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Wally platzt der Kragen



In unserem Land herrscht Demokratie, was schlicht bedeutet, dass jeder die gleichen Rechte genießt aber auch die gleichen Pflichten zu erfüllen hat. Doch was versteht man unter „Jeder“? Wer ist Jeder? Jeder, der in diesem Lande lebt und die Demokratie anerkennt oder einfach alle, auch die, die die Demokratie verachten aber dennoch in ihr lebend, ihr Geld zur Parteifinanzierung beanspruchen?

Man fürchtet sich vor'm braunen Mann, möchte ihm nicht zu nahe treten, lässt ihn lieber gewähren, auch morden, gibt ihm Unterstützung und Geld, um ihm zu ermöglichen, gegen die Demokratie Stimmung zu erzeugen. Er bekommt auch richterliche Gnade im Strafprozess, der Staatsanwalt der Demokratie kann sich nicht behaupten.
Was ist los mit den demokratischen Parteien, fragt sich Wally, schämen sie sich nicht, im ewigen Eiertanz in ihrem eigenen Schleim zu verharren? Nein, sie schämen sich nicht, denn sie schämen sich nie, auch nicht vor Gott und dem kleinen Jesulein.
Und sie schämen sich auch nicht, den schwarzen Mann zu verachten, möge der doch in seinem schwarzen Afrika verrecken. Wenn er um sein Leben rennend hier angeschissen kommt, dann muss er erst einmal durch unsere Demokratie, was bedeutet in verlausten Asylantenheimen zu warten. Arbeiten darf er nicht. In einer Demokratie darf nicht jeder machen, was er will. Der schwarze Mann sowieso nicht.
Übrigens der Homosexuelle auch nicht. Ist er schwarz, schwul und Asylant, hat er wahrlich schlechte Karten.

Die Demokratie wünscht sich brave Bürger: deutsch, weiß, christlich, sauber, fleißig, anständig und blöd. Frauen mögen Kinder gebären und sie daheim erziehen. Traditionen werden heilig gehalten....die gute alte Zeit soll stehen bleiben. Manche wollen ihren Kaiser Wilhelm wieder haben oder wenigstens den Kini. Einige pochen in Landsmannschaften auf ihre Rechte.

Wally ist nun endgültig der Kragen geplatzt, der gestärkte und sie fragt sich, wer überhaupt diese Demokratie ist. Wer darf so laut in den Amtsstuben wiehern? Wem gehen hier die Pferde durch?


Der Lobbyist



Er war sich durchaus bewusst, dass ihn nicht alle liebten. Sein Beruf war verdammt in Verruf geraten, obwohl auch er in ihm nur einen Job erledigte wie ein Straßenbahnfahrer auch. Er sah zu, seinem Ziel so schnell und effektiv es ging, nahe zu kommen. Er vertrat die Interessen anderer und so hielt er sich und seine Tätigkeit für recht ehrenwert. In einer Demokratie haben Lobbyisten große Spielräume. Gewöhnlich neidet man ihnen diese. Unserem Lobbyisten ist das unverständlich.
Er hatte die Aufgabe, im Gesundheitsministerium nach dem Rechten zu schauen und bei ungünstiger, dummer Gesetzgebung hilfreiche Korrekturen einfließen zu lassen. Diese Aufgabe nahm er ernst. Man kannte ihn im Amt sehr gut und vertraute seinen gekonnten Formulierungen, die stets termintreu vorgelegt wurden.
Kein Gesetzesvorschlag ohne die Durchsicht der Texte durch den Pillator, so nannten sie ihn. Man mailte ihm im Vorab alle Pläne bezüglich geplanter Gesetzestexte zu und für gutes Geld lieferte unser Lobbyist prompt. Das ging sehr lange gut bis doch etwas durchsickerte.
Der Minister ist stinksauer.
Er nimmt sich seine Mitarbeiter vor. Mehr nicht.
Die Medien sind stinksauer. Bleiben aber dran.
Der Apothekerverband weiß von nichts, ist aber auch stinksauer.
Er nimmt sich seinen kleinen Lobbyisten, den sie Pillator nennen, vor. Mehr nicht.
Die Bürger sind auch stinksauer aber mehr auch nicht.

Wally denkt da muss doch noch mehr sein. Da musst doch etwas passieren.
Ja, Lobbyisten formulieren Gesetze und werden zudem noch dafür vom Bürger bezahlt. Mehr nicht. Es lebe die heilige Tradition und ehrenwerte Arbeit des Lobbyisten in der Demokratie.

Wally ist jetzt sowas von stinksauer und sieht zudem mit ihrem geplatzten Kragen sowas von schlecht aus, denn sie weiß, mehr ist nicht drin.


Mehr und Genaueres nachzulesen bei:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gesundheitsministerium-spd-will-gesetzpruefung-nach-spionageverdacht-a-872625.html

„Ein externer IT-Beschäftigter des Gesundheitsministeriums soll gegen Geld illegal Informationen beschafft und an einen Lobbyisten der Apotheker weitergegeben haben. Betroffen sind offenbar E-Mails, Beschlüsse, Gesetzentwürfe und andere Daten aus dem Gesundheitsministerium. Es wird vermutet, dass es Ziel der Aktion war, Informationen über noch geheime Gesetzesvorhaben zu beschaffen und so einen Informationsvorsprung zu erlangen. Die Unterlagen wurden zum Teil auch im Internet veröffentlicht.
Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen den freiberuflichen Lobbyisten der Apothekerschaft. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände wies die Vorwürfe zurück.“


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Tag der Veröffentlichung: 13.12.2012

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