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Monaruttas vierter Fall



Monarutta lag in ihrem Bett und starrte an die Decke, sie gab nicht viel her, außer die vom Wecker projizierte Uhrzeit und damit war sie in der gleichmäßig voran schreitenden Zeit gefangen, war traumlos der momentan sich widerlich anfühlenden Realität ausgeliefert. Das Bett war warm und gemütlich und doch wollte sich kein Schlaf einnisten.

Vertane Zeit, vergeudetes Leben, es war keiner da, dem sie das jetzt an den Kopf schleudern konnte. Weiter liegen zu bleiben und die bescheuerte Uhrzeit zu registrieren, machte keinerlei Sinn. Sie empfand diesen Zustand als Faulheit. Wenn schon faul, dann sollte es wenigstens schön sein. Faul zu sein, muss unbedingt schön sein. War es aber gerade nicht.

Monarutta dachte noch ein bisschen darüber nach, ob sie zu den Faulen oder doch zu den Fleißigen gehören würde und kam zu dem weisen Schluss, ein Mischwesen zu sein. Wie langweilig eigentlich, dachte sie und stand auf, um sich eine große heiße Tasse Milch zuzubereiten. Danach fühlte sie so etwas wie Müdigkeit nahen, gerade wurden ihre Arme und Beine schwer als das Telefon klingelte.

Man hatte eine Tote gefunden, die einige Merkwürdigkeiten aufwies.

Sie stülpte sich die Pudelmütze über, sprang in die unsägliche Jogginghose, Windjacke an und schwang sich aufs Fahrrad, mit dem sie es fast auf 30 Kmh brachte. Immerhin musste sie trotz Akku stramm in die Pedalen treten und hatte gerade das Gefühl, körperlich nicht zu den Faulen zu gehören. Die geistige Ertüchtigung würde nicht lange auf sich warten lassen.
Da lag sie schon mit all den komplizierten Rätseln, die eine klatschnasse, blutige Frauenleiche ohne Schuhe, mit zerfetzten Strümpfen, bieten konnte.

Ein paar Meter davor stand ein Militärfahrzeug, der dazu gehörige Uniformierte lehnte rauchend, etwas bleich, an dem fetten Geländewagen. Es schien einer von den Höheren zu sein. Groß, feist und arrogant, vermutlich laute Stimme, tadellose Uniform. Monarutta konnte diese Brut eher weniger leiden, ließ sich aber nichts anmerken.

„Oberst Bummermeier“, stellte er sich vor und fügte rasch hinzu, dass die Person ihm plötzlich ins Auto gerannt sei. Er würde nichts dafür können, rechtzeitiges Bremsen wäre unmöglich gewesen.
„Moruzius suchen sie mal, ob Spuren zu finden sind. Wo ist sie hergekommen so nass und ohne Schuhe?“

Der Morgen graute, Oberst Bummermeier wurde zum Protokoll aufs Revier bestellt und die Tote würde einen Platz auf Paulas Tisch erhalten.
Am Ende war es ja nur ein Unfall, bloß was machte die Frau um diese Zeit auf der Straße und warum war sie durch und durch nass? Geregnet hatte es nicht und gewöhnlich badet kein Mensch um diese Zeit in Kleidern, um danach in ein Auto zu laufen.
War sie eine entflohene Geistesgestörte? Wollte sie sich das Leben nehmen, ist ins Wasser gegangen, fand es zu nass und zu widerlich zu ertrinken und wählte dann eine schnellere Möglichkeit aus dem Leben zu scheiden: die Straße? Zieht man sich dafür die Schuhe aus?

Monarutta wollte nun wissen, wer die Tote war. Das war nicht einfach, denn die Frau hatte nichts bei sich, was sofort Aufschluss darüber geben konnte, doch das Gesicht kam Monarutta irgendwie bekannt vor. Woher nur?

„Sie muss aus der Müritz - Richtung gekommen sein. Irgendwie quer durch die Botanik“, stellte Moruzius gerade fest.

„Wir brauchen einen Hund“, Monarutta hatte keinen - aber Moruzius. Vielleicht würde ja sein Köter etwas erschnüffeln können, hoffte Monarutta, denn ein offizieller Hundeführer mit edlem Polizeihund war so schnell nicht verfügbar.

