwirrt, normalerweise war ich eher diejenige, die Jungs verwirrte, und nicht andersrum. Um mich von Ryan abzulenken, konzentrierte ich mich auf die Gedanken von Dante und Fabio.
>>Oh, man wie langweilig. Jetzt ein bisschen Blut B negativ, ich hab total Durst. Und außerdem hatte ich schon zu lange kein Sex mehr, Ryan hat es total gut, der vergnügt sich wahrscheinlich mal wieder mit ner Blondine, und wir müssen hier die Stellung halten. Naja, nur noch heute und morgen, und dann ist er dran, sie zwei Tage lang rund um die Uhr zu bewachen. Ich wette, er versucht sich in der Zeit an Zoey ran zu machen. Hoffentlich fällt sie nicht auf ihn rein, aber das glaube ich eher nicht, auch wenn sie blond ist, ist sie nicht dumm. <<
War ja klar, dass Dante so was dachte. Und er hatte Recht, ich hatte mir geschworen nie auf einen Typen wie Ryan reinzufallen, auch wenn es mir schon irgendwie einen kleinen Stich versetzte, wenn ich dran dachte, dass er sich im Moment mit irgend so einer Schlampe vergnügte. Moment, was dachte ich da, er war ein Arsch, und es war mir auch total egal, mit wem er Spaß hatte. Hauptsache er ließ mich in Ruhe. Ich konnte echt nicht verstehen, wie alle Mädchen auf den reinfallen konnten. Klar er sah total heiß aus, aber man bemerkte doch sofort, dass er es mit keiner ernst meinte. Naja, war ja nicht mein Problem, wenn sie so dumm waren und sich auf ihn einließen, nur um nachher dann einfach von ihm fallen gelassen zu werden. Und sich dann die Augen aus dem Kopf zu heulen.
Aber ich war mal gespannt, was Fabio so dachte, denn ich konnte ihn überhaupt nicht einschätzen. Doch als ich in seine Gedanken eindringen wollte, zog ich mich sofort schmerzerfüllt zurück. Es fühlte sich an, als ob sich tausend Nadeln rücksichtslos in mein Gehirn bohren würden. Oh mein Gott, was war Fabio passiert, seine Gedanken waren so voller Schmerz, Schuld und Trauer, dass ich das gar nicht aushalten konnte.
Da ich mich nicht nochmal diesem Schmerz aussetzen wollte, hielt ich mich vorerst von Fabios Gedanken fern.
Da ich es nicht abwarten konnte, die beiden zu überraschen, holte ich aus dem Kühlschrank ein paar Blutbeutel und ging durch die Hintertür nach draußen, so dass die beiden mich nicht sehen konnten. Ich schlich mich von hinten an den Lamborghini und lauschte nochmal in Dantes Gedanken, ob sie mich auch nicht bemerkte hatten. Aber ich hatte mir keine Gedanken machen brauchen, Dante war sich immer noch am Beschweren, dass er hier rumsitzen musste und sich langweilte.
Also klopfte ich an der Beifahrertür und machte sie langsam auf. Ich setzte mich elegant auf den Beifahrersitz und schaute zu Dante, der mich entgeistert anstarrte.
„Zoey? Was machst du denn hier, warum haben wir dich nicht gehört?“ fragte er entsetzt. Scheinbar war die Überraschung gelungen, denn als ich seine Gedanken auf mich einströmten ließ, merkte ich wie verwirrt und ungläubig er war: „Scheiße, wie hat sie es geschafft, sich an uns ranzuschleichen, wir müssen sie doch gehört haben, sie ist doch nur ein Mensch.“ Achja, er wusste ja gar nicht, dass ich auch zur Hälfte ein Vampir war. Normalerweise waren Menschen viel zu laut, um Vampire überraschen zu können. Denn Vampire hatten ein ausgezeichnetes Gehör.
Plötzlich überrollte ihn ein noch anderer Gedanke: „Oh, nein, was soll ich ihr den jetzt sagen, was wir hier machen, sie darf auf keinen Fall erfahren, dass wir sie beschützten sollen. Viktor hat extra betont, dass sie davon nichts merken darf. Scheiße!“ Tja, zu spät, ich wusste es schon.
„Naja, scheinbar wart ihr so abgelenkt, dass ihr mich gar nicht gehört habt. Aber ich muss schon sagen, eigentlich bin ich enttäuscht. Es war viel zu leicht mich aus dem Haus zu schleichen, ohne das ihr es bemerkt habt. Jeder der sich nicht ganz dämlich anstellt, hätte ins Haus einsteigen und mich mitnehmen können.
Ach, und ich bin hier, um euch was zu Trinken mitzubringen, ihr sollt ja nicht verdursten, während ihr auf mich aufpasst.“
Ich zog umständlich den Blutbeutel aus meiner Tasche und reichte sie dem verdutzten Dante, dessen Mund leicht aufstand vor Verwirrung. „ Ich glaube, das ist deine Lieblingsgruppe. B negativ, richtig?“
„Äh, ja danke, woher weißt du das alles? Wer bist du?“ fragte er mich misstrauisch.
„ Ich bin Zoey, aber das weißt du doch schon.“ antwortet ich grinsend. Dante verzog wütend sein Gesicht und meinte in einem gefährlichen Ton:
„Verarsch mich nicht, Zoey, was bist du?“
„Ich bin die Tochter von deinem Clan Chef Viktor und von einer Hexe. Deswegen habt ihr mich auch nicht gehört, ich kann mich fast so lautlos bewegen wie ein Vampir, da ich selbst ein halber bin. So, beantwortet das jetzt deine Frage?“
„Was? Du bist die Tochter von Viktor, ich wusste überhaupt nicht, dass der eine Tochter hat. Geschweige denn von einer Hexe. Ich dachte immer, er hasse Hexen.“
„Oh, das tut er auch. Aber das liegt an meiner Mutter, seit sie uns einfach verlassen hat, hasst er alle Hexen. Aber genug geplaudert, wollt ihr mit rein kommen? Dann müsst ihr euch nicht hier draußen zu Tode langweilen“, fragte ich und wandte mich an Fabio, der unbewegt hinten im Auto saß und noch kein Wort gesagt hatte. Der nickte bloß, als Dante meinte: „Ein Moment noch. Warum hast du uns nicht gleich gesagt, dass du bereits Bescheid weißt, dass hätte uns eine Menge Aufwand erspart?“ Ich kicherte leise vor mich hin.
„Es hat Spaß gemacht, euch dabei zu zusehen, wie ihr versucht habt möglichst unauffällig zu sein, was euch, nebenbei gesagt, nicht sonderlich gut gelungen ist. Schon das Auto war viel zu auffällig.
Und außerdem war ich wütend auf meinen Vater, dass er Babysitter für mich angestellt hat.“
Dante schaute mich böse an. „Du kannst eine ganz schöne Schlange sein, wenn auch eine heiße, weißt du das?“
„Oh, ja das weiß ich. Und kommt ihr jetzt?“ rief ich, während ich aus dem Auto ausstieg. Dante brummte noch etwas, was ich nicht verstand und folgte mir dann mit Fabio ins Haus.
Während Fabio vollkommen unbeeindruckt hinter mir durch den breiten Flur, der allerdings mit allerlei Krimskrams vollgestopft war – mein Vater war ein begeisterter Sammler von antiken Dingen – musste Dante natürlich die Inneneinrichtung der Villa kommentieren.
„Wow, das überrascht mich jetzt ernsthaft. Wenn ich mir Viktors steril eingerichtetes Büro ansehe und dann das hier – sicher, dass wir vom gleichen Viktor reden? Viktor Paine? Der Typ, der einen der größten Clans Amerikas anführt. Der, der in seinem Büro nur ein Schreibtisch, ein Regal und ein Stuhl stehen hat. Der, der bei der kleinsten Unstimmigkeit oder Unordnung schon einen mittelschweren Wutanfall bekommt?“
Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich seine ungläubigen Worte hörte.
„Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass wir von ein und demselben Mann reden. Mein Vater ist zuhause nun mal anders und er hat es schon aufgegeben, mich wegen meiner Unordnung zu tadeln. Und er weiß, was ihm blüht, wenn er wieder einer seiner berüchtigten Wutanfälle bekommt.“
Dante fing schallend an zu lachen. Der war ja ein richtiger Spaßvogel.
„Scheinbar steht er ja ziemlich unter deiner Fuchtel. Hätte ich niemals gedacht, dass er sich von irgendjemanden was befehlen lässt. Verrätst du mir deinen Trick?“ Bettelnd sah er mich an.
„Hmm…“ Ich beugte mich näher zu ihm heran und flüsterte ihm ins Ohr. „Tut mir leid, aber ich glaube das wird für immer mein Geheimnis bleiben.“
Enttäuscht sah er mich an.
„Ach komm schon, gib mir zumindest ein Tipp, womit du ihn weich kriegst.“
Kurz dachte ich ernsthaft darüber nach.
„Ich sag nur: Shoppen.“
Ratlos sah er mich an. „Shoppen? Was meinst du damit?“
Belustigt sah ich ihn an. „Mehr werde ich dir auf keinen Fall verraten.“
Kurz schmollte er noch, doch als er ein eingerahmtes T-Shirt an der dunkelrot gestrichen Wand sah, war es um ihn geschehen. Schnell trat er näher ran.
„Nein, ich glaub es nicht. Kann es wirklich sein?... Das ist das original Shirt das Sadaharu Oh am zwölften Oktober 1980 getragen hat, als er seinen 868 Home Run geschafft hat! Der Mann war ein Genie unter den Baseballern. So viele Home Runs hat noch nie jemand zuvor geschafft. Selbst heute hält er noch den Rekord. Er ist mein absoluter Held und ich habe überall nach diesem Shirt gesucht, er hat es sogar signiert! Und ausgerechnet Viktor hat es?
Meinst du es fällt auf, wenn ich es einfach unauffällig mitnehme?“
Über seine Begeisterung musste ich schmunzeln, er hörte sich fast so an wie mein Dad, wenn er mal wieder im Baseballwahn war.
„Ich glaube, dass wird nicht funktionieren. Mein Dad hängt ziemlich an diesem Fetzten.“
Als ich sah wie seine Augen aufblitzen, wusste ich, dass ich das lieber nicht gesagt hätte.
„Fetzen? Fetzen? Das ist doch kein Fetzten! Wie kannst du…“
Da Dante schon genauso rot anlief wie mein Vater, wenn ich gegen seinen Lieblingssport etwas sagte, unterbrach ich ihn lieber.
„Jaja, schon gut. Es ist kein Fetzten. Tut mir leid, dass ich es gewagt habe, es so zu nennen.“
Langsam beruhigte er sich wieder. Gott, der war ja genauso ein Fanatiker wie mein Vater, wenn es um Baseball ging.
„Hmmm… schade. Aber vielleicht kann ich Viktor ja noch überreden.“
Zweifelnd sah ich ihn an, da ich wusste, dass mein Vater das Shirt wahrscheinlich für nichts auf der Welt hergeben würde. Aber das sagte ich ihm nicht, da ich ihm die Hoffnung nicht nehmen wollte.
„So, hast du jetzt alles inspiriert?“, fragte ich spöttisch.
Dante nickte nur, guckte sich aber weiter im Flur um, während wir ins Wohnzimmer gingen.
Auch hier war alles in roten und weißen Farbtönen gehalten. Mein Vater war dafür gewesen, dass wir alles eher blau strichen, doch da rot meine Lieblingsfarbe ist, hatte er keine Chance gehabt, seinen Willen durchzusetzen.
Die einzigen Zimmer im Haus, die nicht rot gestrichen waren, waren sein Büro und sein Schlafzimmer.
Dante ließ sich auf das Sofa plumpsen und betrachtete unsere riesige DVD Sammlung, die in einem Eckschrank untergebracht war.
Auf einmal leuchteten seine Augen auf und er stand auf, um sich einen DVD aus dem Schrank zu holen.
„Können wir den gucken?“, meinte er und wedelte mit der Hülle von „Hangover“ vor meiner Nase herum.
Erst wollte ich den Kopf schütteln, da ich den Film schon eine gefühlte halbe Million Mal gesehen habe, aber er schaute mich so bittend an, dass ich nachgab.
„Klar.“
Freudig nahm er die DVD aus der Hülle und legte sie in den Player.
Dann klaute er sich alle Kissen und machte es sich auf dem Sofa bequem. Der war wie so ein kleines Kind!
Seufzend ging ich in die Küche und holte eine Gummibärchenpackung.
Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, hatte sich Fabio mittlerweile auch auf das Sofa gesetzt.
Ich ließ mich zwischen die beiden fallen und konzentrierte mich auf den Film.
Fuck, was stellte sie bloß mit mir an?! Ich musste andauernd an sie denken, sogar jetzt noch, wo eine heiße Blondine auf meinem Schoß saß und ich ihr meine Zunge in den Hals steckte. Ich schaute ihr ins Gesicht und sah in die langweiligen, blassen blauen Augen. Zoeys ozeanblaue Augen hatten so richtig gestrahlt, als sie mich wütend angefaucht hatte. Total süß, wie sie da vor mir stand und mir Kontra gab. Endlich war da mal eine Herausforderung, sie war die Erste, die mich nicht sofort anhimmelte und tat was ich sagte.
Und auch die Lippen der Blondine fühlten sich falsch an, sie waren trocken und ich musste daran denken, wie es sich wohl anfühlen würde Zoeys weichen, vollen Lippen auf meinen zu spüren. Scheiße, ich wollte doch nicht an sie denken. Also versuchte ich ihr wundervolles Gesicht aus meinem Kopf zu verbannen, um mich auf die Blondine, ich hatte ihren Namen schon wieder vergessen, zu konzentrieren. Doch es klappte nicht, als ich ihr ins Gesicht schaute, verglich ich sie sofort mit Zoeys und auch ihre Haare waren so anderes. Zoeys Haare waren goldblond, weich und hatten einen wunderbaren natürlichen Glanz. Die Haare der Frau auf meinem Schoß, waren dagegen wasserstoffblond gefärbt und sahen total spröde aus. Auch ihre Brüste waren nicht echt, das hatte mich eigentlich noch nie gestört, aber jetzt? Mit Zoeys perfekten natürlichen Brüsten vor Augen, sah das schon ganz anders aus. Nein, bloß nicht an sie denken!
Doch als die Frau versuchte meine Hose zu öffnen, und mir ihr Geruch in die Nase stieg, gab ich auf. Sie roch total falsch, viel zu viel Parfüm. Mit Zoey konnte sie einfach nicht mithalten. Ich schupste sie unsanft von mir. „Hey, was soll das?“ Ihren empörten Aufschrei hörte ich schon kaum noch, da ich schon aus dem Club eilte und mich in meinen schwarzen Ferrari schwang. Hektisch wählte ich Dantes Nummer, doch er ging nicht ran. Ich startete den Motor, fuhr mit quietschenden Reifen davon und achtete nicht auf die bewundernden Blicke der vor dem Club Schlange stehenden Menschen. Zum Glück wusste ich ihre Adresse und so kam ich ohne Umstände zu ihrer weißen Villa, mit den riesen Fenstern und der mit Rosen bewachsenen Hauswand.
Merkwürdiger Weise saßen Dante und Fabio nicht in ihrem Auto. Verdammt! Sie sollten doch auf sie aufpassen. Schnell lief ich zur der roten Haustür und klingelte. Ungeduldig wippte ich mit dem Fuß auf und ab, was wenn ihr schon was passiert wäre? Was, wenn sie schon jemand entführt hat, und sie foltert oder so? Oh Mein Gott, ich hörte schon praktisch ihre verzweifelten Schreie! Wie sie da lag, hilflos, gefesselt und blutend. Wie sie ängstlich ihre Peiniger anstarrte, die immer wieder auf sie einschlugen, wie sie schon fast die Hoffnung verlor. Wie sie Ohnmächtig wurde und nur noch schlaff in den Ketten hing und wie einer der Peiniger auf sie zuging und sie mit seinen dreckigen Pfoten betatschte.
Oh Nein! Das würde ich mir nie verzeihen. Halt! Klar würde ich mir das verzeihen, natürlich war sie heiß und so, aber ist ja nicht so, dass ich mich in sie verliebt hätte. Vollkommen unmöglich, ich würde mich nie verlieben, ich wollte nur Spaß, und außerdem hatte ich kein Bock drauf, irgendwann so wie Fabio zu enden, ein seelisches Wrack, zerfressen von Selbstvorwürfen und Hass. Ich hatte immer versucht keinen in mein Herz zu lassen und ich hatte auch keine enge Bindung mit meiner Familie.
Während ich mir die schlimmsten Sachen ausgemalt hatte, hatte ich gar nicht bemerkt, dass die Tür schon geöffnet wurde.
„Oh mein Gott, dir ist nichts passiert!“ erleichtert blickte ich Zoey an und hielt mich krampfhaft zurück, damit ich sie nicht einfach an meine Brust riss und nie wieder los ließ. Scheiße! Was war das? Warum hatte ich mir überhaupt solche Sorgen um sie gemacht, ich kannte sie doch kaum, das war total unlogisch, sie war doch nur ein Auftrag von mir. Und außerdem kotzte es mich an, dass ich nicht mehr aufhören konnte an sie zu denken. Sie hatte mir sogar die Lust auf den Quickie mit der Blondine von eben verdorben. Langsam wurde ich wütend, was war bloß los mit mir?
„Was ist denn los Ryan? Warum sollte mir etwas passiert sein?“ fragte sie mich. Ihre wunderschönen blauen Augen starrten mich verwundert an, so dass mein ganzer Zorn verpuffte. Automatisch wanderte mein Blick zu ihren vollen roten Lippen und ich fragte mich schon wieder, wie es sich anfühlen würde, sie zu küssen. Das konnte ja wohl nicht wahr sein, war ich jetzt etwa ein hormongesteuerter Teenager geworden oder was?
„Ryan, was ist los?“ riss mich Zoey aus meinen Gedanken. Ich schüttelte leicht meinen Kopf um wieder klar zu werden. Und da fiel es mir wieder ein. Sie durfte ja nicht wissen, dass wir sie beschützen sollen. Scheiße, wie kam ich denn da jetzt wieder raus? Vielleicht könnte ich sagen, dass ich sie besuchen wollte, um mich für mein Benehmen von heute Morgen zu entschuldigen und um einen Neustart bitten wollte. Und als ich hier angekommen bin, wäre ein blutverschmierter Mann aus der Hintertür gelaufen. Ja, sicher! Und das würde sie mir auch glauben! Sie würde mir wahrscheinlich ein Vogel zeigen, weil sie dachte, dass ich sie verarschen wollte. Wer konnte ihr das verübeln. Also die Ausrede kam schon mal nicht in Frage, aber wie wärs mit…
„Ryan, Alter, bist du das?“ hörte ich eine Stimme rufen. „Dante? Was machst du denn hier?“
„Das gleiche könnte ich dich fragen. Du hast doch erst morgen Dienst, warum vögelst du nicht grade irgendeine Blondine?“, fragte Dante, der mittlerweile hinter Zoey an der Tür aufgetaucht war. Ist der verrückt geworden? Zoey durfte doch von der ganzen Sache nichts erfahren. Dante hatte meinen Blick scheinbar richtig gedeutet, denn er meinte: „Ach, das kannst du ja noch nicht wissen. Zoey weiß Bescheid, über alles, sie ist die Tochter von Viktor und der hat Angst, dass man sie entführt, um ihn zu erpressen. Deshalb sollen wir sie beschützen.“
Was? Sie war die Tochter von Viktor?! Scheiße, der würde mich umbringen, wenn ich seine Tochter auch nur anfassen würde. Der ist eh immer noch schlecht auf mich zu sprechen. Ich hatte was mit seiner Sekretärin, mit der ich dann aber schon bald Schluss gemacht hatte, so dass sie wochenlang neben der Spur war, und schließlich gekündigt hatte, um mich nicht mehr sehen zu müssen. Was stellten die sich eigentlich alle so an, ich hatte immer deutlich gemacht, dass ich nichts anderes als Sex von ihnen wollte. Ich hatte, wenn ich so recht überlegte, noch nie eine Beziehung, die über eine Woche gedauerte hatte. Aber mit Zoey, vielleicht…
Nene, gar nicht erst auch nur dran denken!
„Ryan, Ryaan!“ wurde ich schon wieder aus meinen Gedanken gerissen. Dante fuchtelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum.
„Was?“ fauchte ich ihn an. „Man, Alter, was ist denn los mit dir?“
„Nichts, was soll schon sein? Und warum bist du nicht an dein Handy gegangen, ich hab mir schon echt Sorgen gemacht, dass was passiert wäre.“ Vorwurfsvoll blickte ich ihn an.
„Sorgen? Du, der sonst immer total lässig ist, hast dir Sorgen gemacht? Ist wirklich alles okay?“
„Ja, und was war jetzt los?“, meinte ich genervt. „ Ach, ich hab das Klingeln einfach nicht gehört, wir waren beschäftigt“, sagte Dante und legte Zoey, die immer noch da stand und etwas verwirrt guckte, einen Arm um die Schulter. Unwillkürlich musste ich knurren, ich stellte mir die beiden vor, nackt, engumschlungen auf ihrem Bett. Wütend funkelte ich in an. Vor Eifersucht brodelnd fauchte ich ihn an:
„Und mit was wart ihr so beschäftigt, dass ihr das Klingeln nicht gehört habt?“
„Wir haben ein Film geguckt, aber was interessiert dich das überhaupt und warum regst du dich so auf?“ meinte Zoey, bevor Dante antworten konnte.
„Warum es mich so aufregt? Ich habe gedacht, dass sonst was passiert sei und ihr habt nur nen Film geguckt!“, rief ich.
„Na und? Ist ja deine Schuld, wenn du sofort überreagierst, und außerdem warst du doch überhaupt nicht dran, mich zu beschützen!“ schrie sie mir nun aufgebracht entgegen.
„So Ryan, jetzt komm erstmal rein, und ihr beiden entspannt euch, es ist ja nichts passiert. Wenn du willst, kannst du ja mit gucken, Ryan.“, versuchte Dante die Situation zu entschärfen.
„Na schön von mir aus.“, entgegnete ich. Zoey schnaubte nur und ging ins Wohnzimmer, wo Fabio noch immer seelenruhig auf dem grauen Sofa saß und abwesend auf den Bildschirm starrte. Ich glaube er wird nie wieder so wie früher. Früher wäre er der erste gewesen, der an der Tür gestanden hätte, und dem Wortgefecht lachend zugeschaut hätte. Doch seit der Sache mit Mia, war er einfach nicht mehr der Alte.
Ich wollte Zoey schon folgen, doch Dante hielt mich zurück und zog mich in eine Ecke.
„Ryan, was war wirklich los? Normalerweise würdest du dir nie an einem freien Abend Sex entgehen lassen, und jetzt tauchst du hier völlig besorgt auf, knurrst mich eifersüchtig an und guckst lieber mit uns ein Film, als weiter zu vögeln. Liegt es an Zoey? Du stehst auf sie, oder?“
„Ich steh nicht auf sie, und ich bin auch nicht eifersüchtig und…“, meinte ich aufgebracht, doch Dante unterbrach mich.
„Du bist total eifersüchtig, du hast mich noch nie wegen einer Tusse angefaucht, du bist eindeutig in sie verliebt. Das ich das noch erlebe.“ Dante ließ mir gar nicht die Zeit, um etwas zu erwidern, da er schon im Wohnzimmer verschwunden war. Phh, ich war doch nicht eifersüchtig und ich bin auf keinen Fall in sie verliebt. Zu solchen Gefühlen bin ich gar nicht in der Lage. Klar, ich will mit ihr schlafen, aber mehr auch nicht, versuchte ich mir selbst einzureden. Aber irgendwie sagte mir eine leise Stimme in meinem Kopf, dass da doch nen bisschen mehr war, als nur Sex, doch ich ignorierte sie einfach.
Seufzend schlenderte ich ins Wohnzimmer zu den anderen und ließ mich neben Zoey auf Sofa sinken. Den Rest des Abends guckten wir irgendwelche Filme, von denen ich aber nicht viel mitbekam, da ich Zoey ganze Zeit beobachtet. Wie sie an spannenden Stellen vor lauter Aufregung leicht rot im Gesicht wurde, und nervös eine Strähne ihres wundervollen blonden Haares um ihren Finger wickelte. Und wie sie immer leicht zusammenzuckte, wenn etwas Unerwartetes passierte. Einmal erschrak sie so sehr, dass sie halb auf meinen Schoß sprang und ihre Fingernägel in meinen Arm bohrte. Peinlich berührt, löste sie sich von mir und setzte sich wieder gerade hin. Schade, es hatte sich gut angefühlt sie nah bei mir zu haben.
Ab und zu blickte sie zu mir rüber, wenn sie meinte, dass ich es nicht bemerkte, guckte aber schnell wieder weg. Nanu, was war sie denn auf einmal so schüchtern? So kannte ich sie gar nicht, aber diese Seite an ihr gefiel mir auch sehr gut.
Irgendwann kam Dante auf die verrückte Idee „Mensch ärgere dich nicht“ spielen und Zoey war ganz begeistert, also gab ich wiederwillig auch nach.
Im Schneidersitz saßen wir um das Spielbrett und verteilten die Figuren.
Zoey wollte unbedingt rot und so musste ich mich mit gelb zufrieden geben.
Kaum hatten wir angefangen zu spielen, merkte ich schon, dass Zoey es nicht wirklich ertragen konnte, zu verlieren. Jedes Mal wenn einer ihrer Figürchen rausgeschmissen wurde, ballte sie ihre kleinen Hände zu Fäusten und erdolchte jeden mit Todesblicken, wegen dem sie ihre Figur wieder zurück stellen musste. Das fand ich ziemlich lustig, denn ich hatte schon immer gedacht, ich wäre ein schlechter Verlierer, aber so schlimm war es dann bei mir dann doch nicht.
Nach einiger Zeit hatten wir beide jeweils schon drei Figuren im Häuschen und ich musste nur noch eine zwei und sie eine drei würfeln, um rein zu kommen. Fabio und Dante waren weit hinter uns und so lieferten wir uns ein erbittertes Duell. Sie knabberte nervös an ihrer Unterlippe und ich war kurz davor ihr zu sagen, dass sie ihre schönen Lippen doch nicht so verunstalten sollten, aber ich ließ es lieber, da sie eh schon zum Zerreißen angespannt war.
Als sie wieder dran war, würfelte sie dramatisch und warf den Würfel dann auf den Tisch. Er kullerte und kullerte und blieb… auf der drei stehen. Verdammt! Ich hatte verloren.
Zoey jubelte auf und stand vermutlich kurz davor einen Freudentanz aufzuführen, denn ich ja zu gerne gesehen hätte, doch sie besann sich früh genug. Ich glaube, es hatte sich gelohnt zu verlieren, denn sie strahlte richtig und sah einfach nur bezaubernd aus.
Dante wollte unbedingt noch einen Film gucken und so setzten wir uns alle wieder auf das bequeme Sofa.
Irgendwann schlief Zoey dann ein, und ihr Kopf sackte auf meine Schulter. Ich hob sie hoch und trug sie in ihr Zimmer. Der schönen Einrichtung würdigte ich kaum einen Blick, meine gesamte Aufmerksamkeit lag auf Zoey, die wie ein süßer Engel beim Schlafen aussah. Ich zog sie bis auf die Unterwäsche aus und zog ihr ihre Schlafsachen an, wobei ich meine Augen genüsslich über ihren Körper wandern ließ. Oh man, ich spürte wie ich hart wurde. Sie war einfach perfekt. Schnell zog ich ihr das rote Top an, was leider auch nicht wirklich viel mehr verdeckte, bevor ich noch in Versuchung geriet und legte sie sanft in ihr Bett. Ich zog mir mein Shirt über den Kopf und warf es zusammen mit der Hose auf den Boden, dann schlüpfte ich zu ihr unter die Bettdecke und zog sie an mich. Ich wusste, dass das morgen Ärger geben würde, doch ich konnte der süßen Versuchung einfach nicht wiederstehen. Müde schloss ich die Augen, und atmete ihren Duft noch einmal tief wie eine Droge ein, bevor ich auch ins Land der Träume glitt.
Als ich aufwachte war ich noch immer ziemlich verträumt. Verschlafen kuschelte ich mich noch enger an den nackten, warmen Körper neben mir. Momentmal! Nackter Körper?! Ruckartig öffnete ich meine Augen und versuchte mich aufzusetzen. Doch ich wurde von zwei starken Armen zurückgehalten, die mich fest umklammerten. Entsetzt schaute ich in das Gesicht des schlafenden Ryan, der nackt da lag.
„Ahh! Was machst du in meinem Bett!?“, schrie ich und versuchte mich panisch aus seinen Armen zu befreien. Von meinem Schrei geweckt, sprang er auf und stellte sich in Angriffsposition.
„Was ist los, warum hast du geschrien?!“ Erleichtert bemerkte ich, dass er wenigstens noch eine Boxershort anhatte.
„Was los ist?! Ich wache halbnackt neben dir in meinem Bett auf, und du bist auch noch fast nackt. Außerdem weiß ich noch nicht mal mehr, wie ich überhaupt ins Bett gekommen bin.“ Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke. „Aber wir haben nicht..? Oh mein Gott sag mir, dass du das nicht getan hast!“ Wütend schleuderte ich ihm das ins Gesicht, diesem Perversen.
Entsetzt brüllte er mich an. „Was? Du glaubst, dass ich dich ficke, während du nicht bei Bewusstsein bist! Für was hältst du mich! Ich würde niemals eine Frau gegen ihren Willen vögeln, das habe ich gar nicht nötig! Außerdem will ich, dass sich jede daran erinnert, wie umwerfend ich im Bett bin!“
Wütend sammelte er seine Sachen ein und stürmte aus dem Zimmer.
Verwirrt schaute ich ihm hinterher. Jetzt, wo ich so drüber nachdachte, glaubte ich auch nicht, dass er mit mir geschlafen hat. Seine Verteidigung klang logisch.
Aber anderseits, was hatte er halbnackt in meinem Bett gemacht? Da hatte er gar nichts zu suchen!
Jetzt wurde ich wieder ein bisschen wütend. Aber ich war zu stolz, um ihm jetzt hinterher zu rennen, und zu fragen, was wirklich passiert war.
Also beschloss ich, vorerst nicht mehr darüber nachzudenken und ausgiebig zu frühstücken, da mein Magen ganz schön knurrte, wie ich gerade feststellte.
Also zog ich mir schnell eine Hotpant und ein burgunderrotes Top an und lief die Treppe hinunter.
Unten angekommen, roch ich sofort den unwiderstehlichen Duft von frischen Pfannkuchen. Mmh. Lecker.
Ich betrat die große, stillvoll eingerichtete, Küche mit den karminroten Wänden und stellte verwirrt fest, dass Fabio am Herd stand und Pfannkuchen machte. Das überraschte mich. Ich hätte nicht gedacht, dass er der Typ wär, der morgens früh aufsteht und Frühstück macht. So verschlossen und kalt wie er wirkte.
Dann schaute ich zum Tisch und bemerkte, dass dort Dante, dessen Haare völlig verstrubbelt aussahen, total verschlafen und fertig auf seinem Stuhl hang. So als hätte er die ganze Nacht gefeiert.
„Morgen, na wilde Nacht gehabt, Dante?“, fragte ich ihn gutgelaunt und ließ mich schwungvoll auf den Küchenstuhl plumpsen.
„Ne, nur nicht gut geschlafen, und gestern zu viel getrunken. Und dann wurde ich auch noch heute Morgen von eurem Geschrei aufgeweckt. Als ich nach euch schauen wollte, rauschte Ryan wütend an mir vorbei. Was war denn los?“ Fragend schaute er mich an und nuckelte müde an einem Strohhalm, der in einer gelben Flüssigkeit steckte. Vermutlich Ananassaft, mein Lieblingsgetränk. Es wunderte mich, dass er kein Blut trank, denn die meisten Vampire nahmen nur Blut zu sich, auch wenn sie normale Flüssigkeiten vertrugen.
„Als ich aufgewacht bin, lag ich nur noch in Unterwäsche neben dem fast nackten Ryan und ich wusste nicht mehr, wie ich ins Bett gekommen bin. Kannst dir ja denken, was ich da gedacht habe und ihm dann auch vorgeworfen habe. Sch…“
Ich wollte gerade weiter reden, doch Dante unterbrach mich:
„Ne oder, das hat er jetzt doch nicht wirklich gemacht?“, meinte er schockiert, „Aber eigentlich kann ich mir nicht vorstellen, dass er jemanden vögelt, der gerade nicht wach ist. Er ist vielleicht manchmal ein richtiges Arschloch, aber so einer ist er nicht. Bist du sicher, dass er mit dir geschlafen hat?“ fragte er mich.
„Nein, mittlerweile glaube ich das selbst auch nicht mehr. Er hatte nämlich die gleichen überzeugenden Argumente wie du. Und außerdem war er wirklich geschockt, über das, was ich ihm vorgeworfen habe. Ich glaube, ich habe ein bisschen voreilig gehandelt“, meinte ich kleinlaut.
„Aber es ergibt trotzdem keinen Sinn, warum er halbnackt mit in meinem Bett geschlafen hat!“
Dante grinste. „Vielleicht solltest du ihn einfach danach fragen, oder bist du zu stolz?“
„Pah, ich bin nicht zu stolz, ich sehe nur nicht ein, warum ich zu ihm gehen soll. Ich war schließlich diejenige, die sich wegen ihm riesig erschreckt hat. Er soll gefälligst seinen Arsch hierher schwingen und mir das erklären!“, meinte ich trotzig.
„Haha, du bist wohl zu stolz!“, erwiderte Dante, der sich einen großen Pfannkuchen von dem Teller, den Fabio gerade auf den Tisch stellte, schnappte und dann rasch aus der Küche verschwand, bevor ich was erwidern konnte. Ich schnaubte kurz, doch dann widmete ich mich ganz den fantastisch aussehenden Pfannkuchen. Schnell fing ich an zu essen. Oh, das schmeckte so gut!
„Hmm, Fabio, die sind fantastisch, wo hast du denn so gut backen gelernt?“, fragte ich ihn.
Fast erwartete ich, keine Antwort zu bekommen und war überrascht, als er doch kurz meinte: „Das geht dich nichts an.“ Das war das erste Mal, dass ich ihn sprechen hörte, und ich erschrak. Seine tiefe Stimme war eiskalt. Keinerlei Emotionen schwangen in ihr mit, so dass mir ein Schauer über den Rücken lief. Und obwohl er sich so anhörte, als wollte er nicht reden, konnte ich es mir nicht verkneifen etwas zu erwidern. „Sag mal bist du immer so wortkarg? Es ist ja wohl nichts Schlimmes oder sehr persönliches zu sagen, wo man kochen gelernt hat, oder?“
„Wie gesagt, es geht dich nichts an“ sagte er immer noch vollkommen emotionslos.
„Eisklotz!“, murmelte ich leise vor mich hin. Ich meine, wie kann man denn so gefühlslos und wortkarg sein? Aber da fiel mir wieder ein, was ich in Fabios Gedanken gefühlt hatte. Und ich begann ihn zu verstehen. Wenn man so voller Schmerz und Selbsthass war und das niemanden zeigen wollte, konnte man wahrscheinlich gar nicht anders damit umgehen, als zu versuchen all seine Emotionen zu verstecken.
Der arme Fabio. Er tat mir leid, obwohl ich überhaupt nicht wusste, warum er sich solche Vorwürfe machte. Aber ich verkniff es mir, ihn danach zu fragen. Er würde sicherlich nicht darüber mit einer, für ihn Fremden, sprechen wollen. Deshalb beschloss ich, zu versuchen, ihn besser kennenzulernen und nett zu ihm zu sein. Möglicherweise würde er sich irgendwann mir gegenüber öffnen und ich könnte ihm vielleicht helfen. Also sagte ich erstmal nichts mehr und aß schweigend weiter.
Als ich fertig gegessen hatte, bedankte ich mich bei Fabio, der natürlich nichts erwiderte und ging hoch. Gerade, als ich in mein Zimmer gehen wollte, ging die blaue Badezimmertür auf und Ryan, der nichts weiter, als ein kleines Handtuch um die Hüften trug, kam heraus. Ich musste mich echt zusammenreißen, um nicht vor Entzücken aufzustöhnen. Er war so heiß! Aus seinen Haaren tropften ein paar Wassertropfen, die sich dann einen Weg über seine muskulöse Brust bahnten. Das war echt unfair, ich versuchte mich gegen die Anziehungskraft, die von ihm ausging zu wehren, doch mein Köper ließ mich einfach im Stich! Ich wollte ihn nicht begehren, er war ein Arsch.
Sein Ego war eh schon groß genug. Da schadete es ihm nicht, erstmal einen kleinen Dämpfer zu bekommen. Also ging ich auf ihn zu, versuchte aber vorsorglich seinen Oberkörper zu ignorieren. Was leider nicht so ganz funktionierte, den Oberkörper konnte man einfach nicht ignorieren. Ich musste regelrecht drauf starren, er war einfach nur perfekt. So muskulös und …. Stop! Nicht hinschauen. Also zwang ich mich, den Blick abzuwenden und in sein Gesicht zu richten. Doch leider musste ich feststellen, dass sich dort ein selbstgefälliges Grinsen gebildet hatte. Mist! Er hat mitbekommen, wie ich ihn angestarrt habe. Na super, eigentlich wollte ich seinem Selbstbewusstsein doch ein Dämpfer versetzten.
Und jetzt musste er natürlich auch noch einen Spruch ablassen. „Na, gefällt dir, was du siehst?“
Ja, und wie es mir gefällt!
„Naja, es geht, hab schon was Besseres gesehen“, log ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Bist du sicher?“ fragte er mit honigsüßer, verführerischer Stimme und kam näher.
Automatisch wanderten meine Augen wieder zu seiner Brust, das wohlgeformte Sixpack zog meinen Blick förmlich wie einen Magneten an. Als er das bemerkte, grinste er triumphierend.
„Gibs zu, der Ausblick gefällt dir“, flüsterte er nun mit rauer Stimme und kam mir einen Schritt näher.
„Nein“, murmelte ich mit schwacher Stimme, obwohl ich meinen Blick immer noch nicht von ihm losreißen konnte. Warum log ich nochmal?
„Du lügst!“ knurrte er jetzt. Nun kam er mir so nah, dass ich meine Hand nur ein bisschen ausstrecken müsste, um seine Brust zu berühren, um mit meinen Fingern über seine sanfte Haut zu streicheln und seine Muskeln nach zu fahren. Ich müsste mich nur ein bisschen nach vorne beugen, so dass ich mit meiner Zunge die Bahn der Wassertropfen auf seiner Brust verfolgen könnte.
Leise stöhnte ich auf, meine Finger zuckten in seine Richtung, mein Körper gehorchte mir nicht mehr.
Ryan beugte sich langsam zu mir runter und seine Lippen bewegten sich auf meine zu. Und da bemerkte ich, was für einen verführerischen Mund er hatte. Ich wollte nur einmal probieren, wie er schmeckte. Also streckte ich mich ein bisschen, um an sein Gesicht zu kommen. Seine wundervollen Lippen kamen immer näher…
Wütend schlug ich auf den pechschwarzen Boxsack ein, ich konnte es nicht fassen. Hielt sie etwa so wenig von mir? Klar, manchmal machte es vielleicht den Anschein, als sei ich arrogant, aber ich war echt schockiert darüber, dass Zoey mir zutraute, mit ihr zu schlafen, ohne dass sie es bemerkt. Ok, manchmal war ich vielleicht auch ein Arschloch, aber ich würde nie mit ihr schlafen, wenn sie es nicht wollte.
„Verdammt!“, fluchte ich und boxte so fest zu, dass der Sack gegen die karminrote Wand schlug und etwas von dem Putz abbröselte.
Und ich hatte für einen kurzen Moment gedacht, dass sie sich vielleicht für mich interessiert. Aber die Blicke, die sie mir gestern zu geworfen hatte, hatte ich wohl falsch gedeutet. Obwohl ich mir bei solchen Sachen sonst immer so sicher war. Meistens waren Frauen so leicht durchschaubar, dass man sofort wusste, woran man bei ihnen war. Aber bei Zoey blickte ich echt nicht durch. Mal schien es so, als ob sie sich für mich interessierte und im nächsten Moment zeigte sie mir wieder die eiskalte Schulter. Ich verstand sie einfach nicht, sie verunsicherte mich. Und das hatte noch nie eine Frau geschafft, generell hatte es noch nie jemand geschafft mich so in seinen Bann zu ziehen und mich zu faszinieren.
