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Der Schnüffler

( nach einer fast wahren Begebenheit)

In den ehrenwerten Häusern ist hin und wieder Begängnis und zwar ein Unerklärliches. Der Herr Lauschmeier ist in großer Sorge, denn er mag es nicht, wenn sich Typen im Treppenhaus aufhalten, die dort nichts zu suchen haben. Er bemerkte, als er wieder einmal seine Wohnungstür leise öffnete, dass eine unzweifelhaft männliche Gestalt die Treppe hinauf und hinunter ging, aber bei keinem Bewohner wurde geklingelt oder geklopft. Kurz, der Mann war offensichtlich kein Besucher.

Herr Lauschmeier hatte den Mann immer nur von hinten sehen können, wenn er durch seinen Spion oder eben durch den Türspalt in den Hausflur lugte. Am Seltsamsten war, dass dieser manchmal stehen blieb und den Kopf hob, ein tiefes Einatmen war dann zu hören. War der Mann etwa krank? Aber warum kam er ins Haus, ging die Treppen hinauf und sogleich wieder hinunter? Wie kam er überhaupt ins Haus? Die Tür war von außen ohne Schlüssel nicht zu öffnen. Hatte sich jemand einen Nachschlüssel anfertigen lassen, um hier etwas auszubaldowern?

Allein im Treppenhaus gab es nichts Wertvolles, eher Lästiges und wenn man es recht betrachtete auch Skandalöses. Es roch nämlich seit geraumer Zeit nach Rauch, nach widerlichem Zigarettenqualm. Herr Lauschmeier hatte auch einen Verdacht woher dieser kam – an jeder Wohnungstür hatte er geschnüffelt und herausgefunden, dass die dicke Susepumpel die Verursachende sein musste. An deren Wohnungstür fehlte nämlich die untere Lippe. Er hatte sich unter Schmerzen auf die Fliesen des Treppenhausbodens gelegt, um das festzustellen. Das war ein Risiko, denn es hätte jemand sehen und denken können, der Herr Lauschmeier würde an fremden Türen horchen. Es war ein Spalt und durch diesen Spalt drang offensichtlich der Rauch auch bei geschlossener Tür. Das geht gar nicht!

Herr Lauschmeier war furchtbar empört und informierte sofort den Eigentümerbeiratsvorsitzenden und auch den Herrn Verwalter, man müsse jetzt endlich etwas unternehmen, es wäre Gefahr im Verzug. Doch der Verwalter hatte gerade andere Sorgen.

Punkt eins, ein neuer Hausmeister musste gefunden werden, denn der alte war im Geräteraum umgekommen als er von Frau Lauschmeier zu einem ihn überfordernden Geschlechtsakt genötigt wurde. Er stürzte dabei zu Boden, erlitt den Herztod und zudem zerstörte er, just durch den im Fallen hilfesuchenden Griff zum Rohr, den Laubbläser. Das sind echte Probleme. Gleichwohl musste auch das leidige Geruchsproblem geklärt werden.

Der Herr Verwalter war dem Weinen nahe als ihn ein auf das Gemeinschaftswohl bedachter anderer Eigentümer unter die Arme griff. „Gemeinsam sind wir stark“, meinte dieser gutherzige Mensch und man müsse alles nur ordentlich untersuchen und anständig dokumentieren, fügte er hinzu, denn manchmal würde von einigen Leuten ja auch ein wenig übertrieben. Somit nahm alles seinen verhängnisvollen Lauf.

Herr Lauschmeier, von der Untätigkeit des Verwalters unterrichtet und zutiefst enttäuscht, war deshalb fest entschlossen, notfalls unter Einsatz seines Lebens, den Fall zu klären und die drohende Gefahr abzuwenden. Er legte sich auf die Lauer, obwohl er eigentlich immer einer der Aufmerksamsten war. Nichts entging ihm und er suchte die Missstände abzustellen, obwohl es keiner dankte.

