Im Januar positives Denken
Ein Jahr beginnt und fast jeder setzt große Hoffnungen in das Kommende. Moni denkt, man hätte mit diesen Hoffnungen schon eher oder besser noch permanent leben können aber die Menschen brauchen immer einen Anfangspunkt, der sich irgendwie merken lässt.
Geschichtliche Ereignisse sind hier nicht gemeint, da gelten andere Regeln, zumindest ist es dabei unerheblich, ob das Jahr beginnt. Hier ist zum Beispiel der Tag des Kriegsendes oder der Tag der Grenzöffnung von Bedeutung, kurz, wenn die Verhältnisse sich definitiv und unumkehrbar geändert haben, dann beginnen ab diesem bestimmten Wendepunkt die Hoffnungen zu sprudeln.
Privates soll ab Januar also besser laufen, gute Vorsätze werden gefasst. Eigentlich müsste die Welt damit von Jahr zu Jahr besser werden, sinniert Moni. Es dürften kaum noch Raucher herum laufen und nur noch schlanke Menschen. Der allgemeine Stress wäre schlicht nicht mehr vorhanden und die Menschen würden einen ruhigen, freundlichen Umgang miteinander pflegen. Ach ja, Moni seufzt. Eltern wären mehr für ihre Kinder da und die Kinder würden in den Genuss einer besseren Erziehung kommen, ihre Fragen fänden Antworten und keines würde mehr mit monströsen Geschenken gekauft werden müssen.
Geschenke zu verteilen, ist eine uralte Tradition und erfreut eigentlich jeden, den Beschenkten aber auch den Schenkenden gleicher-
maßen. Man bedankt sich und alle sind glücklich. Doch Moni muss bemerken, dass das Schenken Ausmaße angenommen hat, die bedenklich sind. Manchmal ist es nur eine unangenehme Pflicht, ein Zeitaufwand, ein lästiges Übel und man ist froh, wenn die Schenkarie gesungen ist.
Moni hat enttäuschende Erfahrungen sammeln müssen und nimmt sich vor, nichts mehr zu schenken, sie will den Wahnsinn nicht weiter fördern.
2013 ist Schluss! Ob das nun ein guter Vorsatz ist und ob sie ihn durchhält, weiß sie nicht ganz genau aber im Januar kommt der erste Geburtstag. Moni wird n u r in einem Brief gratulieren. Das ist gewagt und wird vermutlich missbilligt durch Missachtung, doch das war auch schon im Jahr davor so, auch mit Geschenk. Für einen Brief kommt kein Dank, keine Erwiderung. Nichts. Aber vielleicht etwas Nachdenklichkeit über das Warum? Moni wird alles überleben, sie hat ein robustes Gemüt.
Die Aufzählungen der guten Vorsätze könnte man beliebig fortsetzen und doch versickert fast alles im Sande. Die Menschen werden nicht besser, kaum klüger und auch nicht schlanker, vielleicht gibt es ein paar Raucher weniger aber dafür einige Trinker mehr. Die Welt wird nicht genesen an guten Vorsätzen, alle Hoffnungen zerstreuen sich im Verlaufe des Jahres.
Einige werden sagen, jetzt nörgelt sie wieder und jammert. Recht haben sie, Moni sollte an sich arbeiten und positiver denken.
Positiv Denken! Das ist ein sehr guter Vorsatz. Moni nimmt sich also vor, positiv zu denken. Viele Leute denken allerdings sowas von positiv, dass der guten Moni dabei regelmäßig schlecht wird. Dabei ist es doch sehr schön, an das Gute zu glauben und alles nur im hellen Lichte zu sehen. Die Welt ist wundervoll, möchte man rufen! Märchenhaft ist das Positive.
Die Märchenerzähler schießen wie Pilze aus dem Boden, sie kämpfen gegen das Böse und lassen das Gute gewinnen, in ihren Märchen. So sind Märchen. So lehrreich und gut.
Man kann sich damit wunderbar unterhalten, denkt Moni jetzt sehr positiv, Menschen brauchen ihre Träume, was wären sie ohne.
Ob die FDP den peinlichen Brüderle wieder rauslässt, den albernen Philipp abschießt oder die Italiener einem großfressigen Berlusconi aufs Trapez helfen, ob ein Kanzler mehr Geld verdient oder ein Land eine weitere Mauer um sich errichtet, ob ein Diktator nicht abtreten will und sich im Beifall seiner Claqueure sonnt, eine Weltmacht noch mehr Schulden macht, um Waffen zu kaufen, das ist doch alles kaum noch zu ertragen, deshalb werden selbstverständlich auch in diesen Reihen so wunderbare gute Vorsätze verkündet, so viele positive ANSÄTZE werden auf den Weg gebracht, dass es der Moni schon wieder schlecht wird. Doch Moni will ja positiv denken, was ihr irgendwie auf d e r Ebene rein gar nicht gelingen will. Also nicht wirklich, auch wenn sie es wieder und wieder versucht.
Vermutlich denken sich die Menschen Märchen aus, um überhaupt positiv denken zu können. Vielleicht wollen sie ja von der realen Welt gar nichts mehr wissen, weil sie einem das positive Denken ständig vermiest. Moni weiß das alles nicht so genau und liest ein wenig missmutig in einer Fantasygeschichte, die so fern der Wirklichkeit ist, zumindest was das Ende anbetrifft, wie eine Geschichte nur sein kann. Der Markt ist voll davon und man stürzt sich wohl so darauf, um sich von dem Leben in der realen Welt abzulenken, vermutet Moni. Sie versteht das sogar, nachdem sie die neuesten Nachrichten las und doch hält sie den Fantasyrausch auch nicht gerade für eine akzeptable Lösung.
Positives Denken ohne Wahrnehmung von Tatsachen? Geht das denn? Verdrängen, das Böse nach hinten und das Gute nach vorne? Anbetungswürdige Vampire und gute Hobbits gewinnen die Schlacht gegen das Böse der Welt?
Sollte man seinen Kindern und Enkeln das schenken, ihnen diese Märchen mit auf den Weg geben? Ist das positiv?
Also Moni meint...nicht nur, nicht nur! und überlegt sich jetzt, was denn eigentlich überhaupt positiv ist? Die einen haben es gerne warm und mollig, die anderen fühlen sich wohl, wenn es kühl und schattig ist, der eine ist streitbar und kämpft, der andere lächelt nur und geht damit seinen Weg. Frauen und Männer mal miteinander, zuweilen auch nicht. Also was jetzt? Was ist hier positiv gedacht?
Also sie ist sich da nicht ganz sicher aber nur heile Welt und Sonnenschein auf allen Wegen für alle kann beim besten Willen nicht durch positives Denken tief im Kopfe drin erzeugt werden, zumal es nicht einmal alle wollen oder können, das allein kann es doch nicht sein?
Moni beschließt, sich eine eigene Definition zu erarbeiten, was sie als positives Denken empfindet und das kann anders aussehen als so mancher denkt. Sie lächelt ein wenig verschmitzt, denn irgendwie wird sie es schon zustande bringen, da ist sie sich sicher.
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2013
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