Ich wollte mehr über sie erfahren und sie nicht nur in mein Bett bekommen. Ich wollte sie zum Lachen bringen, so dass ich in den Genuss ihres zauberhaften Lächelns kam und ich wollte wissen, was sie mochte, ob man sie mit einem romantischen…. Stop! Langsam wird es unheimlich, irgendwas stimmt nicht mit mir. Seit wann dachte ich über Romantik nach? Vielleicht werde ich ja krank. Ich wollte nur mit ihr ins Bett, ihr Lachen geht mir auch total am Arsch vorbei und wen interessiert es, was sie mag? Ja genau, das war vollkommen uninteressant, redete ich mir ein. Während ich versuchte, die hartnäckige Stimme in meinem Kopf, die mir zuflüsterte, dass es mich wohl interessierte und das ich mich möglicherweise in sie verliebt hätte, zu ignorieren. Pah, als ob ich mich in sie verlieben könnte, in die Zicke! Doch leider verschwand die Stimme nicht. Mir kam es so vor, als ob in meinen Kopf ein kleiner roter Teufel mit Hörnern rumspringen würde und mir hartnäckig Zoeys ganzen Vorzüge aufzählt. Angefangen bei ihrem golden schimmernden Haar, über ihren vollen Mund bis zu ihrer perfekten Figur und nicht zu vergessen natürlich die tollen Brüste. Immer wieder hielt er mir das Bild von Zoey nur in Unterwäsche vor Augen, so dass sich schon wieder was in meiner Hose tat.
„Jetzt halt endlich dein Maul, du verdammter Wicht!“, brüllte ich und meine Stimme hallte in dem großen Kellergewölbe, das als Trainingsraum benutzte wurde, wider, als ich es nicht mehr aushielt. Jetzt war ich schon so tief gesunken, dass ich eine fiktive Stimme in meinem Kopf anschrie. Erbärmlich, einfach nur erbärmlich! Zoey war echt nicht gut für mich und meine Nerven. Warum konnte ich nicht aufhören ständig an sie zu denken?
Ich schlug immer heftiger auf den Boxsack ein, doch ich schaffte es einfach nicht Zoey aus meinen Gedanken zu verbannen. Irgendwann war ich so erschöpft, dass ich es aufgab. Langsam schlenderte ich durch den riesigen Raum, der in verschieden Rottönen gehalten war, das war ja schon fast ein Fitnesscenter, überall standen die besten Geräte und es gab sogar eine Kletterwand. Auf einem großen Tisch lagen mehrere Degen. Wer hier wohl trainierte? Zoey? Oder Viktor, obwohl ich es mir nicht vorstellen konnte, dass er sich die Zeit dafür nehmen würde. Der war eher der Typ, der den ganzen Tag über seinen Papieren hockte.
Ich schaute mich um und suchte nach einer Dusche, doch ich fand keine. Dann musste ich wohl nach oben gehen, obwohl ich ein Treffen mit Zoey eigentlich erstmal noch vermeiden wollte. Wer weiß, was sie mir dann an den Kopf schmeißen würde.
Glücklicherweise sah ich sie nicht auf dem Weg zur Dusche.
Doch gerade, als ich aus dem Bad kam, bemerkte ich Zoey. Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung und bemerkte gerade noch ihren schmachtenden Blick auf meiner Brust. Innerlich führte mein kleiner Teufel gerade ein Freudentanz auf und meinte, dass sie mich auch anziehend fand. Aber ich versuchte mir keine falschen Hoffnungen zu machen, nachher würde ich eh wieder enttäuscht werden. Als sie dann auf mich zu kam und ihre Hüften dabei so herrlich schwang, konnte ich meine Augen nicht mehr von ihr abwenden. Ich konnte mir ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen, als ich ihren gierigen Blick auf meinem Oberkörper bemerkte. Der kleine Teufel war gerade fast davor durchzudrehen vor Freude und schrie mich an, dass ich was Cooles sagen sollte. Doch gerade jetzt fiel mir nichts ein. Ausgerechnet mir! Der, der sonst immer einen passenden Spruch auf den Lippen hatte. Also sagte ich das Erstbeste, was mir in den Sinn kam.
„Na, gefällt dir, was du siehst?“, fragte ich, doch im gleichen Moment könnte ich mich für den dummen Spruch umbringen. „Was Besseres hätte dir aber auch nicht einfallen können, oder?“, meinte der dämliche Teufel dann auch noch bitterböse. Konnte der nicht mal seine Klappe halten, den konnte ich gerade echt nicht gebrauchen.
Und schon bekam ich auch die Quittung für den Spruch. „Naja, es geht, hab schon was Besseres gesehen“, meinte sie und mein Selbstbewusstsein bekam ein gewaltigen Dämpfer. Warum fragte ich sie auch so was Dämliches. War ich ja selbst Schuld, wenn ich dann dazu die passende Antwort bekam.
Doch der kleine Typ mit den Hörnern feuerte mich an: „Sie lügt doch, merkst du das denn nicht?! Los ,sag noch was!“
Also fragte ich mit einer hoffentlich verführerischer Stimme: „Bist du sicher?“, und ging auf sie zu. Auf meinem Gesicht bildete sich ein selbstgefälliges Lächeln, als sie auf meine Brust starrte, auf die ich übrigens sehr stolz war.
Mit rauer Stimme flüsterte ich: „Gibs zu, der Ausblick gefällt dir“. Ich musste einfach wissen, ob sie mich anziehend fand und ich vielleicht doch eine Chance bei ihr hatte. Provozierend schaute ich sie an und leckte mir nervös über die Lippen. Ich trat einen Schritt auf Zoey zu, die immer noch wie hypnotisiert auf meine Brust starrte.
„Nein“, murmelte sie mit schwacher Stimme, so dass ich sie kaum verstand.
„Das meint sie doch nicht ernst! Los, gib jetzt nicht auf! Sie wird schwach!“ gab der Teufel seine Meinung zum Besten.
„Du lügst!“, knurrte ich. Warum gab sie es nicht einfach zu? Es war doch eigentlich offensichtlich oder täuschte ich mich so sehr und bildete mir ihre heißen Blicke auf mir nur ein, weil ich es mir so sehr wünschte?
„Nein, du träumst nicht. Sieh doch, wie sie dich förmlich mit ihren Blicken verschlingt!“
Vorsichtig trat ich noch einen Schritt näher und ihr betörender Duft stieg mir in die Nase und vernebelte meine Sinne. Hmm, sie roch so frisch und exotisch nach, was war das? Mango?
Plötzlich stöhnte sie leicht auf und das gab mir den Rest. Ich beugte mich ein bisschen zu ihr runter, ich musste jetzt einfach ihren Geschmack auf meinen Lippen kosten. Begierig starrte ich auf ihren vollen roten Lippen. Der Teufel war mittlerweile so begeistert, dass er Freudensprünge und Überschläge machte. Innerlich brüllte ich triumphierend auf, als sie sich streckte und ihr Gesicht immer näher kam. Sie wollte es auch! Unsere Lippen berührten sich nun fast…
Muss man den alles selber machen?! Genervt rollte ich mit den Augen. Der Typ machte mich fertig, war den ganzen Tag nur von Zoey am Schwärmen. Zoey hier, Zoey da. Und dann war er noch nicht einmal in der Lage zu ihr zugehen und sie richtig zu umwerben. Der braucht dringend mal einen Tritt in den Arsch! Also versuchte ich es erstmal damit, ihm ganze Zeit vorzuhalten, wie sexy sie ist. Und es klappte, er war schon richtig verzweifelt und versuchte sich das Hirn aus dem Kopf zu boxen. Fies lachte ich vor mich hin, als er mich anbrüllte, dass ich damit aufhören sollte. Was ich natürlich nicht tat, jetzt kam ich erst richtig in Schwung. Am laufenden Band spielte ich ihm Bilder von Zoey vor, Zoey in Unterwäsche, Zoey im Schlaf…
Ich spürte förmlich, wie er durchdrehte und immer heftiger auf den Boxsack einprügelte. Doch irgendwann gab er auf und machte sich wie ein geschlagener Hund auf den Weg nach oben. Er hoffte, dass er Zoey nicht begegnete. Aber ich hatte da natürlich ganz andere Hoffnungen. Ich meine, er war oben ohne, sein makellose Haut lag, vom Training straff gespannt, über seinen Muskeln und er war über und über mit kleinen, glitzernden Schweißperlen übersäht. Also wenn da eine Frau nicht ins Schwärmen geriet, wusste ich es auch nicht. Doch leider erfüllte sich mein Wunsch nicht und so kamen wir ohne Unterbrechung im Badezimmer an.
Das gabs doch nicht, konnte der Typ nicht mal aufhören an sie zu denken. Langsam ging mir das gewaltig auf den Putz. Ach, die schönen alten Zeiten waren dann wohl jetzt vorbei. Die Zeiten, in denen es fast jeden Tag eine andere Frau gab und nie ein Gedanke an sie verschwendet wurde. Ohne diese nervigen Schwärmereien und Selbstzweifel. Da musste man doch was machen können. Ich war davon überzeugt, dass, wenn er sie erst einmal im Bett hatte, diese albernen Schwärmereien aufhören würden. Aber dafür müsste er sie erst einmal rumkriegen. So dumm wie der sich anstellte. Leider war sie aber auch eine harte Nuss. Eine heiße harte Nuss, das muss ich leider zugeben, sonst würde sich Ryan ja auch wohl kaum für sie interessieren. Aber lange würde sie ihm nicht wiederstehen. Vor allem wo ich jetzt Ryan mit Rat und Tat zur Seite stand, würde sie bald einknicken. Sie würde dahinschmelzen wie Butter in der Sonne. Muahaha. Normalerweise hielt ich mich ja immer zurück, da meine Hilfe nicht benötigt wurde, aber hier wurde sie dringendst gebraucht, bevor der Typ es noch fertig brachte und sie ganz vergraulte.
Ich spürte seinen heißen Atem auf meinem Gesicht und ganz zögerlich legten sich seine Lippen sanft auf meine. Sofort fingen sie an zu kribbeln, obwohl es nur eine zarte Berührung war, kaum mehr als ein Hauch und doch setzte mein Herz kurz aus, stolperte und fing dann doppelt so schnell wieder an zu schlagen. Doch bevor wir die Berührung vertiefen konnten, unterbrach uns Dantes Stimme, der nach uns rief und durchdrang meine vernebelten Sinne. Ertappt zuckte ich zurück, vermisste aber sofort die Wärme die von Ryan ausging und das Gefühl, seine Lippen auf meinen zu spüren.
Kurz sah ich Enttäuschung in seinen grünen Augen aufblitzen, doch dann drehte er sich knurrend um und fauchte Dante wütend an, der gerade um die Ecke kam. Man sah Ryan an, dass er ihm am liebsten an die Kehle gegangen wäre. „Was?!“
Dante hob die Hände zu einer abwehrenden Geste und schnaufte etwas beleidigt. „Schon gut, kein Grund aggressiv zu werden. Ich wollte nur fragen, ob ihr Lust habt heute Abend feiern zu gehen. Hab gehört, dass eine neue Disko aufgemacht hat, in der es richtig abgehen soll. Aber wenn ihr schon anderweitig beschäftigt seid, will ich euch mal nicht weiter stören“, meinte er und warf Ryan, der immer noch mit nacktem Oberkörper ziemlich nah neben mir stand, einen vieldeutigen Blick zu, während er mir verschwörerisch zu zwinkerte. Dann verschwand er, bevor wir noch etwas erwidern konnten und hinterließ eine bedrückende Stille. Die Leidenschaft, die kurz so heftig zwischen uns gebrannt hatte, war verschwunden und hatte einem betreten Schweigen Platz gemacht. Peinlich berührt starrte ich auf meine Fußspitzen, weil ich mich nicht traute ihn anzusehen, da ich mir unsicher war, in was für einer Stimmung er war. Was hatte mich da nur geritten, als ich ihn geküsst hatte? Er mochte mich wahrscheinlich noch nicht mal, naja, vielleicht mein äußeres, aber sonst? Und ich konnte ihn auch nicht ausstehen. Er war eingebildet, arrogant, überheblich, sexsüchtig, vertrauensunwürdig, unheimlich gutaussehend, ganz süß, so wie er sich gestern Sorgen um mich gemacht hatte…. Ohoh, stop! Meine Gedanken gingen in die falsche Richtung, er war nicht süß und außerdem war die Sache mit dem Aufwachen auch noch nicht geklärt. Ich würde ihn ab jetzt einfach ignorieren. Also würdigte ich ihn keines Blickes mehr, als ich an ihm vorbei stampfte, in mein Zimmer ging und die Tür zu knallte.
Doch ich konnte irgendwie an nichts anderes denken, als an unseren Kuss, auch wenn er noch so kurz war. Er schmeckt fantastisch, so männlich, aber doch auch süß. Und wieder musste ich mich in Gedanken ermahnen. Warum konnte ich einfach nicht aufhören, an ihn zu denken? Ich brauchte dringend Ablenkung, deshalb beschloss ich, mit feiern zu gehen. Vielleicht fand ich da ja eine passende Ablenkung?
In der Hoffnung, dass Ryan nicht unten war, ging ich ins Wohnzimmer, wo ich Dante vermutete.
Und tatsächlich, der lungerte auf dem Sofa rum, aß Chips, hatte eine Flasche Bier in der Hand und schaute TV. Ich schlich mich von hinten an ihn heran.
„Sag mal Dante, bist du nicht eigentlich hier, um mich zu beschützen und nicht um dich hier kostenlos rum zu langweilen und unsere Vorräte auszubeuten?“, fragte ich mit einem Blick auf die vielen Chipstüten und Eiskartons, die verstreut auf dem antiken Beistelltisch lagen.
Der Angesprochene zuckte zusammen. „Man Zoey, musst du mich immer so erschrecken, irgendwann krieg ich noch nen Herzinfarkt“
„Laber keinen Unsinn Dante, Vampire können keinen Herzinfarkt bekommen. Und außerdem macht es Spaß dich zu erschrecken. Ich hab noch nie so einen schreckhaften Vampir wie dich kennengelernt“, stichelte ich. Dante rechtes Auge zuckte und er ballte seine Hände zu Fäusten, doch sonst beherrschte er sich. Manch ein Vampir wäre jetzt schon auf mich losgegangen, wenn man ihn als schreckhaft, und damit indirekt auch als Weichei, bezeichnet hätte. Da waren die sehr empfindlich.
„Man sollte einen Vampir nicht reizen, dass müsstest du doch eigentlich wissen Zoey, oder nicht?“
„Tja, aber es macht Spaß Vampire zu reizen, vor allem, wenn sie sich dann immer so aufregen und dann auf mich losgehen, nur um festzustellen, dass sie gegen mich keine Chance haben“,
meinte ich spitzbübisch und ließ mich neben ihn aufs Sofa fallen. „Achja, was ich sagen wollte, ich hab mich entschieden mit feiern zu gehen- das wird lustig“
Dante sah so aus, als wollte er irgendwas erwidern und wahrscheinlich wieder einen zweideutigen Spruch ablassen, doch ich brachte ihn mit einem warnenden Blick zum Verstummen.
So saßen wir ruhig nebeneinander auf dem Sofa und zogen uns Chips rein, während wir uns eine langweilige Vampirserie anschauten, über die ich immer nur lachen konnte, weil die Vampire da total unecht wirkten. Die sollten mal einen echten verwandelten Vampir sehen, sie würden schreiend weglaufen.
Doch wenigstens lenkte mich die Serie fürs erste von meinen Gedanken über Ryan ab.
Hektisch schlüpfte ich aus meiner Hose, stieß mir dabei den Fuß an der Heizung und stieg dann humpelnd in die Dusche. Immer wenn es schnell gehen musste, ging alles schief. Ich war auf dem Sofa eingeschlafen, leider brauchten auch Vampire Schlaf. Und Dante, der Idiot, hatte es nicht für nötig gehalten mich zu wecken, sodass ich genug Zeit hatte, mich für die Disco fertig zu machen. Konnte der sich nicht denken, dass Frauen dafür mehr als eine halbe Stunde brauchten?
Nein, scheinbar nicht! Deswegen musste ich mich jetzt total hetzen um noch rechtzeitig fertig zu werden. Schnell sprang ich unter die Dusche, wobei mir mehrmals die Seife aus der Hand fiel, auf der ich fast ausgerutscht wäre und dann wurde auch noch das Wasser kalt. Schließlich hatte ich es geschafft, doch nun musste ich feststellen, dass ich mein großes Handtuch vergessen hatte. Also musste ich nur mit einem kleinen Tuch, was so gerade das Nötigste bedeckte, frierend über den Flur in mein Zimmer laufen, in der Hoffnung, dass mir keiner der Jungs begegnete, vor allem nicht Ryan. Darauf konnte ich echt verzichten. Doch gerade als ich kurz vor meiner Zimmertür angekommen war, hörte ich, wie sich die gegenüberliegende Tür öffnete. Scheiße! Ich lief die letzten Schritte zur meiner Tür, ohne zu schauen, wer es war. Auch wenn ich meinte, aus dem Augenwinkel schwarze verwuschelte Haare zu sehen, die mir leider sehr bekannt vorkamen. Ryan! Oh nein, warum ausgerechnet er? Womit hatte ich das verdient? Womit nur? Im Rennen versuchte ich noch die Klinke runter zu drücken, was natürlich nicht funktionierte, sodass ich prompt gegen die Tür lief.
Hinter mir hörte ich ein melodisches Lachen, doch ich ignorierte es, drückte fluchend die Klinke runter, diesmal erfolgreich und flüchtete in mein Zimmer. Zitternd warf ich dir Tür zu. Verdammt nochmal! Jetzt hatte ich mich total blamiert und das auch noch ausgerechnet vor ihm. Warum passierte so etwas auch immer mir?
Doch als ich auf die Uhr schaute, vergaß ich kurz meine Blamage. Oh nein! Ich hatte nur noch 20 Minuten, wie sollte ich das schaffen? Ich wusste noch nicht einmal, was ich anziehen sollte. Schnell föhnte ich mir die Haare, sodass sie schön lockig wurden. Dann schminkte ich mich leicht, betonte nur ein bisschen meine Augen und zog mir dann Spitzenunterwäsche an. Man weiß ja nie, wie ein Clubbesuch so enden würde. Vielleicht würde ich ja meine Ablenkung von Ryan finden.
Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch fünf Minuten hatte.
Rasch lief ich zu meinem begehbaren Kleiderschrank und riss das erstbeste Kleid von der Stange. Als ich es mir genauer anschaute, merkte ich, dass es vielleicht etwas arg kurz war und ich wollte es schon wieder zurücklegen, doch da rief Dante von unten, dass er jetzt losfahren wollte. Also zog ich es doch an, überprüfte noch kurz mein Aussehen im Spiegel. Ich war sehr zufrieden. Für die kurze Zeit war es eine Meisterleistung. Das glänzende schwarze, aber schlichte Kleid schmiegte sich wie eine zweite Haut an meinen Körper und betonte meine Kurven perfekt. Um die Taille war ein rotes Band gebunden, sodass sie sehr schlank wirkte. Um das Outfit zu perfektionieren schnappte ich mir noch schnell ein paar rote Highheels und lief dann die Treppe herrunter. Dante hörte mich und meinte genervt. „Na endlich, ich dachte schon du wirst nie…“ Er drehte sich um und die Kinnlade fiel ihm herunter.
„Mund zu, sonst fängst du noch an zu sabbern, Dante. Und außerdem dachte ich, dass wir jetzt fahren wollten“, rief ich ihm frech zu.
„Oh mein Gott, Zoey, du siehst einfach umwerfend aus. Wenn da nicht Ryan wäre, würde ich mich glatt an dich ranmachen…. Warum lässt er dich überhaupt so,“ mit einer ausschweifenden Geste zeigte er auf mein Outift, „alleine los? Wenn du zu mir gehören würdest, würde ich dich nie so aus dem Haus lassen“
Jetzt wurde ich wütend. „Wie kommst du auf die Idee, dass ich zu Ryan gehören würde, der hat mir gar nichts zu sagen. Ich alleine bestimme, wie ich aus dem Haus gehe. Nur ich! Und jetzt komm, ich will los“
Dante öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, doch ich gab ihm nicht die Gelegenheit dazu, da ich verärgert aus dem Haus rauschte.
Ich kam mir total erbärmlich vor. Nun war ich so tief gesunken, dass ich ihr schon hinterher lief - beziehungsweise hinterher fuhr und im Auto vor der Disko saß. Innerlich fochte ich einen Kampf mit dem kleinen Teufel aus, ob ich reingehen sollte. Wahrscheinlich würde ich mich noch mehr blamieren, da sie noch wütender auf mich werden würde, weil ich ihr jetzt schon hinterher spionierte. Oder ob ich hier bleiben sollte und mir eine Menge Ärger ersparen würde. Aber wahrscheinlich würde ich vor lauter Ungewissheit, ob sie mit einem anderen Typen rummachte, verrückt werden. Der Teufel, der mich schon überredete hatte, hier her zu kommen, meinte natürlich: „Los, bevor sich noch ein anderer an sie ranmacht! Sie ist dir doch total verfallen, sie will es sich nur nicht eingestehen! Geh jetzt zu ihr, bevor es zu spät ist und schnapp sie dir!“
Seufzend gab ich nach - schließlich habe ich es auch gewollt. Ich hätte es nicht ertragen können, zu Hause zu sitzen, während sie vielleicht einen anderen küsste. Sie sollte nur zu mir gehören, nur ich sollte sie um den Verstand küssen und ihr ein entzückendes Stöhnen entlocken. Nur ich sollte sie in Unterwäsche sehen und in den Genuss ihres begehrenden Blickes kommen!
Aber das waren nur Wunschträume.
Ich fuhr mir zum hundertsten Mal seit unserem Kuss über die Lippen, während ich immer noch in der Erinnerung an ihren köstlichen Geschmack und das Gefühl ihrer Lippen schwelgte. Als Dante uns unterbrochen hatte, hätte ich ihn am liebsten umgebracht. Warum musste er auch ausgerechnet in dem Augenblick auftauchen?
„Jetzt steh hier nicht so rum, geh da endlich rein!“ Der Teufel hatte es scheinbar eilig.
Also stieg ich elegant aus dem Auto und ging zum Eingang, an dem sich schon eine lange Schlange gebildet hatte. Ich bemerkte, wie sich alle Köpfe zu mir umdrehten und sich schmachtende Blicke der Frauen und neidische der Männer auf mich richteten. Wenigstens das hatte sich nicht geändert, mein Ego, das unter Zoeys ständigen Abweisungen gelitten hatte, stieg wieder ein bisschen an. So ging ich einfach voller Selbstbewusstsein, angefeuert vom Teufel - vielleicht sollte ich ihm mal einen Namen geben, da er ja scheinbar nicht vor hatte wieder zu verschwinden - an der langen Schlange vorbei. Mir war bewusst, dass mir alle Blicke folgten, aber niemand wagte es zu protestieren. Selbst der Türsteher, der mich um einen Kopf überragte, ging einfach einen Schritt zur Seite, um mich durchzulassen. Manchmal war es echt praktisch, dass Vampire, wenn sie wollten, eine bedrohliche Ausstrahlung hatten.
Innendrin war es rappelvoll, überall tanzten Leute engumschlungen zu der lauten Musik, sodass es mir unmöglich war, Zoey oder Dante in dem Gedränge zu finden.
Also setzte ich mich erstmal an die Bar und bestellte mir ein Drink, währenddessen ließ ich meinen Blick über die Menge streifen und hoffte Zoey zu entdecken. Kurz dachte ich, ihr golden schimmerndes Haar aufblitzen gesehen zu haben, doch ich hatte mich wohl getäuscht.
Ich wollte schon aufgeben, als ich sie sah. Mir klappte der Mund auf und dem Teufel - vielleicht sollte ich ihn Luzifer nennen, das würde doch passen- fielen fast die Augen aus dem Kopf.
„Alter ist die heiß!“
Sie hatte ein enganliegendes schwarzes Kleid, so dass man alle ihre Vorzüge erkennen konnte, von denen sie wirklich viele hatte. Ihre goldenen Haare fielen ihr lockig über die Schulter. Ich sah sie zwar nur von hinten, aber ich war mir sicher, dass nur sie es sein konnte, da niemand anders so perfekt war.
Doch dann bemerkte ich, dass sie nicht alleine war. Sie tanzte engumschlungen mit einem anderen Mann, der seine Hand besitzergreifend auf ihren Rücken gelegt hatte.
Das war wie ein Schlag ins Gesicht - nein, wie ein Tritt in die Eier und ein Messer ins Herz.
Ich tanzte engumschlungen mit einem Typen, doch es fühlte sich nicht richtig an. Er hatte dunkelbraune Haare, blaue Augen und früher hätte ich ihn für sehr gut aussehend gehalten. Doch jetzt wirkte er auf mich nur wie eine billige Nachmache von Ryan. Seine Hände waren schwitzig und wanderten langsam, aber sicher, gierig in Richtung meines Hinterns. Es fühlte sich schrecklich an, ganz anders als Ryans sanfte, angenehme Berührungen. Zudem roch er falsch, er hatte ein billiges Parfüm benutzt, Ry…. Nein! Jetzt hör doch auf, ständig an ihn zu denken. Das konnte ja wohl nicht wahr sein! Obwohl ich mittlerweile viel getrunken hatte und mit einem anderen Typ tanzte, konnte ich nicht aufhören, an ihn zu denken. Was hat er bloß mit mir angestellt, ich hasse ihn! Er soll endlich aus meinen Gedanken verschwinden, sodass ich wieder ohne ihn Spaß haben kann. Ich versuchte mich auf die Berührung meines Tanzpartners , ich glaub er hieß Derrick, zu konzentrieren, dessen Hand schon gefährlich nah an meinem Hintern war, doch es wollte mir einfach nicht gelingen! Und jetzt fing ich auch noch an, mich schuldig zu fühlen, vor allem da mir Dante, der in meiner Nähe mit einer kleinen rothaarigen Schönheit tanzte, immer wieder vorwurfsvolle Blicke zuwarf.
Ok, jetzt ist es offiziell, ich bin verrückt. Wir waren doch nicht zusammen, wir hatten uns ja noch nicht mal richtig geküsst. Was stimmte also nicht mit mir? Warum fühlte ich mich schuldig? Ich würde mich doch nicht ihn...NEIN das konnte nicht sein!
Plötzlich dachte ich, dass ich ihn an der Bar gesehen hatte, doch im nächsten Augenblick behinderte ein tanzendes Paar meine Sicht. Innerlich verfluchte ich sie, denn als ich wieder dort hinschaute, sah ich ihn nicht mehr. Wahrscheinlich hatte ich mir ihn im schummrigen Licht der Disco nur eingebildet. Na super! Jetzt hatte ich schon Tagträume von ihm, konnte ich ihn denn nicht einfach vergessen? Was hatte er, was andere Männer nicht hatten? Er war arrogant und meinte es mit keiner Frau ernst. Und von solchen Typen hatte ich echt genug, auf so einen würde ich nicht noch einmal reinfallen. Ok, er sah gut aus, aber das taten andere Männer doch auch. Leider flüsterte eine leise Stimme in meinem Inneren, dass er ein ganz besonderes Prachtexemplar war und vielleicht doch nicht so schlimm war, wie er tat.
Plötzlich passierte vieles auf einmal.... Die Hand meines Tanzpartners landete auf meinem Hintern. Bevor ich das registrieren konnte, wurde er plötzlich heftig von mir weggeschleudert, sodass er mitten in die Menschenmenge fiel. Total verwirrt blickte ich in ein mir sehr bekanntes Gesicht.
Also hatte ich ihn mir doch nicht eingebildet.
Das war wie ein Schlag ins Gesicht - nein, wie ein Tritt in die Eier und ein Messer ins Herz.
Schlagartig zog sich mein Herz zusammen und ich atmete stoßweise aus. Krampfhaft schlossen sich meine Finger um das Cocktail Glas und mein Gesicht verzog sich zu einer wütenden Maske. Mein rechtes Augenglied zuckte verdächtig, ein Anzeichen dafür, dass meine Beherrschung nur noch am seidenen Faden hing - einem Faden, der langsam auszufransen begann.
„Diese Kakerlake, wie kann er es wagen, wie …!“ Vor lauter Empörung blieb Luzifer die Luft weg. Er bekam einen roten Kopf und aus seinen Nasenlöchern stieg eine bedrohliche graue Rauchfahne auf. Wenn er jetzt noch die Hörner senken würde, sähe er aus wie ein Stier im Ringkampf. Er verdrehte seine pechschwarzen Augen und schüttelte drohend die Fäuste. „Los, mach ihn fertig, zermatsch ihm seine hässliche Visage, brech ihm die Nase, sodass richtig Blut spritzt. Tritt ihm in die Eier, box ihm in den Bauch. Reiß ihm seine kackbraunen Haare aus – nein, mach das besser nicht, sonst kommst du noch als hysterisches Weib rüber – mit ist egal was, aber hauptsache irgendwas!“ Es folgte noch eine wüste Schimpfperade, doch ich beachtete ihn nicht weiter. Meine ganze Aufmerksamkeit lag auf Zoey. Plötzlich drehte sie ihren Kopf in meine Richtung und starrte mich an. Es war nur ein flüchtiger Moment, nur ein kurzer Augenblick, doch ihre Augen hielten mich gefangen. Auf einmal wurde sie von der tanzenden Menge verschluckt und der Moment wurde zerstört.
Innerlich immer noch vor Zorn und Eifersucht brodelnd, stand ich mit Schwung von dem Barhocker auf, knallte Geld auf die klebrige Theke und ging mit großen Schritten auf eine Frau zu, die ein paar Meter weiter an der Bar hockte und mir schmachtende Blicke zuwarf. Als sie bemerkte, dass ich auf sie zu steuerte, weiteten sich ihre braunen Rehaugen ungläubig und ihr Herz fing aufgeregt an zu pochen. Der Duft ihres Blutes schlug mir entgegen, doch er roch metallisch und nicht wirklich verlockend. Ganz anders als Zoeys verführerischer Duft, ihr Blut roch nach einem Misch aus mehreren Früchten, Mango, Erdbeere, …. Nein! Nicht an sie denken, sie will mich nicht, das hat sie mir doch gerade nur zu deutlich klar gemacht. Dann lenk ich mich eben mit jemand anderem ab. Kaum hatte der Gedanke in meinem Kopf Gestalt angenommen, fing der Teufel lautstark an zu protestieren, doch ich beachtete ihn nicht und lief weiter zielstrebig auf die dunkel braunhaarige Frau zu. Normalerweise wäre sie nicht mein Typ, aber um mich von Zoey abzulenken war mir jedes Mittel recht.
„Ja, vielleicht ist das doch keine so schlechte Idee, mach Zoey eifersüchtig, sie soll ruhig merken, was für einen Waschlappen sie da an der Angel hat und was sie haben könnte!“
Als ich bei der Frau angekommen war, ließ ich mich elegant neben ihr auf den pastellgrünen Hocker sinken und schaute sie verführerisch an. Das Blut schoss ihr ins Gesicht und ihr Herz fing noch schneller an zu klopfen.
„Hi, ich bin Ryan und wer bist du, Schönheit?“
Schüchtern blickten mich ihre weit aufgerissenen Augen an. Leise nannte sie mir dann ihren Namen: „Ich..Ich bin Emiliy.“
Charmant lächelte ich sie an: „Ahh, Emiliy, ein schöner Name für so eine bezaubernde Frau. Soll ich dir mal ein Geheimnis erzählen?“ Sie nickte aufgeregt. Ich beugte mich zu ihr rüber, ihr Atem ging nur noch stoßweise, und ich strich ihr eine Strähne hinters Ohr. Mein heißer Atem streifte ihren Nacken und ich sah, wie sich dort eine Gänsehaut bildete, als ich ihr etwas zuflüsterte. „Du bist mir direkt aufgefallen, als ich den Club betreten habe, ein solch bezauberndes Wesen kann man ja gar nicht übersehen, da müsste man schon blind sein“ Sie fing hysterisch an zu kichern und bedankte sich. Ähh, das hörte sich ja schrecklich an, wie blöd war die denn. Das war einer der schlechtesten Sprüche, die je meinen Mund verlassen hatten - der Teufel stimmt mir mit einem wilden Kopfnicken zu – und trotzdem fühlte sie sich geschmeichelt. Zoey hätte mich jetzt schon längst abfällig angeschaut und wäre gegangen. Nein, nicht schon wieder Zoey. Die war für mich gestorben!
Also lenkte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Emiliy, die mich, jetzt wo das Eis gebrochen war, zu textete. Ich versuchte mich auf sie zu konzentrieren, aber sie war so langweilig, dass ich schon bald wieder Ausschau nach Zoey hielt, obwohl ich mich innerlich dafür zurecht stutzte. Aber ich konnte nichts dagegen tun, es war wie ein Zwang. Frustriert, da ich nicht aufhören konnte an sie zu denken und jetzt schon so tief gesunken war, dass ich mit langweiligen Frauen flirtete, bestellte ich mir einen Wodka.
Doch gerade als ich den ersten Schluck nahm, erblickte ich sie wieder.
Ich verschluckte mich fast und stellte das Glas hustend wieder auf den Tisch, sodass der Wodka überschwappte und sich auf der Theke ergoss. Doch das bekam ich kaum noch mit.
Meine ganze Aufmerksamkeit lag auf einer Hand – einer Hand, die gefährlich nah an Zoeys Hintern lag. In mir brodelte Hass auf, wie konnte er es wagen, sie zu betatschen. Sie gehört mir!
Nein, das tut sie nicht! schalt ich mich und krallte mich in das weiche Leder unter mir, damit ich nicht aufsprang und ihn von Zoey wegriss. Doch als seine Hand nach unten rutschte, war es mit meiner Beherrschung fast vorbei. Ich tastete nach dem Wodkaglas, da ich meine Augen nicht von den beiden ablassen konnte.
Noch fünf Zentimeter – gierig trank ich einen großen Schluck.
Noch vier Zentimeter – meine Finger krallten sich um das Glas.
Noch drei Zentimeter – der Teufel feuerte mich an, ich sollte dahin gehen und den Kerl umbringen.
Noch zwei Zentimeter – mein rechtes Auge fing wieder an zu zucken.
Noch ein Zentimeter - ich schwang ein Bein über den Hocker und stand schon fast auf.
Noch null… - das Glas zersprang in tausend Scherben und fügte mir viele kleine Schnittwunden zu, aus denen langsam dickes, zähflüssiges Blut floss. Doch ich bemerkte es kaum, auch nicht den leisen Schrei von Emiliy und die wütenden Ausrufe der tanzenden Menge, durch die ich mir mit Gewalt einen Weg bahnte – zu Zoey.
„Ja, genau, jetzt mach ihn fertig, sodass er sich wünscht nie geboren worden zu sein.“
Auch Luzifers Anfeuerungen nahm ich kaum war, alles was ich wollte war, diese gottverdammte Hand von Zoeys Hintern zu entfernen.
Als ich endlich bei ihr angekommen war, riss ich den Typen mit voller Wucht von Zoey weg und schleuderte ihn in die Menge. Sofort brach wütendes Geschrei aus und mit einem kurzen Blick zu Zoey, die mich entsetzt und verwirrt anstarrte, stürzte ich mich auf ihn.
Die Menge wich ängstlich zurück und schon traf meine geballte Faust den Typen genau ins Gesicht. Sein Kopf schlug zurück und seine Nase brach mit einem ekligen Knacken, sodass Blut spritzte. Innerhalb weniger Sekunden war sein Gesicht blutbesudelt und sein ehemaliges weißes T-Shirt wies nun mehrere dunkelrote Flecken auf. „Yeah, genau getroffen. Das Shirt kann er vergessen und seine Nase auch“ Luzifer stieß ein hämisches Lachen aus und rieb sich freudig die Hände. <em> „Los, gleich nochmal, diesmal in seine Eier!“ ,rief er. „Das ist ja besser als Kino,“ , meinte der Teufel und plötzlich erschien eine riesen Popcorntüte in seiner Hand. Gierig stopfte er sich eine Hand nach der anderen rein. „Lopf, womauf wartest su? Aumpf mehr Publikumpf, moder wapf?“ , nuschelte er mit vollem Mund und lachte fies, sodass er sich verschluckte und das Popcorn wieder ausspuckte. Das irritierte mich so, dass ich kurz vergaß, wo ich war, doch dann erinnerte ich mich wieder und richtete meine Aufmerksamkeit auf das Geschehen. Der Schwächling war zu Boden gefallen und wimmerte da vor sich hin. Eigentlich war er ja jetzt schon am Ende, aber er hatte Zoey angefasst und sie gehörte zu mir! Also holte ich zu einem erneuten Schlag aus, doch auf einmal stand Zoey vor mir. Verdutzt hielt ich inne. „Sag mal spinnst du? Bist du von allen guten Geistern verlassen? Was stimmt bei dir da oben nicht? Warum greifst du ihn denn jetzt an?“ , schrie sie mich an und fuchtelte mit ihren Händen vor meinem Gesichte herum. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihre Augen funkelten mich wütend an. So sah sie richtig süß aus. Wahrscheinlich wäre ich noch weiter so in ihrem Anblick versunken, wenn mich der Teufel nicht unterbrochen hätte. „Los, sie hat dich was gefragt, steh da nicht so blöd und glotz sie dämlich an! Was soll sie nur von dir denken?“
„Er hat dich angefasst!“ meinte ich wütend. Fassungslos starrte sie mich an. „Du…du..du! Du bist so blöd! Na und? Und selbst wenn er mich geküsst hätte, das geht dich überhaupt nichts an! Das ist ganz alleine meine Sache…!“ Doch ich hörte ihr nicht weiter zu.
„Du hättest dich von ihm küssen lassen?“ meinte ich entsetzt.
„Was?“ verdattert blickte sie mich an, ich hatte sie in ihrer Schimpf Parade unterbrochen.
„Häh, nein, das habe ich nicht gesagt“ stammelte sie, als sie meinen traurigen und entsetzen Blick sah.
„Doch, das hast du wohl gesagt“
„Weißt du was, du bist es gar nicht wert, dass ich um dich kämpfe. Das hast du überhaupt nicht verdient, du bist doch eh ne kleine Schlampe, heute Morgen haben wir uns noch geküsst und jetzt hast du schon einen anderen. Meine Güte, wie dumm ich war. Hab ich doch echt gedacht, dass es sich lohnen würde, um dich zu kämpfen. Aber da habe ich mich wohl getäuscht. Es tut mir leid, dass ich dich mit meiner Anwesenheit belästigt habe, aber jetzt wirst du mich los, keine Sorge.“, meine Stimme war emotionslos, aber innerlich brodelte es in mir.
Abrupt drehte ich mich um und bahnte mir einen Weg durch die Menge zurück zur Bar.
„Nein, Nein, Nein, das ist nicht gut, ohoh, geh sofort zurück und entschuldige dich. Sofort! Bist du wahnsinnig, sie so zu beleidigen?! So eine Frau wie sie wird dir das nicht so schnell verzeihen. Am besten überlegst du dir schon mal eine gute Entschuldigung und kaufst dir Kniepolster, denn du wirst sie auf Knien um Verzeihung bitte, verstanden?! Oh man, du vermasselst aber auch alles. Das ist die erste Frau, um die du dich mal ernsthaft bemühst und dann – versaust du es. Wie dämlich kann man eigentlich sein?!
Jetzt rastete ich endgültig aus und schrie ihm meinen ganzen Frust entgegen.
„Halt deine verdammte Klappe. Ich brauche deine Hilfe und deine dummen Tipps nicht, sieh doch, was sie mir gebracht haben. Ich hab den Typ verprügelt und jetzt ist sie sauer auf mich. Aber das interessiert mich jetzt eh nicht mehr. Deshalb hör endlich auf mich zu nerven und verschwinde wieder dahin, wo du hergekommen bist!“
Eingeschnappt lief er schon wieder rot an.
“Phh, so lass ich mich nicht beleidigen, wenn du meinst. Wirst ja sehen, was du davon hast!“, beleidigt schnappte er nach Luft und mit einem lauten Knall, von dem mir die Ohren dröhnte, verschwand er und hinterließ nur schwarzen Rauch, der sich langsam auflöste.