Zunächst nahm er sich vor, den Vermieter der Susepumpel einmal ordentlich zu ermahnen. Schließlich gab es im Zusammenhang mit dieser Mieterin noch andere Vorkommnisse, die den Herrn Lauschmeier ins Mark erschrecken ließen. Der Rasen war verunkrautet und nicht nur das: es wuchs, nein wütete auf diesem Grundstück auch der gefährliche Ackerschachtelhalm. Denselben hatte er auf seinem zur Pflege überantworteten Rasen mit Giften und anderen Aktionen beseitigt. Herr Lauschmeier hatte immer noch Blasen an den Händen, verwundete Knie und einen trockenen Husten. Auch die Hundehaare im Hausflur hatte er gefunden und abgesammelt, seither war Lauschmeiers Rückenleiden wieder ausgebrochen. Die Susepumpel war an allem schuld. Das musste nun alles einmal ein Ende haben.

Ein grauslicher Mailverkehr begann. Man war sich spinnefeind und würde bis zum Äußersten gehen. So viel war gewiss.

Fräulein Susepumpel hatte etwas bemerkt und ihrem Vermieter, ihrem Vater, bereits so Einiges gemeldet, denn so dumm war sie ja auch wieder nicht, als dass sie nicht gesehen hätte wie der Lauschmeier ihren Garten fotografierte und andauernd im Treppenhaus herum ging. Dass er sich wegen der angeblichen Rauchbelästigung ebenfalls aufregte, war überall bekannt - die Spatzen pfiffen es von den Dächern, kurz der Buschfunk funktionierte. Sie würde sich zur Wehr setzen und so beobachtete auch sie sehr genau, was oder wer sich in diesem Haus regte.

Fräulein Susepumpel bemerkte auch einen Mann im Treppenhaus, der dort offensichtlich herumschnüffelte und wieder verschwand. Er kam täglich zweimal. Sie wusste wer er war und was er war: ein Schnüffler.

Der kam und ging, führte Protokoll über die wahrgenommenen Gerüche und würde, da alles nur halb so schlimm war, dem Herrn Lauschmeier das Schnüffelprotokoll zum Beweis übergeben und somit sollte das Problem erledigt sein. War es aber nicht, denn wie es der Teufel will kam es zu einem Schnüffel-Eklat.

Der gutherzige Schnüffler war gerade so schön am Riechen als der Herr Lauschmeier verärgert von den Mülltonnen kam – man hatte wieder nicht richtig sortiert. Das alte Bügeleisen und die verrosteten Haarklemmen gehören nun in die neue gelbe Tonne und nicht in den Restmüll. Die Menschen begreifen nichts. Er hatte noch den stinkenden Schippenstil in der Hand, mit dem er ein wenig in der Tonne gerührt hatte, um nach dem Rechten zu sehen, als er den Mann sah, der vor der Tür der Susepumpel stand.

Der Herr Lauschmeier war so erregt und immer noch wütend wegen des falsch entsorgten Plätteisens, dass er die Schippe hoch in die Luft erhob – es sah aus als wöllte er zuschlagen, da öffnete sich die Wohnungstür der Susepumpel und ein Blitz erhellte den Hausflur, Herr Lauschmeier sank mit einem spitzen Schrei zu Boden, eine kleine Rauchwolke verzog sich und die Schippe schepperte auf den Fliesen ein wenig nach.

Die pummlige Susepumpel kam erstaunlich schnell mit einem dicken haarigen Sofakissen und einer grauen Hundedecke herbei, vorher legte sie den Fotoapparat schnell aus der Hand, um dem jammernden Lauschmeier es ein wenig im Hausflur gemütlich zu machen. Sie klingelte noch bei dessen Frau und sprach in die Wechselsprechanlage ein paar passende Worte, die hier lieber nicht wiederholt werden.

Der schnüffelnde Herr war inzwischen verschwunden. Er hatte alles gegeben, um den Frieden wieder herzustellen, beinahe hätte es sein Leben gekostet, wenn nicht der Hexenschuss des Herrn Lauschmeier ihn gerettet hätte.

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Tag der Veröffentlichung: 17.12.2014

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