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Moni meint, Jean-Jacques hat sich geirrt


„Wir hassen die Bösen nicht nur, weil sie uns schaden, sondern weil sie böse sind.“
Jean-Jacques Rousseau

Mit den sogenannten Bösen und Guten unter den Menschen hatte sich Moni in ihren Gedanken schon oft beschäftigt. Schließlich glaubt man diesen Typen schon häufig begegnet zu sein. Doch stimmt das wirklich? Gibt es diese absolut Bösen oder Guten überhaupt? Wer kann schon eindeutig festlegen, welcher Mensch böse oder gut ist?
Ein Diktator ist böse, weil er viele Menschen umbringt, weil er Kriege führt und Städte in Schutt und Asche legt. Deshalb wird er gehasst. Er hat allerdings immer sehr viele Helfer. Ob er im Charakter oder im Herzen nun böse ist, weil er eine schlimme Kindheit hatte oder an einer krankhaften Störung leidet, interessiert niemanden, denkt Moni. Nur sein Handeln zählt.

„...weil sie böse sind.“ Menschen sind wegen äußerer Umstände, wegen der Handlungen oder Unterlassungen anderer Menschen böse geworden. Entschuldigt ist ihr Handeln deshalb nicht, nur erklärt. Mal abgesehen davon, dass dieses Bösesein immer eine subjektive Sichtweise ist. Empfindet der „Böse“ sich als böse? Wird der zweifache Atombombenabwurf der Amerikaner als böse deklariert? Zumindest zum damaligen Zeitpunkt der Tat nicht. Kriege werden gerne als notwendig oder gar als gerecht bezeichnet - natürlich nie von den Betroffenen. Für die Kollateralschäden muss man Verständnis zeigen, heißt es und nimmt kaltschnäuzig die Opfer in Kauf. Also das findet Moni schon sehr böse.


Dass der gute Jean-Jacques einfach nur seine These verallgemeinert, liegt auf der Hand. Eine einfache Aussage über das Böse zu treffen, versuchten schon immer auch alle Religionen, denn nur so erreicht man das Volk. Klare Definitionen erleichtern das Leben. Ein Denken erübrigt sich, wenn feststeht, was gut und was böse ist. Der Teufel ist böse, Gott ist gut. Aber wie verhält es sich mit den Geschöpfen, die Gott erschuf? Hat er die Bösen absichtlich generiert und dieselben können gar nichts dafür, denn sie sind ja böse, quasi von Natur aus? Moni schüttelt ungläubig den Kopf. Das kann doch gar nicht sein. Wenn Gott gut ist, wird er ja wohl nichts Böses erschaffen, oder etwa doch? Dann gute Nacht!


Spaß beiseite. Die menschliche Gesellschaft bringt Böses hervor und ist trotz himmelschreiender Gläubigkeit nicht in der Lage, damit fertig zu werden. Ohne eine Gesellschaft gäbe es weder Gutes noch Böses, das Leben würde schlicht überhaupt nicht funktionieren. Wir brauchen sie. Die Menschen brauchen Menschen, um zu überleben. Die Bösen wie die Guten. Scheinbar liegt es in der Natur des Menschen stets auf den anderen zu zeigen und zu rufen: „Der Böse bist du!“ Man kreiert den Begriff „Schurkenstaaten“ und stellt ganze Länder in diese schlimme Ecke.


Man bemüht sich mit unterschiedlicher Intensität, Gutes zu tun und manchmal entwickelt sich daraus auch Gegensätzliches. Frau Merkel holt die hochgradig leidenden und verzweifelten Flüchtlinge aus Ungarn raus und erntet dafür böse Kritiken. Sie muss sich für eine menschliche Entscheidung sofort rechtfertigen. Moni fragt sich nun, ob vor den Guten oder vor den Bösen.


Sie kommt zu dem Schluss, dass der Satz“...weil sie böse sind.“ schlicht nicht stimmen kann. Es ist nur eine oberflächliche Verallgemeinerung, eine Vereinfachung, um weiteren Überlegungen vorzubeugen, vermutet sie. In einem Punkt ist sich Moni aber auch sicher, es gibt Gutes und es gibt leider auch viel Böses, ganz ohne Frage, aber jeder hat eine individuelle Blickweise darauf und je nach intellektueller Möglichkeit, wird über die Ursachen nachgedacht oder eben dummerweise auch nicht.

Am Ende der seltsamen Moni-Überlegungen kommt noch eine ziemlich provokatorische Frage hoch: „Brauchen wir das Böse?“ Natürlich nicht! schreit sogleich jeder empört. Nun, die Frage ist müßig, denn es ist ja da und noch etwas am Rande:  ohne diesen Pol wäre jede Predigt leer, die Nachrichten unspektakulär und langweilig, wenn der Weltfriede ausgebrochen wäre. Das Gute wäre einfach nur vorhanden und keiner könnte damit angeben, Gutes getan zu haben, was auch schrecklich ist. Moni hatte sich nun in ganz verzwickte und weltferne Gedanken verschwurbelt, deshalb brechen wir hier ab.

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Tag der Veröffentlichung: 27.09.2015

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