Na toll, jetzt fühlte ich mich noch einsamer, da ich Luzifer nun auch noch vergrault hatte.
Überall sah ich Paare, die sich glücklich verliebt in die Augen sahen und aneinander geschmiegt tanzten.
Hat sich denn heute die ganze Welt gegen mich verschworen?“
Trübselig starrte ich in mein fast leeres Wodkaglas aus - mein fünftes. Gut, dass Vampire mehr vertrugen als Menschen, sonst wäre ich schon längst nicht mehr bei Bewusstsein. Mit einem Seufzer trank ich den letzten Schluck und rutschte dann unelegant von dem Barhocker. Ich bemerkte, dass ich doch schon ziemlich besoffen war.
Das konnte ja wohl nicht wahr sein, dass ich jetzt hier wie ein Häuflein Elend saß und mich betrank. Damit musste ich dringend aufhören, so konnte es ja nicht weiter gehen, diese Frau – ich weigerte mich ihren Namen zu nennen – konnte mich doch noch nicht so beeinflusst haben. Ich sollte wütend auf sie sein und sie verfluchen, aber nein. Stattdessen saß ich hier und versank im Selbstmitleid.
Das muss aufhören!
„Genau, jetzt hör doch mal auf hier rum zu heulen und dich in deinem Selbstmitleid zu baden! Das ist ja nicht zu ertragen! Nun hör mir mal zu, du bewegst jetzt deinen Allerwertesten in ein Hotel, schläfst dich da aus, gehst morgen zu „Du weißt schon wem“ und zeigst ihr die kalte Schulter. Tu einfach so, als ob nichts gewesen wäre und du mit der ganzen Sache fertig bist. Mach einfach nur deinen Job, verzieh keine Mine oder noch besser, setz deinen Killerblick auf, den du doch so gut kannst. Dann merkt sie schnell, dass sie dir jetzt mal den Buckel runterrutschen kann.“
„Ja sicher, als ob ich so abweisend zu ihr sein könnte, sie muss mich doch bloß anschauen und schon bin ich ihr wieder verfallen“, meinte ich missmutig. Verwundert schaute mich ein junger Mann an, erst da fiel mir auf, dass ich das laut ausgesprochen hatte. Peinlich.
Ach was, das schaffst du schon. Sind doch nur noch drei Tage, dann kommt Victor wieder und du kannst diesem Ort und „Du weißt schon wem“ endlich den Rücken zudrehen. Bald wirst du die ganze Sache vergessen haben und wirst wieder der alte Ryan. Das wird super, am besten fliegen wir erstmal in die Karibik, da gibt es jede Menge Frauen. Frauen in knappen Bikinis am Strand, Frauen, die es würdigen, wenn man sie umgarnt. Frauen, die sich uns an den Hals schmeißen werden und sich schnell flachlegen lassen. Oh ich kann mir das richtig vorstellen.“ Träumerisch starrte der Teufel mit glänzenden Augen in die Ferne. Scheinbar hatte er es nicht mehr aushalten können, die beleidigte Leberwurst zu spielen und musste wieder eines seiner Kommentare abgeben. Aber irgendwie freute ich mich, dass er wieder da war, seine Kommentare konnten einen aufheitern. Auch wenn ich nicht ganz verstand, wieso er auf einmal so gegen SIE war, erst wollte er doch unbedingt, dass ich sie küsste und mich entschuldige und jetzt?
„Ich spüre richtig den Sand unter unseren Füßen, die Sonne auf unseren Körpern und die Frauen unter uns. Das wird fantastisch, am besten buchst du schon mal die Tickets, nach dem Auftrag haben wir uns auf jeden Fall erstmal Urlaub verdient, wer kann es uns verübeln, bei der kleinen, unausstehlichen Hexe. Eigentlich hat sie uns ja gar nicht verdient, wenn ich es mir jetzt mal recht überlege. Auch wenn sie heiß ist.
So, genug geschwärmt, auf geht’s!“
Aufgedreht trieb er mich voran, um ihn nicht schon wieder zu vertreiben, setzte ich mich auch schwerfällig in Bewegung und ging Richtung Ausgang. Obwohl man das wohl eher torkeln nennen musste. Doch kurz bevor ich endlich aus dem stickigen Raum treten konnte, schlossen sich plötzlich Finger um meinen Arm und zogen mich zurück. Als ich meinen Kopf drehte blickte ich in Zo… Nein, in IHR Gesicht. Ihre Wangen waren immer noch gerötet und ihre Augen funkelten mich an. Ich erstarrte und verfiel schon fast wieder in die übliche Schwärmerei, doch der Teufel piekste mich kurz mit einer riesen Nadel – wo hatte er die den schon wieder her? – und ich schüttelte die Starre ab. Ich hatte endgültig mit IHR abgeschlossen. Also versuchte ich sie abzuschütteln, doch sie blieb hartnäckig und lockerte ihren Griff nicht.
„Waum haste dasss gemacht? Du kannst ihn doch nich einfach sooo schlagen. Du bischtt sooo besitzergreifend, dummer Vampir. Wasch bildest dir eigentlisch ein? Stehste etwa auf misch?“
Oh nein! Sie war besoffen, das konnte ich jetzt gar nicht gebrauchen, vor allem wenn sie mir dann auch noch solche Fragen stellte. Was sollte ich den jetzt antworten? Alles in mir drängte zu Flucht, aber ich konnte sie doch nicht einfach hier so stehen lassen, auch wenn ich noch sauer auf sie war.
„Zoey, komm ich fahr dich nach Hause, du bist betrunken. Ich lass dich auf keinen Fall hier so alleine.“ Ich versuchte sie in Richtung Ausgang zu ziehen, doch sie stellte sich stur.
„Nein, ich will nisch, es isch sooo schööön hier!“ Trotzig stemmte sie ihre Füße in den Boden, so dass wir keinen Schritt mehr weiter kamen.
„Doch, wir gehen jetzt, keine Wiederrede, du kannst doch kaum noch laufen. Und außerdem möchte ich nicht, dass dich ein Typ in dem Zustand anbaggert.“
Verdutzt schaute sie mich kurz an, doch dann kicherte sie vor sich hin.
„Oh, du bisch so süüüß, isch mag dich, mehr alsch mögen, glaubsch isch. Obwohl du manschmal ein Arrsch bis“ Scheiße! Ich wollte sie doch vergessen, aber wie sollte ich das bitte anstellen, wenn sie so was sagte und mich dabei auch noch mit ihren weit aufgerissen blauen Augen, in denen ich versinken könnte, anschaute.
„Warum tust du mir dann weh?“ Das musste ich jetzt einfach wissen, warum tanzte sie mit einem anderen?
Entsetzt schaute sie mich an.
„Isch du dir weh?“
„Ja, was denkst du denn, wie ich mich fühle, wenn du mich so offensichtlich abweist und mit einem anderen rummachst?“
Erstaunt weiten sich ihre Augen. „Dasch tut mir leid. Isch wollte dir nisch weh tun. Isch war nur so verwirrscht, isch war mir nisch sischer ob du es ernst meinscht. Esch tutsch mir so leid.“ Auf einmal traten Tränen in ihre Augen, sie war scheinbar sehr gefühlvoll, wenn sie besoffen war. Irgendwie konnte ich mit der Situation nicht sonderlich gut umgehen, also meinte ich nur ein wenig schroff, bevor sie noch wirklich anfing zu weinen. „ Ist ja schon gut. Und jetzt gehen wir nach Hause, ja?“
„Ja, ok“, meinte sie hicksend.
Ich wollte mich schon umdrehen, doch auf einmal legten sich ihre wunderbaren Lippen auf meine. Sie küsste mich stürmisch, schon fast verzweifelt. Eigentlich wollte ich das nicht, ich wollte ihr nicht schon wieder verfallen und ihr einfach alles vergeben, aber ihre Lippen fühlten sich so sündig schön auf meinen an. Hmmm… nein… doch… nur noch ein bisschen, es fühlte sich einfach zu schön an…
Stöhnend erwiderte ich den Kuss genauso stürmisch, krallte meine Hand in ihre wunderbaren goldenen Haare und gab jeglichen Widerstand auf. Verzückt blickte sie mich an und schloss dann ihre Augen. Sofort, als sich ihre Lippen von meinen lösten, vermisste ich das fantastische Gefühl. Atemlos schaute sie mich an, die Haare lagen Zoey wirr am Kopf und ihre Lippen waren ein wenig geschwollen.
„Dasch wollte isch immer schooon machen. Und es isch so wunderbar, isch …“ Bevor sie zu Ende reden konnte, presste ich meine Lippen wieder auf ihre und wir vergaßen alles um uns herum.
Irgendwann, als wir es endlich geschafft hatten, uns voneinander zu lösen, gingen, naja eher torkelten, wir zusammen in Richtung Auto. Wir kamen zu dem heruntergekommen Parkplatz hinter der Disko, der nur von einer alten Straßenlampe spärlich beleuchtet wurde.
Mein Ferrari stand auf dem hintersten Platz, sodass wir an mehreren alten Fichten vorbei mussten, die unheimliche Schatten warfen. Der Wind pfiff uns um die Ohren und ich meinte mehrmals Schritte zu hören. Aber wenn ich mich umschaute, sah ich nichts und wandte mich wieder Zoey zu.
Diese hing an meinem Arm und ich konnte an nichts anderes denken, als an ihre Lippen. Dementsprechend unvorbereitet war ich auch, als sie brutal von mir weggeschleudert wurde. Plötzlich lief alles wie in Zeitlupe ab. Ich sah, wie Zoey nach vorne stolperte – noch nach Halt suchte, doch vergebens mit ihren Armen in der Luft ruderte - einen kleinen Schrei ausstieß und dann auf die dreckige Bordsteinkante fiel. Dort blieb sie regungslos liegen, zwischen den Laubblättern und den Bierflaschen. Entsetzt weiteten sich meine Augen und ich fauchte herausfordernd. Schnell wollte ich zu ihr eilen, doch durch den Alkohol war mein Reaktionsvermögen beeinträchtigt. Deswegen traf mich der erste Schlag auch ziemlich überraschend. Eine Faust landete mit voller Wucht in meinem Bauch und trotz meines vernebelten Verstands registrierte ich, dass der Schlag nur von einem Vampir ausgeführt worden sein konnte. Denn zu dieser Stärke war kein Mensch in der Lage. Kurz ging ich in die Knie, doch ich rappelte mich schnell wieder auf und versuchte mir einen Überblick über die Lage zu verschaffen.
Vor mir stand ein riesenhafter Muskelprotz Vampir, sein Kopf war kahlgeschoren und er war über und über mit Tattoos – und ich meine damit keine Blümchentattoos - bedeckt. Auf seinem kahlen Schädel war ein großer Totenkopf und seine Ohren zierten mehrere Ohrringe. Außerdem hatte er keine Augenbrauen, stattdessen waren dort mehrere Piercings. Kurz gesagt – er sah fürchterlich aus. Er war so ein Lauf oder du bist tot Typ. Aber ich hatte nicht vor zu fliehen, also stellte ich mich in Angriffsposition, was sich als schwierig herausstellte, da ich noch nicht mal mehr gerade stehen konnte. Scheiß Alkohol! Als er das bemerkte, fletschte er seine gelben, verfaulten Zähne zu einem fiesen Lächeln und ich sah das blutrote Zahnfleisch, er sah aus wie eine Bulldogge, die gerade ihr Futter gewittert hatte. Ich wartete schon förmlich darauf, dass ihm die Spucke aus dem Mund lief. All das registrierte ich in einem Sekundenbruchteil, bevor mich schon wieder ein unerwarteter Schlag traf, aber dieses Mal voll in meine Eier. „Ahh, du Wixxer, du kleiner Scheißer…“ Schmerzerfüllt krümmte ich mich zusammen, fluchte aber noch fleißig weiter. Verfluchte Scheiße! Tat das weh!
Doch auf einmal hörte ich Zoeys entsetzten Schrei, in mir loderte brennender Hass auf und ich schaffte es, mich wieder auf zu richten, da meine Wut meinen vernebelten Verstand durchdrang. Adrenalin wurde in meine Adern gepumpt und mein ganzer Körper spannte sich an. Ihr durfte nichts passieren! Das würde ich nicht zulassen. Ich blickte mich um und sah, dass der Vampir Zoey an der Kehle gepackt in die Luft hielt, so dass sie den Boden nicht mehr berühren konnte. Ihr Gesicht lief schon rot an und ihre Füße strampelten wie wild. So traf sie ihn auch genau zwischen den Beinen, aber er zuckte nicht einmal mit der Wimper. Auf einmal zog er ein Messer aus der Tasche seines langen, schwarzen Mantels. Zoeys Augen weiteten sich entsetzt und mir rutschte das Herz in die Hose.
Verdammte Scheiße! Wild strampelte ich mit meinen Füßen und triumphierte schon innerlich, als ich meinen Angreifer endlich zwischen den Beinen traf. Doch leider musste ich feststellen, dass ihm das scheinbar nicht wehtat. Der Typ war doch nicht normal! So viel ich mich auch bewegte, seine Finger bewegten sich kein Stückchen. Wie stark war der denn? Seine einzige Reaktion darauf war, noch fester zuzudrücken, sodass ich langsam kaum noch Luft bekam. Wo war Ryan denn, wenn man ihn mal brauchte? Suchend blickte ich mich um und entdeckte ihn, wie er sich benommen wieder aufrappelte. Was hatte dieser Vampir mit ihm gemacht? Arschloch! Wütend trat ich ihm nochmal extra fest in die Eier, doch der Typ war wie aus Stein. Langsam ging mir die Kraft aus und ich japste nach Luft. Ich versuchte in seinen Kopf einzudringen, doch ich prallte an einer hohen, undurchdringbaren Mauer ab, die seinen gesamten Geist umgab. Irgendwas hinderte mich daran, meine Fähigkeiten zu benutzen. Scheiße! Was war das? Das ist mir ja noch nie passiert! Die Mutlosigkeit überrollte mich und ich wurde panisch. Ich hatte mich noch nie in meinem ganzen Leben so hilflos gefühlt.
„Was willst du von mir?“, krächzte ich. Der am ganzen Körper tätowierte Typ grinste nur unheilvoll und schüttelte dann den Kopf, wobei er seine gelben Zähne entblößte und mir ein ekelerregender Mundgeruch entgegen kam. Hilfe! Ich muss gleich kotzen. Vielleicht sollte ich das wirklich mal tun, obwohl ich nicht glaubte, dass er dann von mir ablassen würde.
Auf einmal holte dieser verdammte Vampir ein Messer aus seiner Tasche und fuchtelte damit vor meinem Gesicht herum. Wie eine Flutwelle überkam mich die Angst. Scheiße! Der will mich umbringen! Nein, ich will noch nicht sterben!, schoss es mir durch den Kopf. Panisch zappelte ich immer heftiger, doch ich bemerkte, wie die Sicht vor meinen Augen langsam verschwamm. Verzweifelt trat ich einfach nur noch wild um mich und versuchte gegen die Ohnmacht anzukämpfen. Ich wollte noch so viel in meinem Leben erreichen, ich konnte jetzt doch nicht einfach sterben. Jetzt wurde ich richtig wütend, dieser Arsch konnte mir doch nicht einfach so mein Leben wegnehmen, vor allem da ich gerade noch so glücklich mit Ryan gewesen war. Oh nein, ich würde nie wieder Ryans wundervolle Lippen auf meinen fühlen!“ Der Gedanke brachte das Fass zum Überlaufen und meine Ohren fingen vor lauter Wut an zu rauschen. Mit letzter Kraft spuckte ich ihm in seine hässliche Fratze. Ich sah noch, wie sich seine orangenen Augen, die wie Lava glühten, zu Schlitzen verengten und dann fiel ich in bodenlose Schwärze. Ich meinte noch ein verzweifeltes Brüllen wie durch Watte zu hören, doch ich war mir nicht sicher, ob ich mir das vielleicht nur eingebildet hatte.
Ich fühlte mich so frei. Mit einem begeisterten Jubel breitete ich meine Arme aus und flog durch die Wolken, ein eisiger Wind wehte, doch das störte mich kaum. In einer Wolke schwebte Ryan, der in ein blütenweißes Gewand gekleidet war und mich liebevoll anblickte. Ich bemerkte, dass aus seinem Rücken wunderschöne, weiße Flügel kamen. Sie waren doppelt so groß wie er und sahen ziemlich weich aus. Ich flog schneller auf ihn zu und als ich vor ihm ankam, meinte er mit samtweicher Stimme, dass ich bezaubernd aussähe. „Danke“, hauchte ich und fasste dann vorsichtig seine Flügel an. Oh, die waren richtig schön flauschig. Ich kicherte und rückte näher an ihn heran. So glücklich hatte ich mich noch nie gefühlt….
Langsam bemerkte ich, wie mein Bewusstsein zurückkehrte, obwohl ich versuchte, den schönen Traum noch etwas länger festzuhalten. Doch leise, verzerrte Stimmen störten mich. Ärgerlich versuchte ich die Geräusche auszublenden, doch es funktionierte nicht.
Auf einmal fühlte ich, wie etwas auf mein Gesicht tropfte. Was war das? Ich versuchte meine Augen zu öffnen, doch meine Lider fühlten sich so schwer an, so schwer…
Noch bevor ich wieder ganz zu mir kommen konnte, legte sich wieder schwarzer Nebel um mein Bewusstsein und umhüllte mich. Müde versuchte ich noch nicht mal dagegen anzukämpfen, warum denn auch? Ich wollte nur schlafen…
„Zoey!“, hörte ich auf einmal eine verzweifelte Stimme rufen. Ich versuchte sie zu ignorieren, doch als schon wieder etwas auf mein Gesicht tropfte, wurde ich wütend. Konnte man denn nicht einmal seine Ruhe haben? Mit halb geöffneten Liedern blickte ich träge in wunderschöne, smaragdgrüne Augen. Meine Augen weiteten sich ein bisschen, und ich konnte verschwommen erkennen, dass Ryan sich besorgt über mich gebeugt hatte. Hmm, war ja nur Ryan. Ich beschloss einfach weiter zu schlafen, doch der Idiot schüttelte mich. „Zoey, hörst du mich, du darfst jetzt nicht einschlafen, ja? Du musst bei mir bleiben!“ Ich muss gar nichts! Trotzig schloss ich meine Augen wieder, doch plötzlich fiel zum dritten Mal ein Tropfen auf mein Gesicht. Ärgerlich wischte ich mir mit dem Handrücken übers Gesicht und schlug dann doch nochmal meine Augen auf, da ich wissen wollte, was das ist. Zuerst fiel mein Blick auf Ryans Lippen und sofort schossen mir wieder die Erinnerungen durch den Kopf, wie wir uns küssten und wie wunderbar sich das angefühlt hatte. Doch dann weiteten sich meine Augen entsetzt, Ryans linke Wange wurde durch eine lange, blutende Wunde verunstaltet. Sie zog sich gerade von seiner Augenbraue bis zu seinem Kinn. Wie konnte mir das nicht sofort aufgefallen sein? Aus der Wunde floss Blut und tropfte dann stetig in mein Gesicht.
Eine Schreckenssekunde lang war ich wie erstarrt – ich wollte auf sie zu rennen, doch es fühlte sich an, als ob an meinen Beinen plötzlich Betonklötze hängen würden.
„Was machst du denn, du Idiot? Los, rette sie, ich hab nämlich kein Bock mir dein Gejammer anzuhören, wenn dieser Emovampir sie umbringt!“
Aufgeregt hüpfte Luzifer herum und stupste mich immer wieder an. Das riss mich aus meiner Erstarrung. Schnell setzten sich meine Beine in Bewegung und ich stürmte auf die beiden zu, um Zoey zu retten. Dabei ließ ich sie nicht aus den Augen.
Doch leider hatte auch jemand anders diesen Plan gefasst, denn kurz bevor ich an meinem Ziel angekommen war – rannte ich genau in Dantes rechte Seite, der ebenfalls Zoey zu Hilfe eilen wollte.
Heftig stieß ich mir meine Nase an seinem steinharten Kopf. Was hatte der denn für einen Dickschädel?
Ich taumelte zurück und rieb mir schmerzerfüllt die Nase.
Dante wurde ebenfalls zurückgeschleudert und landete fast auf dem Boden. Rechtzeitig konnte er sich noch auffangen, doch als ich wieder zu Zoey blickte, musste ich entsetzt feststellen, dass der Vampir sie gleich erwürgen würde. So schnell wie ich noch nie in meinem Leben war, raste ich auf sie zu – doch ich kam zu spät. Wie in Zeitlupe sah ich, wie Zoeys Augen langsam zufielen. Nein!! Sie durfte nicht sterben! Ich würde diesen Vampir umbringen, ihm alle Eingeweide herausreißen! Mit einem verzweifelten Brüllen stürzte ich mich auf dieses Monster und schleuderte Zoey von ihm weg. Doch ich hatte das Messer, das der Vampir noch immer in der Hand hielt, vergessen. Und auf einmal spürte ich nur noch einen brennenden Schmerz in meinem Gesicht, Blut schoss mir in Strömen über die Augen und verdeckte meine Sicht mit einem roten Schleier. In dem Moment dachte ich, dass ich jetzt wohl sterben musste.
Es fühlte sich so an, als ob mein Gesicht in Flammen aufging, es brannte lichterloh. Verschwommen bemerkte ich, dass ich hart auf dem Boden aufprallte und mich Stimmen riefen. Auf einmal durchzuckte mich ein Gedanke. Was war mit Zoey, hatte ich sie retten können?
Ich spürte schon, dass die Dunkelheit nach mir griff, doch ich versuchte gegen sie anzukämpfen. Erst musste ich wissen, ob es Zoey gut ging.
Keuchend atmete ich und auf einmal strömte eine warme Flüssigkeit in meinen Mund. Hektisch schluckte ich und merkte sofort, wie Kraft meinen Körper durchströmte. Ruckartig setzte ich mich auf und öffnete meine Augen. Erst sah ich nichts, doch langsam nahm ich verschwommene Umrisse wahr.
„Oh man, hast du mir einen Schreck eingejagt, Ryan. Wie dumm bist du denn auch, einfach auf den loszustürmen. Seit wann bist du denn so unvorsichtig? Es war wegen Zoey, oder?“
Auf einmal hörte sich seine Stimme ziemlich bedrückt an.
„Oh nein, was ist mit Zoey?! Ist ihr was passiert, Dante, sag mir, dass es ihr gut geht!“
Die Stille, die darauf folgte, machte mich wahnsinnig.
„Dante!?“ Verzweifelt amtete ich aus. Was war mit ihr?
„Ryan, sie ist bis jetzt noch nicht wieder aufgewacht. Ich hab sogar schon versucht, ihr etwas von meinem Blut zu geben, so wie bei dir, doch sie hat es nicht geschluckt.“
Nein, Nein, Nein, das konnte nicht wahr sein! Das durfte nicht wahr sein.
Verzweifelt rappelte ich mich auf und lief zu ihr hin, sie lag auf dem vermüllten Boden. Ihre sonst so goldenen Haare waren chaotisch, glanzlos und dreckig. An ihrem Hals waren Würgemale, die langsam blau wurden und man sah die Fingerabdrücke dieses verdammten Vampirs, doch trotzdem war sie in meinen Augen noch ein Engel. Ein gefallener Engel.
Schnell hockte ich mich hin und schüttelte sie.
„Zoey, Zoey“ flüsterte ich immer wieder wie eine Schalplatte. Fassungslos wiegte ich ihren reglosen Körper in meinen Armen immer wieder hin und her. Warum bewegte sie sich nicht? Warum wachte sie nicht auf?
„Zoey, verdammt nochmal, du darfst mich jetzt nicht verlassen.“ Rasend vor Wut und Verzweiflung schüttelte ich sie immer heftiger, sodass Dante mich schon wegziehen wollte. Doch auf einmal zuckte sie und einen Moment lang sah es so aus, als ob sie ihre Augen öffnen wollte. Mir fiel vor lauter Erleichterung ein dicker Stein vom Herz, als sie sich regte.
Über glücklich strich ich ihr durchs Haar und streichelte ihr Gesicht.
Sie würde es überleben!
Nun etwas beruhigter setzte ich mich neben sie und fuhr geistesabwesend immer wieder mit meinen Fingern über ihr Gesicht.
Als mein Blick wieder auf die Würgemale fiel, fragte ich mich, wo dieser Emovampir überhaupt war. Hatte Dante ihn umgebracht?
„Dante, was hast du mit dem Vampir gemacht?“, rief ich ihm zu. Er war gerade dabei, die Gegenstände, die aus Zoeys Handtasche gefallen waren, wieder aufzuheben. Meiner Meinung nach war das alles eh nur unnötiger Krempel.
„Der ist abgehauen, Fabio ist ihm hinterher, aber ich bezweifle, dass er ihn noch fängt.
Und geht es wieder mit deiner Wunde?“
Achja, ich war ja verletzt. Prüfend fuhr ich mir mit der Hand durchs Gesicht und war ziemlich erstaunt, als ich Bluttropfen an meinen Fingerspitzen sah. Ich spürte überhaupt keinen Schmerz mehr, das lag vermutlich an der schmerzlindernden Wirkung von Vampirblut.
„Danke für das Blut, Dante.“
Überrascht blickte er auf.
„Das war doch selbstverständlich. Und außerdem bin ich heilfroh, dass du es überlebt hast, ich dachte schon, du stirbst.“
„Als ob man den so schnell loswerden würde.“
Ich ignorierte Luzifers Kommentar und schaute wieder auf Zoey herab. Sie war immer noch nicht aufgewacht.
Nach Minuten – mir kam es wie Stunden vor – regte sie sich endlich ein bisschen.
„Zoey!“, rief ich. Träge öffnete sie ihre Augen und ich versank in dem Ozeanblau. Kurz spiegelte sich Erkennen in ihren Augen wieder, doch dann schloss sie sie langsam wieder.
„Zoey, hörst du mich, du darfst jetzt nicht einschlafen, ja? Du musst bei mir bleiben!“
Doch sie reagierte nicht und ich bemerkte, dass das Blut aus meiner Wunde in ihr Gesicht tropfte.
Bevor ich es wegwischen konnte, schlug sie ihre Augen wieder auf und starrte mich entsetzt an. Oh, ich glaube sie hat die Wunde entdeckt.
Sie krächzte irgendwas, doch ich verstand nicht was. Deswegen beugte ich mich noch näher zu ihr heran. „Was?“
Sie sprach so leise, dass ich mich anstrengen musste, um sie zu verstehen. „Was…Was ist mit deinem Gesicht passiert?“
„Der Vampir hat mich mit seinem Messer getroffen, ist aber nicht weiter schlimm.“
„Nicht weiter schlimm!? Du hast eine blutende Wunde im Gesicht. Natürlich ist das schlimm.“ Aufgeregt versuchte sie sich aufzusetzen, doch ich drückte sie eilends wieder runter.
„Bleib bloß liegen, du bist noch zu schwach. Am besten ruhst du dich noch ein bisschen aus. Gleich bringen wir dich nach Hause.“ Schwach nickte sie und schloss ihre Augen wieder. Man merkte ihr an, dass sie ziemlich geschwächt war.
Auf einmal ertönte das laute Klingeln eines Handys. Als ich aufblickte sah ich, dass es aus Dantes Richtung kam und er ging schnell ran.
„Ja?“
Ich verstand nicht, was geantwortet wurde, deshalb wurde ich ziemlich neugierig, als sich Dantes Mine verdüsterte.
„Scheiße! Das ist gar nicht gut, wir hatten hier auch schon einen Angriff…“ Er wollte noch mehr sagen, aber scheinbar wurde er unterbrochen.
„Nein, ihr ist nichts passiert. Ja, ihr geht es gut. Und ja, wir werden so schnell wie möglich kommen“, meinte Dante genervt.
Wohin sollten wir kommen?
Dante legte auf, wählte aber erneut eine Nummer. Man! Ich wollte doch wissen, wer dran war und was er wollte.
„Fabio, brech die Suche nach ihm ab. Wir haben einen neuen Befehl.“
Ah, also war der Anruf von Viktor gekommen.
Nachdem Dante aufgelegt hatte, wandte er sich an mich.
„Wir sollen sofort nach Jamaika kommen. Viktor kann nicht da weg, will aber, dass Zoey zu ihm kommt. Wir sollen sie unversehrt – die Betonung lag deutlich auf unversehrt – dort abliefern, ähmm sonst würde er uns persönlich die Haut abziehen. Außerdem sollen wir mit dem Schiff fahren, denn er denkt, dass seine Feinde zuerst den Flughafen kontrollieren.
Die Situation ist nämlich auch bei ihm etwas außer Kontrolle geraten, da es mehrere Anschläge auf Rats Mitglieder gab. Und er will auf Nummer sicher gehen, dass Zoey auch ja nichts passiert. Scheinbar traut er uns das nicht zu.“ Mit einem Blick auf die am bodenliegende Zoey, fügte er hinzu: „Naja, scheinbar zu Recht.“
Im Stillen musste ich ihm zustimmen, wir waren schlechte Bodyguards, aber zu meiner Veteidigung musste ich sagen – wir waren ja auch nicht dafür ausgebildet. Aber trotzdem breiten sich Schuldgefühle in mir aus. Verdammt, wieso hatte ich mich nur betrunken und meine Umgebung vernachlässigt?
Stillschweigend warteten wir auf Fabio und jeder machte sich seine eigenen Gedanken.
Als er endlich ankam, legten wir Zoey vorsichtig auf den Rücksitz meines Autos. Dante setzte sich neben sie und hielt sie fest. Während ich darauf wartete, dass Fabio den Lamborghini startete, bedachte ich Zoey noch mit einem sanften Blick. Immer noch war ich total erleichtert, dass sie den Angriff relativ unbeschadet überstanden hatte.
Fabio fuhr vor und ich folgte ihm, doch ich war darauf bedacht, normal zu fahren und nicht zu rasen, damit Zoey nicht so durchgeschüttelt wurde.
Doch als wir in Zoeys Straße einbogen, bemerkten wir, dass die Lichter im Haus an waren und es scheinbar durchsucht wurde.
„Verdammt! Jetzt schnüffeln sie schon im Haus rum“, fluchte Dante.
Einige Meter weg von Haus parkte ich am Straßenrand, schnallte mich ab und öffnete die Tür.
„Was hast du vor Ryan, du kannst nicht dahin gehen!“ Dante versuchte mich abzuhalten.
„Na klar kann ich das, ich will das Haus ja auch nicht stürmen, ich will nur wissen, mit wem wir es zu tun haben.“
Dante schüttelte immer noch den Kopf.
„Ryan, unsere einzige Aufgabe ist es Zoey zu beschützen und nichts anderes. Überlass das lieber Viktor selber.“
„Aber…“
Jetzt wurde Dante wütend.
„Kein Aber, schwing dein Arsch jetzt wieder in den Wagen und fahr uns zum Hafen.“
Wiederwillig gab ich nach und trat aufs Pedal.
Im Rückspiegel sah ich, dass Fabio das Gleiche tat und wir folgten den Schildern, die zum Hafen führten. Gut, dass Zoeys Haus nicht weit entfernt vom Atlantik lag.
Ich hoffte, dass ein Schiff nach Jamaika fuhr, denn ich wollte hier so schnell wie möglich weg. Denn es war hier für Zoey nicht mehr sicher genug.
Auf dem riesigen Parkplatz des Hafens hielten wir an und als wir ausstiegen schlug uns der typische Hafengeruch entgegen, es roch nach Fisch und Meer.
Dante war schon vorgegangen und sollte Tickets besorgen, doch jetzt hatten wir ein Problem. Eigentlich wollte ich Zoey nicht wecken, denn sie brauchte den Schlaf dringendst. Außerdem sahen wir alle so aus, als ob wir gerade einen Kampf hinter uns hatten – was ja auch stimmte.
Da uns nichts anderes übrig blieb, weckten wir Zoey und versuchten ihr grob die Haare zu kämmen. Beziehungsweise – Fabio fuhr mit seinen riesigen Pranken durch ihre Haare, was es eigentlich nur noch schlimmer machte. Doch Zoey ließ alles kommentarlos über sich ergehen, ich hatte das Gefühl, dass sie noch halb am Schlafen war.
Dann wischte ich mir mit einem Tuch übers Gesicht und versuchte das Gröbste wegzuwischen. Doch nachher war alles noch blutverschmierter. Verdammt! Mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen, lief ich zur nächsten Toilette und säuberte mich dort. Trotzdem sah die Wunde danach noch ziemlich übel aus. Ich musste wohl ein Kapuzenträger bleiben.
Fabio hatte in der Zeit mit Zoey draußen gewartet, doch sie war schon wieder eingeschlafen, sodass er sie schütteln musste, als wir weiter gehen wollten.
Wir setzten uns auf eine Bank, die mit Kaugummis voll beklebt war, was ich leider zu spät bemerkte.
Als Dante, mit den Tickets wedelnd, wiederkam, stand ich auf.
„Wir fahren mit der Aidablue, das war zwar das teuerste Schiff, aber das Gute ist, dass es in einer halben Stunde abfährt. Also los! Achja, leider haben wir nur zwei Doppelbettzimmer, da schon fast alles Plätze gebucht waren. Vielleicht könnten…“
Wie aus der Pistole geschossen meinte ich: „Ich schlaf mit Zoey in einer Kabine.“
Dante sah mich zweifelnd an.
„Bist du sicher, dass du wieder bei ihr schlafen willst. Ich will ja nichts sagen, aber erinnere dich dran, wie es letztes Mal ausgegangen ist.“
Ich winkte ab.
„Ich werde sie nicht mehr unbeschützt lassen.“ Und damit war die Diskussion für mich beendet.
Also schnappte ich mir die Tickets und ging voran. Fabio trug Zoey halb, da sie schon wieder eingeschlafen war. Dante, der hinter mir ging, lachte den ganzen Weg lang verhalten, aber immer wenn ich ihn anblickte, machte er eine Unschuldsmiene.
Was hatte der denn?
Doch als das Gekicher nicht aufhörte, fuhr ich wütend herum.
„Was ist denn los?“ Doch die einzige Antwort, die ich bekam, war ein weiter Pruster.
Dann eben nicht!
Als wir zur Rezeption des Schiffes kamen, gab ich die Tickets nach kurzem Nachdenken Fabio, da er der Einzige von uns war, der noch halbwegs normal aussah.
Während er die Sache mit den Zimmern klärte, blickte ich mich in der Lobby um.
Man könnte fast denken, man wäre an einem Strand.
Die Wände waren türkisblau gestrichen und es sah aus, als ob das Wellen wären. Weiter hinten konnte man Palmen erkennen, an denen Kokosnüsse hingen und der Boden hatte verschieden Sandfarben. Selbst die Luft roch wie am Meer, obwohl wir in einem geschlossenen Raum waren. Zwei Seiten des großen Raumes waren komplett verglast und man hatte eine super Aussicht auf den ruhigen Ozean. Leider war es hier drin auch tropisch warm, sodass ich unter meiner Kapuze anfing zu schwitzen, doch ich konnte sie nicht abziehen.
Endlich war Fabio fertig und wir konnten auf unsere Zimmer, die in der obersten Etagen lagen.
Aufmerksam sah ich mich um, alle Leute starrten uns an. Vermutlich weil wir die einzigen waren, die hier noch nicht in Hawaihemden und kurzen Hosen rumliefen und nicht gerade nach Urlaubern aussahen. Ich hielt Ausschau nach weiteren feindlichen Vampiren, doch ich bemerkte keinen. Entweder sie hielten sich gut verdeckt, oder sie hatten unsere Flucht noch nicht bemerkt.
Ich hoffte auf Letzteres.
Als das Gekicher wieder anfing, knurrte ich wütend. Ich hasste es wie die Pest, wenn jemand hinter meinen Rücken lachte.
Genervt versuchte ich Dantes Gelächter zu ignorieren und stapfte die Treppen hoch. Es kam mir vor, als ob es tausend Stufen wären. Es gab zwar auch einen Aufzug, doch ich mochte es nicht sonderlich in einem engen Raum eingesperrt zu sein. Deswegen lief ich immer, wenn es möglich war.
Auf einmal kamen zwei kleine Kinder die Treppen von oben um die Kurve hinuntergelaufen. Sie bemerkten mich nicht, rannten prompt in mich und prallten zurück. Überrascht starrten sie mich an. Das kleine Mädchen, mit den geflochtenen Zöpfen, wich ängstlich zurück, als ich aufblickte und sie meine Wunde entdeckte. Ich verkniff es mir noch ein Grimasse zu ziehen um sie zu ärgern, doch ich hatte keine Lust, dass sie noch anfing zu schreien oder so. Man wusste ja nie, wie kleine Kinder tickten.
Also ging ich weiter, doch ich hatte kaum einen Schritt gemacht, als der kleine Junge auch loslachte.
Jetzt reichte es! Was war nur mit den allen los?
Ich drehte mich um und schaute den Jungen, dessen orangenes Augenpflaster total lächerlich aussah, wütend an. Doch streckte nur seinen Arm aus, zeigte auf meinen Hintern und meinte rotzfrech:
„Du hast da ein Kaugummi am Arsch kleben, du Trottel.“ Und dann kicherte er noch lauter und rannte weg.
Jetzt konnte sich Dante nicht mehr halten vor Lachen und kugelte sich fast am Boden. Angeekelt suchte ich das Kaugummi, zog die eklige, klebrige Masse, die schon Fäden gezogen mit spitzen Fingern ab und warf es die Treppe runter, hoffentlich fiel es dem Jungen auf den Kopf. Dann wischte ich mir die Finger an der Hose ab und fauchte Dante an:
„Du bist so ein Arsch, hältst es nicht für nötig mir mal zu sagen, dass ich da ein Kaugummi habe und lachst dich auch noch ganze Zeit schlapp darüber. Toller Freund!“
Erbost stiefelte ich die Treppen hoch und tat so, als hörte ich Dante nicht, der versuchte sich bei mir zu entschuldigen.
Endlich waren wir oben angekommen und ich suchte nach meinem und Zoeys Zimmer.
Ein Flur bog links ab und einer rechts und ich entschied mich kurzfristig einfach mal für rechts. 678. Wo war dieses verdammte Zimmer 678? Ich hörte Dante hinter mir herrufen, doch ich lief trotzdem weiter. Vielleicht hätte ich doch den anderen Flur nehmen sollen. Also drehte ich mich um und ging einfach an Dante vorbei, der mir entgegen kam. Als ich gerade in den anderen Flur einbiegen wollte, hielt Dante mich zurück. „Jetzt bleib doch einfach mal stehen, du sturer Esel. Wir sind in der falschen Etage, es geht noch eins höher.“
„Aber da war keine Treppe mehr“, meinte ich trotzig.
„Die Treppe geht ein paar Meter entfernt weiter, keine Ahnung warum.“
Ach verdammt, ich hatte mich mal wieder total lächerlich gemacht.
Also gingen wir noch eine Etage höher und die erste Tür, die uns ins Auge sprang war – 678. Na toll.
Ich riss Fabio den Schlüssel aus der Hand, öffnete die Tür und meine Wut war wie weggeblasen.
Wow! Das Zimmer war fantastisch. Die hintere Wand war komplett verglast, leicht schräg und bot eine wunderbare Aussicht auf den Hafen. Eine Tür führte nach draußen auf den Balkon, auf dem eine orangefarbende Hängematte im Wind leicht schaukelte.
Als ich einen Schritt in das Zimmer machte, bemerkte ich das riesige, gemütliche Sofa und ließ mich erst Mal zwischen die flauschigen roten Kissen fallen. Es war ein anstrengender Tag gewesen.
Fabio kam heran und trug Zoey, die mittlerweile schon wieder eingeschlafen war, zu dem luxuriösen riesigen Bett und legte sie dort sanft ab. Zufrieden seufzte sie und kuschelte sich in die dunkelrote Bettdecke ein.
Dann verließ er geräuschlos das Zimmer. Mir fielen auch schon langsam die Augen zu und ich überlegte, ob ich mich auch schlafen legen sollte, denn das Bett sah wirklich bequem aus. Als ich einen Blick auf die große Uhr warf, stellte ich überrascht fest, dass es schon halb vier nachts war.
