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Kevin allein im Heim und der singende Designertopf.



Susi gäbe ihr Kind nie in fremde Hände. Was würden denn die Nachbarn sagen und außerdem hatte sie es nicht nötig, ihren Sprößling in eine der schrecklichen Kitas abzugeben, in denen alle Kinder zu diesem grässlichen, gemeinsamen Abtopfen geführt werden würden. Jedes Kind hört die Pupse der anderen. Da würden gewiss nicht wieder gut zu machende Kindheits-Traumata entstehen. Susi ist entsetzt.

Das Betreuungsgeld würde sie nehmen, schließlich stünde ihr dieses Geld zu. Man könnte für Kevin ein I-Phone zum 3. Geburtstag kaufen. Er wäre dann mobil und würde schnell alleine telefonieren können. Er wäre auch für jeden erreichbar, auch für die Susi, für die Mutti Susi, wenn die einmal kurz ins Cafe Sinnlos muss. S o integriert man seine Kinder in das allgemeine Leben, dachte Susi und ist stolz auf ihre Leistung.

Susi überlegt noch, was sie mit dem Geld darüber hinaus anfangen könnte, immerhin käme es ja jeden Monat. Was will klein Kevin damit auch schon anfangen, er hat doch alles, was ein Kind braucht? Vielleicht sollte eine Mutter sich auch etwas Schönes gönnen?
Susi denkt fast den ganzen Tag darüber nach bis Kevin schreit, weil er schon wieder in die Hosen gemacht hat. Das ist der Dank, wenn man sich über sein Kind Gedanken macht und sinniert, wie man das Geld gut verwaltet, welches für die Betreuung, auch für die betreuende Mutti, fließen wird.

Ja, Susi wird den Kleinen betreuen, soviel ist sicher. Sie holt nun den schönen Nachttopf aus Porzellan aus dem Toilettenstudio, der mit den kleinen wunderschönen Halloweenfiguren bemalt ist, ein Designertopf vom Feinsten, der ein Lied ertönen lässt, wenn das Würstchen in ihm liegt. Man kann es sehen, denn der Topf erstrahlt, wenn alles heraus ist, in einem warmen Licht.
Mehr kann ein Kind nicht bekommen beim Topfen. Das ist Betreuung pur, zudem effektiv, denn Kevin kann das Barbie-Topflied schon mitsingen. Er würde später in der Schule bestimmt der Beste sein und die Kita-Kinder neben sich blass aussehen lassen.
Den Individualismus zu pflegen, heißt Chancen erschließen. Kevin wird in die Politik gehen, die wissen doch wie man das Geld ordentlich verwendet und nicht verschwendet, so wie ihr Kai-Uwe, der immer sagt:
„Bleib am Herd, denn alle Weisheit geht und kommt aus dem Bauch.“
Kevins Topf strahlt und das Liedchen erklingt. Susis Welt ist schön.


Susi wird aktiv



Im Fernsehen sieht man, dass es in der Welt Krieg gibt. Susi ist empört, weil manche Leute meinen, das alles würde jeden etwas angehen. Susi denkt zwar anders, denn was hat sie mit den Arabern, Israelis oder Afghanen zu tun, sollen die sich doch die Köpfe einschlagen, wenn sie nicht anders können aber Kai-Uwe hat gesagt, dass der Außenminister auch schon gemeint hätte, dass das aufhören müsse. Die sollen endlich aufhören mit dem Ganzen, sonst käme es zur Eskalation.
Susi versteht das zwar nicht, denn das Estragon ist ja eigentlich nichts Schlimmes. Kai-Uwe sagt noch, es könnte eskalieren und das wäre am Boden ziemlich gefährlich.
Der Außenminister habe jetzt eine ernste Brille und er spricht fast alles auf englisch, also wenn es geht. Das müsse jetzt aufhören und so kann es nicht weiter gehen, sagt er. Alle sagen das, selbst der Bann ki Mond meint, dass es nun genug sei. Susi ist deshalb nun auch allmählich verärgert.

Susi will keine Estralation und beschließt deshalb eine Aktion.
Sie kauft drei große Kerzen und will sie in die Kirche der Juden, der Moslems und in ihre eigene tragen. Dort wird sie diese friedlich entzünden und vielleicht würde es dann zu einer Eskragolation nicht kommen. Immerhin gibt es ja Signalwirkungen, die alles verändern. Das weiß jeder.

Doch die Männer beten gerade in der Moschee und wollen Susi mit der bereits brennenden Kerze nicht hinein lassen. Susi soll sich verhüllen und mit den anderen Frauen wiederkommen, die Kerze will keiner haben. Susi steht kurz vor der Estration, doch sie beherrscht sich und hält es zurück.
In die Synagoge lässt man sie auch nicht rein. Susi trägt keinen langen Rock und es seien auch keine zehn Männer anwesend. Sie könne so nicht beten aber die Kerze dürfe sie da lassen.

Susi muss nun weinen, weil ihre Aktion irgendwie nicht klappen will. Tapfer wischt sie die Schminke ab, legt neu auf, man darf ja bei Aktionen nicht sein Gesicht verlieren, dann geht sie in ihr vertrautes Gotteshaus.
Hier ist sie willkommen, hier darf sie Kerzen anzünden und hier kann sie endlich ihre innere Eskalation am Boden knieend ausleben und beherrschen. Keiner hat es gesehen, es war dennoch ein wenig gefährlich aber Susi fühlt sich erleichtert. Sie hat etwas Gutes getan.

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Tag der Veröffentlichung: 22.11.2012

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