„Ich hole ihn“ bot sich Moruzius an, DCI Barnaby würde alles finden. Er war furchtbar stolz auf seinen Hund. Der Hund war immer dabei und wartete im Auto. Schön war er ja nicht, eine Bulldogge ist nie schön, jetzt schlabberte er noch seinen Moruzius ab, der es geschehen ließ. Dann musste Barnabay an den Füßen der armen Frau schnuppern und ab ging es. Barnabay war erstaunlich schnell und die Kommissarin kam kaum hinterher.

Nach einer Stunde durch Dick und Dünn, über Stock und Stein standen sie vor einem hohen Zaun, der oben mit Stacheldraht versehen war, doch unten befand sich ein Loch, groß genug, um hindurch zu schlüpfen. Das sah verdammt nach militärischem Sperrgebiet aus. Barnaby bellte im Straßengraben davor.
Monarutta entschied abzubrechen, sie war außerdem fix und alle. Vor dem Zaun verlief ein Plattenweg.
„Du gehst jetzt los und bringst mein Fahrrad her, ich halte vor dem Loch die Stellung“, legte Monarutta fest. „Barnaby bleibt hier.“ Im Straßengraben lag ein roter Damenschuh.

Nach zwei Stunden erschien Moruzius mit seinem Auto, und dem Fahrrad. Monarutta war vor dem Loch eingeschlafen, DCI Barnaby schnarchte, den Kopf und die Vorderpfoten auf ihrem Knie, die Sonne stand am Himmel und die Vögel zwitscherten als wäre nichts geschehen.
Monarutta träumte irgend etwas von den Sternen aber es waren nur drei Sterne auf dem Schulterstück von Bummermeier...Per aspera ad astra! Dieser Spruch geisterte unentwegt durch ihren Kopf.

Sie erinnerte sich daran als sie aufwachte. „Per aspera ad astra!“
Über raue Pfade gelangt man zu den Sternen. Zu Bummermeiers?
Monarutta wollte zunächst Nachhause, dann würde man weiter sehen. „Brav, Barnaby.“ Schaun wir mal. Ein paar raue Pfade waren ja bereits genommen.
Ein schwieriger Fall schien dieser Fall zu werden. Das Militär ist fast ein Staat im Staate und man kommt nicht so einfach an die Machenschaften dieser „Brüder“ heran. Das wusste Monarutta, um so mehr hatte sie Hochachtung vor dieser geheimnisvollen Toten, die als kleine Reporterin beim hiesigen Käseblatt arbeitete. Soviel hatten sie herausbekommen. Dass sie an einem besonderen Fall arbeitete, war niemandem bekannt.

„Susi, die ist für Karnickeldiebstähle und für die ganze Vereinsmeierei zuständig, auch bei den Anglern treibt sie sich vermehrt herum“, sagte der Chefredakteur und brachte seinen scheußlichen Siegelring zur Geltung. Aber verrückt sei sie nicht, auch nicht lebensmüde.
„Eher das Gegenteil, die dreht hier in der Redaktion ihren Hintern, dass so mancher Stielaugen bekommt und mehr.“ Er zwinkerte Monarutta zu.
„Na dann bewegen sie mal bitte den ihren und zeigen mir den Arbeitsplatz ihrer lebensfrohen Reporterin“, erwiderte ungerührt Monarutta und stand auf.
„Arschgeige!“, dachte sie, sagte aber nichts.

Der Schreibtisch war voller Zeitungen, Zettel und Krimskrams. Monarutta warf einen Blick darauf und nahm die eine oder andere Mappe in die Hand, dachte die Kleine hat es nach Arbeit aussehen lassen. Ist alles ordentlich und aufgeräumt, dann käme der Chef am Ende noch auf die Idee, dass da noch zeitliche Spielräume wären.
Sie sagte nichts und meinte, das nehmen wir mal alles mit.
„Bringen wir gelegentlich wieder her. Wo ist ihr Computer?“
„Keine Ahnung, bei ihr zuhause vielleicht.“

Der Chef war stinkig. Er wusste nicht wirklich, was hier los war und was seine Reporterin augenblicklich bejagte. Die Weiber werden immer unmöglicher, dachte er. Da gibt man sich so viel Mühe, macht Komplimente, klatscht auch mal auf den Hintern und dann das. Er seufzte und fühlte sich zu gut für die Welt.