Ich zog mich aus, voraussichtlich ließ ich aber das T-Shirt an. Nicht das es nachher wieder zu dem Theater von gestern Morgen kam. Dann ließ ich mich auf das andere Ende des Bettes fallen, also möglichst weit weg von Zoey.
Schnell übermannte mich die Müdigkeit und ich glitt ins Land der Träume.
Ich schwebte schon wieder auf einer Wolke. Wohlig seufzend ließ ich mich auf dem flauschigen Untergrund nieder und genoss die Sonnenstrahlen, die mein Gesicht kitzelten. Aus der Ferne sah ich eine Person näher kommen. Ryan! Glücklich sprang ich auf und lief auf ihn zu, doch je geringer der Abstand zwischen uns wurde, desto so mehr verändertere er sich. Seine Schultern wurden immer breiter, er wuchs mindestens um einen Kopf, seine Haare wurden kürzer und kürzer und langsam verdunkelte sich seine Haut und wurde mit Tattoos überzogen.
Meine Schritte verlangsamten sich, das war nicht mehr Ryan. Ich blieb stehen, doch die Person kam unaufhaltsam auf mich zu. Als ich sein Gesicht erkennen konnte, entfuhr meiner Kehle ein gellender Schrei –
Ruckartig wollte ich mich aufsetzen, doch starke Arme, die mich umschlungen hielten, hinderten mich daran.
Immer noch vor Schreck zitternd, stieß ich erneut einen kleinen Schrei aus, als mein Blick auf einen muskulösen Mann fiel. Dieser wurde dadurch aufgeschreckt und fuhr hoch.
„Was ist los?“ Hektisch sah er sich im Zimmer um und erst da registrierte ich, dass der Mann Ryan war. Im ersten Moment verspürte ich Erleichterung, dann Verwirrtheit und schließlich wurde ich ziemlich wütend.
Empört brüllte ich ihn an: „Was hast du schon wieder in meinem Bett zu suchen?“
Überrumpelt schaute er mich an.
„Es ist unser Bett.“
Was Besseres fiel ihm wohl nicht ein.
„Na und? Dann hättest du wenigstens auf der anderen Bettseite bleiben können!“
Reumütig sah er mich an.
„Es tut mir leid, ich hab mich erst dahin gelegt, doch scheinbar hab ich mich im Schlaf bewegt. Wird nicht wieder vorkommen, das nächste Mal leg ich mich aufs Sofa.“
Und schon war er weg. Ich hörte nur noch die Tür hinter ihm zu knallen. Verblüfft sah ich ihm hinterher, es schien ihm wirklich Leid zu tun, wenn er schon anbot das nächste Mal auf dem Sofa zu schlafen. Aber das hätte ihm auch gleich einfallen können!
Erst jetzt nahm ich meine Umgebung wirklich wahr, das Zimmer war fantastisch. Es war in verschiedenen Rot-und Orangetönen gehalten und machte einen sehr warmen Eindruck.
Die hintere Wand war verglast und ich hatte einen guten Ausblick auf das Meer und die Wellen, die das fahrende Schiff erzeugte. Ich trat näher an die Fenster und schob die Tür zum Balkon auf. Als ich die Hängematte sah, seufzte ich verzückt auf. Ich liebte Hängematten. Schnell ließ ich mich in sie fallen. Das war so angenehm, wie ich leicht im Wind schaukelte und diese Ruhe. Herrlich. Doch dann meldete sich mit einen lauten Knurren mein Magen. Wann hatte ich zuletzt was gegessen? Es war auf jeden Fall zu lange her. Wiederwillig stand ich auf und schlurfte ins Bad. Wow! Also die Einrichter hier hatten echt Geschmack. Zwei Wände waren verspiegelt und in der Mitte des Bads thronte eine riesige, rote Badewanne. Auf der Ablage daneben gab es mindestens fünfzig verschieden Badeschaums, Badesalze und Shampoos. Das ganze Badezimmer roch nach verschieden, exotischen Düften. Mango, Kokosnuss, Ananas und noch vieles mehr.
Doch als ich in einer der tausend Spiegel schaute, erschrak ich zu Tode. Mein Hals wurde von roten und blauen Würgemalen geziert und man sah deutlich die Fingerabdrücke des Vampirs. Vorsichtig tastete ich sie ab. Ah, das tat weh. Außerdem war ich leichenblass und meine Haare sahen aus wie ein Krähennest.
Ich beschloss erstmal ein Bad zu nehmen, das würde mich sicherlich auch beruhigen, denn jetzt kamen mit Wucht die Erlebnisse von gestern wieder an die Oberfläche. Zitternd entkleidete ich mich und schleuderte das dreckige, ehemalig so schöne Kleid in die Ecke. Dann ließ ich mich in die Badewanne sinken und wartete bis sie mit heißem Wasser vollgelaufen war.
Mein Blick schweifte über die große Auswahl an Badeschaum, doch dann entschied ich mich für Mango, meinen absoluten Lieblingsduft. Langsam bildete sich Schaum und der Geruch verteilte sich im Raum.
Neben mir entdeckte ich eine Fernbedienung. Wozu die wohl gut ist?
Also drückte ich einfach mal auf gut Glück auf die erst beste Taste und sofort verdunkelte sich der Raum und schimmerte jetzt in einem leicht rötlichen Licht. Der zweite Knopf ließ eine Sprudelanlage in meinem Rücken angehen, die mich dann sanft massierte. Herrlich.
Doch als ich den dritten Knopf drückte, dröhnte auf einmal laute Rappmusik auf, sodass ich vor lauter Schreck die Fernbedienung ins Wasser fallen ließ und fast in der riesigen Badewanne unterging. Prustend kam ich wieder an die Wasseroberfläche und spuckte Schaum. Ich hielt mir die Hände über die Ohren, da ich sonst befürchtete, dass mein Trommelfell platzen würde. Hektisch suchte ich nach der Fernbedienung, doch ich fand sie vor lauter Schaum nicht. Oh, dieser Lärm sollte aufhören.
Da! Endlich berührten meine Finger einen harten Gegenstand und ich angelte ihn aus der Wanne. Hoffentlich funktionierte die Fernbedienung noch. Wild drückte ich auf irgendwelche Knöpfe, doch es wurde nur noch lauter. Also zwang ich mich zur Ruhe, guckte mir die Tasten genauer an und drückte dann auf eine, wo ein kleines Minus drauf war. Sofort wurde es leiser und ich entspannte mich. Dann fand ich auch noch die Umschalttaste und leise, wohlklingende Töne schallten jetzt durch den Raum. So ließ es sich aushalten.
Doch die leise Musik, der einschläfernde Duft, der dunkle Raum und das warme Wasser ließen mich schon wieder müde werden. Ich konnte doch noch ein bisschen schlafen, aber nur kurz…
Na, das war dann wohl mal wieder gehörig in die Hose gegangen. Dabei hatte ich doch eigentlich genau die Situation vermeiden wollen – Zoey, die mich anschreit, warum ich schon wieder in ihrem Bett gelegen habe.
Also war ich einfach geflohen, nachdem ich mich wieder total blamiert hatte.
Was mir Luzifer natürlich auch fleißig vorhielt.
„Es ist unser Bett“, äffte er mich nach. „Es ist unser Bett! Sag mal bist du eigentlich total verblödet, was Besseres hätte dir aber auch nicht einfallen können. Es ist unser Bett. Grhhh…. Diese Dämlichkeit tut ja schon fast weh.“ Theatralisch hielt er sich die Hand vors Gesicht und tat geschockt.
Ich versuchte ihn zu ignorieren, doch er wiederholte es immer und immer wieder. Die Wörter brannten sich förmlich in meinen Kopf ein.
„Ja, ist ja gut! Ich habs verstanden, ich war dämlich. Aber könntest du jetzt bitte aufhören, mir das ständig vorzuhalten?“ Ausgerechnet in dem Augenblick kamen die dummen Kinder von gestern wieder und guckten mich erstaunt an, weil ich mit mir selbst redete. Ich musste mir mal angewöhnen, in Gedanken mit Luzifer zu reden. Als sie an mir vorbeigegangen waren, hörte ich wie sie hinter meinem Rücken anfingen zu tuscheln. Na toll! Jetzt hielten sie mich für komplett gestört. Doch wenigstens ließ Luzifer mich jetzt in Ruhe.
Frustriert ließ ich mich auf den Stuhl plumpsen. Nach langer Sucherei hatte ich endlich das kleine, gemütliche Kaffee gefunden, in dem ich mich mit Dante und Fabio zum Frühstücken verabredet hatte. Dante hatte mir den Weg zwar am Telefon beschrieben, aber das Schiff war riesig. Erst war ich ausversehen in eine Hochzeitgesellschaft hineingeraten, da ich mich im Kaffee geirrt hatte und dann war ich auch noch zu weit runtergelaufen und musste deshalb die ganzen Treppen wieder hochrennen. Dante und Fabio saßen schon an dem runden Tisch und Dante hatte sein Gesicht hinter einer Zeitung versteckt. Seit wann las der Zeitung? Fabio hockte stillschweigend neben ihm und rührte gelangweilt seinen Kaffee um, nachdem er mindestens zwei Packungen Milch und drei Zuckertüten hineingekippt hatte. Ekelig!
Nachdem die Kellnerin meine Bestellung aufgenommen hatte, ließ ich meinen Blick durch das Kaffee schweifen. Überall hingen Bilder von vergangen Reisen und berühmten Gästen. In einer Ecke stand ein großer Flügel und daneben war eine Sitzecke. Erst streifte ich die Gäste dort nur, doch irgendwas ließ mein Blick wieder zu ihnen zurückkehren. Sie sahen aus, wie ganz normale Touristen, doch…
Die Kellnerin knallte mir den Kaffee auf den Tisch und strich sich genervt eine rote Strähne hinters Ohr.
„Sonst noch was?“ Was hatten die doch nur für eine nette Bedienung hier.
„Ja. Wir hätten gerne zweimal Menü eins und was willst du Ryan?“ Dante blickte mich fragend an und ich antwortete mit einem schnellen Blick auf die nicht sehr auswahlreiche Speisekarte.
„Das gleich nochmal, bitte.“
Unfreundlich nickte sie, krickelte etwas auf ihren Block und rauschte davon.
„Und? Wie war die Nacht mit Zoey? Ich hoffe für dich, du hast auf dem Sofa geschlafen.“
Kleinlaut wich ich Dantes Blick aus.
„Jetzt sag mir nicht, dass du schon wieder in ihrem Bett geschlafen hast. Du bist echt so ein Trottel, Ryan. Aus seinen Fehlern soll man lernen und sie nicht wiederholen!“
„Aber ich sehe nicht ein, wieso ich auf dem Sofa schlafen sollte, es ist schließlich auch mein Bett“, murmelte ich trotzig.
Dante schnaubte nur abfällig und wandte sich wieder seiner Zeitung zu.
Vorsichtig an meinem Kaffee nippend, blickte ich mich weiter im Raum um. Ich wollte mir die Leute in der Sitzecke nochmal genauer ansehen, aber sie waren nicht mehr da.
Naja, egal. Als die Kellnerin endlich mit dem Frühstück kam, war ich schon halb am Verhungern.
Gut, dass Vampire auch ein paar Tage nur mit menschlichem Essen auskamen, weil es schwer geworden wäre, hier Blutkonserven zu finden und einen Menschen zu beißen kam für mich nicht in Frage. Ich war ja nicht wie andere meiner Art, die Menschen nur für Blutsäcke hielten.
Gierig machte ich mich über das Essen her, doch als ich gerade die erste Gabel in meinen Mund stecken wollte, fiel mir ein, dass Zoey auch noch nichts zu essen hatte und nicht wusste, wo wir waren. Sollte ich erst essen und dann nach ihr zuschauen, oder eben nochmal hoch laufen. Obwohl, eben konnte man nicht sagen, bis ich oben sein würde, wäre ich wahrscheinlich verhungert, aber ich wollte ihr trotzdem Bescheid geben. Seufzend legte ich die Gabel zurück und stand auf. Quietschend verschob sich der Stuhl und Dante sah von seinem Teller auf.
„Wo gehst du hin? Schmeckt dir das Essen etwa nicht, dass ich doch fantastisch“, meinte er mit vollem Mund. Na danke, mach mir auch noch den Mund wässrig!
„Ich will Zoey holen.“
Mit knurrendem Magen stapfte ich also wieder alle Treppen hoch, hätte mich aber fast zum zweiten Mal verlaufen. Endlich war ich im Zimmer angekommen, doch hier war Zoey nicht.
Vielleicht war sie auf dem Bad. Ich klopfte an die burgunderrote Badezimmertür, doch es kam keine Reaktion.
„Zoey? Bist du darin?“ Ich hämmerte etwas fester gegen die Tür und drückte mit der anderen Hand die Klinke herunter, doch es war abgeschlossen. Also musste sie dort sein.
„Zoey, warum machst du mir nicht auf?“ Als immer noch keine Antwort kam, wurde ich langsam etwas beunruhigt. Immer heftiger ließ ich meine Fingerknöchel gegen die Tür knallen und legte dann mein Ohr an die Tür. Ich hörte leise Musik, doch sonst nichts. Mittlerweile wurde ich panisch, was wenn sie ausgerutscht war und sich irgendwo den Kopf gestoßen hatte. Verdammt, ich hätte sie niemals alleine lassen sollen. Nachdem ich ein paar Schritte zurückgegangen war, nahm ich Anlauf und rammte mit meiner Schulter die Tür. Sie hielt meiner Kraft nicht stand und sprang aus den Angeln. Mit einem Poltern landete sie auf dem Boden, doch das nahm ich kaum war. Die riesige Badewanne in der Mitte des Zimmers, war komplett mit Schaum bedeckt und es guckte nur noch eine Hand aus dem Wasser heraus. Verdammt! Das konnte nur Zoeys Hand sein! Mir rutschte schon wieder das Herz in die Hose. Ich würde noch einen Herzinfarkt erleiden, wenn das so weiter geht.
Diesmal brauchte ich keinen Luzifer, der mich an stupste, meine Beine setzten sich ganz von alleine in Bewegung.
Mit großen Schritten überwand ich die paar Meter zur Badewanne, umschloss Zoeys Handgelenk mit meinen Fingern und zog sie mit aller Kraft aus dem Wasser. Hektisch legte ich sie auf den gefliesten Boden und presste meine Hände gegen ihren Brustkorb. Ein Schwall Wasser kam aus ihrem Mund, doch sie rührte sich nicht. Wie lange war sie bewusstlos gewesen? Verzweifelt zog ich die Luft tief in meine Lunge und beugte mich über sie. Gerade als ich meine Lippen auf ihre legen wollte und sie beatmen wollte, spuckte sie erneut Wasser aus – mir genau ins Gesicht. Dann schlug sie die Augen auf und ich war überglücklich, dass sie noch lebte. Ich wollte sie umarmen, doch erst jetzt wurde mir richtig bewusst, dass sie nackt war und meine Hände fast ihre Brüste berührten. Ruckartig, als hätte ich mich verbrannt, zog ich meine Hände zurück. Was sollte sie denn denken? Also zwang ich mich, ihr in die Augen zu blicken und nicht auf diese wunderbaren Brüste, die ich…. Nein, nicht dran denken!
„Aber warum denn nicht? Komm schon ein kleiner Blick würde doch nicht schaden.“
Verdammt! Musste der gerade schon wieder auftauchen? Ich versuchte ihn zu ignorieren, wie schon so oft in letzter Zeit und diesmal funktionierte es auch.
Zoey fing an zu husten und noch mehr Wasser kam aus ihrem Mund. Desorientiert blickte sie sich um.
„Was ist passiert?“, krächzte sie.
„Du bist fast ertrunken Zoey! Was machst du denn auch? Kann mich keine zwei Minuten alleine lassen?“
Irgendwie wurde ich jetzt sauer, aber als sie betroffen guckte, wurde meine Stimme sofort sanfter.
„Bitte mach sowas nie wieder, ja? Mir ist fast das Herz stehen geblieben, vor lauter Schreck.“
„Es tut mir so leid. Ich wollte nur ein wenig dösen. Aber ich verspreche dir, dass es nicht wieder vorkommen wird.“
Reuevoll blickte sie mich an und ich schmolz dahin. Ich konnte einfach nicht wiederstehen, wenn sie mich mit den glänzenden, blauen Augen ansah.
„Ist ja gut, aber du musst jetzt wohl damit rechnen, dass ich dich keine fünf Minuten mehr alleine lassen werde.“
Empört sah sie mich an und protestierte.
„Aber ich werde ja wohl noch alleine aufs Bad gehen können!“
„Wenn es seien muss“, gab ich unter ihrem fordernden Blick nach.
Auf einmal knurrte ihr Magen laut und ich musste kichern. Irgendwie war ich überglücklich, dass ihr nichts passiert war. Zum Glück war sie zur Hälfte Vampir.
„Achja, ich war eigentlich gekommen, um dir zusagen, dass wir unten essen. Zieh dir was an und dann gehen wir runter, ja?“
Erst jetzt wurde ich scheinbar bewusst, dass sie nackt war, denn eine seichte Röte überzog ihr Gesicht, was ziemlich süß aussah. Wiederwillig stand ich auf und suchte nach einem Handtuch in dem riesigen Schrank aus Eichenholz. Endlich fand ich eins und warf ihr es zu. Noch etwas betäubt schaffte sie es nicht, es rechtzeitig zu fangen und es flog an ihr vorbei. Sie drehte sich um, bückte sich und streckte mir unbewusst ihren wohlgeformten Arsch entgegen.
Verdammt! Wollte sie es mir eigentlich richtig schwer machen? Ruckartig drehte ich mich um, doch das machte es auch nicht besser, da ich jetzt in dem Spiegel über dem Waschbecken Zoey sah. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und schloss die Augen. Ich atmete tief durch und drehte mich wieder um. Vorsichtig öffnete ich meine Augen einen Spalt. Puhh! Sie hatte das Handtuch um sich gewickelt und so konnte ich beruhigt meine Augen komplett öffnen. Auch wenn das Tuch nicht allzu viel verbarg.
Sie war immer noch leicht rot, auch wenn sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass ihr das peinlich war.
„Ähmm… Ich warte vor der Tür auf dich.“ Als mein Blick auf ihr verschmutztes Kleid fiel, fügte ich noch hinzu: „Meinst du, du kannst das Kleid nochmal anziehen? Ich kauf dir unten auch gleich Neue.“
Wiederstrebend nickte sie.
„Ryan!“, rief sie, als ich schon fast draußen war.
Fragend blickte ich über meine Schulter.
Ich musste echt hier raus, sie sah so verführerisch aus.
„Ja?“
Verlegen stotterte sie.
„Danke. Also dafür, dass du mir jetzt schon das zweite Mal das Leben gerettet hast. Danke.“
„Keine Ursache, ist ja schließlich mein Job“, meinte ich gröber als beabsichtigt, aber ich hielt es echt nicht mehr lange hier drin aus und mit ihrem Anblick vor Augen, ohne über sie herzufallen. Das nervte echt, dass bei Vampiren die Triebe so stark ausgeprägt waren.
Irgendwie huschte kurz ein enttäuschter Ausdruck über Zoeys Gesicht, doch er war so schnell wieder weg, dass ich glaubte, mir ihn nur eingebildet zu haben.
„Jaja stimmt, ist ja nur dein Job.“ Sie betonte das „nur“ ziemlich stark und klang verletzt.
Verwirrt ging ich und fragte mich, was ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht hatte.
Ein vollkommen unbegründetes Gefühl der Enttäuschung machte sich in mir breit. Natürlich, er passte nur auf mich auf, weil es sein Job war und nicht, weil ich ihm etwas bedeutete. Er hatte wahrscheinlich nur Angst, dass Viktor ihn köpfen, vierteilen – oder schlimmeres – würde, wenn mir auch nur ein Haar gekrümmt würde.
Ich hoffte nur für die drei, dass sie ihm nichts von dem Überfall erzählt hatten und wenn doch – Gott steh ihn bei. Mein Vater hatte nämlich, was mich angeht, einen kleinen Beschützertick – naja, eher einen großen. Deswegen hatte ich meine Freunde auch immer vor ihm geheim gehalten, da er schon immer einen wütenden Ausraster bekam, wenn mich ein Junge nur zu lange anschaute. Das war auch einer der Gründe, warum er mich seinem Clan mehr oder weniger verheimlichte. Vampire hatten nämlich einen stark ausgeprägten Jagdinstinkt, vor allem die männlichen. Frauen, die sie nicht haben konnte, übten sogar eine noch größere Anziehungskraft auf sie aus. Und Vampire gaben niemals auf, wenn sie ihre Beute erstmal gewittert hatten. Außerdem wollte mein Vater nicht, dass ich in die teilweise gefährlichen Clangeschäfte mit reingezogen werde und einer seiner Feinde auf mich aufmerksam wird.
Was leider jetzt passiert war und mein Leben ziemlich durcheinander brachte. Und nicht nur das stellte mein bisheriges, ruhiges Leben auf den Kopf. Ryan hatte sich einfach wie ein Orkan in meine Gefühlswelt gedrängt. Ich musste ständig an ihn denken, er verirrte mich total. Manchmal dachte ich, ich wäre etwas Besonderes für ihn und im nächsten Moment machte er den Eindruck, dass ich ihm nichts bedeuten würde. Immer wieder erinnerte ich mich an den leidenschaftlichen Kuss, an seine weichen Lippen auf meinen, seinen herben, männlichen Geruch, der mir in die Nase stieg und seine rauen Hände auf meiner Haut, in meinen Haaren. Verdammt! Stop! Das war ja zum Haare raufen. Ich machte mir eindeutig zu viele Gedanken über ihn, ich kannte ihn doch erst seit drei Tagen. Er war ein Macho,… obwohl… in den letzten Tagen hatte ich eigentlich nicht das Gefühl, dass er wirklich einer war, äußerlich vielleicht aber…
„Zoey? Alles ok? Du bist jetzt schon seit einer viertel Stunde darin.“ Ryans besorgte Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Schon seit fünfzehn Minuten? Wie lange war ich denn in Gedanken versunken gewesen? Erst jetzt fiel mir auf, dass ich mitten beim Überziehen des Kleides erstarrt war – mein Kopf steckte schon drin, doch meine Arme waren noch in der Enge des Kleides gefangen.
„Ich komme sofort! Eine Minute noch.“ Rasch schlüpfte ich auch noch mit den Armen in das schwarze Kleid, band meine Haare schnell zu einem Zopf zusammen und stürzte zur Tür. Mit einem heftigen Ruck riss ich sie auf und starrte für einen kleinen Moment in Ryans smaragdgrünen Augen, bevor er erschrocken zurück wich. Schnell fing er sich wieder.
„Können wir dann runter?“
Ich nickte zustimmend und wir gingen die endlosen Treppen zum Hauptdeck hinunter. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus. Krampfhaft versuchte ich ein Gesprächsthema zu finden.
„Wie lange fahren wir bis nach Jamaika?“
Ok, ich muss zugeben, nicht gerade das beste Thema, aber besser als dieses Schweigen.
Dante hatte mich zwar schon gestern Abend noch kurz darüber aufgeklärt, dass auch auf meinem Vater ein Anschlag verübt wurde und wir jetzt auch ihm nach Jamaika kommen sollten. Doch Genaueres hatte ich noch nicht erfahren.
„Fünf Tage“, meinte er schroff. Wurde der jetzt auch schon so wortkarg wie Fabio?
„Solange?“, fragte ich verwundert.
„Ist nen Kreuzfahrtschiff.“ Scheinbar hatte er kein Interesse dran, sich mit mir zu unterhalten, also schwieg ich wieder, auch wenn ich nicht verstand, warum er mir jetzt auf einmal so die kalte Schulter zeigte. Hatte ich irgendwas falsch gemacht? Da mir nichts einfiel, hoffte ich einfach, dass wir bald unten waren.
Doch als wir am Hauptdeck ankamen, bemerkte ich, dass mich mehrere Leute anstarrten. Da wurde mir erst wieder bewusst, dass ich noch das zerrissene und verdreckte Kleid von gestern trug. Rasch versuchte ich mich halb hinter Ryan zu verstecken um mich vor den unangenehmen Blicken zu schützen.
Als er es bemerkte, warf er mir einen undefinierbaren Blick zu und knurrte dann einen älteren Mann im grauen Anzug an, der mich abfällig anschaute. Dieser zuckte erschrocken zurück und beeilte sich, möglichst weiter von uns wegzukommen. Dankbar lächelte ich Ryan an.
„Nach dem Essen kaufen wir gleich neue Sachen“, meinte er beruhigend und lächelte zurück. Kurz zuckte seine Hand, als ob er mir über die Wange strecken wollte, doch dann ließ er sie wieder sinken.
Ich verstand ihn echt nicht, vor noch nicht einmal zwei Minuten war er total abweisend und jetzt lächelte er mit mir um die Wette. Der Mann war ein komplettes Rätsel für mich. Kurz überlegte ich, mich mal ein wenig in seinem Kopf umzuschauen, doch irgendwas hielt mich davon ab. Vielleicht würde es mir ja nicht gefallen, was ich dort sah.
Als wir bei einem kleinen gemütlichen Café ankamen, dass zwischen den großen Edelboutiquen links und rechts kaum auffiel, winkte mir Dante fröhlich zu. Fabio nickte sogar leicht in meine Richtung. Wow! Wir machten Fortschritte.
Ich ließ mich auf dem Stuhl zwischen Dante und Fabio nieder.
„Na, geht’s die wieder besser? Du sahst gestern echt nicht gut aus“, fragte mich Dante und nippte vorsichtig an seiner dampfenden, blauen Kaffeetasse.
„Hmmm, eigentlich schon, bin nur noch ein bisschen müde. Hab nicht sonderlich gut geschlafen.“
Ein schelmisches Grinsen breitete sich auf Dantes Gesicht aus.
„Verständlich, wenn ich mit Ryan in einem Bett schlafen müsste, würde ich auch kein Auge zu tun.“
Ryan schnaufte ein wenig empört und schlug Dante mit der Hand gegen den Hinterkopf. Da dieser aber gerade erst einen weiteren Schluck Kaffee getrunken hatte, spuckte er ihn im hohen Bogen wieder aus. Die heiße Flüssigkeit ergoss sich über das ehemals grell pinke Shirt der Kellnerin, die gerade an den Tisch getreten war um meine Bestellung aufzunehmen. Diese brach in ein empörtes Kreischen aus, schrie, dass es heiß sei und fuchtelte wild mit den Armen, sodass sie wiederum einen Gast anstieß, der gerade mit einem Kivimilchshake in der Hand um die Ecke kam. Da er dadurch aus dem Gleichgewicht geriet und mit dem Armen wedelnd nach Halt suchte, spritze jetzt auch noch der giftgrüne Saft auf ihr T-Shirt. Das brachte sie vollends aus der Fassung und sie stöckelte auf ihren Highheels davon.
Dante murmelte noch irgendwas von wegen, dass sie jetzt eine Abkühlung hätte. Einen Moment lang starrten wir uns alle an und brachen dann in Lachen aus. Beziehungsweise – Dante, Ryan und ich kugelten uns vor Lachen auf dem Boden. Fabio zog seine Mundwinkel ein winziges kleines bisschen nach oben. Doch nach einem Augenblick verzog sich sein Gesicht wieder zu einer kalten, gefühlslosen Maske, nachdem er einen kurzen Moment überrascht war, fast so, als könnte er es selbst nicht glauben, dass er einen „Gefühlsausbruch“ hatte.
Nach einiger Zeit hatten wir uns wieder einigermaßen eingekriegt, nur Dante hielt sich noch nach Luft japsend den Bauch.
„Habt ihr den Gesichtsausdruck gesehen? Zum Schreien komisch. Und wie sie ausgerastet ist.“ Er fing schon wieder an zu lachen, doch kurz darauf verzog sich seine Mine nachdenklich.
„Vielleicht sollte ich mich bei ihr entschuldigen. Ihr Oberteil ist jetzt sicherlich ruiniert.“
Und schon war er elegant vom Stuhl aufgesprungen und lief zur Theke.
Dort diskutierte er noch kurz mit einer anderen Bedienung und verschwand schließlich hinter einem dicken, lilanen Vorhang, der vermutlich zu den Toiletten führte.
Lächelnd wandte ich mich wieder zu Fabio und Ryan, der heißhungrig sein Essen in sich hinein schlang.
Da meldete sich auch mein Magen wieder laut zu Wort. Fabio hörte es und blickte von seiner Zeitung auf. Wortlos schob er seinen halbvollen Teller in meine Richtung. Gierig blickte ich auf die Köstlichkeiten, doch vorher wollte ich mich nochmal versichern, dass ich das wirklich haben konnte.
„Willst du wirklich nichts mehr?“
Er schüttelte nur den Kopf und vertiefte sich wieder in seine Zeitung.
Nun fiel ich auch über mein Essen her, das einfach köstlich schmeckte, was vielleicht aber auch daran lag, dass ich solange nichts mehr gegessen hatte.
Auf einmal ertönte ein hysterischer Schrei.
„Du Perversling, wie kannst du es wagen? Erst spuckst du mich an und jetzt bespannst du mich auch noch!“, schrie die Kellnerin hinter dem Vorhang.
„Ich wollte mich doch nur bei Ihnen entschuldigen, ich kann ja nicht ahnen, dass Sie sich gleich ausziehen!“
Doch die Frau ignorierte ihn und keifte wütend weiter.
Also trat Dante mehr oder weniger die Flucht an.
Sämtliche Blicke der Cafebesucher lagen auf ihm, als er wieder an unseren Tisch eilte und sich auf den Stuhl plumpsen ließ.
„Mein Gott, da kämpfe ich ja lieber mit einer Horde durchgeknallter Vampire, als mir das Gekreische dieser hysterischen Frau anzuhören.“
Ich musste mich ziemlich beherrschen um den Schluck Kaffee, den ich gerade erst getrunken hatte, nicht gleich wieder auszuspucken vor Lachen.
„Dante“, murmelte ich vorwurfsvoll. „Gleich passiert noch ein Unglück, wenn du mich so zum Lachen bringst.“
„Aber ist doch so, ich wollte mich nur entschuldigen und die rastet gleich so aus. Ich glaube ich werde mich nie wieder bei einer Frau entschuldigen können, ohne an diese Person zu denken.“
Empört schnaufte er und ich musste mir schon wieder das Lachen verkneifen.
Schnell versuchte ich zu schlucken, damit nicht wirklich noch ein Unglück passierte. Als ich es endlich geschafft habe, konnte ich dann auch befreit lachen.
Erst brummelte Dante noch ein wenig vor sich her, doch irgendwann stimmte er dann auch ein.
Wir blieben noch lange in dem Café sitzen, fast die ganze Zeit über musste ich lachen, denn Dante machte immer wieder Witze oder machte die hysterische Kellnerin nach.
„Dante, ich glaube du hast den falschen Beruf gewählt, du hättest Komiker werden sollen.“
Belustigt sah er mich an.
„Hmm… vielleicht sollte ich mir das wirklich noch mal überlegen. Aber wer sollte dich dann beschützen?“
„Ey, dafür bin ich ja auch noch da.“ Ryan hatte die ganze Zeit nichts gesagt und still vor sich hingebrütet, deswegen wunderte es mich, dass er sich jetzt auch zu Wort meldete.
Man sah Dante an, dass ihm schon wieder ein spitzes Kommentar auf der Zunge lag, doch ich sah ich warnend an. Sah er denn nicht, dass Ryan aus irgendeinem, mir vollkommen unbegreiflichen Grund, wütend war und ein Wortgefecht jetzt nicht gut enden würde?
Glücklicherweise hatte er scheinbar doch bemerkt und schluckte seine harte Erwiderung hinunter.
„Ja, stimmt. Aber außerdem gefällt mir mein jetziger Job auch ganz gut. Er ist voller Action. Und man lernt wunderschöne Frauen kennen, die man beschützen darf.“ Dabei blickte er mich vielsagend an und ich wollte gerade auf seinen kleinen, spielerischen Flirt eingehen, auch wenn uns beiden klar war, dass es aus uns nichts werden würde, als Ryan ärgerlich knurrte.
„Dante, vielleicht sollten wir zahlen und dann endlich für Zoey neue Kleider kaufen.“
Unterdrückte Wut schwang in seiner Stimme mit und ich hatte das starke Gefühl, dass er unseren Flirt verhindern wollte. War er etwa eifersüchtig?
„Ähmm…ok.“ Man sah Dante an, das er auch nicht ganz wusste, was er von Ryans Verhalten halten sollte, doch er verkniff sich jegliches Kommentar und rief nach der Kellnerin.
Als die kleine, blonde Kellnerin, diesmal zum Glück eine Andere, an unseren Tisch kam, holte Dante sein dickes, schwarzes Portmonee aus seiner Jackentasche. Er drückte der Kellnerin mehrere Scheine in die Hand und sie strahlte über das sehr großzügige Trinkgeld.
Als er sein Portmonee wieder zu klappen wollte, fiel ein Bild heraus und segelte auf den Boden vor meinen Füßen. Schnell bückte ich mich danach und hob es auf.
Auf dem Bild standen etwa acht Personen an einem Strand und strahlten in die Kamera. Ich vermutete, dass es Dantes Familie war. Deshalb suchte ich gleich mal auf dem Foto nach ihm, während dieser vergeblich versuchte mir das Bild aus der Hand zu reißen, doch ich wich ihm immer wieder aus.
Erst entdeckte ich ihn nicht, doch in der vorderen Reihe stand ein kleiner, pummliger Junge, höchstens sechs Jahre alt, und blickte freudig in die Kamera, wobei man sah, dass er eine große Zahnlücke hatte.
Ich prustete los, denn der Junge war eindeutig Dante. Doch da ich nicht aufgepasst hätte, schaffte Dante es, mir das Foto zu entreißen. Schmollend sah ich ihn an.
„Ach komm schon, Dante. Du sahst doch süß aus. Zeig mir das Bild nochmal.“
Zum Glück konnte er meinem Hundeblick nicht wiederstehen und wiederwillig reichte er es mir wieder.
Diesmal lachte ich nicht los und studierte das Bild interessiert.
„Sind das alles deine Geschwister?“
Auf Dantes Gesicht breitete sich der Stolz aus und er rückte seinen Stuhl etwas um den Tisch, sodass er neben mir saß.
„Ja. Die beiden mit den rötlichen Haaren rechts und links von mir sind Noah und Mason. Sie sind Zwillinge und eine einzige Katastrophe. Obwohl sie mittlerweile schon 25, also ein Jahr älter als ich sind, bringen sie mich immer noch an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Neben Mason steht Aiden und hinter ihm mein Vater Joshua, der meinen kleinen Bruder Liam an der Hand hält. Und dann noch meine Mutter, Chloe, die meine kleine Schwester Ava im Arm hält. Damals war sie noch nicht mal ein Jahr alt und wir alle haben sie vergöttert. Meine Brüder und ich sind alle Chaoten, doch sie war immer unser Ruhepol, ist es immer noch. Sie weiß immer wenn wir ein Problem haben und wir können nichts vor ihr verbergen.“
Ich blickte bei seinen Familienverhältnissen zwar nicht mehr ganz durch, doch die Liebe in seinen Augen, wenn er das Foto betrachtete, sagte mir alles. Leider hatte ich immer nur meinen Vater gehabt, doch er war oft weg und ich hatte mir oft eine Schwester oder einen Bruder gewünscht.
„Und wehe irgendjemand hat sich auch nur schief angeguckt, dann hatte er sofort fünf große Brüder, die nicht gerade zimperlich waren, am Hals. Wir haben sie immer beschützt und werden sie immer beschützen.“
Auf einmal hörte ich das Kratzen von Holz auf dem Boden, als ein Stuhl zurückgeschoben wurde.
Als ich von dem Foto aufblickte, sah ich wie Fabio den Stuhl fast umwarf und aus dem Café floh. Ich konnte nur einen kurzen Blick in seinem Gesicht erhaschen, doch ich sah einen verzweifelten, tieftraurigen Ausdruck auf ihm.
Neben mir fluchte Dante laut.
„Ach, verdammt! An die Sache mit Mia hab ich gar nicht mehr gedacht.“
Neugierig horchte ich auf. Mia?
„Wer ist Mia?“
Dante blickte mich gequält an.
„Bitte, tu uns allen einen Gefallen und vergiss es einfach, ja? Und frag niemals, und wenn ich sage niemals, meine ich auch das auch genau so, in Fabios Gegenwart nach ihr.“
Überrascht sah ich ihn an. Was war dem mit dem los? Hatte Mia vielleicht was mit Fabios Trauer zu tun? War sie vielleicht seine Freundin gewesen?
Dante riss mich aus meinen Überlegungen.
„Ich geh ihm am besten mal hinterher. Ihr könnt ja schon mal shoppen gehen.“
Er versuchte mich anzulächeln, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. Die gerade noch so gute Stimmung war innerhalb kürzester Zeit rapide abgekühlt. Dante wartete eine Antwort gar nicht ab, sondern lief mit großen Schritten Fabio hinterher. Etwas überrumpelt wandte ich mich an Ryan, der ebenfalls traurig aussah. Was war nur so Schreckliches passiert?
„Komm, lass uns gehen. Und zerbrich dir nicht mehr deinen hübschen Kopf über die Sache.“
Vollkommen ernst blickte er mich an, legte mir eine Hand auf den Rücken und führte mich mit leichtem Druck aus dem Café.
„Wo willst du hin?“, fragte Ryan mich und machte eine ausschweifende Bewegung über das Hauptdeck, auf dem sich ein Geschäft ans andere reihte.
Ich zeigt nur stumm auf einen Laden gegenüber, ohne es genauer zu betrachten. Irgendwie war mir die Laune nach Schoppen vergangen.
Doch als wir das Geschäft betraten, sah ich, dass es hier die skurrilsten Kleider gab.
Erst wollte ich wieder gehen, doch dann fasste ich einen Entschluss. Es brachte nichts, wenn wir den ganzen Tag traurig vor uns hinvegetieren würden. Also streifte ich durch die vollgestopften Gänge und suchte mir mehrere Sachen zusammen, während Ryan teilnahmslos Löcher in die Luft starrte.
Ich fragte die kleine mollige Verkäuferin wo die Umkleiden sind und bahnte mir, gefolgt von Ryan, einen Weg durch das Chaos in dem Laden.
Glücklicherweise war die Umkleide riesig, denn ich hatte eine Menge Sachen, die ich gleich über den grünen Hocker legte. Als ich die dicken, weinroten Samtvorhänge hinter mir zu zog, sah ich, dass Ryan sich auf einen gepolsterten Stuhl vor der Umkleide setzte.
Während ich mich auszog, fragte ich Ryan noch, ob wir wirklich den ganzen Tag Zeit hatten.
„Ja, lass dir so viel Zeit wie du willst.“ Seine Stimmte klang durch den Vorhang gedämpft.
Haha, das hätte er besser nicht sagen sollen. Jetzt hatte sich meine Laune wieder ein wenig gehoben und ich schlüpfte in das Kleid und die hochhackigen Schuhe. Dann schob ich den Vorhang zu Seite.
Ryan hatte seine Ellenbogen auf den Knien und stützte sein Gesicht in seine Hände.
Denn musste ich jetzt erstmal aufheitern, diese Trauerlaune war ja schrecklich.
Ich räusperte mich und Ryan blickte auf. Vor Überraschung riss er seine Augen auf und blickte mich entgeistert an.
„Zoey?“, vergewisserte er sich.
Ok, vielleicht hatte ich es ein wenig übertrieben, aber es war ja auch schließlich Sinn und Zweck der Sache, Ryan von seinen trübseligen Gedanken abzulenken.
„Was meinst du, steht mir das?“
Ryan sah ziemlich überfordert aus und ich musste grinsen.
„Äh, sicher. Nur, meinst du nicht, dass es ein wenig, äh zu extravagant ist?“
„Aber warum das denn?“ Gespielt verwirrt blickte ich ihn an und drehte mich einmal elegant um mich selbst.
„Gefällt dir das Kleid etwa nicht? Oder sehe ich zu fett darin aus? Sag nicht, dass meine Brüste zu klein wirken.“ Jetzt war er vollkommen überrumpelt, lenkte sein Blick natürlich gleich seinen Blich auf mein großzügiges Dekolletee und wusste überhaupt nicht mehr, was er sagen soll.
