Menschen denken nach und das ist wirklich schön und gut in einer Zeit, wo so Allerlei als alternativlos präsentiert wird. Vieles möchte der moderne Mensch allerdings auf dem Silbertablett angeboten bekommen, denn er ist dafür bereit auch mit seinem ehrlich erarbeiteten Geld zu bezahlen. Das muss er auch, deshalb stöhnt er und dieses nicht zu knapp. Zuweilen geht dieses Gestöhne anderen Leuten mächtig gewaltig auf den Zeiger, denn sie vermeinen, dass die Probleme oft selbst verursacht sind. Man könnte hier an dieser Stelle sofort stöhnen.
Moni denkt über das Stöhnen nach, denn sie ertappt sich auch hin und wieder bei dieser Reaktion, wenn's denn nicht so nach ihren Wünschen verläuft. Das Stöhnen an sich ist weit verbreitet und wie alle längst wissen, es kann vieles bedeuten – selbstverständlich nicht nur Frust und Elend, sondern auch das Gegenteil. Doch selbst das, kann den Nachbarn nerven. Sie mussten etwas unternehmen. Moni liest, was geschah:
„Nach einem halben Jahr nächtlicher Torturen bereiteten sich die Geplagten auf eine gerichtliche Lösung vor. Sie fertigten minutiöse "Stöhn-Protokolle" an, um eine Klage auf "Unterlassung des ruhestörenden Lärms" hieb- und stichfest zu untermauern.
Zwei menschliche Bedürfnisse mussten nun vor dem Amtsgericht in Rendsburg abgewogen werden. Jeder hat das Recht auf eine ungestörte Sexualität, aber ist die Nachtruhe nicht ebenso heilig? Auch die Grundrechte halfen, wie so oft, hier nicht weiter: Das Recht auf freie Entfaltung kollidierte offensichtlich mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit. Lebensklug half sich der Richter. Er wusste, "leiser Sex" sei wohl eher möglich als "tiefer Schlaf" bei ohrenbetäubendem Lärm.
So wurden der Beklagten weniger ihre über das normale Maß hinausgehenden Trieblaute zum Verhängnis als die ungewöhnliche Zeit ihrer Schlafzimmereskapaden. In Zukunft heißt es nun: entweder leiser oder früher! Der Richter untersagte der Beklagten jedenfalls, die Nachtruhe in der Zeit von 22 bis 6 Uhr "durch lautes Gestöhne, Geschrei und Gerede" zu stören. Um dieser Anordnung Nachdruck zu verleihen, drohte er im Falle einer "Zuwiderhandlung" ein Zwangsgeld von einer halben Million Mark an.“
Mann, Mann, Mann!
Natürlich wird auch vor Anstrengung gestöhnt, man denke an die armen Tennisspieler, die in die atemlose Stille der Zuschauer ein hemmungsloses Schreistöhnen von sich geben – auch das kann lästig sein. Man schreibt darüber:
„Kreischdebatte bei den Australian Open
Stöhnen bis die Ohren platzen
Es wird laut im Damen-Finale der Australian Open: Mit Maria Sharapova und Victoria Azarenka treffen im Endspiel zwei echte Kreischsägen aufeinander. Der nervende Lärm sorgt für Ärger unter den Tennis-Stars. Das "Grunting" soll verboten werden, fordern einige. Die Sirenen halten dagegen.“
Der Mensch will aber stöhnen, wenn ihm so ist, auch wenn es einigen nicht passt.
Gibt es eigentlich auch ein Recht, stöhnen zu dürfen? Quasi das Menschen-Stöhn-Recht. Moni stellt sich diese Frage, weil es doch so menschlich ist und ein ausgiebiges Stöhnen auch erleichtern kann – ganz ohne Geld zu kosten. Es ist oftmals leider das Letzte, was ein Mensch noch kann. Mitunter stöhnt es auch ganz alleine aus einem so heraus. Man kann gar nichts dafür, dass es stöhnt oder ächzt. Ja, das kommt vor. Aber nein, man muss immer so tun als wäre das Leben ein Ponnyhof und alles sollte still vergnügt, ganz ohne zu stöhnen, verrichtet oder hingenommen werden. Manchmal, man glaubt es kaum, dann stöhnt Moni einfach so und sie sagt keinem warum. Das ist das schlimmste Stöhnen; die anderen begreifen es nicht und die Moni weigert sich trotzdem Rechenschaft über ihr Stöhnen abzulegen. Man schüttelt die Köpfe. Also gut, im Ernstfall sagt sie, weshalb sie stöhnt, merkt aber sofort, dass das zu weit geht und in Wirklichkeit niemand wissen will, was dahinter steckt.
Stöhnend beschließt Moni künftig leise zu stöhnen, wenn es denn erleichtert oder einfach so passiert.
Tag der Veröffentlichung: 28.09.2015
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