Monarutta fuhr in die Wohnung von Susi. Kein Computer war hier zu finden und alles war super aufgeräumt, also unangenehm aufgeräumt. Sie hatte sich die Wohnung von Susi irgendwie anders vorgestellt. Ein leichtes Reporterchaos wäre passender, dachte Monarutta. Hier hatte einer gründlich aufgeräumt, es lag nichts herum und in den Schränken lag alles auf Kante. Geradezu kasernenmäßig.

Das war es. Die Sternenflotte von Bummermeier war hier! Monarutta hatte so eine Eingebung, dass hier der Hase im Pfeffer lag. Die haben hier etwas gesucht und hinterher ihre Spuren verwischt. Bummermeiers Leute mussten hier wirken. So sah es aus.

Man sollte nun noch die Nachbarn befragen, die werden vielleicht die Aktion beobachtet haben, sinniert Monarutta und klingelt gleich an der gegenüberliegenden Wohnungstür. Nach einigem Hin und Her, Herumdrucksen und dem üblichen “wir wissen nichts“ bequemte man sich einen Zettel hervorzukramen. „Der is für den Notfall, hat Susi gemeint. Wennse nu tot ist, die arme Susi, dann ham wa ja wohl einen Notfall, oder?“
„Ja.“
Auf dem Zettel stand in Eile geschrieben:
EWMS – Projekt Müritz, Bummermeier für Chile - Operation - Merkel fragt Margot

Also doch, Bummermeier hatte seine Hände im Spiel und Susi war ihm drauf gekommen. Monarutta hatte nun genug, sie würde dem Sternemeier auf den Zahn fühlen, auch wenn der Weg dahin noch so rau ist.

Gesagt getan, Monarutta wird von Oberst Bummermeier in vollem Ornat empfangen.

„Was wissen sie über das Projekt Müritz – EWMS?“ Monarutta geht gleich in die Vollen und trifft ins Schwarze. Sie hört einen Stern fallen. Bummermeier wird kreidebleich.
„Es ist streng geheim, die verdammte Reporterin hat es mit ihren Karnickelzüchter- und Anglerfreunden herausgefunden. Es war aber ein Unfall, das müssen sie mir glauben.
Sie muss im Wasser gewesen sein. Nur von dort sieht man das Kreuzen der Tiere. Meine Leute haben sie entdeckt und wohl verschreckt, denn sie rannte als wenn ihr der Teufel im Nacken säße durch den Wald bis zur Straße, auf der ich rein zufällig entlang fuhr und sie mir dabei ins Auto lief.“ Er hatte sich in Rage geredet.

„Welche Tiere wurden hier gekreuzt?“ fragte Monarutta streng „und mit welchem Ziel?“

„Es ist die Eierlegende Wollmilchsau für Chile“, rückte er heraus. „Die Kanzlerin hat mit Chile ein Wirtschaftsabkommen geschlossen, in der Deutschland sich verpflichtet, eine eierlegende Wollmilchsau zu liefern. Sie müssen das unbedingt geheim halten, die EWMS hat auch immense militärische Bedeutung. Sie verstehen, die Verpflegung der Truppen wäre mit ihr viel effizienter. Und jetzt noch etwas ganz im Vertrauen“...er flüsterte und beugte sich über seinen Schreibtisch.
„Frau Merkel hat einige Unterlagen für die Operation EWMS von Margot Honecker erhalten, denn man hätte bereits lange vor der Wende schon daran gearbeitet.“

„Und haben sie es geschafft?“, Monarutta war nun wirklich etwas neugierig.

„Nun, das Tier sieht bereits gut aus aber es kommt hinten immer noch leider nur das Übliche heraus. Wir müssen noch sehr fleißig sein, damit die Eier auch essbar werden.“



Monarutta erstellte ihren Bericht. Bummermeiers Sterne fielen blechern zu Boden. Die Kanzlerin war verärgert und legte fest, dass ab sofort der örtliche Kaninchenzüchterverein sich mit der Problematik auseinandersetzen müsse, ehrenamtlich. Man müsse sparen und die Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Sie ist einfach die Beste, die Angie. Sie weiß was zu tun ist.

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Tag der Veröffentlichung: 29.01.2013

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