Ich versuchte todtraurig auszusehen und obwohl ich der Meinung war, dass mir das nicht sonderlich gut gelang, weil es schwer war gekränkt auszusehen, wenn man sich das Lachen verkneifen musste, kaufte Ryan mir das vollkommen ab. Wahrscheinlich auch deswegen, weil mir schon Tränen in die Augen traten, auch wenn nicht aus dem Grund, aus dem er dachte.
„Nein, Nein…Wie…Wie kommst du denn auf die Idee? Du siehst wunderbar aus, nicht zu dick und deine äh… Brüste wirken auch nicht zu klein“, stammelte er.
Der arme Ryan, aber naja, wenigstens hatte ich ihn abgelenkt.
Nun strahlte ich ihn wieder an und beschloss ihn noch ein kleines wenig zu ärgern.
„Achja, kannst du mir vielleicht noch einen trägerlosen BH, am besten in schwarz besorgen? Momentan hab ich nämlich keinen an.“
Jetzt hätte es selbst der Dümmste gecheckt, dass sie ihn nur ärgern wollte. Aber der Trottel war wahrscheinlich noch von ihrem prallen Dekolletee abgelenkt. Schon als sie ihn diesem Hexenkleid aus der Kabine gekommen war, hatte ich es geahnt. Das war überhaupt nicht ihr Stil und das war wirklich eher ein Kostüm als ein Kleid. Es war trägerlos, hatte einen weiten, sehr weiten Ausschnitt, war oben hauteng und nach unten wurde es immer weiter, sodass es am Boden schon fast aussah wie eine Schleppe.
Das Kleid selber war schwarz, doch es war über und über mit knallorangen Kürbissen bestickt. Außerdem hatte es mehrere Stoff Fledermäusen angenäht.
Sprich, es sah aus, wie ein Hexenkostüm, und dieser Trottel Ryan dachte doch tatsächlich, dass sie es ernsthaft tragen wollte. Mein Gott, klar sah sie immer noch ziemlich heiß in dem Fummel aus, doch davon konnte man doch nicht wirklich so verblendet sein. Aber leider ja scheinbar doch. Naja, wenigstens war ich ja noch da, denn diese Hexe hatte mir noch nicht den Verstand gestohlen.
Erst war ich ja dafür gewesen, dass Ryan sich sie schnappt und am besten auch noch kurz was mit ihr anfängt, aber er sollte deswegen doch nicht zu einem hirnlosen Affentroll werden, der irgendeiner Frau hinterher sabberte, die ihn auch noch immer abwiese. An das Schlimmste wagte ich noch nicht mal zu denken. Die Möglichkeit konnte ich einfach nicht in Betracht ziehen, ich könnte sie nicht ertragen. Ich war der Teufel und dieses „Wort mit L“ kam noch nicht mal in meinem Wortschatz vor.
Ok, ich war nicht wirklich der Teufel, sondern einfach nur Ryans böses Unterbewusstsein, aber trotzdem!
Kurz überlegte ich ihm endlich klar zu machen, was diese Hexe da eigentlich abzog, doch ich wollte ihn noch ein bisschen leiden lassen, dafür, dass das er so dämlich war. Vielleicht lernte er seine Lektion ja jetzt daraus. Muhaha!
Als ich seinen entgeisterten Gesichtsausdruck sah, konnte ich mich einfach nicht mehr zurückhalten und meine Rolle weiter spielen.
Ich lachte lauthals los und konnte einfach nicht mehr aufhören. Mir traten Tränen in die Augen und ich versuchte sie wegzublinzeln, doch es war einfach so lustig.
Als ich zu Ryan blickte, sah ich das Begreifen, dass sich auf seinem Gesicht ausbreitet, wie er erst etwas verärgert aussah und dann wie er auch loslachte.
Endlich hatte ich seine Laune wieder verbessert, denn ich mochte es gar nicht, wenn er so deprimiert war. Und er sah richtig gut aus, wenn er lachte. Verboten gut.
Schnell verdränge ich diesen Gedanken und konzentrierte ich wieder aufs Lachen.
„Du bist echt ein böses Mädchen, Zoey. Und eine guten Schauspielerin. Ich hab dir das jetzt wirklich abgekauft“, grummelte Ryan.
Strahlend blickte ich ihn an und er starrte zurück. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Zeit still stand, auch wenn ich das nicht wahrhaben wollte, denn das war einfach zu kitschig. Doch leider fühlte es sich irgendwie schon so an.
Ryan öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch auf einmal unterbrach uns die Verkäuferin.
„Gefällt ihnen das Kleid?“ Sie watschelte auf ihren kurzen Beinen um mich herum, zupfte an dem Kleid und grinste mich freundlich an.
„Ja, es gefällt mir sehr gut. Aber ich werde trotzdem mal noch die Anderen anprobieren.“
Ryan fing plötzlich heftig an zu husten und ich merkte, dass er versuchte sein Lachen zu tarnen.
Doch die nette Verkäuferin bemerkte es nicht und meinte, dass ich sie rufen sollte, wenn ich Hilfe brauchen würde.
„Du willst doch nicht ernsthaft jetzt noch weiter von diesen Kleidern anziehen?“
Ryan sah mich ungläubig an.
„Oh doch, mein Lieber. Du hättest nicht sagen sollen, dass wir den ganzen Tag Zeit haben, das hast du jetzt davon. Und außerdem ist es doch lustig, du kannst ja auch ein paar Sachen anprobieren.“
Eigentlich hatte ich das nur aus Spaß gesagt, denn ich hätte nie erwartete, dass er das wirklich machen würde. Doch nach kurzem Überlegen stand er tatsächlich schwungvoll auf und verschwand in den endlosen Weiten des Ladens. Ich hörte noch, wie er mir zurief, dass ich schonmal das nächste Kleid anziehen sollte, während er Sachen suchte.
Lächelnd ging ich zurück in die Umkleide und schälte mich aus dem Kleid.
Nach einiger Zeit hörte ich, wie er zurückkam, denn seine lauten Schritte konnte man einfach nicht überhören.
„Hier, schau mal, was ich gefunden habe. Das sind diese verrückten Ganzkörperanzüge.“ Seine Hand schob sich am Vorhang vorbei und er reichte mir einen elastischen, knallbunten Anzug herein. Als ich ein Blick auf das Schild warf, sah ich, dass es ein „Morphsuit Hippie Ganzkörperanzug“ war.
„Ich hab auch einen. Das sieht bestimmt lustig aus“, meinte Ryan noch und dann hörte ich, wie er in der Kabine neben mir verschwand.
Ich legte ein Kleid, das teilweise aus Spinnenfäden bestand zur Seite und zog den Anzug an.
Es war ein ungewohntes Gefühl am ganzen Körper Stoff zu haben und so trat ich dann aus der Kabine. Ich konnte nicht sonderlich gut dadurch sehen, doch als Ryan ebenfalls aus seiner Kabine kam, musste ich heftig lachen. Er sah einfach zu komisch aus, ich vermutlich dann auch, denn ich hatte ja denselben Anzug, außerdem prustete er auch los.
Schnell ging er nochmal zurück in seine Kabine und kam mit seinem Handy in der Hand zurück.
„Davon müssen wir Fotos machen.“ Seine Stimme hörte sich durch den Stoff komisch an. Ich nickte zustimmend und dann legte er einen Arm um mich. Die Stelle kribbelte ein wenig, doch ich versuchte das zu ignorieren. Wir waren hier doch nicht in einem Kitschroman gelandet.
Ryan drückte mehrmals auf den Auslöser und wir mussten die ganze Zeit immer wieder lachen, als wir verrückte Positionen einnahmen. Dann verschwanden wir kichernd wieder in den Umkleiden und ich zog ein neues Kleid an. Wenn man das überhaupt Kleid nennen konnte. Es ging mir nur bis knapp über den Knien und der untere Teil bestand aus Bambusblättern. Um die Hüfte war ein Gürtel aus irgendeinem seltsamen braunen Gestrüpp gebunden und das Dekolletee bestand aus zwei Hälften einer Kokosnuss.
Es war ziemlich eng und hatte hinten einen Reißverschluss. Ich verrenkte mich ziemlich um den Reißverschluss hoch zu ziehen. Nachdem es mir endlich gelungen war, ging ich wieder nach draußen und wartete auf Ryan, der noch in seiner Kabine rumrumorte. Irgendwie kam mir das ganze total albern vor, aber es war ziemlich lustig, also was solls.
Endlich war Ryan auch fertig und als ich ihn erblickte, musste ich schon wieder loslachen. Ich glaube so viel wie an diesem Tag hatte ich noch nie gelacht. Obwohl der Grund, aus dem wir hier waren, eigentlich nicht zum Lachen war. Aber mit Ryan vergaß ich das irgendwie.
Er hatte ein Piratenkostüm an und wenn er lange Haare gehabt hätte, würde er so aussehen wie Jack Sparrow alias Johnny Depp, mein absoluter Lieblingsschaupieler. An einem Gürtel baumelte sogar ein Degen und er hatte diesen spitzen, schwarzen Hut auf.
Ich bemerkte, dass er mich auch betrachtete und sein Blick kurz an meinem Ausschnitt hängen blieb, dann jedoch weiter wanderte.
„Geiles Kostüm“, meinte er anerkennend und seine Augen funkelten.
„Du siehst aber auch nicht schlecht aus“, gab ich das Kompliment zurück. „Aber jetzt lass uns das Foto machen.“
Ryan kramte nach der Kamera und diesmal zog er mich an den Hüften zu sich und drückte mich fest an sich. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinen Haaren und lächelte, während er das Foto machte. Aber danach ließ er mich nicht los, deswegen genoss ich seine Berührungen noch ein wenig, löste mich aber dann von ihm. Schnell schlüpfte ich wieder in die Kabine um der Vertrautheit zwischen mir und Ryan zu entkommen.
Doch plötzlich sah ich mich vor einem Problem. Ich bekam den verdammten Reißverschluss nicht wieder auf. Egal wie sehr ich dran zog, das Ding gab nicht nach. Also versuchte ich es über den Kopf zu ziehen, doch das hatte nur zu Folge, dass ich jetzt komplett halb in dem Kleid feststeckte.
Peinlich berührt rief ich nach Ryan.
„Ryan?“ Aus der Nebenkabine kam nur ein bestätigendes Brummen.
„Könntest du mir vielleicht mal helfen und kurz kommen? Ich hab ein kleines Problem.“
Er antwortete nicht und ich hatte schon Angst, dass er mich im Stich lassen würde, doch auf einmal wurde der Vorhang zu Seite geschoben und jemand trat ein. Ich vermutete mal, dass es Ryan war, doch ich konnte ihn nicht erkennen, da ich im Kleid feststeckte.
„Was hast du denn gemacht?“, fragte Ryan amüsiert.
„Gar nichts, das lag an dem Kleid, es ging nicht wieder auf.“
Auf einmal spürte ich Ryans warme Hände an meinem Rücken, als er versuchte den Reißverschluss zu öffnen. Doch auch bei ihm klemmte er und dann versuchte er es auch mit Ziehen. Doch auf einmal zog er zu heftig und das Kleid wurde in mehrere Teile zerrissen. Da ich mich ein wenig nach vorne gelehnt hatte, sah ich mich meinem Halt beraubt und fiel nach vorne. Ryan versuchte mich noch aufzufangen, doch ich riss ihn mit und so landeten wir beiden auf dem Boden, er halb auf mir.
Im ersten Moment war ich geschockt, doch dann lachten wir beide laut los und lachten und lachten und lachten.
Ryans Sicht
Ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu lachen, die ganze Situation war zu absurd. Eben war ich noch betrübt, wegen Fabio und Mia und jetzt…? Ein Lacher nach dem anderen durchschüttelte mich.
Schon wieder hatte ich eine ganz neue Seite von Zoey kennengelernt, aber auch diese verrückte mochte ich irgendwie. Und ich hatte gemerkt, dass sie das Ganze am Anfang nur gemacht hatte, um mich aufzuheitern, auch wenn sie gar nicht wusste, was überhaupt passiert ist. Und dafür war ich ihr wirklich dankbar, denk es hatte mich wirklich aufgemuntert. Immer wenn Mia erwähnt wurde, drehte Fabio völlig durch und auch mich plagten die Schuldgefühle. Wir hätten vorsichtiger sein sollen…
„Ryan?“ Zoeys besorgte Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
Schnell schüttelte ich den Kopf und konzentrierte mich wieder auf Zoey. Doch das hätte ich besser nicht getan, denn erst jetzt wurde mir überdeutlich bewusst, wie nah sie mir war, denn sie lag fast komplett nackt auf mir und jedes Mal wenn sie von einem Lacher durchgeschüttelt wurde, rieben sich ihre Brüste an meinem Oberkörper. Mir wurde ziemlich heiß und ich versuchte krampfhaft sie nicht an mich zu reißen und mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Der grüne Fleck an der pinken Plüschwand der Kabine war doch sehr interessant, die Form erinnerte mich irgendwie an einen Elefanten…
„Ryan, was ist denn?“ Schlagartig verpuffte all meine Konzentration und ich war vollkommen auf Zoey fixiert, die gerade unbeholfen versuchte sich aufzusetzen, was zur Folge hatte, dass sie jetzt genau dort saß, wo ich sie gerade wollte. Als sie bemerkte, was sie bei mir auslöste, röteten sich ihre Wangen ein wenig und sie versuchte von mir runterzurutschen, was es nicht gerade besser machte. Ich ballte meine Hände zu Fäusten um mich davon abzuhalten, sie einfach zu mir heran zu ziehen und ihre roten Lippen in Besitz zunehmen.
„Warum machst du es nicht einfach?
“ Natürlich musste Luzifer auch mal wieder seinen Senf dazugeben. Aber eigentlich hatte er Recht, warum sollte ich es nicht einfach mal versuchen?
Bevor ich es mir anders überlegen konnte, schellten meine Arme nach vorne und zogen sie zu mir heran. Sie riss ihre blauen Augen weit auf, starrte auf meine Lippen und kam mir entgegen. Doch als ich gerade endlich meine Lippen auf ihre legen wollte, ertönte eine nervende Stimme: „Fräulein, haben Sie etwas Schönes gefunden?“ Ich fass es nicht, unterbricht uns die Alte schon wieder! Zoey zuckte erschrocken zurück und richtete sich auf.
„Ähh, jaja, hab ich. Die Kleider hier sind wirklich wunderbar. Ich kann mich gar nicht entscheiden.“, meinte Zoey und stieg hektisch in eins der Kleider, während sie meinem Blick auswich.
„Oh, das freut mich. Ich hab hinten noch ein besonders schönes, wenn sie wollen, hole ich Ihnen es noch.“
„Ähh, ja. Sehr gerne, würde mich freuen.“, rief Zoey, doch sie sah nicht so aus, als ob sie es wirklich interessieren würde.
„Ich hol es gleich.“ Und schon war die Verkäuferin wieder verschwunden.
Unbehaglich trat Zoey von einem Bein aufs andere, während ich noch äußerlich ruhig auf dem Boden lag. Innerlich brodelte ich vor Wut darüber, dass wir schon wieder gestört wurden. Hatten sich denn alle gegen uns verschworen? Erst Dante und jetzt die Verkäuferin. Aber ich würde sie noch irgendwann küssen, verdammt nochmal!
Langsam rappelte ich mich auf und schenkte ihr verführerisches Lächeln, doch sie hatte ihre Schutzmauer wieder geflickt und war erneut bereit mir Abweisungen zu erteilen. An ihrem Blick erkannte ich, dass wir nicht da weiter machen konnten, wo wir aufgehört hatten. Bedauernd wand ich mich halb von ihr ab.
„Zieh dir wieder dein Kleid an und lass uns jetzt vernünftig Sachen kaufen.“, meinte ich abweisend. Kurz sah sie ein wenig verletzt aus, doch dann verschwand der Ausdruck wieder. Trotzdem tat es mir leid, dass ich manchmal so kalt war. Aber diese Verkäuferin hatte meine Stimmung verdorben und Zoey hatte sich wieder vor mir zurückgezogen. Und ich hatte schon gedacht, wir würden Fortschritte machen.
Nachdem sie bestätigend genickt hatte, verschwand ich aus der Kabine.
„Du bist aber auch echt dämlich. Wenn mal etwas nicht ganz genau so ist, wie du es willst oder dir etwas nicht passt, schiebst du gleich wieder schlechte Laune und gibt’s auf. Verdammt! Frauen wollen, dass man sich um sie bemüht und nicht, dass man gleich den Schwanz einzieht!
“ Frustriert über meine Unfähigkeit, schüttelte Luzifer den Kopf.
„Sag mal, was willst du eigentlich? Mal willst du unbedingt, dass ich sie verführe, dann ist sie die letzte Hexe und jetzt gibt’s du mir wieder Ratschläge, wie ich sie rumkriege?“
Doch ich achtete gar nicht mehr auf seine Antwort, er hatte Recht! Bis jetzt hatte ich mich gar nicht richtig um sie bemüht, klar hab ich versucht sie zu verführen, aber nur mit ein paar Blicken und mehr hab ich nicht getan. Und mehr musste ich normalerweise auch nicht tun, aber Zoey war anders. Warum war ich da nicht eher drauf gekommen, ich war echt dämlich!
Schnell schob ich den Vorhang wieder ein Spaltbreit zu Seite und steckte meinen Kopf in die Kabine.
„Geht’s du heute Abend mit mir essen?“ Verdutzt sah sie mich an.
„Also nur mit mir alleine, ohne Dante und Fabio?“ Ein Lächeln schlich sich in ihr Gesicht, auch wenn sie versuchte sich nicht anzumerken lassen, dass sie sich freute.
„Klar, warum nicht.“ Breit grinste ich sie an und jubilierte innerlich. Manchmal hatte ich doch keine schlechten Ideen.
„Ich warte draußen auf dich.“ Ich zog den Vorhang wieder hinter mir zu, bahnte mir einen Weg durch das Gewühl der vielen Kleiderständer und hoffte, dass ich nicht der Verkäuferin begegnen würde.
Während ich auf Zoey wartete, schaute ich mich schon mal ein wenig auf dem Deck um und suchte nach einem Resteraunt, in dem wir heute Abend essen könnten. Doch je mehr ich entdeckte, desto verzweifelter wurde ich. In welches sollte ich sie nur einladen, war sie eher der Typ für vornehme, große Luxusrestaurants oder für kleine, gemütliche. Verdammt, das war ziemlich schwer ein Date zu organisieren! Als ich genauer überlegte, fiel mir ein, dass ich noch nie mit einem Mädchen, dass mir mehr bedeutete, als ein Onenightsstand, ein Date hatte. Genaugenommen hatte ich eigentlich noch nie ein richtiges Date. Normalerweise hatte ich noch nie was dafür tun müssen, dass Frauen mich wollten. Irgendwie war das ja erbärmlich. Hektisch kramte ich in meiner Tasche nach meinem Handy. Dieses Date musste perfekt werden. Ich tippte Dantes Nummer an und wartete ungeduldig, während der Anruf durchging. Als er endlich dranging, bombardierte ich ihn sofort mit Fragen.
„Würdest du mit einem Date eher in ein kleines oder in großes, teures Restaurant gehen? Und was würdest du anziehen? Ein Anzug ist zu formell, aber ich kann da doch auch nicht in Shirt und Hose auftauchen, oder? Verdammt, muss man zu sowas Blumen kaufen?...“
Dante unterbrach mich.
„Ryan, langsam. Erzähl mal von Anfang an. Du hast ein Date? Und es ist dir auch noch wichtig? Wer ist das erstaunliche Wesen, dass dich so aufgeregt macht, doch nicht etwa… ich fass es nicht, es ist Zoey oder? Erstaunlich wie ein Mädchen die verändern kann, wo ist der große Macho Ryan geblieben, der sowas immer ganz locker genommen hat?“
Ich hörte wie er losprustete und meinte wütend:
„Haha, sehr lustig. Ich hab mich gar nicht verändert! Und kannst du mir jetzt meine Fragen beantworten?“
„Jaja schon gut, es wundert mich nur. Also bei der Sache mit dem Restaurant kann ich dir nicht helfen, du musst selbst herausfinden, was da eher nach Zoeys Geschmack ist.
Zieh doch einfach eine Hose und ein neutrales Hemd an und bring eine Lilie oder so mit.“ Wieder lachte er los.
„Ich kann es immer noch nicht fassen. Ryan, der Ryan, braucht meine Ratschläge in Sache Frauen, ich glaub ich Träume.“
Ich schnaubte.
„Halts Maul, Dante!“ Schnell legte ich auf, bevor er sich noch mehr über mich lustig machen könnte.
Hmmm… Frauen mochten es doch luxuriös, oder? Aber Zoey hatte mir bis jetzt nicht den Eindruck gemacht, als ob sie auf so etwas großen Wert legen würde. Vielleicht wäre eine kleine, nette, italienische Pizzeria das Richtig, oder….
„Ryan, wollen wir weiter, ich bin fertig.“ Zoey kam aus dem Laden und sah mich fragend an.
„Ähmm, ja klar. Such dir ein Laden aus, aber bitte diesmal etwas vernünftiges, ja?“
Zoey lachte und nickte zustimmend.
Nervös überprüfte ich mein Aussehen nochmal in dem großen Spiegel. Alles war noch genau so, wie es schon vor zwei Minuten gewesen war. Also packte ich entschlossen die kleine, schwarze Handtasche, die ich heute passend zum Kleid gekauft hatte und öffnete die Badezimmmertür. Ryan saß auf der Kante des Sofas und fuhr sich immer wieder fahrig durch seine schwarzen Haare. Er sah genauso aufgeregt aus wie ich. Als er hörte wie ich die Tür hinter mir schloss, sprang er auf und blickte mich bewundernd an. Ich bemerkte, dass er sich um eine coole Fassade bemühte. Aber als er nichts sagte, schaute ich ein wenig verunsichert an mir herunter, doch das neuen, tiefschwarze, trägerlose Kleid, dass mir bis zu den Knien ging und sich oben wie eine zweite Haut um meinem Körper legte und unten weiter wurde, saß immer noch gut.
„Wow, du siehst echt heiß aus.“ Meine Anspannung lockerte sich ein bisschen und ich lächelte ihn an. „Danke, du aber auch.“
Und wie er das tat, die schwarze Jeans und das blutrote Hemd stand ihm ausgezeichnet.
„So, wollen wir dann gehen?“ Hastig nickte ich und so machten wir uns auf den Weg. Neugierig fragte ich ihn, wo wir denn Essen gehen wollten, doch er meinte lächelnd, dass das eine Überraschung werden sollte. Ich hoffte bloß, dass wir nicht in ein Edelrestaurant gingen, denn die hatte ich immer gehasst, wenn mein Vater mich immer zu meinen Geburtstagen dahin eingeladen hatte, bis ich ihm irgendwann gesagt hatte, dass wir von mir aus, auch nach McDonalds gehen könnten.
Doch Ryan steuerte nicht das Lokal an, in dem eine Frau nach der anderen mit langen, teuren Kleidern und Perlenketten eintrat, sondern eine kleine, gemütliche Pizzeria. Als Ryan die Tür für mich aufdrückte, stieg mir sofort der Duft von Pizza in die Nase. Hmm lecker! Ich strahlte ihn an, erleichtert, dass er scheinbar den gleichen Geschmack wie ich in solchen Sachen hatte. Kurz sah er aus, als ob eine riesen Last von ihm fallen würde, aber dann grinste er mich auch breit an.
Ein kleiner, freundlicher Italiener kam zu uns und fragte mit deutlichem Akzent, ob wir einen besonderen Tischwunsch hätten. Ohne zu zögern, antwortete Ryan, dass er gerne einen zweier Tisch in einer ruhigeren, ungestörten Ecke hätte. Der Kellner strahlte ihn an und zwinkerte Ryan verschwörerisch zu.
„Sí, ich werde dafür sorgen, dass niemand Euch stört.“
Er führte uns zu einem kleinen, runden Tisch und zündete die Kerze an.
Dann verschwand er kurz und holte die Speisenkarten. Und schon war er wieder weg. Ich glaub der nahm das mit der „Ungestörtheit“ ein wenig zu ernst.
Da sich irgendwie Stille zwischen uns ausbreitete, verkroch ich mich hinter der Karte und studierte sie genau. Es gab eine riesige Auswahl von verschieden Pizza und ich konnte mich gar nicht entscheiden, welche ich nehmen sollte.
"Zoey? Was möchtest du bestellen?“ Ich riss mein Blick von der Speisekarte los und sah auf. Der Kellner war schon wieder lautlos aufgetaucht und wollte die Bestellungen aufnehmen.
„Ähmm… was nimmst du denn?“ Ryan schaute einmal kurz auf die Karte und bestellte dann eine Cola und eine große Hawaipizza. Als der Kellner mich dann fragend ansah, bestellte ich einfach eine Margerita und eine Cola.
Kaum hatte er das Letzte notiert, war der Kellner auch schon wieder verschwunden. ^
Ich wollte gerade meinem Blick wieder auf die Karte senken, um der unangenehmen Stille zu entkommen, als Ryan irgendetwas murmelte, doch ich verstand ihn nicht. Schnell schaute ich ihn wieder an und wartete darauf, dass er es nochmal wiederholte. Er wich meinem Blick aus und starrte auf einen Punkt rechts hinter mir.
„Zoey…naja, ich wollte sagen, naja, dass mir der Tag heute mit dir ziemlich viel Spaß gemacht hat.“ Jetzt blickte er mich endlich richtig an und ich konnte nichts dagegen tun, dass sich auf meinem Gesicht ein fettes Grinsen ausbreitete.
„Mir hats auch viel Spaß gemacht. Vor allem in dem einem Laden.“ Selbst bei der Erinnerung musste ich wieder ein wenig lachen und Ryan konnte sich sein Grinsen auch nicht verkneifen. Auf einmal war die ganze Situation viel entspannter und meine Nervosität fiel endlich von mir ab.
„Ja, ich wette die Fotos sind richtig geil geworden. Vor allem hat die Verkäuferin wirklich geglaubt, dass wir ein Kleid kaufen wollten. Obwohl, bald ist ja Halloween, vielleicht dachte sie ja, dass wir Verkleidungen brauchten.“ Stimmt, bald war ja Halloween, dass hatte ich über den ganzen Stress der letzten Tage vergessen. Normalerweise dekorierte ich immer unser ganzes Haus richtig gruselig um. Mein Vater hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, mich davon abzuhalten, dass ich jedes Jahr neue Dekorationen kaufte. Ich glaube, er mochte Halloween nicht sonderlich, da meine Mutter an Halloween vor 17 Jahren abgehauen war.
„Ja, wir hätten die Sachen vielleicht wirklich kaufen sollen, ich liebe es, mich zu verkleiden.“ Ryan wollte gerade antworten, als der Kellner wieder auftauchte und uns unser Essen brachte. Wir bedankten uns und fingen an zu essen, denn wir hatten ziemlichen Hunger. Die Pizza schmeckte einfach göttlich, ich hatte lange schon keine so gut mehr gegessen. Während des Kauens betrachtete ich Ryan unauffällig, mir wurde wieder bewusst, dass ich ihn erst seit drei Tagen kannte und so gut wie gar nichts über ihn wusste.
„Wie alt bist du eigentlich Ryan?“ Etwas überrumpelt wegen der plötzlichen Frage, blickte er mich an. Er hatte den Mund noch voll und so konnte er nicht sprechen. Er wedelte mit den Händen um mir klar zu machen, dass er mir antworten würde, wenn er zu Ende gekaut hatte. Amüsiert betrachtete ich ihn, wie er hektisch schluckte.
„Ähm, ich bin 21.“ Ich nickte kurz und da ich ihn nicht ausfragen wollte, senkte ich meinen Blick wieder auf mein Essen.
„Schmeckt dir die Pizza nicht?“ Erstaunt blickte ich wieder auf.
„Wieso sollte sie mir nicht schmecken, sie ist super.“
„Naja, weil du so nachdenklich auf deinen Teller starrst und nichts isst. Wenn du willst können wir ruhig wo anders hin, wo es dir vielleicht besser schmeckt.“ Verunsichert fuhr er mit seinem Finger den Rand seines Tellers nach.
Ich lächelte ihm leicht zu.
„Nein, nein. Es ist wirklich lecker und hier ist perfekt.“
Er sah erleichtert aus und nahm sich wieder ein Stück Pizza.
„Warum geht du eigentlich auf eine normale Menschenschule?“, fragte mich Ryan.
„Ach, das ist wegen meinem Vater. Der ist ziemlich paranoid und will nicht, dass ich mit ihm oder generell Vampire in Verbindung gebracht werde, deswegen wollte er auch nicht, dass ich auf eine Vampirschule gehe.“
„Aber du bist doch auch kein reiner Vampir, oder? Weil du riechst nämlich anders. Also, ich meine, du riechst natürlich gut, aber halt nicht so wie ein Vampir“, verbesserte er sich schnell. Vermutlich hatte er gedacht, ich würde mich beleidigt fühlen.
„Danke. Ja, ich bin kein reiner Vampir, meine Mutter war eine Hexe.“
„War? Ist deine Mutter…“ Ich unterbrach ihn, bevor er zu Ende reden konnte.
„Nein, sie ist kurz nach meiner Geburt abgehauen.“
„Oh, das tut mir leid.“ Er sah mich ernsthaft betrübt an, doch ich winkte ab.
„Das brauchte es nicht. Ich hab sie ja nie wirklich kennengelernt. Nur dafür, dass sie meinen Vater so verletzt hat, hasse ich sie.“
„Oh, das kenne ich“, meinte er zu meinem Erstaunen. Doch der verschlossen Ausdruck auf seinem Gesicht, hielt mich davon ab nachzufragen. Also überlegte was ich ihn sonst noch so fragen könnte, doch Ryan kam mir zuvor.
„Was du schon mal in Jamaika?“ Etwas überrascht über den plötzlichen Themawechsel, antwortete ich ihm.
„Nein, du?“
Er nickte und meinte: „Ich musste da schon mal für einen anderen Auftrag hin. Ein Monat bin ich einem Drogendealer durch die halbe Welt gefolgt, denn er war mir immer ein Schritt voraus. Zuletzt war er in Jamaika und ist zu einer Jacht geflüchtet, sodass ich ihm den halben Black River, das ist einer der längsten Flüsse dort, folgen musste. Der Kapitän kannte wirklich jeden Schleichweg oder Geheimweg den es da gab und ich hatte sie mehrmals fast verloren, vor allem da ich nur so ein kleinen Fischkutter hatte, den ich einem Fischer schnell abkaufen konnte. Doch irgendwann hatte ich sie endlich eingeholt und den Mann angeschossen, doch bevor ich ihn noch weiter befragen konnte, ist er ins Wasser gestürzt und da er geblutete hat, war er ein willkommener Fraß für die Haie. War nicht gerade der tollste Anblick, den ich je hatte…“ Plötzlich hörte er auf zu erzählen und ich riss mich von seinen Lippen los, an den ich ganze Zeit gehangen hatte, er konnte ziemlich spannend erzählen.
„Ähm… nicht gerade das perfekte Thema für ein Date, oder?“
Ich konnte mir das Schmunzeln nicht verkneifen, als er mich so anblickte, als ob er Angst hätte, dass er es jetzt vermasselte hätte.
„Ne, ich fands gut. Du kannst super erzählen.“ Beruhigt sah er mich an und grinste.
„Gut. Aber lass trotzdem über was anderes reden. Gehst du gerne schwimmen?“ Also irgendwie schien er abrupte Themenwechsel zu mögen.
„Äh, ja. Ich liebe schwimmen, das ist ein großer Vorteil daran, einen vampirischen Anteil zu haben. Man kann viel länger die Luft anhalten. Deshalb fahr ich oft raus aufs Meer, wo das Wasser nicht so verschmutzt ist, wie an der Küste und tauche an Korallenriffen. Ich liebe die bunte Vielzahl der Fische da, das ist wirklich atemberaubend.“
Er lächelte mich geheimnisvoll an, so als ob er was vorhätte….
Wir unterhielten uns noch stundenlang über irgendwelche unwichtigen Themen und lachten immer wieder heftig. Ryan erzählte mir von seinen Aufträgen und wie er Fabio und Dante kennengelernt hatte.
„Ich war gerade erst fünf Tage in Viktors Clan und sollte an dem Tag meinen ersten Auftrag bekommen. Den ganzen Tag war ich ziemlich nervös, denn es war eine ziemliche Ehre schon so früh einen Auftrag zu bekommen, dass konnte nur bedeuten, dass mich Viktor für gut hielt. Ich hatte mir vorgenommen extra früh in seinem Büro zu sein, um einen guten Eindruck zu machen, damit er es sich ja nicht nochmal anderes überlegte. Als ich gerade den Hof zu seinem Büro überqueren wollte, sah ich plötzlich eine Baseballschläger auf mich zu fliegen, doch ich konnte nicht mehr schnell genug ausweichen und bekam ihn deshalb direkt gegen den Kopf. Ich sag dir, ich hab Sternchen gesehen. Wütend schaute ich mich nach dem Werfer um und vergaß völlig meinen Termin bei Viktor. Und rate mal, wer denn Schläger geworfen hatte.“ Fragend blickte er mich an und ich musste nicht lange überlegen. „Dante?“, riet ich. Irgendwie passte das zu ihm, denn er war ja so ein Baseballfan.
„Genau, eigentlich wollte er Fabio treffen, der ihn mal wieder bis zum Äußersten gereizt hatte. Doch der hatte schnell genug reagiert und so hatte das Teil mich getroffen.“ Als er meinen erstaunten Ausdruck sah, meinte er: „Du musst wissen, dass Fabio früher ganz anders war. Er war wirklich für jeden Scheiß zu habe und war so ähnlich drauf wie Dante. Die beiden waren ein Herz und eine Seele. Aber nach der Sache mit Mia…
Naja, auf jeden Fall fand Dante die ganze Sache ziemlich komisch, ich aber nicht und so hatten wir unseren ersten handfesten Streit. Irgendwann schleuderte ich den Schläger zurück und stampfte wütend davon. Auf halbem Weg zu meinem Zimmer fiel mir wieder mein Auftrag ein. Ich hetzte wieder zurück und verfluchte Dante und Fabio, die mich vermutlich um meinen Auftrag gebracht hatten, denn dein Vater legt ja bekanntlich großen Wert auf Pünktlichkeit. Viktor war zwar nicht begeistert, doch er entzog mir den Auftrag nicht. Aber zu meinem Entsetzten sollten noch zwei Leute mitkommen und mich unterstützen. Eigentlich hasste ich es mit anderen zusammen zu arbeiten und dann waren die beiden, die mitkommen sollte, auch noch Dante und Fabio. Die beiden waren über das Ganze natürlich ziemlich belustigt und da ich vor Viktor keinen Aufstand machen wollte, beherrschte ich mich.
Der Auftrag war an sich eigentlich total einfach zu erledigen, doch da ich mir von Dante, der schon mehr Erfahrung als ich hatte, nichts sagen lassen wollte, wäre das ganze ziemlich in die Hose gegangen und ich war fast draufgegangen, wenn mich Dante und Fabio nicht gerettet hätten. Ich hatte meine Lektion gelernt und ab dem Tag waren wir eigentlich Freunde, auch wenn Dante und ich uns ab und zu immer noch an die Gurgel gehen.“
Ich konnte mir das Grinsen nach seiner Geschichte nicht verkneifen, die drei waren schon echt genial.
Ryan erzählte mir noch weitere Geschichten von ihren gemeinsamen Aufträgen und so verging die Zeit wie im Flug.
Wir bezahlten und liefen dann noch ein bisschen draußen am Deck entlang, hier war nicht mehr viel los, da es ziemlich kalt und spät war. Der eisige Wind fuhr durch meine Haare und unter mein Kleid, sodass sich in Sekundenschnelle eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitete. Ryan bemerkte es und reichte mir fürsorglich seine dicke Jacke, in die ich mich schnell einkuschelte.
Wir redeten fast die ganze Nacht durch und in der Zeit konnte ich einfach alle meine Sorgen der letzten Tage vergessen. Irgendwann merkte ich, wie ich immer müder wurden und wir schlenderten langsam zurück zu unserem Zimmer.
Der Abend war bisher wirklich wunderschön, eigentlich kannte ich Zoey erst seit drei Tage, doch während des Dates hatte ich wieder gemerkt, wie besonders sie war. Und damit meinte ich nicht nur ihr Aussehen. Sie war so süß, ich liebte es, wenn ihre Augen anfingen zu funkeln, wenn sie diskutierte und sie mit den Händen wild um sich fuchtelte, um ihre Meinung zu verdeutlichen. Oder wie sie versuchte hatte, mich wegen der Sache mit Fabio und Mia aufzumuntern und mich zum Lachen gebracht hatte. Ich war mir sicher, dass es noch so viele Seiten an ihr zu entdecken gab. Bis jetzt war alles viel zu schnell gegangen, in den nächsten Tagen würde ich mir Zeit nehmen und versuchen sie besser kennenzulernen und vielleicht würde ich ja herausfinden, was sie noch alles zum Lächeln brachte, außer einer leckeren Pizza.
Als wir vor unserem Zimmer ankamen, kramte ich in meiner Tasche nach dem Schlüssel und schloss die Tür dann auf. Wir traten ein, sie zog sich meine Jacke aus und legte sie auf den Couchtisch. Betreten standen wir dann in dem Zimmer und sie trat von einem Bei auf das andere. Irgendwas hatte sich in den letzten paar Sekunden verändert, irgendwie war es etwas anderes gemeinsam in einem Restaurant zu sitzen oder alleine in einem Hotelzimmer zu sein.
Um die Situation zu lockern, ließ ich mich aufs Sofa fallen und meinte: „Hast du Lust noch eine Folge „The Bing Bang Theory“ zu schauen?“ Ich weiß, nicht so der perfekte Ausklang eines Dates, aber alles war besser als dieses betreten Schweigen.
Aber ihr schien das nichts auszumachen, denn sie strahlte mich an und nickte heftig.
„Klar, ich liebe die Serie.“ Sie ließ sich neben mir nieder und kuschelte sich an ein Kissen. In dem Moment blitzte in meinem Kopf kurz ein Bild, wie sie sich so an mich kuschelte auf, doch ich verdrängte es schnell wieder. Wie war das mit, es langsam angehen? Trotzdem rutschte ich unauffällig ein wenig näher an sie heran und schaltete den Fernseher an.
Es war einer meiner Lieblingsfolgen dran, aber scheinbar kannte Zoey sie noch nicht, denn sie starrte gebannt auf den Bildschirm. Immer wieder wenn sie so bezaubernd lachte, schaute ich eher sie als den Fernseher an, denn das Bild was sich mir bot, war einfach schöner. So schauten wir noch die Folge, doch ich merkte, wie Zoey immer müder wurde und ihr langsam die Augen zufielen. Oh, irgendwie erinnerte mich das an unseren ersten gemeinsamen Abend, aber ich hatte meine Lektion gelernt. Also legte ich sie vorsichtig in das riesige, weiche Bett und deckte sie zu – ohne sie vorher auszuziehen. Dann wandte ich mich zum Sofa um auf dem ich wohl jetzt meine Nacht verbringen müsste. Doch bevor ich einen Schritt machen konnte, umklammerte eine Hand meinen Arm. Überrascht drehte ich mich um und sah wie Zoey mich festhielt, doch sie sah eher so aus, als ob sie Schlafwandeln würde, denn sie sagte nichts. Sanft versuchte ich ihre Finger von meinem Handgelenk zulösen, doch sie umklammerte mich regelrecht. Was sollte ich denn jetzt machen? Ich versuchte sie wachzurütteln und nach einigen Sekunden wachte sie dann auch auf. Verwirrt starrte sie auf ihre Hand und zog sie zögern zurück.
„Ähm, tut mir leid“, entschuldigte sie sich.
„Kein Problem.“ Etwas wehmütig schaute ich auf das weiche Bett und dann auf das kurze Sofa, doch trotzdem würde ich dort schlafen, denn ich wollte nicht nochmal von einem Schrei geweckt werden.
Doch Zoey hatte meinen Blick scheinbar bemerkt, denn sie seufzte nachgiebig.
„Na gut, du kannst hier schlafen. Aber wehe du kuschelst dich wieder an mich!“
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, doch ich schlüpfte erleichtert aus meiner Hose und knüpfte mein Hemd auf. Zoey schaute schnell weg, doch ich sah, wie sich ihre Wangen leicht röteten.
