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Das ewige Leben

Die Welt im Jahr 3000, stelle ich mir so vor:

 

Ich bin nun knapp über tausend Jahre alt, genau genommen 1050, aber das ist heutzutage kein Alter, wenn man bedenkt, dass man praktisch ewig leben könnte. Jedes Organ, jedes Körperteil ist absolut erneuerbar und die Wirtschaft lebt ganz gut davon, denn die Leute verschleißen ihre Glieder als wenn es kein Morgen mehr gäbe. Die Welt ist verrückt. Doch wenn ich es recht bedenke - das war sie schon immer, nur eben heute auf einem andern Niveau. Man macht Sachen, die der Papst beanstandet, wobei auch das nicht wirklich neu ist, denn die Christenheit und andere -heiten setzten sich über ihre strengen jahrtausendalten Regeln permanent hinweg. Heute passiert das in aller Selbstverständlichkeit; kurz die sogenannte und immer gerne bemühte Moral gibt es nicht mehr.

 

Jeder darf alles. Keiner wird bestraft, weil ja jeder rechtzeitig vorsorgt und sich duplizieren lässt, was das Einfachste der Welt ist, denn es gibt seit fünfhundert Jahren den Universal-3-D-Drucker. Er druckt einfach alles. Von der Nudel bis zum kompletten Embryo druckt er alles, was sein Besitzer verlangt. Man hörte, dass es Leute gibt, die sich zehnmal drucken lassen, um so schnell ein Ersatz-Ich zur Hand zu haben, was in meinen Augen wirklich Verschwendung ist, zudem unnötig und lästig. Wer will mich denn zehnmal haben. Die Ärmsten, die das aushalten müssten!

 

Die Menschen sind komplett meschugge. Mal abgesehen davon, dass die Aaserei mit den Grundstoffen kaum noch zu toppen ist. Ich frage mich, warum die Dreitausendweisen, das sind die Personen, die heute noch als weise Meister angesehen werden, vermutlich halten sie sich auch dafür, nicht einschreiten. Man hörte doch in allen Sphären, dass es bereits die Druckerpest gibt, die auf den Materialeinsatz aus B-Recycling-DNA-Materialien beruhen soll. Die neuen Ich-Menschen sind um 50 bis 90 Prozent dämlicher als der alte Ich-Mensch. Ich frage mich wie lange geht das noch gut?

 

Macht es noch Sinn, in einer nonsensintensiven Welt ewig leben zu wollen? Man spricht bereits über die Menschen, die ihre Ersatz-Ichs schon neutralisierten und das Risiko eingehen, als Depp zu gelten. Sie wollen nicht ewig leben, nicht ewig jung sein und es heißt, sie wollen einfach nicht mehr das tun, was alle machen. Sie billigen den gängigen Fortschritt nicht. Sie wagen einen Neuanfang dessen Ende programmiert ist. Sie wollen nicht, als Druckereinsatzmaterial pulverisiert, neu entstehen, am Ende noch von der Druckerpest befallen und der weltweiten Dämlichkeit zugeordnet sein. Nein, sie wollen normal sterben und einfach tot bleiben. Das ist nicht leicht, aber ich spüre in mir ein ähnliches Verlangen, es muss ja nicht gleich erfüllt werden.

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Tag der Veröffentlichung: 23.04.2015

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