Dann machte ich noch schnell das Licht aus und schlüpfte dann auch unter die warme Bettdecke. Ich merkte, dass Zoey schon fast wieder eingeschlafen war, denn sie atmete langsam und regelmäßig.
„Zoey?“ Zurück bekam ich nur ein bestätigendes Brummeln.
„Ich wollte nur sagen, dass ich den Tag und das Date heute Abend richtig toll fand. Und ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, morgen wieder was mit mir zu machen. Ich hatte gedacht, wir könnten vielleicht schwimmen gehen?“ Als erst keine Antwort zurückkam, hatte ich schon Angst, dass sie jetzt eingeschlafen war. Doch auf einmal flüsterte sie was und ich musste mich anstrengen sie zu verstehen.
„Hmm… wirklich schön. Können gerne schwimmen gehen.“ Und dann war sie glaub ich endgültig eingeschlafen. Doch das reichte mir. Glücklich schloss ich meine Augen.
Als ich aufwachte, spürte ich schon wieder einen warmen Männerkörper, der an mich gekuschelt war. Diesmal schrie ich nicht, denn ich wusste ja jetzt wer es war. Als ich mich aufsetzen wollte, wurde ich schon wieder zurückgehalten und ich seufzte nachgiebig. Eigentlich genoss ich seine Berührungen sogar, aber wirklich nur ein bisschen. Also kuschelte ich mich auch an ihn und schloss wieder die Augen. Ich erinnerte mich schwach daran, dass Ryan gestern Abend im Bett mir noch gesagt hatte, dass ihm der Abend gefallen hatte und er mich gefragt hatte, ob wir heute schwimmen gehen wollten. Ich fands süß, dass er sich gemerkt hatte, dass ich gerne im Wasser bin und ich hoffte, dass das Ganze nicht nur ein Traum war. Als ich mich in Ryans Armen umdrehen wollte, wachte er auf. Im ersten Moment starrte er mich verwirrt an, doch als er bemerkte, wie wir wieder lagen, riss er seine Augen entsetzt auf. Schnell ließ er mich los und beraubte mich seiner Wärme. Entschuldigend und abwehrend hob er seine Hände.
„Oh verdammt, tut mir leid. Das wollte ich nicht. Scheiße, ich bin so ein Idiot…“ Ich unterbrach ihn schmunzelnd.
„Ist nicht schlimm“, beruhigte ich ihn. Trotzdem sah er noch so aus, als ob er sich Vorwürfe machen würde, doch auf einmal knurrte mein Magen laut und lenkte ihn ab.
„Wollen wir runter gehen und was essen?“ Ich nickte bestätigend und quälte mich aus dem Bett, um ins Bad zu gehen. Dort zog ich mich schnell um und schminkte mich ein bisschen.
Wir unterhielten uns den ganzen Weg lang zum Deck super und ich war richtig froh, dass sich nicht schon wieder dieses befangene Schweigen ausbreitete und wir uns weiterhin super verstanden.
Dante und Fabio warteten im gleichen Café wie gestern auf uns. Suchend blickte ich mich um, doch glücklicherweise entdeckte ich die Kellnerin von gestern nicht. Ich bestellte mir einen Pfannkuchen und verschlang ihn nachher heißhungrig, denn er war köstlich.
Nachdem wir fertig waren, gingen wir wieder auf unser Zimmer. Ich überlegte, ob ich Ryan drauf ansprechen sollte, ob er mich gestern Abend wirklich noch gefragt hatte, ob wir gemeinsam schwimmen gehen wollte, oder ob ich es nur ein Wunschtraum von mir war. Vielleicht würde ich in seinen Gedanken eine Antwort darauf finden….
Bevor ich noch weiter darüber nach grübeln konnte, kam Ryan mir zuvor.
„Und wollen wir jetzt schwimmen gehen?“ Erleichtert atmete ich aus, ich hatte es mir nicht eingebildet.
„Klar.“ Ich grinste ihn bereit an und verschwand dann schnell im Bad um meinen neuen Bikini anzuziehen. Er war dunkelrot und trägerlos. Rasch zog ich mir noch einen Pullover und eine Jeans an und kam dann wieder ins Zimmer. Ryan hatte sich in der Zeit scheinbar auch umgezogen und so konnten wir direkt los.
Der Tag war wundervoll, wir verbrachten fast jede Minute zusammen. Zuerst waren wir schwimmen und rutschten mehrmals eine riesig lange Rutschte hinunter. Wir machten Wasserschlachten und nachher massierte Ryan mich mit gekonnten Händen. Er rieb verschieden Öle auf meinen Rücken und öffnete vorsichtig den Verschluss des Oberteils. Seine warmen Finger auf meiner Haut, hinterließen ein angenehmes Prickeln. Als ich mich umdrehte, sah ich das Verlangen in seinen Augen, doch er hielt sich vollkommen zurück. Später legten wir uns zusammen mit Fabio und Dante an den künstlichen Strand und ich buddelte Ryan, der das vollkommen gelassen über sich ergehen ließ, komplett ein und machte Fotos. Wir spielten mit dem Ball, bauten Sandburgen und später gingen wir ins Kino, in einen Film mit Schauspielern, die ich nicht kannte. Wir machten uns ein Spaß daraus den schlechten Film und die Schauspieler zu kommentieren. Am lustigsten war, als wir aus Versehen auf einer Kinderveranstaltung landeten und statt zu gehen, erstmal mit Fangen spielten.
Insgesamt war der Tag total verrückt, doch super lustig und den ernsten Grund warum wir eigentlich hier waren, konnten wir erstmal vergessen.
Abends entdeckte Ryan, dass es eine Sauna gab.
„Na, wollen wir auch noch in die Sauna?“, fragte er mich mit einem vollkommen ernsten Gesichtsausdruck, doch ich sah das schelmische Funkeln in seinen Augen.
„Nee..“ Ich glaube, dass es keine gute Idee war, wenn er und ich, nackt, in einer Sauna waren.
Jetzt grinste er mich spöttisch an.
„Wieso? Traust du dich nicht? Hast du Angst, dass ich dich anfalle wie ein wildes Tier? Außerdem kannst du ja dein Bikini anlassen, oder dir ein Handtuch umwickeln.“
Na gut, er hatte gewonnen. Ich wollte ja nicht wie der letzte Feigling da stehen. Zögernd gab ich nach, er hatte mich eh schon mehrmals fast nackt gesehen.
Zehn Minuten später stand ich in der Umkleide zur Sauna und überlegte, ob ich ein Bikini anziehen oder einfach ein Handtuch um wickeln sollte. Da ich Ryan ein bisschen reizen wollte, schnappte ich mir nur ein kurzes Handtuch vom Ständer und machte mich dann auf dem Weg zur ersten Sauna.
Ryan war noch nicht da und so ließ ich mich schon mal auf einer der unteren Bänke nieder. Nach mehreren Minuten kam Ryan und ich konnte nicht anders als ihn anzustarren. Dieser Oberkörper, diese Muskeln… einfach nur göttlich. Als er es bemerkte, grinste er anzüglich, doch diesmal störte es mich nicht. Er wusste eh mittlerweile, dass ich ihn anziehend fand. Elegant ließ er sich auf der anderen Bank nieder, nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen. Lässig lehnte er sich zurück und gewährte mir ein super Ausblick auf seinen Körper, doch auch er ließ seinen Blick über mich schweifen und leckte sich lasziv über die Lippen. Ich beschloss ihn ein bisschen zu ärgern und hob stöhnend meine Arme nach oben, sodass das Handtuch ein wenig nach unten rutschte und mehr preisgab. Wie paralysiert klebten seine Augen auf meinem Dekolleté, doch ich fand, dass ich ihn noch nicht genug provoziert hatte.
„Oh Mann, ist es heiß hier“, stöhnte ich leise und lockerte den Knoten des Handtuchs. Ryans Augen weiteten sich und er schluckte trocken. „Was machst du?“, krächzte er heiser. Ich hatte keine Ahnung wo ich den Mut dazu hernahm, aber irgendwie machte es mir nichts aus, dass Ryan mich so sah, denn er hatte mich ja eh schon nackt gesehen.
„Nichts.“ Ich klimperte unschuldig mit meinen Wimpern, legte mich hin und streckte mich aus. Dabei löste sich der Knoten nun komplett und das Handtuch klappte nach beiden Seiten runter. Ich bemerkte, wie Ryan seine Hände zu Fäusten ballte und sich an dem Holz festkrallte. Schweißtropfen bahnten sich einen Weg über seine Brust und ich folgte ihnen mit meinen Augen. Ryan senkte seinen Blick starr auf den Boden, da er mich scheinbar nicht anstarren wollte, doch ich bemerkte, wie das an seiner Selbstbeherrschung kratzte. Sämtliche Muskeln in seinem Körper waren angespannt und ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen, ich hätte nicht gedacht, dass er so heftig auf mich reagierte. Als ich mich ein bisschen räkelte, stieß er ein erregtes Knurren aus und er ließ seinen Blick ungeniert über meinen Körper gleiten.
„Könntest du dein Handtuch bitte wieder umtun?“, stieß er hervor.
„Warum?“ Natürlich wusste ich warum, doch es machte Spaß ihn zu ärgern, schließlich hatte er das Ganze hier mit der Sauna selbst gewollt.
„Weil ich sonst sofort hier über die herfalle und mich nichts davon abhalten kann.“ Oh, irgendwie war es etwas anderes es direkt aus seinem Mund zu hören. Ich beschloss, dass ich ihn genug gereizt hatte und band mir das Tuch langsam wieder um, doch seine Anspannung ließ nicht wirklich nach.
Ryan blieb die ganze Zeit über so angespannt und irgendwann hatten wir genug. Selbst Vampiren war es irgendwann zu heiß, selbst wenn wir mehr aushielten.
Als wir beschlossen zu gehen, stürmte Ryan fast aus der Sauna und ich musste lachen, auch wenn mich das Ganze auch nicht kalt gelassen hatte.
Die kalte Dusche war eine herrliche Erfrischung und nachdem ich mich wieder angezogen hatte, ging ich zu dem Restaurant, wo wir uns mit Fabio und Dante treffen wollten. Ich sah mich nach Ryan um, doch der war wie vom Erdboden verschluckt.
„Wo hast du denn Ryan gelassen, Zoey?“, fragte mich Dante lächelnd, als ich mich neben ihn setzte.
„Das frag ich mich auch. Keine Ahnung wo er ist, eben waren wir noch in der Sauna und dann ist er wie von der Tarantel gestochen davongelaufen.“
Dante sah mich vollkommen verblüfft an, als ob ich ihm gerade gesagt hätte, dass ich die Tochter vom Präsidenten wäre. Doch zu meinem Erstaunen, ertönte auf einmal ein ganz leises, kleines Kichern. Verwirrt drehte ich mich um, doch da saß nur Fabio, der konnte es doch nicht gewesen sein… oder doch? Seine Mundwinkel hatten sich minimal nach oben gezogen und so sah er ehrlich gesagt, schon verblüffend gut aus. Vorher hatte er immer zu griesgrämig ausgesehen.
„Na ich denke, dann ich das nicht verwunderlich, dass er erst mal seine Zeit braucht um sich…ähm, abzureagieren“, ertönte seine raue Stimme, in die sich diesmal sogar eine minimale Reaktion reingeschlichen hatte. Ich saß nur mit aufgeklapptem Mund vor ihm und konnte es nicht fassen, dass er freiwillig mit mir gesprochen hatte und auch noch eine Reaktion gezeigt hatte. Als er mein Erstaunen bemerkte, verhärte sich seine Mine wieder. Ich könnte mich dafür in den Arsch treten, dass ich nicht geantwortet hatte und mir mein Erstaunen so offensichtlich habe anmerken lassen, aber es war einfach so eine Überraschung.
Da Ryan irgendwie nicht kam, bestellten wir schon mal unser Essen und plauderten ein wenig, wobei ich versuchte Fabio mit einzubeziehen, doch er mauerte wieder. Doch jetzt hatte ich gemerkt, dass er nicht nur ein Eisklotz war und ich würde mir Mühe geben, den „anderen“ Fabio wieder an die Oberfläche zu holen. Nach Ewigkeiten, so kam es mir zumindest vor, kam Ryan wieder und setzte sich zu uns. Sein Haar war ziemlich verwuschelte und war noch ein bisschen nass. Doch sonst sah er irgendwie ziemlich…erleichtert aus. Ich wollte nicht wissen, was er in der Zeit, wo er verschwunden war, gemacht hatte, auch wenn ich es mir denken konnte. Böser Junge.
Wir blieben schon wieder ziemlich lange auf und redeten noch die ganze Nacht durch. Zwischendurch spürte ich immer wieder verlangende Blicke auf mir und auch ich ließ meine Augen manchmal unauffällig über ihn schweifen.
Nachts ließ ich mich todmüde ins Bett fallen, ich schaffte es so gerade noch mir mein Nachthemd überzuziehen und schon drifte ich in meine Traumwelt ab. Halb merkte ich noch, dass Ryan sich neben mir ins Bett kuschelte, denn die Matratze senkte sich und sein Duft stieg mir in die Nase und begleitete mich in meinen Träumen.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte – wie sollte es auch anderes sein – fühlte ich Ryans Arme, die um meinen Körper geschlungen waren. Er war so dicht an mir dran, dass ich seine Morgenerektion fühlen konnte. Unbehaglich wollte ich etwas weg rutschten, doch seine Arme waren wie Stahlkäfige, was ich eigentlich mittlerweile wissen müsste. Doch diesmal wachte er nicht schnell auf, sodass ich noch lange einfach nur da lag und seinen warmen Atmen in meinem Nacken fühlte. Irgendwann dämmerte ich dann auch wieder ein wenig ein. Als ich das zweite Mal an diesem Morgen aufwachte, war Ryan immer noch tief und fest am Schlafen. Da ich langsam mal auf Toilette musste, versuchte ich mich aus seinen Armen zu winden. Es sah wahrscheinlich total verrückt aus, wie ich aus der Umarmung herauskroch, aber ich musste wirklich dringend mal.
Als ich wiederkam, sah ich, dass Ryan nun auch wach war. Wir machten uns schnell fertig und gingen wie die letzten beiden morgen auch wieder in das Café, so langsam hatten wir da unser Ritual.
Dante und Fabio saßen schon wieder da und tranken ihren Kaffee. Die unfreundliche Kellnerin war zum Glück schon wieder nicht da und so hatten wir ein entspanntes Frühstück.
Als wir wieder nach oben gingen wollten, entdeckte ich etwas.
„Ryan, schau mal.“ Heftig zog ich ihn am Arm zu einer großen Pinnwand, die neben der Rezeption hing. Aufgeregt deutete ich auf ein schwarzes Blatt, das mit Kürbissen und Fledermäusen verziert war und zu einer riesigen Halloweenparty heute Abend einlud.
„Da können wir nochmal in den Laden und doch das eine Kleid kaufen. Und dann gehen wir auf die Party. Ich liebe Halloween! Und ihr beide könnt auch mit kommen“, wandte ich mich an Fabio und Dante, die hinter uns aufgetaucht waren. Dante wackelte sofort begeistert mit dem Kopf und selbst Fabio stimmte mit einem Kopfnicken zu.
„Super, wir müssen gleich in den Laden um für euch auch passende Kostüme zu finden!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, lief ich zielstrebig über das Deck in Richtung des Ladens. Kaum hatte das Windspiel, das beim Öffnen der Ladentür losklirrte, begonnen, stand auch schon die Verkäuferin von vorgestern bei uns.
„Da seid ihr ja wieder, ich wusste, dass ihr wieder kommt. Und ihr habt sogar noch zwei junge Herren mitgebracht. Ihr seid sicherlich wegen der Party heute Abend hier, oder? Oh, ich habe da schon genau das richtige für sie, junger Mann“ Bevor irgendjemand reagieren konnte, zog sie den verblüfften Fabio hinter sicher her und verschwand in dem dichten Gewühl des Ladens. Schnell machten wir uns dran den beiden zu folgen und warfen auf unseren Weg fast mehrere Kleiderständer um. Endlich hatten wir die beiden erreicht. Die Frau wuselte geschäftig um ihn herum, während Fabio immer noch ziemlich überrumpelt aussah. „Es wird Ihnen wie angegossen passen, es ist wie geschaffen für sie.“ Theatralisch holte sie von einem Ständer eine weiße Kleiderhülle. Langsam zog sie den Reißverschluss nach unten und zum Vorschein kam – ein Anzug. Ein ganz normaler, schwarzer Anzug. Gruselfaktor gleich Null. Verdutzt sahen wir die Frau an. Darum hatte sie so einen Aufstand gemacht?
„Los, ziehen sie es an“, drängte sie und schob Fabio in die Umkleide.
„Sie werden überrascht sein“, zwitscherte sie und zog den roten Vorhang mit einem Ruck zu. Fabio brauchte nicht lange um sich umzuziehen und schon trat er hinaus. Der Anzug passte zwar wirklich perfekt, auch wenn der Stoff etwas dick aussah.
„So, und nun kommen wir zu dem ganz besonderes an diesem Anzug.“ Die Frau hatte echt einen Hang zur Dramatik.
„Junger Mann, tasten sie mal in ihre linke Hosentasche.“ Fabio gehorchte und steckte seine linke Hand in die Hosentasche.
„So, da müsste eine Art Knopf sein, reißen sie bloß nicht dran, sondern drücken sie einfach nur.“ Aufgeregt starrte sie Fabio an und auch wir wurden langsam neugierig. Eine Sekunde, zwei Sekunden, drei Sekunden… nichts passierte. Doch auf einmal schoss aus allen Ecken von Fabios Anzug Blut, oder zumindest eine rote Flüssigkeit. Aus seinem Bauch quoll plötzlich irgendetwas ekliges, das aussah wie Gedärme und das Geräusch von berstenden Knochen ertönte. Angeekelt sah ich, wie innerhalb einer Minute aus Fabio ein Zombie wurde, oder zumindest aus seinem Anzug.
Dante, der neben mir stand, fing laut an zu lachen.
„Fabio, du siehst aus wie eine Leiche. Den Anzug nehmen wir auf jeden Fall!“, brachte er japsend hervor. Da musste ich ihm zustimmen, das war echt ein gutes Halloweenkostüm. Ryan nickte zustimmend und auch Fabio strich ein wenig bewundernd über den Anzug, zog dann aber schnell die Finger wieder weg, denn nun waren sie mit einer roten Flüssigkeit benetzt. Er versuchte sie an seinem Anzug abzuwischen, doch das machte es nur noch schlimmer. Ich musste über seine Versuche grinsen, bis die Verkäuferin ihm ein Taschentuch reichte.
Nun machten wir uns dran, auch für Dante und Ryan passende Kostüme auszusuchen, denn ich hatte ja letztes Mal schon eins gefunden. Die Verkäuferin hatte es sofort für mich geholt und so konnte ich mich jetzt darauf konzentrieren, den beiden beim Suchen zu helfen.
Eine Stunde später trat ich mit einem Lächeln aus dem Laden. Das war einfach der optimale Ort um verrückte Halloweenklamotten zu finden. Ich freute mich schon tierisch auf den heutigen Abend, hoffentlich war die Party gut und es gab auch gruslige Dekorationen. Als ich dreizehn war, ist mein Vater mit mir auf eine Halloweenparty gegangen, aber ich war total enttäuscht, denn da wirkte alles überhaupt nicht echt und wirklich gruselig. Seit dem hatte ich immer meine eigene Party geschmissen und mit jedem Jahr war ich besser geworden. Aber leider konnte diesmal ja keine organisieren, also musste ich einfach hoffen, dass diese an Bord besser ist als meine letzte.
„Jetzt muss ich erstmal was essen“, meinte Dante, als er mit einer riesigen, schwarzen Tüte, in der sein Kostüm war, aus dem Laden trat. Neugierig versuchte ich in die Tüte zu lugen, denn Dante wollte mir nicht verraten, was er gekauft hatte.
„Das wird eine Überraschung“, hatte er geheimnisvoll grinsend gemeint. Als er bemerkte, dass ich in die Tüte gucken wollte, schnalzte er tadelnd mit der Zunge und machte sie fester zu, sodass ich keine Chance mehr hatte, irgendwas zu sehen. Schmollend schob ich meine Unterlippe vor, doch davon ließ er sich nicht beeindrucken.
„Och, bitte Dante, ich hasse Überraschungen!“ Jetzt grinste er fies und knuffte mir in die Seite.
Wütend versuchte ich auszuweichen und schlug ihm auf den Arm, doch er zuckte noch nicht mal mit der Wimper. Frustrierend. Sein Arm schellte wieder hervor und er wuselte mir durch die Haare.
„Ah, Dante! Lass das!“ Aber leide wirkte meine Drohung scheinbar nicht sonderlich, was vielleicht dran lag, dass ich gleichzeitig heftig lachen musste und deswegen ließ er sich davon auch nicht beeindrucken. Er zog mich an sich, um mich zu kitzeln und ich quietschte, doch genau in dem Moment traten auch Ryan und Fabio aus dem Laden. Das Lächeln auf Ryans Gesicht erfror und seine Augen verdunkelten sich vor Wut. Dante ließ mich ruckartig los, denn mit einem Vampir auf einem Eifersuchtstrip war nicht zu spaßen. Doch zu spät. Ryans Hände ballten sich zu Fäusten und sein Kiefer spannte sich an. Innerhalb einer Sekunde war er bei mir und riss mich an sich, beziehungsweise stellte sich so vor mich, dass Dante mich nicht mehr sehen konnte.
„Was soll das werden? Machst du dich hinter meinem Rücken an sie ran? Wenn ich nicht da bin? Habt ihr euch geküsst? Ja? Habt ihr das?“ Er steigerte sich immer mehr in seine Wut hinein und blitze jetzt auch mich zornig an. Abwehrend hob Dante die Hände.
„Ryan, du weißt, dass ich das niemals tun würde. Zoey ist nur eine Freundin für mich, da ist nichts. Wirklich nicht. Ich hab sie nur gekitzelt“, versuchte er beruhigend auf ihn einzureden, doch Ryans Wut schien nicht zu verpuffen.
„Ein ziemlich enges Kitzeln!“, meinte er höhnisch. Jetzt reichte es mir aber langsam, er übertrieb total.
„Zum Teufel nochmal! Ryan da ist wirklich nichts! Und ich bin echt ziemlich enttäuscht, dass du so was von mir denkst. Und von Dante! Er ist dein Freund. Er würde so etwas nie machen. Aber du bist einfach zu verblendet um das überhaupt zu registrieren. Bis jetzt war es ein wunderbarer Tag und hab ich dir irgendwann das Gefühl gegeben, dass mir der Tag mit dir nicht gefallen hat? Denn er hat mir gefallen, sehr sogar, aber du ruinierst alles, weil du so ein verbohrter Sturkopf bist und ich hab echt keine Lust mir so einen sinnlosen Eifersuchtstrip anzutun!“ Meine gute Laune war verschwunden und ich war total enttäuscht. Warum konnte denn nie etwas gut gehen zwischen mir und Ryan? Am liebsten hätte ich Ryan die Pokerface, die er jetzt aufsetzte, vom Gesicht gekratzt. Doch ich bekam nicht mehr die Gelegenheit dazu. Ohne ein weiteres Wort wirbelte er herum und stürmte davon. Feigling. Wie konnte er jetzt einfach abhauen?
Auch Dante schaute ihm überrumpelt hinterher. Doch dann versuchte er sein Gesicht wieder unter Kontrolle zu bringen, doch trotzdem sah ich die Verletztheit in seinen Augen, als er sich zu mir wandte.
„Komm, lass uns erst einmal etwas essen.“ Kurz überlegte ich, mich nicht einfach mit Ryans Flucht abzufinden und nicht einfach so zu tun, als ob nichts gewesen wäre, doch es hätte auch keinen Sinn jetzt noch stundenlang drüber zu diskutieren und doch nicht zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen.
„Ja, lass uns essen gehen“, wiederholte ich leise.
Den Rest des Tages bekam ich Ryan nicht mehr zusehen. Ich vermied es in unser Zimmer zu gehen und hielt mich die ganze Zeit mit Dante und Fabio am Deck auf, wo wir die meiste Zeit schweigend aufs stürmige Meer hinausschauten und jeder seinen Gedanken hinterherhing.
Es dauerte noch ungefähr zwei Tage, bis wir endlich in Jamaika waren und ich meinen Vater wiedersehen würde. Seit fünf Tagen hatte ich ihn jetzt schon nicht mehr gesehen und obwohl ich es gewohnt war, ihn manchmal länger nicht zu sehen, bedeutete das nicht, dass ich ihn nicht vermisste.
Ich wusste, dass er noch eine andere Seite hatte, die ich bisher noch nicht erlebt hatte, denn er hielt mich völlig aus seinen Clangeschäften heraus. Doch immer wenn er bei mir war, war er der beste Vater, denn man sich wünschen konnte.
„Dad?“, fragte ich leise. Wir saßen auf einer blau und rot karierten Decke mitten in einem Blumenfeld. Um uns herum ragten große Bäume aus dem Boden und ihre Schatten fielen auf uns. Mein Vater starrte jetzt schon seit einer ganzen Zeit auf einen bestimmten Baum in den irgendetwas eingeritzt war, was ich von hier nicht erkennen konnte, doch es sah wie ein Herz aus.
Er wandte seinen Kopf zu mir, doch seine Augen waren immer noch glasig und er sah so aus, als ob er irgendwo in der Vergangenheit hängen würde.
„Warum starrst du den Baum so an?“ Sein Gesicht verzog sich kurz vor Traurigkeit, doch dann hatte er es wieder unter Kontrolle. Er rappelte sich auf und streckte mir seine Hand hin. Rasch ergriff ich sie und er hob mich mit Leichtigkeit hoch. Meine Hand sah unglaublich klein in seiner aus.
Langsam schlenderten wir zu dem Baum und als wir ein paar Meter davor waren, sah ich, dass etwas in das Herz eingeritzt war. V+A. Ich fragte mich, wofür die Buchstaben standen, doch mein Vater begann schon zu reden.
„Weißt du. Diese Lichtung war der Lieblingsort deiner Mutter, Amilia. Jede freie Minuten haben wir hier verbracht und sie kam auch immer hierher um für mich zu beten, wenn ich wieder eine gefährliche Mission hatte. Als ich ihr den Heiratsantrag gemacht habe, habe ich hier überall Kerzen aufgestellt und nach ich ihr den Ring angesteckt habe, haben wir unsere Namen in den Baum geritzt. Viktor und Amilia.
Hier hat sie mir auch gesagt, dass sie mit dir schwanger ist und ich habe ihr versprochen, keine gefährlichen Aufträge mehr anzunehmen.“
Ich war total überrascht, dass er meine Mutter überhaupt erwähnte, normalerweise war sie ein verbotenes Thema bei uns und ich hatte mich schon damit abgefunden. Trotzdem freute es mich, dass er mir das erzählte und dass sie mal glücklich gewesen sind. Ich hatte nie verstanden, warum meine Mutter verschwunden war. Es existierte noch nicht mal ein Foto von ihr, denn sie hatte meinem Vater das Herz gebrochen und dafür hasste ich sie manchmal. Auch in diesem Moment, denn ich sah, wie die Augen meines Vaters feucht wurden, auch wenn er versuchte, es vor mir zu verbergen. Und mein Vater war der stärkste und mutigste Mann, denn ich kannte und ich hatte ihn noch nie weinen gesehen. Sanft kuschelte ich mich an ihn, beziehungsweise klammerte mich an sein Bein, denn ich reichte ihm gerade mal bis zu Hüfte. Er lächelte und strich mir zärtlich durchs Haar.
Dantes Stimme riss mich aus meiner Erinnerung.
„Zoey, wollen wir heute Abend jetzt eigentlich zu der Party?“
Ich brauchte einen Moment, bis mir klar wurde, wovon er sprach.
„Natürlich, dafür haben wir die Kostüme doch schließlich gekauft und ich will endlich wissen, was du für eins hast“, lächelte ich. Dante erwiderte mein Lächeln ein wenig gequält, es machte ihm immer noch zu schaffen, dass Ryan ihm nicht vertraute. Ryan war einfach so ein Idiot, alles war super gewesen, aber er hat es ruiniert und jetzt war die Stimmung im Eimer. Ich verstand ihn einfach nicht, ich hatte ihm doch keinen Anlass gegeben, eifersüchtig zu sein. Die meiste Zeit hatte ich doch mit ihm verbracht und sie war wirklich wunderschön gewesen. Aber leider war das bei Vampiren so, alle ihre Emotionen waren um ein vielfaches ausgeprägter als bei einem normalen Menschen und besonders solche Gefühle wie Wut, Hass, Eifersucht und Neid explodierten schon bei dem kleinsten und unwichtigsten Anlass. Das konnten sie einfach nicht verhindern, trotzdem nervte es mich gewaltig.
Doch ich beschloss mich davon nicht runterziehen zu lassen und hakte mich bei Dante und Fabio, der zwar kurz zusammenzuckte, sich aber nicht wehrte, unter. Der Abend konnte beginnen, auch ohne Ryan.
Ryans Sicht
Mechanisch knöpfte ich den letzten Knopf meines Anzuges zu. Ironischerweise ging ich als Vampir und so setzte ich mir die falschen Zähne ein, die viel länger waren, als meine normalen. Lächerlich. Als ob man so lange Fänge brauchen würde, um einen Menschen auszusaugen. Probeweise bewegte ich meinen Mund und die künstlichen Zähne fühlten sich unangenehm an. Warum tat ich mir das eigentlich an?
„Na, Zoey zu Liebe. Du bist so ein hormongesteuerter Trottel! Du hast uns erst in die ganze Scheiße reingeritten. Hättest du von Anfang an auf mich gehört, dann wären wir jetzt genauso glücklich wie immer und würden uns nicht ständig mit diesen unsinnigen Gefühlen für Zoey rumschlagen!“
Luzifer musste natürlich auch mal wieder seinen Senf dazu abgeben.
„Aber du hast doch damit angefangen. Ich sollte sie mir doch schnappen“, grummelte ich vor mich hin und merkte mal wieder wie verrückt ich war. Ich sprach mit der bösen Seite meines Hirns, die mir immer genau das einredete, was ich eigentlich nicht wollte und was immer in die Hose ging. Warum hörte ich eigentlich immer wieder auf sie?
„Na weil ich Recht habe! Ich habe gesagt, dass du sie dir angeln sollst, aber es wurde mit keinem Wort erwähnt, dass du irgendwelche romantischen“
, bei dem Wort würgte er und wurde ganz blass, „Gefühle für sie entwickeln sollst. Das geht ganz allein auf deine Kappe! Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir sie nachher einfach fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. So wie sonst auch immer! Aber nein..! Sie lässt dich wie eine heiße Kartoffel fallen und flirtet mit deinem besten Freund und du rastest voll aus. Dabei hast du noch nicht mal mit ihr geschlafen oder ihr seid zusammen. ERBÄRMLICH!“
Oh Mann, er hatte Recht! Das war wirklich total erbärmlich. In den letzten Tagen war einfach zum letzten Loser geworden. Ich rastete total aus, nur weil Dante sie ein wenig berührte. In dem Moment, wo ich die beiden so vertraut sah, war bei mir einfach eine Sicherung durchgebrannt. Ich hatte komplett rot gesehen und mich wieder an Abby erinnert. Das ganze hatte mich einfach an diese verlogene Schlange erinnert. Normalerweise gab ich mir immer größte Mühe sie aus meinem Hirn zu verbannen und es gelang mir auch ziemlich gut. Keine Frau ließ ich länger und näher als nötig an mich heran und so musste ich mir diese Gefühle auch nicht mehr antun. Ich hatte aus der Sache mit Abby gelernt und ich würde den Fehler nicht noch ein zweites Mal begehen! Tief in meinem Inneren wusste ich, dass Zoey wirklich nicht so war, aber Abby hatte auch immer unschuldig gewirkt.
Ich riss mich aus meinen Gedanken los, da ich eh nicht zu einem befriedigenden Ergebnis kommen würde und machte mich auf dem Weg zum Deck, wo die Party stattfinden sollte.
Es war brechend voll und mir kamen jede Menge mehr oder weniger gut verkleidete Menschen entgegen. Ungefähr jeder zweite war ein Vampir und ich bereute es, mir nicht etwas Originelleres ausgesucht zu haben. Obwohl ich mich eigentlich nicht mehr von Zoey ablenken lassen wollte, konnte ich nicht anders, als nach ihr Ausschau zu halten. Deswegen achtete ich auch nicht auf meinen Weg und auf einmal rannte jemand in mich hinein. Wütend wandte ich meinen Kopf zu der Person, doch als ich sah, dass es nur eine blonde, unschuldige Hexe war, die zudem auch noch sehr gut aussah, schluckte ich meinen Kommentar hinunter. Die Frau war viel kleiner als ich und stammelte eine Entschuldigung, die ich aber kaum mitbekam, als ich auf einmal Zoey sah, die plötzlich hinter einem Werwolf auftauchte. Natürlich entdeckte sie mich sofort und obwohl sie fast am anderen Ende des Decks stand, sah ich, wie ihre Augen sie weiteten und wie ein verletzter Ausdruck über ihr Gesicht huschte. Verwirrt fragte ich mich, was sie denn jetzt hatte, doch als sich ihre Miene dann immer mehr verfinsterte und sie schließlich herumwirbelte, wusste ich, dass ich es schon wieder vermasselt hatte, denn die Hexe hing immer noch an meiner Brust und redete auf mich ein. Für sie musste es ja so ausgesehen haben, als ob ich mit dieser flirten würde. Verdammt! Eigentlich wollte ich sie eifersüchtig machen, aber als ich ihren Gesichtsausdruck gesehen hatte, hatte ich festgestellt, wie dämlich das war. Wegen meinem dummen Stolz und Eifersucht musste ich überhaupt erst alleine zu dieser Party gehen. Rasch schupste ich die Hexe von mir und bahnte mir mit viel Einsatz meiner Ellenbogen einen Weg zum Heck, wo ich Zoey als letztes gesehen hatte. Doch als ich endlich dort war, war keine Spur mehr von ihr zu sehen. Planlos lief ich hin und her, doch ich konnte sie nirgends entdecken. Als ich schon gerade aufgeben wollte, entdeckte ich auf einmal einen blonden Haarschopf, der ziemlich sicher zu Zoey gehörte.
Rasch stürzte ich auf sie zu, doch sie verschwand schon wieder in der Menge. Ich kämpfte mich hinter ihr her und sah gerade noch, wie sie die Treppe hochlief.
„Zoey!“, rief ich ihr nach, doch sie ignorierte mich. Mit großen Schritten hetzte ich die Treppenstufen hoch, immer mehrere auf einmal, bis sie nur noch ein paar Meter entfernt war. Sie bog um die nächste Ecke und ich war schon erleichtert, dass ich sie so gut wie eingeholt hatte, als sie auf einmal entsetzt aufschrie. Verdammt! Noch schneller als zu vor hetzte ich um die Ecke, aber was ich dort sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren.
Der Emovampir und noch fünf weitere gefährlich aussehende Vampire hatten die wild um sich schlagende Zoey umzingelt. Wie konnte es sein, dass sie hier waren? Ich bin so ein schlechter Bodyguard! Weil ich nicht gut genug aufgepasst hatte, war Zoey jetzt schon wieder in Gefahr. Aber diesmal war ich wenigstens komplett einsatzfähig und nicht angetrunken und überrascht. Bevor einer der schmierigen Typen sie anfassen konnte, war ich schon dazwischen gesprungen, nachdem ich einen der Kerle einfach zur Seite geschleudert hatte. Ich drückte die überraschte Zoey zur Wand, sodass sie von hinten niemand angreifen konnte und stellte mich beschützend vor sie.
„Ryan“, keuchte sie und ich meinte Erleichterung in ihrer Stimme mitschwingen zu hören.
Ich hatte keine Zeit mich mit ihr zu beschäftigen, denn meine gesamte Konzentration lag auf dem gefährlichen Vampiren vor uns. Einer sah schlimmer aus als der Andere, obwohl der Emovampir durch seine grässlichen Tattoos noch mehr herausstach. Scheinbar war er auch der Anführer der sechs. Rasch ließ ich meine Augen über jeden von ihnen schweifen und hoffte eine Schwachstelle zu finden, doch sie waren alle gleich gut ausgebildet und mit Muskeln bepackt. Außerdem sah keiner von denen so aus, als ob er großartig Mitleid mit uns haben würde.
Verdammt! Ich hatte keine Möglichkeit Fabio oder Dante zu erreichen, sie waren wahrscheinlich beide noch unten auf der Party. Und es waren einfach zu viele, um mit ihnen alleine fertig zu werden. Da es nichts bringen würde, wenn ich sie zuerst angreifen würde und ich Zoey damit gefährden würde, wartete ich einfach ab. Sie standen regungslos da und betrachteten uns eiskalt.
„Überlass sie uns einfach und du kannst gehen“, piepste der Emovampir. Fassungslos sah ich ihn an. Er hatte die Stimme eines fünf Jährigen Mädchens, hoch und piepsig. Dadurch wurde ich so abgelenkt, dass seine Worte erst langsam zu mir durchsickerten.
„Niemals!“, fauchte ich wütend. „Was wollt ihr von ihr?“
Wieder ertönte seine irritierende Stimme.
„Das geht dich nichts an. Jetzt gib sie uns oder wir beseitigen dich und kriegen sie trotzdem.“
Ich wusste natürlich, dass er Recht hatte. Gegen zwei oder drei von ihnen hätte ich es vielleicht noch aufnehmen können, doch gegen sechs? Aber trotzdem würde ich nicht aufgeben. Auf einmal spürte ich, wie Zoey hinter meinem Rücken unruhig wurde. Leider konnte ich mich nicht umdrehen und die Männer aus den Augen lassen, als ich hörte, wie sie erschrocken auf keuchte. Ich konnte sogar hören, wie ihr Herz panisch schneller schlug und sie näher an mich heran kroch. Auf einmal kam Bewegung in die Männer und sie griffen an. Die beiden, die rechts und links vom Emovampir standen, stürzten sich auf mich, während sich Emovampir selbst Zoey zuwandte. Verzweifelt versuchte ich mich gegen die beiden zu wehren und den Emovampir von Zoey fernzuhalten, doch ich hatte keine Chance. Sobald ich den kleineren der beiden mit einem gezielten Faustschlag die Nase gebrochen hatte, boxte der andere mir voller Kraft in den Bauch, sodass ich mich vor Schmerzen zusammen zog. Wütend trat ich ihm nacheinander mit dem einem Bein gegen das Schienbein und dann direkt zwischen die Beine, sodass er kurz außer Gefecht gesetzt war, doch sofort war wieder ein anderer an mir dran. Von allen Seiten bekam ich Schläge ab, sodass ich bald total die Übersicht verlor. Ich hörte Zoey schreien und sah, dass sie sich tapfer verteidigte, doch an ihr hingen mittlerweile auch drei Vampire. Und ich konnte ihr nicht helfen! Mit einem letzten verzweifelten Brüllen warf ich mich auf meine drei Angreifer, doch ich konnte nur einen zu Boden reißen. Ich stieß ihm meinen Ellenbogen ins Gesicht, sodass er schmerzerfüllt aufschrie und trat ihn mit meinem Knie zwischen die Beine. Immer wieder schlug ich auf ihn ein, doch schon bald wurde ich von ihm herunter gerissen. Ehe ich überhaupt reagieren konnte, flog eine Faust in mein Gesicht und ich sah Sternchen. Ich spürte wie Blut über mein Gesicht lief, aber ich hatte keine Zeit es wegzuwischen. Mehrmals wurde ich herumgewirbelt und musste immer wieder Schläge einstecken, die ich leider nicht wirklich erwidern konnte. Meine Arme waren höllisch schwer und ich war langsam erschöpft, trotz des vielen Adrenalins in meinen Adern. Um denen überhaupt Schmerzen zu zufügen, musste man unheimlich fest zu schlagen und das schlauchte einen. Planlos schlug ich einfach nur um mich und versuchte den Schmerz überall an meinem Körper zu ignorieren. Nur noch der Gedanke, dass ich Zoey beschützen musste, hielt mich überhaupt noch auf den Beinen. Immer wieder konnte ich kurz einen Blick auf sie erhaschen. Sie schlug kräftig zu, doch sie war ihnen unterlegen und wäre schon längst tot, wenn die sie nicht offensichtlich lebendig und möglichst unbeschadet verschleppen sollten. Ein weiterer Schlag in meinen Bauch lenkte mich von ihr ab und ich musste mich wieder auf den Vampir vor mir konzentrieren. Als ich wieder zu ihr hingucken konnte, blieb mir fast das Herz stehen. Sie lag regungslos am Boden!
„Zoey“ Wütend schrie ich auf, schüttelte zwei lästige Vampire ab und versuchte auf sie zu zu rennen, doch ich wurde wieder zurück gerissen. Ich versuchte gegen die klammernden, stahlharten Griffe anzukämpfen, doch ich kam einfach nicht weiter.
„Nehmt die beiden und sperrt sie in der Abstellkammer am Ende des Flurs ein. Wir müssen uns erst noch um die andren Vampire kümmern, bevor wir von Bord gehen können. Da kommen gleich welche die Treppe hoch und ich möchte aber noch ein wenig mehr Zeit mit unserem netten Freund“ Emovampir nickte in meine Richtung. „verbringen.“ Was er damit meinte, war glasklar. Er fand, dass ich noch nicht genug gelitten hatte und er sicherlich noch Spaß daran haben würde, mich zu foltern.
Trotz meiner Gegenwehr zogen die Vampire mich einfach hinter sich her. Sie schleiften mich zum Ende des Gangs und Zoey wurde von einem schmierigen Typen getragen, der sie girieg betrachtete.
„Du Bastard!“, krächzte ich. „Fass sie nicht an!“ Während des Redens lief mir ein Schwall Blut in den Mund und der Schmerz in meiner Nase und an dem Rest meines Körpers ließ mich erzittern.
„Sonst was?“ Spöttisch grinste er mich an und ließ seine Hand über ihren Körper wandern.
„Ich bring dich um! Ich schwörs dir, ich bring dich um!“, brüllte ich außer mir vor Wut. Ich zerrte an den Händen der Vampire, doch sie lockerten ihren Griff kein Stücken.
Einer schloss die Tür zu einer Abstellkammer auf und öffnete sie. Woher hatten sie den verdammten Schlüssel! Ächzend bewegte ich mich um einen besseren Blick auf den Vampir, der Zoey hatte, werfen zu können. Sofort loderte der Schmerz noch stärker durch meine Adern.
Rücksichtslos schupsten sie mich in den Raum und ich stolperte. Ohne es verhindern zu können, fiel ich einfach vorne rüber, da meine Beine nachgaben. Ich hörte, wie sie Zoey auch hineinwarfen und dann schwang die Tür mit einem düsterten Knarren zu und es war stockdunkel.
Sofort schleppte ich mit zu Zoeys Körper und rutschte neben sie. Mit zitternden Händen fuhr ich mit meiner Hand ihren Hals hinauf und tastete nach ihrem Puls. Erleichtert zischte ich, als ich das dumpfe, regelmäßig Pochen fühlte. Ich strich ihr übers Haar und versuchte mich zu entspannen. Hoffentlich begann ich bald zu heilen, aber da ich schon lange kein Blut mehr zu mir genommen hatte, könnte sich das als schwierig herausstellen. Und selbst wenn meine Verletzungen schwächer wurden, ich hätte vielleicht gerade noch die Kraft die Tür auf zu kriegen, aber mit den Wachen, die vermutlich da vor standen, würde ich es nicht aufnehmen können. Meine einzige Hoffnung waren also Fabio und Dante. Hoffentlich war ihnen aufgefallen, dass wir nicht mehr auffindbar waren und Emovampir und sein Gefolge endeckten sie nicht. Als ich mich erneut bewegte, raste eine weitere Schmerzenswelle durch meinen Körper. Ich brauchte dringend Blut, doch ich würde Zoeys niemals trinken. Tief atmete ich durch und verdrängte den Hunger so gut es ging. Stattdessen suchte ich weiter verzweifelte nach einer Lösung, während ich Zoey nachdenklich und aufmerksam beobachtete. Deswegen bemerkte ich auch sofort, als sie wieder zu Bewusstsein kam. Ihre Augenlider zuckten und sie stöhnte leise auf. Besorgt rutschte ich näher zu ihr heran und wollte meine Hand nach ihr ausstrecken, doch ich wusste nicht wirklich, was ich machen sollte. Bevor ich zu einem Schluss gekommen war, richtete sie sich auf einmal ruckartig auf und kreischte panisch auf. Vollkommen von Sinnen schlug sie um sich und hilflos sah ich sie an. Ich versuchte nach ihren Händen zu greifen, um sie bewegungsunfähig zu machen, damit sie sich nicht noch selbst verletzte, doch erst als ich mich mit meinem halben Köper auf sie legte, konnte ich sie halten.
„Zoey, Zoey! Ruhig, ich bin es!“, murmelte ich wie ein Mantra und wünschte mir, dass ich eine freie Hand hätte um ihr übers Haar zu streicheln. Aber glücklicherweise beruhigte sie sich auch langsam so und ich atmete ein wenig erleichtert aus. Ihre Augen hörten auf so panisch zu flackern und richteten sich etwas ruhiger auf mein Gesicht, auch wenn ich ihrer Unruhe noch immer sehen konnte.
Sanft lächelte ich sie an und ließ ihre Handgelenke los. Verwirrt sah sie sich um und ich hörte, wie sich ihr Atem langsam beruhigte.
„Ryan“, hörte ich ihre fragende, sanfte Stimme. Ich strengte meine Vampiraugen an um sie besser zu erkennen. Unsere Augen waren zwar deutlich besser als Menschenaugen, doch trotzdem brauchten wir zumindest ein wenig Licht um überhaupt etwas erkennen zu können.
„Ja, Süße.“ Da es sonst ziemlich still war, hörte ich ihren Atem ziemlich laut.
„Wo sind wir?“, fragte sie.
„In einer Abstellkammer oder so. Die haben uns hier eingesperrt. Ich kann nur hoffen, dass Dante und Fabio uns finden und denen nicht auch in die Fänge geraten. Es tut mir furchtbar leid, dass ich dich nicht genug beschützen konnte. Du hättest nicht weglaufen sollen ohne einen von uns mitzunehmen.“ Im gleichen Moment, wo ich das sagte, hätte ich mir am liebsten selbst ins Gesicht geschlagen. Warum erinnerte ich sie auch an den Grund, warum sie weggelaufen war.
Wie ich befürchtet hatte, verdüsterte sich ihrer Miene schlagartig, der Schmerz und die Enttäuschung trat wieder in ihre Augen.
„Es ist also meine Schuld? Wer war denn hier so abgelenkt und hat seinen Job nicht richtig gemacht. Du bist der schlechteste Bodyguard überhaupt. Welcher Gute lässt sich schon von seiner Geilheit ablenken? Wärest du nicht so von dieser Frau abgelenkt gewesen, wären wir jetzt nicht in dieser Situation!“, fauchte sie mich wütend an. Ihre Worte trafen mich, schließlich hatte ich mir ja schon selbst Vorwürfe gemacht. Aber ich bemerkte auch, dass sie sich richtig in Rage redete und nur wegen ihrer Eifersucht so redete. Ich bemühte mich um einen ruhigen Ton, auch wenn mich ihrer letzten Worten wütend machten. Wie konnte sie glauben, dass ich mit einer anderen Frau flirten würde?
„Zoey, es tut mir wirklich furchtbar leid und es garantiert nicht deine Schuld. Ich bin wirklich ein schlechter Bodyguard, aber du musst wissen, dass ich wirklich nicht mit dieser Frau geflirtet oder sonst etwas getan habe. Sie ist mir nur aus Versehen in die Arme gerannt, genau als du kamst. Hältst du mich wirklich für so ein Arschloch, dass ich mich die ganze Zeit über um dich bemühen würde, nur um das durch so etwas aufs Spiel zu setzten?“ Obwohl es die reine Wahrheit war, sah ich die Zweifel in ihren Augen und ich war enttäuscht darüber, dass sie mir nicht vertraute. Doch sie keifte mich nicht weiter an und ich merkte, dass sie zumindest versuchte, mir zu glauben.
„Na gut. Aber das ist ja jetzt auch erstmal nicht wichtig. Wir müssen gucken, wie wir hier raus kommen.“ Obwohl ich die Sache eigentlich erst mal lieber aus der Welt schaffen würde, war ich froh, über ihren neuen Mut.
„Kennst du jemand, der Idiamin heißt?“, fragte sie mich dann schon. Verwirrt von dem scheinbar plötzlichen Themawechsel, schaute ich sie verwirrt an.
„Ne, wieso?“
„Hmm…naja, ich habe versucht in den Kopf von diesem Emovampir, er heißt übrigens Harald, einzudringen, denn er wollte mich ja lebendig und ich wollte wissen, weswegen. Aber ich hätte nie gedacht, dass es mich so viel Kraft kostet. Ich war kaum in seinen Gedanken, als ich gemerkt habe, dass es mir sämtliche Kraft geraubt hat. Das war echt ungewöhnlich. Ich bin zwar nicht super trainiert in dieser ganzen Hexensache, aber Gedanken lesen war immer am Einfachsten, wenn ich mich konzentriert habe. Und egal wie stark der Wille von jemand ist, das ist normalerweise kein Problem. Ich kann mir das nicht erklären. Das einzige, das ich in Erfahrung bringen konnte, ist, dass der Typ, der ihn beauftragt hat, Idiamin heißt“, murmelte sie abwesend. Als ich daran dachte, dass dieser Emovampir, Harald, was ein lächerlicher Name, sie angefasst hatte, ballten sich meine Hände wieder wütend zu Fäusten. Am liebsten würde ich ihn auf der Stelle in tausend Stücke reißen. Er sollte leiden.
„Hmm…der Name sagt mir immer noch nichts. Viktor, hat ihn nie erwähnt“, erwiderte ich nachdenklich und durchforstet mein Gehirn weiter.
Doch auf einmal unterbrochen, denn draußen erscholl auf einmal Lärm. Ein Schlag, ein Stöhnen, Fauchen, laute Schritte, die auf unseren Raum zugelaufen kamen. In mir machte sich die Hoffnung breit, dass das vielleicht, Dante und Fabio waren. Hektisch sprang ich auf die Füße und verkniff mir einen Schmerzenslaut, da meine Wunden immer noch nicht geheilt waren, wegen dem Blutmangel.
Vorsichtshalber stellte ich mich beschützend vor Zoey, die sich auch langsam aufrappelte. Keine zwei Sekunden später ertönte auf einmal Dantes aufgeregte Stimme.
„Ryan, seid ihr darin?“ Gott sei Dank, sie waren da.
„Ja!“, antwortete ich erleichtert.
„Gut, dann geht so weit und schnell wie möglich von der Tür weg. Ich muss sie auftreten.“ Ich hatte kaum Zeit zu reagieren, als auch schon ein lautes Krachen ertönte und die Tür aus den Angeln flog, sodass helles Licht den Raum durchflutete.
Dante stand wie ein Racheengel in der Tür und wirkte kurz erleichtert, als er uns entdeckte. Aber dann wurde er wieder hektisch.
„Los, kommt. Fabio hält gerade Ausschau, ob sie kommen. Wir müssen sofort von dem Schiff herunter. Das sind mindestens 10 feindliche Vampire, sie kommen aus allen Ecken. Sie sind wahrscheinlich am letzten Hafen eingestiegen. Keine Ahnung, wie sie uns gefunden haben. Irgendjemand hier auf dem Schiff muss uns gesehen haben.“ Rasch traten wir aus der Abstellkammer und liefen hinter Dante her, der sich schon in Bewegung gesetzt hatte. Bei jeder Abbiegung steckte er erst vorsichtig den Kopf um die Ecke und hatte seine Hand an seinem Pistolenhalfter. Da merkte ich wieder, dass er definitiv mehr Erfahrung in sowas hatte als ich. Glücklicherweise bemerkte uns keiner, denn alle schienen auf der Party zu sein und die anderen Vampire durchkämmten wahrscheinlich auch das Deck. „Wir können nicht mehr zurück um noch unsere Sachen zu holen. Wir müssen sofort vom Bord. Gut, dass es schon dunkel ist, denn wir wollen uns ein Rettungsboot nehmen um zu fliehen“, meinte Dante und führte uns durch eine weitere Tür. Als Zoey neben mir immer langsamer wurde, packte ich sie besorgt am Arm und stützte sie ein wenig, obwohl ich selber nicht ganz kräftig war. Bald standen wir bei den Rettungsbooten und Dante machte sich sofort daran, die Plane zu entfernen und die Seile zu kappen, damit das Boot ins Wasser fiel. „Los, steigt schon mal ein. Verdammt! Fabio müsste eigentlich schon längst hier sein“, fluchte er und ich runzelte besorgt die Stirn, doch meine Priorität war es, Zoey zu sichern, also umschlang ich sie mit meinen Armen und angelte mich an dem Seil hinunter, dass Dante ausgeworfen hatte. Bald schon berührten wir den Boden des kleinen Boots und ich legte Zoey sanft ab. Sie schien immer schwächer zu werden und ich wurde immer besorgter. Hoffentlich kam Fabio bald und wir konnten los. Gerade als ich wieder hochklettern wollte, sprang auf einmal Dante ins Boot. „Verflucht. Wir müssen los! Ich hab Schüsse gehört, das sieht gar nicht gut aus. Die haben vermutlich Fabio entdeckt. Wir müssen hier sofort weg!“ Verdammt! Wir konnten ihn doch nicht im Stich lassen, aber wir mussten an Zoey denken, also versuchte ich nicht zu protestieren, auch wenn Fabio mein bester Freund war und ich normalerweise sofort wieder an Bord gesprungen wäre um an seiner Seite zu kämpfen.
„Wir können ihn doch nicht mit denen alleine lassen!“, schaltete sich Zoey ein. Aus ihrer Stimme klang pures Entsetzten und Unverständnis. „Er schafft das schon. Zuerst müssen wir dich in Sicherheit bringen.“ Aber seine Stimme klang nicht überzeugt, es ging ihm genauso gegen den Strich wie mir, Fabio im Stich zu lassen. „Nein, nein, das können wir doch nicht machen!“ Sie stand halb auf, so als ob sie wieder aussteigen wollte, doch Dante zog sie grob wieder zurück.
„Bleib sitzen!“ Seine Stimme war hart und er ließ seine Hand auf ihrem Arm liegen. Zoey sah ich erschrocken an, da sie es wahrscheinlich nicht gewohnt war, dass der sonst so heitere Vampir auf einmal so grob war. Doch ich kannte Dante, wenn es richtig ernst wurde, war er stark konzentriert.
Zoey öffnete den Mund, scheinbar wollte sie protestieren, doch Dante startete schon den Motor und ich sah sie kopfschüttelnd an. Ich erntete einen bösen Blick, doch ich ignorierte es angesichts der Situation. Der Motor gab ein grummelndes Knattern von sich und ich befürchtete schon, dass er nicht anspringen würde, doch dann ruckelte er noch einmal und lief dann. Endlich entfernten wir uns ein Stücken von dem Schiff, als plötzlich Getöse von oben ertönte und mehrere brüllende Stimmen erklangen. Wie auf Kommando blickten wir alle gleichzeitig hoch, gerade noch rechtzeitig um einen Schuss zu hören und zu sehen, wie eine dunkle, schwere Gestalt hinten rüber über die Reling kippte. Im Mondschein blitzte Fabios verzerrtes, mit Blut beschmiertes Gesicht auf, bevor er rasend schnell auf das Wasser zu fiel. Trotzdem kam es mir vor wie in Zeitlupe, als sein lebloser Körper mit einem grauenvollen Klatschen auf der Wasseroberfläche auftraf und zu allen Seiten das Wasser meterhoch spritzte. Er sank wie ein schwerer Stein einfach ab und ich hörte, wie Zoey panisch schrie. Ich selbst war in der ersten Sekunde viel zu geschockt, als das ich überhaupt reagieren konnte. Doch Dante handelte augenblicklich. „Fahrt sofort weiter, egal wo hin!“ Ohne zu Zögern machte er einen Hechtsprung ins Wasser und glitt zielstrebig auf Fabio zu, der nur noch als dunkler Schemen zu erkennen war.
Ich schüttelte meine Erstarrung ab und rutschte zum Steuer. Hastig drückte ich aufs Gas und riss das Lenkrad nach rechts, da ich in der Richtung die Küste vermutete.
„Nein, wir können sie doch nicht beide hier zurücklassen!“ Mussten wir aber, Dante hatte Recht, Zoey musste in Sicherheit sein. Ich ignorierte sie und konzentrierte mich aufs Lenken, doch auf einmal riss sie an meiner Hand, um das Lenkrad wieder umzudrehen. Nur auf Grund des Überraschungseffekts gelang ihr das auch, doch sofort riss ich das Lenkrad wieder an mich. „Verdammt Zoey, es hilft ihnen auch nicht, wenn wir auch noch verletzt werden!“, fauchte ich wütend und hielt sie mit meinem anderen Arm fest an mich gedrückt, sodass sie sich nicht mehr bewegen konnte, da ich es einfach nicht riskieren konnte, dass sie noch mal so ein Manöver startete. „Lass mich los!“, kreischte Zoey und strampelte wild um sich. Sie hinterließ blutige Striemen auf meinen Arm, als sie mit ihren langen Fingernägeln darüber kratzte, doch ich ließ mich nicht beirren. Ich war vielleicht kein guter Bodyguard, aber ein guter Kämpfer und mit Zoey würde ich locker fertig werden, auch wenn es mir leidtat, dass ich sie so grob behandelte. „Tut mir leid, aber das kann ich nicht“, murmelte ich und gab Gas. Hinter uns ertönten erneut Schreie und ich hörte, wie weitere große Gegenstände ins Wasser eintauchten, wahrscheinlich andere Vampire. Nur kurz konnte ich einen Blick über meine Schulter werfen, doch leider erkannte ich nur Schemen. Verdammt, wo waren Fabio und Dante? „Bitte, Ryan, wir können sie doch nicht zurücklassen!“, flehte Zoey und ich hätte fast nachgegeben, doch ihr durfte nichts passieren. Wenn die Zoey in die Hände kriegen würden, wäre Viktor erpressbar.
Wir mussten so schnell wie möglich an Land, denn mitten auf dem Meer konnte man sich nicht verstecken. Glücklicherweise konnte ich schon die Lichter an der Küste blinken sehen. „Zoey, wir könnte ihnen eh nicht helfen. Dante ist ein ausgebildetere Kämpfer und hat schon mehrere solche Situationen erlebt, er schaffst das schon.“ Das war mein einziger Trost, denn ich wusste, wie gut Dante war. Aber auch mit einem verletzten Fabio im Schlepptau? Selbst für einen Vampir war ein Sturz aus so einer Höhe kein Zuckerschlecken und wenn er dann vielleicht auch noch angeschossen wurde. Ich durfte gar nicht drüber nachdenken, denn sonst wäre ich auf der Stelle umgedreht.
Zum Glück gab Zoey jeden weiteren Protest auf und wurde ruhig in meinen Armen, deswegen lockerte ich meinen Griff auch ein wenig. Sie ließ sich direkt neben mich auf die Sitzbank gleiten und ich konnte sie gar nicht lange ansehen, denn die tiefe Sorge schimmerte aus ihren Augen und hätte mich fast dazu bewegt, doch um zu kehren. Zögerlich streckte ich meine eine Hand aus, hielt aber vor ihrem gesenkten Kopf inne. Ich hatte noch nie eine Frau getröstet, aber irgendwas musste ich doch tun. Kurzentschlossen berührte ich mit meinen Fingern hauchzart ihre Haare und strich leicht über ihren Kopf. Verwundert hob sie ihren Kopf und sah mich aus schimmernden Augen an, doch sie zuckte nicht zurück und so wurde ich mutiger und fuhr mit meinen Fingern über ihre Wange. Wie eine kleine Katze schmiegte sie sich vertrauensvoll an meine Hand, so als ob sie meinte, dass ich sie beschützten konnte. Überrascht durchströmte mich ein warmes Gefühl und ich genoss es, auch wenn ich meinen Blick wieder auf das dunkle Wasser vor mich richten musste. Ich hörte, wie sich ihr Atem wieder normalisierte und ich war erleichtert, dass sie sich wieder beruhigte. Das Ganze hatte sie schon ganz schön mitgenommen. Während ich mit meiner einen Hand weiterhin ihr Gesicht streichelte, lenkte ich mit der anderen das Boot. Endlich kamen die Lichter näher, aber meine Anspannung ließ immer noch nicht nach. Ich würde mich erst entspannen können, wenn Zoey in Sicherheit war und ich wüsste, dass es Dante und Fabio gut ging. Vorsichtig lenkte ich das Boot ein wenig nach rechts, damit wir nicht mitten an einem Hafen ankommen würden, sondern an einem einsamen Strand. Wir redeten die ganze Zeit über nichts, da wir beide unseren Gedanken hinterherhingen. Dank meiner guten Augen konnte ich schon bald die Schemen eines Strandes ausmachen, rasch suchte ich ihn nach Menschen ab, doch glücklicherweise waren weit und breit keine zu sehen. Hinter dem Sand ging eine steile Felswand hoch, aber es gab kleine Einbuchtungen, die uns erstmal Schutz für heute Nacht geben würden. Wenigstens eine Sorge weniger. Nach fünf weiteren Minuten kamen wir endlich am Strand an, doch ich musste das Boot ein weniger vorher anhalten, damit wir nicht auf dem Sand auflaufen würden. Also schwang ich mich rasch mit einer Hand über den Bootsrand und landete Knietief im Wasser. Sofort spürte ich, wie das Wasser und die Kälte meine Hose hinaufkrochen, doch ich ignorierte das und streckte die Hände nach Zoey aus, die sich kaum noch auf den Beinen halten konnte und vollkommen fertig aussah. Der Angriff und der Schock steckte uns beide immer noch in den Knochen, doch langsam sank der Adrenalinspiegel wieder und die Müdigkeit und die Kälte machte sich bemerkbar. Zudem waren unsere Klamotten eingerissen und zerknittert von dem Kampf. Es würde auf jeden Fall keinen Sinn machen, heute noch weiter zu fahren oder die Stadt zu besuchen. Außerdem hatten wir eh kein Geld um ein Hotel aufzusuchen, denn wir hatten alles im Zimmer lassen müssen.
Ohne zu protestieren ließ Zoey zu, dass ich sie an den Hüften packte und aus dem Boot hob. Damit sie nicht nass wurde, schob ich beide Arme unter sie und legte ihren einen Arm um meinen Hals. Ich konnte nicht verhindern, dass ich so die verführerischen Rundungen ihres Hinterns spürte, doch es schien sie nicht zu stören, denn sie schaute mich nur erschöpft aus gesenkten Lidern an. Vertrauensvoll schmiegte sie sich an mich und ich wunderte mich, wo auf einmal dieses Vertrauen herkam. Es freute mich, doch vielleicht hatte sie auch einfach keine Kraft mehr sich zu wehren. Ich stapfte durch das Wasser und ließ sie dann sanft in den weichen Sand fallen. „Danke, Ryan“, flüsterte sie und schaute mich zärtlich an. Es kam mir vor, als ob sie sämtliche Mauern hat fallen lassen. Vielleicht lag es ja daran, dass wir mittlerweile zusammen schon so viel durchgestanden haben.
„Ich komm sofort wieder“, meinte ich, als ich ihren flackernden Blick sah, nachdem ich wieder zu dem Boot gehen wollte. Sie beruhigte sich wieder und schloss die Augen, während ich erneut durch das Wasser lief um das Boot an den Strand zu ziehen. Es war ziemlich mühselig, da ich meine Kräfte eben schon fast aufgebraucht hatte, aber es gelang mir trotzdem. Geschafft ließ ich mich dann neben Zoey in den Sand fallen und genoss es, für wenige Minuten die Augen zu schließen. Doch dann widerstand ich der Versuchung und stand wieder auf. Mühselig schleppte ich das Schiff noch ein weniger weiter von Wasser weg um es, so gut es ging, hinter einem Felsen zu verstecken, sodass eventuelle Verfolger es nicht sofort entdecken würden. Rasch zerwühlte ich den Sand an der Stelle, wo das Boot Furchen hinterlassen hatte und lief dann zurück zu Zoey. Ich beugte mich zu ihr runter, doch sie war tatsächlich schon eingeschlafen! Kurz überlegte ich, ob ich sie wachrütteln sollte, doch dann schob ich meine Arme vorsichtig unter sie und hob sie hoch. Als sie seufzte, hielt ich krampfhaft still, doch sie kuschelte sich nur näher an mich und machte ein schmatzendes Geräusch. Süß. Rasch trug ich sie zur einer Einbuchtung in der riesigen Felswand und ließ sie vorsichtig nieder, ohne sie zu wecken. Dann zog ich mein Hemd aus und legte es über sie, da sie nur ein kurzes Kleid trug und sicherlich fror. Schließlich legte ich mich ebenfalls hin und zog sie an meine Brust, sodass sie zwischen mir und der Felswand lag und mein Rücken sie vor dem Wind schützte. Ich war wirklich müde, aber Zoeys Körper so nah an meinem fühlte sich einfach zu gut an und ich wollte es noch ein wenig genießen. Gedankenverloren strich ich mit meinen Finger ihren Arm nach und spürte, wie sich ihre kleinen Härchen dort aufstellten. Hoffentlich ging es Fabio und Dante gut, auch wenn ich vollstes Vertrauen in ihre Fähigkeiten hatte, sie waren doch in der Unterzahl gewesen. Wenn ihnen etwas passiert war, würde ich mir die Schuld geben, weil ich geflohen bin, auch wenn ich Zoey in Sicherheit bringen sollte. Doch irgendwann fielen mir die Augen über Zoeys gleichmäßigem Atem zu und ich sank in einen traumlosen Schlaf. „Ryan!“ Als ich ruckartig die Augen öffnete, weil Zoey geschrien hatte, kam es mir vor wie ein Déjà-vu, da ich mich panisch umsah, doch nirgends eine Gefahr erkennen konnte. Zoey hatte nur wieder unruhig geschlafen. Sie hatte sich aus meinen Armen gewälzt und zappelte. Beruhigend zog ich sie wieder näher an mich und strich ihr über den Kopf. „Alles ist gut“, flüsterte ich aufmunternd. Sie wurde ruhiger und schlug die Augen langsam auf. Zuerst starrte sie mich verwirrt an, doch langsam klärte sich ihr Blick. „Ich hab schon wieder schlecht geträumt. Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe“, nuschelte sie bedrückt. Zärtlich sah ich sie an. „Das muss dir nicht leidtun, nach den Erlebnissen der letzten Tage ist es durchaus verständlich, dass du schlecht träumst“, wiegelte ich ab. „Oh Gott, ich hab geträumt, dass du von dem Schiff gefallen bist. Ryan, da war überall Blut. Und du warst so blass und ich hab geschrienen, das wir umkehren sollten, aber sie hörten mich nicht…“Erschrocken sah ich, wie Zoey am ganzen Körper zitterte und scheinbar erneut das Horrorszenario durchlebte. Es rührte mich, dass es ihr scheinbar etwas ausmachte, wenn ich verletzt war, doch ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen machte. „Zoey, es geht mir doch gut. Und Fabio und Dante sind sicherlich auch wohlauf. Du musst die also keine Sorgen machen.“ Ich zog sie noch enger an mich und drehte sie in meinen Armen um, sodass unsere Gesichter sich fast berührten. Glücklicherweise beruhigte sie sich wieder und ich spürte, dass ihr warmer Atem langsam wieder gleichmäßiger meine Haut streifte. Ich zog meinen einem Arm unter ihr hinweg und stützte meinen Ellenbogen seitlich neben ihrem Gesicht im Sand ab. Sie schaute mich aus verträumten ozeanblauen Augen an und ich konnte nicht anders, als in ihr blondes Haar zu greifen und mir eine lockige Strähne zu schnappen. Um sie ein wenig aufzuheitern, strich ich ihr mit der Spitze immer wieder übers Gesicht und neckte sie. Und tatsächlich zogen sich ihrer Mundwinkel ein wenig nach oben. „Hör auf, Ryan! Das kitzelt!“, kicherte sie und ich war so von ihrem Lächeln verzaubert, dass ich tatsächlich kurz in meiner Bewegung aufhörte. „Du bist wunderschön, weißt du das?“ Das Kompliment entfuhr meinem Mund, bevor ich drüber nachdenken konnte. Doch ich bereute es nicht, denn die hauchzarte Röte die daraufhin ihre Wangen überzog, gefiel mir. Sie sah so lebendig aus. „Danke“, hauchte sie nah an meinem Mund und ich starrte verlangend auf ihre glänzenden, vollen Lippen. Als sie auch noch frech mit ihrer Zunge darüber fuhr, konnte ich mich kaum noch beherrschen. Automatisch ruckte mein Kopf noch näher zu ihr heran und sie wich nicht zurück, im Gegenteil, sie kam sogar noch näher. Mit einem letzten Vorstoß legte ich meine Lippen auf ihre und war so verzaubert von ihrer Samtigkeit. Leicht öffnete sie ihren Mund und erwiderte den Kuss. Stöhnend packte ich ihren Kopf und zog sie noch näher zu mir heran. Meine Zunge glitt automatisch in ihren Mund und kämpfte leidenschaftlich mit ihrer. Ich ertrank förmlich in ihrem köstlichen Geschmack und schwor mir, dass ich sie nicht mehr gehen lassen würde, bevor mein Gehirn komplett umnebelt war. Gierig drehte ich uns gemeinsam ein bisschen, sodass ich auf ihr lag, doch ich stütze mich neben ihr ab, damit sie mein Gewicht nicht erdrückte. Das war genau das, was ich jetzt brauchte. Ich wollte alles vergessen, nur noch genießen.
Zoey stöhnte und vergrub ihre Hände in meinen Haaren, zerrte wie wild an ihnen und ich genoss ihre Wildheit. Als sie mit ihren Fingernägel über meinen Rücken kratzte und ihren lange Beinen um mich schlang und sie hinter meinem Hintern verhakte, wurde ich fast verrückt. Heftig zerrte ich an ihrem Hexenkleid, denn sie trug immer noch ihr Halloween Kostüm, aber ich konnte mich gerade noch zurückhalten um es nicht zu zerreißen. Fahrig strich ich ihr die Träger von den Schultern und fuhr mit der einen Hand untern ihren Körper, sodass ich den Reißverschluss auf machen konnte. Es gestaltete sich als etwas schwer ihn nur mit einer Hand zu öffnen, doch mit der anderen musste ich mich abstützen. Doch nach kurzer Zeit ging es auch so und ich zog es ihr mit einem kräftigen Ruck vom Körper. Während Zoey mit ihren Händen unter mein Shirt fuhr, bewunderte ich ihre zarte Haut und ihre vollkommenen Rundungen. Ich wollte mir Zeit lassen um ihren wunderwollen Körper in Ruhe zu erkunden, doch sie war mittlerweile an dem Bund meiner Hose angekommen und strich heftig dort rüber. Gerade als ich dachte, sie würden den Reißverschluss öffnen, wanderte ihre Hände wieder höher und ich knurrte enttäuscht. Doch sie zupfte an meinem T-Shirt und breitwillig hob ich kurz die Arme, damit sie es mir abstreifen konnte. Ich genoss ihren bewundernden Blick und ihrer vorwitzigen Finger die über meinen Oberkörper streiften. Meine Finger gingen auch wieder auf Erkundungstouren, aber ich hielt mich nicht lange damit auf, den Rand ihres BHs nachzufahren, sondern ich griff nach dem Verschluss, der glücklicherweise direkt vorne war. Ehrfurchtsvoll betrachtete ich sie, wie sie so gut wie nackt vor mir lag. Sie war einfach atemberaubend schön und ich konnte gar nicht genug von ihr bekommen. Verlangend fuhr ich mit meinen Fingerspitzen die Kurven ihres Körpers nach, während sie meine Brust streichelte. Nach einiger Zeit folgte ich die Spur meiner Finger meiner Zunge und genoss es, als Zoey sich unter mir aufbäumte. Fahrig griff sie nach dem Knopf meiner Hose und riss ihn einfach ab. Während sie mir die Hose mitsamt der Shorts abstreifte, schmeckte ich ihre samtige Haut. Nun trennte uns nur noch das kleine Stück Stoff ihres Tangas und auch der war schnell beseitigt. Endlich fühlte ich nur noch ihre nackte Haut und konnte es gar nicht erwarten in ihr alles zu vergessen. Und endlich waren da nur noch sie und ich.
Als mich am nächsten Tag die Sonnenstrahlen im Gesicht wach kitzelten, fühlte ich mich vollkommen entspannt und glücklich, aber auch erschöpft. Die Nacht war einfach wundervoll gewesen und ich hatte jede einzelne Sekunde genossen. Ryan war zärtlich, aber auch sehr leidenschaftlich gewesen und diesmal erschrak ich nicht, als ich in seiner engen Umarmung aufwachte. Seine warme Hand lag auf meinem nackten Bauch und mein Rücken presste sich gegen seine muskulöse Brust. Es fühlte sich einfach wundervoll an und ich schloss genießerisch wieder die Augen. Da ich Ryans warmen, regelmäßigen Atem in meinem Nacken fühlte, nahm ich an, dass er schlief, doch als er auf einmal an meinem Nacken knabberte, zuckte ich erschrocken zusammen. Ryan wollte sich zurückziehen, wahrscheinlich weil er annahm, dass ich es nicht wollte, doch es hatte mich nur überrumpelt. „Du hast mir erschreckt“, nuschelte ich und presste meinen Nacken wieder an seinen Mund. Er verstand die Einladung und legte seine Lippen wieder auf meinen Hals. „Tut mir leid“, grummelte er genießerisch an meinem Hals und seine Hand wanderte meine Seite langsam hinauf. Überall wo er mich berührte, kribbelte es angenehm und ich schnurrte. „Ich liebe es, wenn du das machst“, murmelte Ryan begeistert und streichelte noch intensiver über meine Haut. „Mach es nochmal, für mich.“ Seine Hand kam an meiner Brust an und ich tat ihm den Gefallen und schnurrte nochmal. Langsam drehte ich mich zu ihm und strahlte ihn an. Seine Mundwinkel zogen sich noch mehr nach oben und mit einer schnellen Bewegung griff er in meine Haare und zog meinen Kopf zu sich heran, sodass er seine Lippen auf meine pressen konnte. Überrascht öffnete ich meinen Mund und er nutzte die Gelegenheit um in meinen Mund einzudringen. Leidenschaftlich küssten wir uns und ich krallte mich in seinem Rücken fest, während er meine Brüste massierte.
Nach einiger Zeit lagen wir beide schwer keuchend nebeneinander und starrten in den blauen Himmel.
„Es ist bereits Mittag“, murmelte Ryan träge und ich brummte zur Bestätigung. Auf einmal merkte ich, wie er hektischer wurde. „Verdammt! Wir müssen los. Ich will in der nächsten Stadt deinen Vater anrufen und fragen, ob Dante und Fabio sich bei ihm gemeldet haben.“
Schlagartig strömten die schrecklichen Erinnerungen von gestern wieder auf mich ein und auch ich wurde unruhig. Ich setzte mich auf und betrachtete Ryan, wie er unsere verstreuten Sachen aufhob. Mein Kleid hing jetzt endgültig in Fetzten, doch mir blieb wohl nichts anderes übrig, als es wieder an zu ziehen. Auch Ryans Hose war eingerissen und verschmutzt und sämtliche Knöpfe seines Hemdes waren abgesprungen. Als er meinen abschätzenden Blick bemerkte, meinte er: „Die Leute werden denken, wir hätten gestern zu heftig Halloween gefeiert.“ Schlagartig fiel mir alles wieder ein. Fabio, der Sturz…Halloween. Es kam mir vor wie Tage, dass ich mit Dante und Fabio auf dem Deck gefeiert hatte.
Fast hätte ich nicht gesehen, wie er mir mein Kleid zuwarf, doch mit einer ruckartigen Bewegung konnte ich es gerade noch auffangen. Rasch streifte ich es mir über und schlüpfte wieder in meine hochhackigen Schuhe, die hier im Sand leider äußerst ungünstig waren. Wo waren wir eigentlich gelandet? Ich ließ meinen Blick über meine Umgebung schweifen, doch ich erkannte nichts weiter, als Strand, Meer und Fels. Erst als ich mich anstrengte, konnte ich in weiter Ferne Schemen einer Stadt ausmachen. Ryan schob das Rettungsboot von gestern wieder ins Wasser und winkte sich zu mir. Ich stöckelte durch den Sand und verfluchte meine Schuhe. Er schmunzelte leicht, wurde aber sofort wieder ernst, als er mir beim Einsteigen half. Als ich seine Handfläche berührte, kribbelte die Stelle, doch ich ignorierte es. Umständlich kletterte ich in das Boot und setzte mich. Ryan schwang sich wesentlich eleganter als ich in das Boot und setzte sich ans Steuer, doch er startete den Motor nicht. Fragend sah ich ihn an, doch er war mit der intensiven Betrachtung des Bodens vertieft. „Ryan?“ Endlich blickte er zu mir auf und mir stockt der Atem, als ich seinen intensiven Blick sah.
„Zoey…“ Er stockte kurz, fing sich dann aber wieder und redete deutlich weiter. „Ach nichts.“ Ich versuchte mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, da ich eigentlich gehofft hatte, dass er unsere gemeinsame Nacht anspricht. Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Für mich war es einfach wunderbar gewesen und mittlerweile hatte ich auch gemerkt, dass doch noch mehr hinter dem arroganten Mann steckte, als ich gedacht hätte. Also hatte ich gehofft, aber auch gefürchtet, dass er anspricht, ob es für ihn etwas Ernstes war.
Doch ich traute mich auch nicht zu fragen, also ließ ich es einfach auf sich beruhen. Als er den Motor startet, krallte ich mich an der Bootsplanke fest und versuchte dem heftigen Schaukeln des Bootes entgegen zu halten. Scheinbar war der Wellengang ziemlich hoch, denn wir wurden hin und her geschleudert und Ryan hatte einen konzentrierten Gesichtsausdruck angenommen. Zum Glück brauchten wir nicht allzu lange und schon bald war der Hafen in Sicht. Ryan steuerte einen etwas abgelegenen Steg an und machte die Leine fest. Dann hielt er mir seine Hand hin und half mir aus dem Boot. Es wirkte so selbstverständlich, seine raue Hand in meiner, dass es ein wohliges Kribbeln bei mir auslöste. Ich konnte nicht anders, als ihm ein strahlendes Lächeln zu schenken und als er zurück lächelte, stockte mir der Atem, bei der Erkenntnis, dass er sich unerkannt und hinterrücks in mein Herz geschlichen hatte. Ich wusste nicht, wann dieser Moment gewesen war, nur, dass es jetzt zu spät war, es noch rückgängig zu machen. Ryan zog seine Augenbraue fragend hoch und mir fiel auf, dass ich noch mit einem Fuß im Boot stand. Schnell machte ich einen weiteren Schritt auf den sicheren Steg und ließ unwillig seine Hand los. Vorsichtig liefen wir den wackligen Steg entlang und ich bestaunte die Umgebung ein wenig. Der Strand war kilometerlang, sehr sauber und fast weiß. Es sah aus wie das perfekte Urlaubsparadies. Zum Glück war nicht sonderlich viel los, sodass wir nur wenige Blicke auf uns zogen. Ich fragte mich, wo wie überhaupt waren, doch auch durch Umschauen fand ich keine Anhaltspunkte. „Weißt du, wo wir hier sind?“, fragte ich Ryan, doch auch er schüttelte ratlos den Kopf. Wir schauten uns nach einer Telefonzelle um, doch wir entdeckten keine. Als eine ältere Frau aus dem Hauseingang trat, lief Ryan auf sie zu und ich hörte, wie er einfach versuchte sie auf Englisch anzureden. Scheinbar schien sie ihn zu verstehen, denn sie antwortete angeregt und zeigte die Straße entlang. Ich trat näher heran um zu verstehen, was sie sagte, doch da war das Gespräch auch schon zu Ende und Ryan bedankte sich bei der Frau.
Erwartungsvoll sah ich ihn an. „Also, wir sind scheinbar auf den Bahamas gelandet, genauer gesagt in dem Ort Pirates Well und die nächste Telefonzelle ist noch weiter in die Stadt hinein.“ Auf den Bahamas? Ich hatte mir immer schon mal gewünscht, hier hin zu kommen, aber eigentlich nicht unter diesen Umständen. Ryan drehte sich um und deutete mir, mit zu kommen. Schweigend liefen wir nebeneinander her, jeder in seinen Gedanken versunken. Hoffentlich ging es Dante und Fabio gut und mein Vater könnte uns ein paar Antworten liefern.
Endlich kam die Stadtmitte in Sichtweite, eigentlich war es ein großer Platz um den sich mehrere Hütten säumten. In der Mitte schwelten noch die Reste von einem großen Lagerfeuer und man sah viele Kürbisse und andere Halloweendekorationen herum liegen. Scheinbar hatte es gestern Abend hier ein großes Fest gegeben. Und dort entdeckten wir auch endlich die Telefonzelle. Doch dann standen wir vor dem nächsten Problem. Wir hatten kein Geld.
„Na toll, was machen wir jetzt?“, meinte ich mutlos, langsam merkte ich, wie mich die Frustration umhüllte. „Vielleicht sollten wir es als Straßenmusiker versuchen.“ Sein schiefes Grinsen täuschte nicht darüber hinweg, dass er genauso frustriert war, wie ich. Ich kratzte mein letzte Fünklein Hoffnung zusammen, als eine nett aussehende Frau den Platzt betrat und ging auf sie zu.
„Entschuldigung? Können sie uns vielleicht fünfzig Cent leihen? Wir sind gestern Nacht mit unserem Boot vom Kurs abgekommen und haben uns jetzt vollkommen verirrt. Und wir müssen unbedingt unsere Familie anrufen, damit sie uns holen können. Bitte.“ Ich musste wahrscheinlich fürchterlich aussehen, denn die Frau bekam sofort Mitleid mit mir. „Oh, das tut mir leid. Natürlich, fünfzig Cent habe ich sicherlich noch.“ Meine Hoffnung stieg wieder und ich hob meine Mundwinkel sogar leicht. Sie kramte in ihrer Tasche und holte tatsächlich ein wenig Kleingeld hervor. Sie reichte es mir und ich schaute sie dankbar an. „Vielen, vielen Dank.“ „Kein Problem.“ Sie winkte mir zum Abschied zu und ging weiter, während ich erleichtert wieder auf Ryan zuging. „So macht man das.“ Ich grinste ihn leicht an und warf das Geld in den Münzschlitz. Ryan wählte schnell die Nummer und hielt den Hörer so, dass wir beide hören konnten. Ungeduldig hörten wir das Tuten und endlich erklang die kratzige Stimme meines Vaters, die mich sofort beruhigte. „Dad? Dad?“ Vermutlich klang meine Stimme weinerlich, doch das war mir egal. „Zoey? Mein Schatz! Gott sei Dank rufst du mich an. Ich hab mir schon solche Sorgen gemacht! Wo bist du? Was ist passiert?“ Ryan riss den Hörer an sich, da er merkte, dass ich die Fakten wahrscheinlich nicht sachlich erklärt hätte. „Viktor, hier ist Ryan. Hör zu, wir sind auf den Bahamas, Pirates Well gelandet. Uns geht’s so weit gut. Zoey steht leicht unter Schock und einige blaue Flecken von dem Kampf abbekommen, aber das wird wieder. Hol uns am Besten so schnell wie möglich ab.“ Ich hörte, wie mein Vater schnell auf Ryan einredete und scheinbar Ryan zustimmte. Als ich Ryans zögerliches Gesicht sah, wusste ich, dass er jetzt endlich Gewissheit brauchte, so wie ich. „Viktor? Weißt du, was mit Dante und Fabio ist? Haben sie sich bei dir gemeldet?“ Die Stimme meines Vaters war zu leise, doch die Bestürzung, die sich auf Ryans Gesicht abzeichnete, sagte mir alles. „Oh nein, bitte nicht!“ Das konnte doch nicht wahr sein! Meine Tränen flossen in Strömen über mein Gesicht und ich merkte erst, als Ryan seine Hände auf mein Gesicht legte, dass er aufgelegt hatte. „Zoey.“ Seine Stimme klang erschöpft, entmutigt aber trotzdem liebevoll und ich klammerte mich schluchzend an ihn. „Zoey.“ Er lehnte seine Stirn an meine und umschlang mich tröstend mit seinen starken Armen.
„Dante hat meinen Vater angerufen. Er hat mehrere Verletzungen, doch nichts allzu schlimmes. Aber Fabio…sie wissen nicht, ob er durchkommt. Selbst für einen Vampir sind diese Verletzungen lebensgefährlich.“ Ich spürte, wie sich sein Kehlkopf mehrmals bewegte, als er trocken schluckte.
Ich klammerte mich noch heftiger an ihn. Fabio war noch nicht Tod, es konnte noch alles gut werden. Der starke Fabio. „Er schafft es doch, oder?“, schluchzte ich und sah erwartungsvoll zu ihm auf. Er versuchte mir ein aufmunterndes Lächeln zu schenken, doch als er meinte: „Sicher“, klang es eher so, als ob er sich erstmal selbst überzeugen müsste.
„Wann holt mein Vater uns ab?“ Ich versuchte, mich wieder zu konzentrieren, denn es brachte Fabio nichts, wenn wir total in Trauer versanken. „In ein paar Stunden. Er will persönlich mit seinem Helikopter kommen.“
Am späten Nachmittag saßen wir aneinander gekuschelt im tiefen Sand und schwiegen, als wir endlich das ersehnte Knattern der Rotoren hörten. Rasch schaute ich auf und erkannte den schwarzen Helikopter meines Vaters. Er flog über unsere Köpfe hinweg um härteren Boden zu suchen. Rasch sprangen Ryan und ich auf und liefen zu dem Ladeplatz. Eine heftige Wolke aus Sand und Dreck wurde uns entgegen geschleudert, als wir uns dem Helikopter näherten, da sie die Flugblätter noch drehten. Doch ich sah, wie die Tür schon aufgerissen wurde und der schwarze Schopf meines Vaters hervor lugte. Er ignorierte die Stufen und sprang sofort auf dem Boden um in meine Richtung zu rennen. Ich ließ Ryans Hand, die ich ganze Zeit verkrampft gehalten los und stürmte auf ihn zu. „Dad!“ Er breitete seine Arme aus und ich versank schluchzend in ihnen. Der vertraute Duft nach Kiefer, Rauch und Kaffee stieg mir in die Nase und beruhigte mich langsam zusammen mit der wohligen Wärme meines Vaters. „Alles wird gut, Zoey.“ Sein tiefer Bass vibrierte und ich glaubte ihm, denn er bekam alles wieder hin. „Ich bin so froh, dass du wieder da bist, Dad.“
„Ich auch, Schatz, ich auch“, murmelte er in meine Haare und drückte mich noch fester.
„Viktor, ich glaube, es ist besser, wenn wir erstmal nach Hause fliegen und alles in Ruhe klären“, mischte sich da auch Ryan ein und zerstörte den Moment zwischen mir und meinem Vater. Denn mein Vater wurde sofort wieder eifrig und löste sich ein wenig von mir. „Wir fliegen aber wieder nach Jamaika, wenn ich jetzt dort die Verhandlungen abbreche, zerfleischen mich die anderen in der Luft und handeln irgendwelche Verträge zu meinem Ungunsten aus. Außerdem ist es dort vermutlich am Sichersten momentan.“ Ryan nickte zustimmend und sprang schon mal in den Hubschrauber.
„Komm Zoey, wir müssen los.“ Liebevoll hob mein Dad mich hoch und setzte mich im Helikopter ab. Ryan deutete auf den Platz neben sich auf der engen Bank, während mein Dad sich neben den Piloten setzte, da hinten kein weiterer Platz war. Der Hubschrauber startete sofort und ich spürte wie wir mit starkem Druck vom Boden abhoben. Es war ziemlich laut und ich wurde noch enger an Ryan gepresst. Er schlang einen Arm um meine Schulter und ich konnte mich bei ihm anlehnen, sodass der Flug angenehmer für mich war. Der Flug kam mir vor wie Stunden, da die Ungewissheit, wie es Fabio ging, schwer auf mir lastete, doch eigentlich war es nur eine halbe Stunde. Ryan half mir aus dem Helikopter und ich schaute mich kurz um, konnte aber die Schönheit Jamaikas nicht bewundern. Direkt am Strand stand eine große Villa, die mein Vater hier scheinbar bewohnte. Schnell staksten wir durch den Sand auf das Haus zu und mein Vater führte uns direkt in die Zimmer, die für Dante und Fabio eingerichtet worden waren. Da wir Fabio nicht besuchen durften, da es zu gefährlich für ihn war, stürmte ich direkt in Dantes Zimmer. Er lag in einem riesigen Bett mit Kissen im Rücken, die ihn ein wenig aufrecht sitzen lassen ließen. Ich war bestürzt, wie blass und kränklich er aussah. Dante, den ich für unverwüstbar gehalten hatte. Doch als er uns entdeckte, trat das typische Dante Lächeln auf sein Gesicht und ich atmete erleichtert aus. „Zoey, toll siehst du aus“, meinte er ironisch und streckte mir seine Arme entgegen. Ich ließ mich vorsichtig neben ihm auf dem Bett nieder und umarmte ihn sanft. Unauffällig ließ ich meinen Blick über seinen Oberkörper, der unter der Decke hervorlugte schweifen, doch außer einem sauberen Verband, der sich um seinen rechten Oberarm spannte, konnte ich keine Wunden entdecken. „Danke“, lächelte ich erleichtert, weil es ihm ja doch ganz gut zu gehen schien. Ich sah natürlich nicht gut aus, mit meinem zerfetzten Kleid, dem Dreck und den zerzausten Haaren. Jetzt mischte sich auch Ryan ein und ließ sich auf der anderen Seite neben Dante plumpsen. Weitaus kräftiger als ich es mich getraut hatte, umarmte er Dante und klopfte ihm auf den Rücken. „Gut dich zu sehen, Dante.“ Dante schmunzelte. „Na, dachtest du ich würde euch in Ruhe lassen? So schnell wirst du mich nicht los.“ „Das fürchte ich auch.“ Sie führten das Geplänkel noch ein wenig weiter, während ich die beiden nur glücklich betrachtete. Doch dann wurde Dante ernst. „Und jetzt mal ehrlich, wie geht’s Fabio? Niemand hier will mir etwas sagen.“ Ryans Gesicht verdüsterte sich. „Nicht gut, sie sind sich noch nicht sicher, ob er durchkommt.“ Dante schien nicht sonderlich überrascht. „ Das hatte ich mir schon gedacht“, meinte er bedrückt. „Verdammt! Er muss es einfach schaffen, die ganze Scheiße die wir bis jetzt zusammen überstanden haben, hat er auch immer locker weggesteckt.“ Aber auch Dante sah nicht überzeugt aus.
Ein paar Minuten später betrat mein Vater das Zimmer. „Ich denke, wir halten hier die Besprechung ab, damit du auch was mitkriegst, Dante.“ Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich so, dass er uns alle überblicken konnte.
„Was ist passiert?“ Zuerst erzählten Ryan und Ich ihm unsere Geschichte, bevor Dante dann einsetzte. Sie hatten es nur mit größere Mühe geschafft, die anderen Vampire loszuwerden, vor allem, da Fabio schon fast mit Kugeln durchlöchert gewesen war, als er ins Wasser gefallen war. Dante hatte ihn versucht vom Schiff weg zu ziehen, doch das zusätzliche Gewicht verlangsamte ihn und während von der Reling aus weitere Vampire auf ihn schossen, schwammen die nächsten ihm schon hinterher. Einzig die Dunkelheit hätte sie gerettet, da Dante ein Meister darin war, sich nachts zu tarnen. Ich hielt während seiner Erzählung gespannt den Atem an und drückte Ryans Hand fest.
„Das ist nicht gut. Wer wollte euch angreifen? Ich hab zu viele Feinde, vor allem jetzt, wo die Ratssitzung stattfinden und alle Clanoberhäupte um die Gebiete der anderen konkurrieren, als dass ich es sagen könnte.“
„Dad, da fällt mir etwas ein. In den Gedanken von einem Vampir habe ich etwas von einem Idiamin gehört, weißt du wer das ist?“ Fragend sah ich ihn an, doch ich hätte nicht mit dieser Reaktion gerechnet. Im ersten Moment spielten sich tausend Emotionen auf dem Gesicht von meinem Vater ab. Überraschung, Entsetzten, Hass, Wut, Trauer, bevor er mit zornigem Gebrüll von seinem Stuhl aufstand, ihn sogar umwarf, und mit seiner Hand gegen die Wand donnerte.
„Nein“, heulte er vor Wut. „Ich bring ihn um. Diesmal find ich ihn!“
Erschrocken sah ich Dante und Ryan an, doch sie zuckten nur ratlos mit den Schultern.
„Dad, wer ist Idiamin?“
Nach einer halben Stunde hatte sich mein Vater soweit wieder beruhigt, dass er sich erneut setzen konnte.
„Idiamin hat damals deine Mutter entführt.“ Fassungslos klappte mein Mund auf, doch es verließ ihn kein Wort. „Ich weiß, ich habe dir immer erzählt, dass sie abgehauen ist, doch ich wollte dich damit nicht ängstigen und traurig machen. Ich wollte es dir immer wieder erzählen, doch ich konnte einfach nicht.“ Reumütig sah er mich an, aber ich war immer noch vollkommen überrumpelt, also sagte ich das erst Beste, was mir in den Sinn kam. „Und warum hasst du Hexen dann so sehr?“
„Weil sie nicht genug getan haben um deine Mutter zu suchen. Nach ihr hörten damals nämlich die Todesopfer auf und die Hexen wollten den Täter nicht wieder aufwühlen. Sie haben sie einfach im Stich gelassen!“ Seine Stimme wurde wieder lauter, aber was mich am meisten erschreckte, waren die Tränen in seinen Augen. Ich hatte ihn noch nie, niemals weinen sehen.
„Doch nicht etwa die Mordserie von dem ehemaligen Ratsmitglied, das unglaublich viele Hexen entführt hat um sie auszusagen und in deinem Bezirk wieder abzulegen?“, meinte Dante erschrocken.
„Doch genau der.“ Die Stimme meines Vaters klang tonlos und ich konnte mir denken, was so unglaublich schlimm war. Meine Mutter war tot, grausam ausgesaugt von einem Vampir. Seltsamerweise fühlte ich keine Trauer, sondern nur eine merkwürdige Dumpfheit. Ich hatte immer gedacht, sie würde sich gerade irgendwo auf der Karibik sonnen, aber doch nicht das!
„Er hatte es auf mich abgesehen, da ich der Hauptverantwortliche dafür war, dass sein Menschenhändlerring aufgedeckt wurde. Und deswegen hat er Amilia entführt.“ Ich lauschte seiner Erklärung nur noch mit halbem Ohr, da auf einmal ein merkwürdiges Rauschen in meinem Kopf einsetzte. Es war alles so unwirklich. Ryans fester Händedruck holte mich wieder zurück in das Zimmer. Dante und mein Vater diskutierten gerade darüber, wie sie nun vorgehen sollten. „Alles in Ordnung?“ Besorgt sah Ryan mich an und ich nickte stumm. Ich war froh, dass er an meiner Seite war, auch wenn ich mir immer noch nicht sicher war, was das zwischen uns war. Eigentlich konnte ich es immer noch nicht fassen, dass sich das ganze zwischen uns so entwickelt hatte, wo wir uns doch anfangs noch nicht mal leiden konnten.
„Ich denke uns bleibt erstmal nichts anders übrig, als abzuwarten, was als nächstes passiert. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte, sodass ich nicht wüsste, wie wir weiter vorgehen sollten. Das einzige, was wir versuchen könnten, ist die Vampire, die uns angegriffen haben zu identifizieren, das wird eine Mordsarbeit, aber momentan haben wir ja eh nichts Besseres zu tun.“ Mein Vater stimmte Dante mit einem Nicken zu und stand dann mit einem Ruck auf. „Vielleicht sollten wir jetzt erstmal alle schlafen gehen, denn der Tag war sehr anstrengend und vielleicht erfahren wir ja morgen etwas Neues.“ Auffordernd sah er uns an und wiederwillig standen Ryan und ich auf. Wir verabschiedeten uns von Dante und folgten Viktor aus dem Raum. Er steuerte zielstrebig den hinteren Teil des Flures ein und Ryan und ich sahen uns unentschlossen in die Augen. Wir mussten das Ganze klären, aber solange mein Vater dabei war, konnten wir das nicht. „So, hier ist dein Zimmer Zoey und das Zimmer von Ryan ist das da hinten.“ Während ich meine Tür öffnete und einen letzten Blick auf Ryan warf, der kurz zögerte, Viktor dann aber hinter hing, überlegte ich, ob ich nicht nachher einfach zu Ryan ins Zimmer gehen sollte, doch mein Vater würde das sicherlich mitkriegen.
Vielleicht würden wir morgen eine Gelegenheit bekommen um zu reden. Mit einem „Gute Nacht!“ schloss ich die Tür hinter mir und betrachtete kurz mein Zimmer. Es war luxuriös eingerichtet, ein großes Bett, wallende Vorhänge, samtige Sessel und elegante Möbel, die alle in einem hellen Braun gehalten wurden. Da ich spürte, dass die Müdigkeit mir wirklich in den Knochen saß, streifte ich mir schnell meine Klamotten ab und kuschelte mich unter die weiche Bettdecke. Ich hatte vermutete, dass ich noch stundenlang über alles nachgrübeln würde, doch keine Sekunde fielen mir auch schon die Augen zu.
Eine schriller, lauter Ton riss mich unsanft aus meinem Schlaf und ich schaute mich desorientiert um. Ich brauchte einige Sekunden um zu verstehen, wo ich war. Erschrocken sprang ich aus dem Bett und lief zu Tür. Als ich den Flur betrat, merkte ich, dass Ryan es auch gehört hatte, denn er stand nur in Boxershort im Flur und lauschte. Das Geräusch kam aus einem Raum weiter vorne und nachdem wir einem Blick getauscht hatten, liefen wir einvernehmlich los um zu sehen was los war. Weiter vorne brach Hektik los. Aus mehreren Türen kamen Ärzte, das nahm ich zumindest an, da sie weiße Kittel trugen und stürmten zu einer anderen Tür. Siedend heiß kam mir ein Gedanken. War etwas mit Fabio? Ich beschleunigte meine Schritte und hörte, wie hinter mir auch Ryan schneller wurde. Ich versuchte die Ärzte nicht zu blockieren und hielt nach einer bekannten Person Ausschau. „Los, den Defibrillator anschalten! Herzstillstand!“ Panisch blieb ich stehen. Oh nein! Fabio! Mein Herz klopfte laut in meiner Brust und mein Kopf dröhnte. Wenn er starb, war das nur meine Schuld, weil er mich beschützen musste. Haltsuchend klammerte ich mich an Ryan, als die Tür hinter dem letzten Arzt laut ins Schloss fiel und ich nicht sehen konnte, was passierte. Ryan legte seine Arme tröstend um mich, doch ich zitterte weiter. Mein Vater kam angestürmt und blickte uns fragend an. Ich wollte ihm erklären, was geschehen war, doch aus meiner Kehle kam nur ein Krächzen.
„Sein Herz ist stehen geblieben.“ Ryan klang emotionslos, doch ich merkte, wie auch er sich verkrampfte. Fünf Minuten lang starrten wir alle atemlos auf die Tür in der Hoffnung auf irgendeine Neuigkeit, doch außer lauter Stimmen, die durcheinander riefen, erfuhren wir nichts. Ich zerquetschte bestimmt Ryans Hand, doch ich brauchte seinen Halt. Endlich öffnete sich die Tür und ein Arzt trat heraus. Ich konnte aus seiner Mine nichts deuten und ich klammerte mich noch fester an Ryan. „Die Wiederbelebung war erfolgreich, wenn der Patient die Nacht übersteht, wird er es überleben.“ Vor lauter Erleichterung schossen mir Tränen in die Augen und ich spürte, wie Ryan sich merklich entspannte.
„Gut, ich will über jegliche Veränderung seines Zustandes sofort informiert werden“, befahl Viktor und der Arzt nickte zustimmend. Dann verabschiedete sich mein Vater, da er wieder ins Bett wollte.
Die übrigen Ärzte verschwanden auch wieder in ihrem Zimmer, doch da immer noch eine Krankenschwester bei Fabio war, konnten wir uns auch nicht unbemerkt in sein Zimmer schleichen.
„Wollen wir noch ein bisschen an den Strand gehen?“, fragte mich Ryan und ich nickte. Ein wenig Ruhe am Strand konnte ich jetzt gut gebrauchen. Sobald wir aus dem Haus geschlendert waren, spürte ich den angenehm warmen Sand unter meinen Füßen. Obwohl wir mitten in der Nacht hatten, war es wirklich nicht kalt. Ryan und ich spazierten schweigend am Wasser entlang, blieben aber auf unserem Grundstück. Auch wenn ich die Nachtwachen nicht sehen konnte, war ich mir sicher, dass überall welche standen, um alles zu überwachen. Mein Vater hatte eine große Paranoia was unseren Schutz anging. Irgendwann ließen wir uns langsam nieder und starrten uns schweigend an. Wir wussten beide, dass jetzt die optimale Gelegenheit war um zu reden, aber irgendwie machte keiner den Anfang. „Zoey“, murmelte Ryan und ich schaute ihn erwartungsvoll an. „Ja?“ Aber statt einer Antwort beugte er sich einfach zu mir herunter und seine Lippen verharrten kurz vor meinen in der Luft, sodass der letzte Schritt bei mir lag. Ich reckte mein Kopf ein bisschen, sodass ich ihn hauchzart berührte, doch das reichte ihm. Er fasste in mein Haar und zog mich noch näher an ihn. Seine Lippen waren sanft und zärtlich küsste er mich. Der Kuss war anderes als unsere anderen bevor, langsamer und noch intensiver und mein Herz pochte in der dumpfen Hoffnung, dass es Ryan vielleicht doch ernst war. „Zoey, die letzte Nacht war für mich wunderschön und auch wenn ich weiß, dass ich manchmal unausstehlich bin, würde es mich freuen, wenn wir uns vielleicht weiterhin sehen würde, wenn ich nicht mehr auf dich aufpassen werde.“ Er schaute mir direkt in die Augen und sah vollkommen ernst aus. Mein Herz klopfte glücklich noch schneller und vermutlich konnte er es sogar hören, doch trotzdem wollte ich ihn noch ein wenig necken. „Nur manchmal?“ Ich verbat meinen Mundwinkeln sich zu heben, sodass er mich ernst nahm und mich ein wenig erschrocken ansah. „Ryan, für mich war es auch sehr schön“, erlöste ich ihn. „Und ich würde mich sehr gerne noch weiter mit dir treffen.“ Auf seinem Gesicht breitete sich erst ein erleichtertes Lächeln aus, bevor er dann glücklich strahlte. „Das freut mich.“ Er beugte sich wieder vor um mich zu küssen und ich genoss ihn diesmal vollkommen, in der Gewissheit, dass es nicht vorbei sein würde, wenn er nicht mehr mein Bodyguard war.
Den Rest der Nacht saßen wir eng aneinander gekuschelt am Strand und genossen die Stille. Es fühlte sich einfach wunderbar an und ich konnte für kurze Zeit alles vergessen, doch als am frühen Morgen die Sonne in atemberaubenden Farben am Himmel hochkroch, holte uns die Realität wieder ein.
„Fabio.“ Ryan sah mich schweigend an, doch wir dachten beide dasselbe. Wie ging es ihm und würde er es überleben? Rasch standen wir auf und liefen zurück ins Haus, wo mein Vater bereits auf uns wartete. Als er unsere, in einander verschlungene Hände, sah, zog er eine Augenbraue hoch, doch er sagte nichts, aber ich wusste genau, dass nachher noch ein Gespräch auf uns zukommen würde.
„Die Nacht ist gut verlaufen und die Ärzte sagen, dass er es überleben wird, auch wenn er noch mehrere Wochen liegen bleiben muss.“ Gott sei Dank! Erleichterung überflutete mich, Fabio würde nicht sterben. Ich spürte, wie Ryan sich ebenfalls freute. „Können wir schon zu ihm?“ „Ja“, antwortete mein Vater und Ryan und ich wollten gerade in das Zimmer gehen, als auf einmal Dantes krächzende Stimme aus dem Nebenzimmer ertönte. „Hallo? Kann mir mal jemand helfen, verdammt?“ Schnell liefen wir zu ihm und ich musste lachen, als ich sah, was passiert war. Er hatte wahrscheinlich versucht aus dem Bett zu verschwinden, doch da er seine Beine noch zu verletzt waren, war er nur mit dem Oberkörper aus dem Bett gefallen und hing dort jetzt etwas verrenkt, kam aber nicht wieder hoch. „Das ist nicht lustig!“, brummelte er und Ryan beeilte sich, ihm wieder ins Bett zu helfen. „Das ist frustrierend. Die ganze Nacht ist hier die Hölle los und ich krieg die Krise, weil ich nicht weiß was los ist und niemand will mir auch nur ein Wort verraten.“ Er wusste ja noch gar nicht, dass Fabio wieder gesund werden würde.
„Fabio geht es besser, da er die Nacht überstanden hat, meinen die Ärzte, dass keine Lebensgefahr mehr besteht.“ Dante sah sichtlich erleichtert aus, man merkte, dass er sich wirklich Sorgen um seinen Freund gemacht hatte. „Könntet ihr mir vielleicht aus dem Bett helfen, ich will ihn besuchen.“
„Nichts da“, mischte sich mein Vater an. „Die Ärzte haben auch dir noch absolute Bettruhe verordnet.“ Dante schob schmollend seine Unterlippe vor und sah dabei aus wie ein kleines Kind. „Ach bitte, doch nur kurz.“ Aber mein Vater blieb unerbittlich und sah Ryan warnend an. „Keiner von euch hilft ihm aus dem Bett, verstanden?“ Wir sahen ihn ein wenig ertappt an, da wir das tatsächlich überlegt hatten. „Gut, dann geht jetzt schon mal zu Fabio.“
Vorsichtig öffneten wir die Tür und lugten hinein. Ich brauchte einen Moment um Fabio unter den ganzen Kabeln und Verbänden erkennen zu können. Er sah schrecklich aus. Leichenblass und kränklich. Die Wunden hatten ihm sämtliche Kraft aus dem Körper gezogen und obwohl er vermutlich Schmerzmittel bekam, sah man, dass es sich nicht wohlfühlte. Seine Augen waren offen, doch ich hatte nicht das Gefühl, dass er uns bemerkte, denn er wirkte ziemlich apathisch. „Fabio?“ Ich näherte mich seinem Bett und wollte mich ein wenig zu ihm herunter beugen, als er auf einmal unruhig wurde. „Mia!“, brüllte er und zuckte wie verrückt. Das schwarz seiner großen Pupillen, verdrängte fast jegliche Farbe aus seinen Augen und Blut floss aus seiner Nase. „Mia! Nein, nein, verlass mich nicht. Bitte!“ Erschrocken sah ich ihn an und versuchte ihn irgendwie zu beruhigen, doch er wurde noch wilder als ich ihm meine Hand auf die Schulter legte. „Fabio! Alles ist gut. Ryan und ich sind hier. Du wirst wieder gesund.“ Doch er beruhigte sich nicht, erst als Ryans tiefe Stimme erklang, die er scheinbar erkannte, verließ die Anspannung seinen Körper ein wenig. „Komm schon Fabio, es ist vorbei.“ Tiefer Schmerz zeichnete sich auf seinem Gesicht ab und ich fragte mich erneut, was bloß mit dieser Mia passiert war. „Ryan?“, ertönte Fabios krächzende Stimme, die so leise war, dass ich ihn kaum verstehen konnte. Ryan beugte sich schnell zu ihm herunter und drückte ihm beruhigend und vorsichtig die Schulter. „Ja, ich bin hier.“ Doch Fabios Augen waren schon zu gefallen, denn er war eingeschlafen, aber er schien wenigstens ruhig zu sein. Leise schlichen wir beide nach einem letzten Blick auf ihn aus dem Zimmer. Es hatte mich erschreckt, wie schwer es ihn erwischt hatte und ich hoffte, dass es ihm bald wieder besser ging, denn auch wenn er immer schwieg, mochte ich ihn trotzdem auf seine ruhige Art.
Nun waren wir schon seit drei Tagen bei meinem Vater auf Jamaika und Fabio und Dante ging es täglich besser. Dante konnte sogar schon wieder kurzzeitig aufstehen und Ryan und ich verbrachten viel Zeit mit ihm am Strand. Fabio war immer noch nicht wirklich ansprechbar, aber die Ärzte meinten, dass es nicht mehr lange dauern könnte. Ryan und ich saßen jeden Abend am Strand und genossen die Zweisamkeit. Jede Sekunde in seinen Armen fühlte sich einfach wunderbar an und ich war glücklich, dass es nun doch so zwischen uns geworden ist. Mein Vater hatte erstaunlicherweise nicht wirkliche große Einwände, aber er hatte ein Gespräch mit Ryan unter vier Augen geführt und beide waren sehr ernst wieder dort rausgekommen. Ich hatte alles versucht um aus den beiden etwas herauszukitzeln, doch sie wollte mir nicht verraten, worüber sie gesprochen hatten. Bei meinem Vater versuchte ich meinen Schmollblick und bei Ryan meine Verführungskünste, doch nichts half und ich war enttäuscht.
Wir saßen bei meinem Vater im Büro und er erzählte von den aktuellen Verhandlungsvorschritten, als auf einmal das Telefon klingelte. Mein Vater nahm mit einer Hand ab, doch als die eiskalte, helle Stimme eines Mannes ertönte, erstarrte er und seine Miene wurde zu einer Maske des Entsetzens.
„Na Viktor, hast du mich vermisst? Also ich bin mir aber sicher, dass du deine Frau vermisst hast. Aber du musst dir keine Sorge machen, ich habe mir wirklich Mühe gegeben, dass sie ihr Heimweh nicht mehr merkt.“ Die schleimige Stimme, die so freundlich tat, jagte mir einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Du Bastard! Was hast du mit ihr gemacht!“, brüllte mein Vater außer sich vor Wut.
„Aber, aber. Wir wollen doch nicht, dass die schöne Amilia sich erschrickt, oder? Sie sitzt nämlich gerade brav neben mir.“ Geschockt blieb mir fast das Herz stehen. Meine Mutter war da bei ihm und sie lebte? „Sag mal „Hallo“, Liebling!“ Mein Vater war leichenblass, als auf einmal eine emotionslose, leise Stimme ertönte. „Hallo.“
Ende
Weiter gehts im nächsten Buch: "Wer braucht schon Zwillinge? Auch wenn sie noch so heiß sind!"
Sehnsüchtig betrachtete ich Zoey durch das Glas der großen Terassentür. Sie lag nur in einem knappen, roten Bikini im Sand und sonnte sich. Die große Sonnenbrille verdeckte fast ihr gesamtes Gesicht und mich überkam der Wunsch, ihr die Brille von der Nase zu streifen und in ihre wunderbaren, blauen Augen zu schauen. „Ryan.“ Ich betrachte Zoey weiter geistesabwesend und stellte mir vor, wie ich mich neben sie legen würde und ihre weiche Haut berühren würde. Vielleicht sogar den Träger ihres Bikinis abstreifen könnte, wenn gerade niemand in der Nähe war. „Hmmm“, brummte ich nur, doch dann packte mich eine feste Hand an der Schulter und drehte mich um. „Ryan, verdammt. Hast du immer noch nicht genug von Zoey. Ihr habt die ganzen letzten Nächte miteinander verbracht?“ Dante schaute mich milde verwundert an. „Na und, das reicht mir halt noch nicht“, grummelte ich. „Trotzdem musst du dich konzentrieren. Momentan haben wir eigentlich wichtiges zu tun. Du weißt schon, böse Vampire, Erzfeinde aus der Vergangenheit und eine wiederbelebte Hexe? Klingelt da was?“ Verärgert sah ich ihn an. „Dante, lass den Quatsch. Keine Sorge, du hast jetzt meine volle Aufmerksamkeit.“ „Na endlich. Ich wollte mich eigentlich auch nur von dir verabschieden, denn ich flieg wieder nach Boston. Viktor will jemanden da haben, der auf alles aufpasst. Außerdem vermisst Ava mich, sie hat gestern angerufen.“ Bei der Erwähnung seiner Schwester huschte ein kleines Lächeln über sein Gesicht und ich konnte ihn verstehen, seine Schwester war wirklich ein kleiner Sonnenschein. Ich hatte sie zwar erst ein paar Mal getroffen, aber fand sie trotzdem sympathisch.
„Ok, ich hoffe wir können auch bald nachkommen. Egal wie schön es hier ist, aber vermisse aus irgendeinem Grund mein eigenes, hartes Bett“, grinste ich ihn schief an. „Machs Gut, Ryan.“ Dante umarmte mich und schlug mir mit seinen riesigen Pranken freundschaftlich auf den Rücken. Bevor er mich erdrücken konnte, hatte er mich dann auch schon wieder losgelassen und war mit großen Schritten zum Ausgang geeilt. Seine neue Reisetasche hatte er sich über die Schulter geschwungen und ich sah, wie er nochmal in Fabios Zimmer verschwand. Leider hatte sich Fabios Zustand immer noch nicht wirklich verbessert. In den letzten Tagen hatte er immer wieder gezuckt und schien langsam aus dem Koma aufzuwachen, doch noch war er nicht ansprechbar. Die Tür zu seinem Zimmer war wie ein dunkles Loch, jeder fühlte sich bei ihrem Anblick bedrückt und ich wünschte mir, dass Fabio einfach hinaustreten würde. Auch wenn die Ärzte meinten, dass er nicht mehr in Lebensgefahr war, befürchteten wir trotzdem immer noch das Schlimmste. Leider hing noch ein weiterer, großer Schatten über uns. Zoeys Mutter. Viktor war nach dem Anruf völlig ausgerastet, hatte den ganzen Tag in der Villa gewüstet, aber ab dem nächsten Tag war er gefährlich ruhig geworden, zu ruhig. Eiskalt und berechnet hatte er uns verkündet, dass wir warten sollten und dass er den Bastard lebend haben wollte. Selbst Zoey war bei dem Gesichtsausdruck ihres Vaters ein eiskalter Schauer über den Rücken gejagt. Ich hatte Viktor noch nie so gefährlich und grausam erlebt.
Zoey hatte sich tapfer gehalten, sie war wie unter Schock gewesen, hatte nicht geweint. Aber sie hatte die ganze Nacht in meinen Armen gelegen, so dicht an mich gepresst, als ob sie Angst hätte, dass sie ohne meinen Halt zerbrechen würde. Ich hatte ihr immer wieder hilflos über die Haare gestrichen, bis sie irgendwann zu reden begonnen hatte. „Ryan, ich hab meiner Mutter mein Leben lang unterstellt, dass sie sich einfach aus dem Staub gemacht, dass sie mich nicht gewollt hat und vor der Verantwortung gedrückt hat. Gott, ich fühle mich so…schmutzig, sie muss unvorstellbares durchgemacht haben…durchmachen und ich habe sie verachtet.“ Trocken hatte sie geschluchzt und ihr Kummer hatte mir in der Seele wehgetan. Die ganze Nacht über hatte ich auf sie eingeredet, dass sie sich nicht schuldig fühlen brauchte und irgendwann war sie endlich in den tröstenden Schlaf gefallen.
Nach dem Dante wieder gegangen war, wandte ich mich erneut zu dem Fenster. Zoey war mittlerweile im Wasser und ich musste grinsen, als ich sah, wie sie prustete und keuchte, als immer wieder große Wellen über sie hinweg schwappten. Da Viktor weit und breit nicht zu sehen war, gab ich es auf zu warten und öffnete die Terassentür. Während des Laufens streifte ich mir meine Sachen ab und sprang dann mit einer bunt karierten Schwimmshort ins Wasser. Zoey hatte sich über die Hose kaputt gelacht, aber ich hatte keine andere in der Villa gefunden, die mir passte, also blieb mir wohl nichts anderes übrig. Vorsichtig schwamm ich an sie heran, sodass sie mich nicht bemerkte und tauchte kurz vor ihren Füßen unter. Zum Glück brauchte ich nur selten Luft, sodass ich mühelos unter ihr tauchen konnte. Sie hatte mich zum Glück noch nicht entdeckt, da sie noch damit beschäftigt war, gegen die Wellen anzukämpfen. Mit Schwung drückte ich mich hoch, schnappte nach ihrem Fußgelenk und zog sie mit mir unter Wasser. Ihr Kreischen wurde von dem salzigen Meer verschluckt und sie schlug und trat panisch um sich, sodass ich aufpassen musste, nicht von ihr getroffen zu werden. Ihre Augen glitten umher um den Übeltäter zu erkennen und ich merkte, wie sie sich sichtlich entspannte, als sie mich entdeckte. Sie kniff ihre Augen zusammen, vermutlich hatte sie nicht so eine gute Sicht wie ich unter Wasser. Aber ihr Versuch böse zu gucken, gelang nicht, da es unter Wasser einfach nur zu lustig aussah. Hektisch versuchte sie wieder nach oben zu kommen und ich ließ sie kurz oben nach Luft schnappen, doch genauso schnell zog ich sie wieder zu mir runter. Sie hustete und sauge sofort ein Schwall Wasser ein. Flehend sah sie mich an und ich erbarmte mich ihr. Gemeinsam tauchte ich mit ihr auf und sie spuckte alles wieder aus, bevor sie tief Luft holte. „Geht’s wieder?“ Empört sah sie mich an. „Ja, aber Du..“ Was sie mir an den Kopf werfen wollte, bekam ich nicht mehr mit, denn mit einem „Bist du bereit?“, auf das ich keine Antwort hören wollte, tauchte ich wieder unter. Sie konnte gerade noch Luft holen, bevor ich sie mitzog. Diesmal atmete sie richtig und nur wenige Luftbläßchen stiegen nach oben und tanzten auf der Oberfläche. Ich zog sie näher zu mir heran und beschloss den letzten Luftvorrat gut zu nutzen. Unvorhersehbar legte ich meine Lippen auf ihre und sie öffnete vor lauter Überraschung den Mund, was ich als Einladung verstand. Sie wollte ihn wieder schließen, doch ich ließ sie nicht. Ihr entwich sämtliche Luft und sie schlug mit ihren Fäusten auf mein Rücken ein, was mich aber genauso juckte, wie wenn einem Kind der Luftballon gestohlen wird – nämlich gar nicht. Ich wollte schon immer jemanden direkt unter Wasser küssen und mit Zoey war es eine wunderbare Erfahrung, die aber leider nicht lange anhielt, da sie wieder Luftholen musste. Nachdem sie wieder zu Atem gekommen war, wollte sie mit ihrer Schimpfparade weiter machen, doch ich unterbrach sie durch einen erneuten Kuss, denn sie wiederum durch einen leichten Biss unterbrach. Dieses Biest! Das würde sie zurückbekommen. Und wie sie das zurückbekommen würde!
Nach dem wir uns im Wasser ausgetobt hatten, kuschelten wir uns in den Sand und ich sah dabei zu, wie die salzigen Tropfen auf ihrer braunen Haut langsam verschwanden. Sie lag in meiner Armbeuge, sodass ich ihr über die Haare streichen konnte. Es war einfach wunderschön, so mit ihr da zu liegen, ich fühlte mich so friedlich und ich war froh, dass sie mir zu vertrauen schien. Kurzentschlossen beugte ich mir zu ihr herunter, strich ihr das Haar zur Seite und liebkoste ihre Ohrmuschel mit meinem Mund, bevor ich ihr etwas ins Ohr flüsterte. Überrascht ruckte sie mit ihrem Kopf hoch, um mich anzugucken, doch dabei traf sie mein Kinn, da ich noch über sie gebeugt war.
„Ah“, sie strich sich über den Kopf und sah dabei so grummelig aus, dass ich grinsen musste, obwohl ich gespannt auf ihre Antwort war. Ihre blauen Augen bohrten sich in meine und ich hielt die Luft an, denn noch konnte ich nicht erahnen was sie sagen würde. Doch damit, dass sie nichts sagen würde, hatte ich nicht gerechnet.
„Ich liebe dich auch, Ryan.“
Texte: Die Geschichte gehört mir.
Tag der Veröffentlichung: 04.02.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An alle meine Leser ;)
Und vielen, vielen Dank an so.perfekt für das schöne Cover ;)