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Die polnische Ostseeküste und mehr



Als ich das letzte Mal in Polen weilte, war alles ganz anders. Polen befand sich, so wie die ehemalige DDR, noch im tiefsten Sozialismus, wir schrieben damals das Jahr 1985. Wir besuchten auch nur einen einzigen Tag lang Szczecin (Stettin) und dieses nur aus reiner Neugierde. Sie war schnell befriedigt.
Dieses Mal fuhren wir nun für eine ganze Woche in dieses Land und zwar nach Kolobrzeg (Kolberg). Die Namen sind ein wenig schwer auszusprechen, unsere Zunge verbiegt sich schnell beim Zischen, dennoch konnte ich Einiges lesen und verstehen, denn ein paar Russischkenntnisse sind mir erhalten geblieben und ich sehe einige, wenn auch wenige, Ähnlichkeiten in den Wortstämmen.

Wir buchten für uns ein Zimmer in der Villa Tarsis, einem recht komfortablen Hotel, nur 700 Meter vom Strand entfernt, also außerhalb Kolbergs gelegen. Das Zimmer ist sehr groß, die Betten gut, die Möblierung modern und es war absolut ruhig, was kein Wunder ist, denn wir befanden uns in der Vorsaison. Genau das schwebte uns auch vor: Ostsee, Ruhe und ein wenig das Land, das Leben der Menschen kennen lernen, schauen wie sie sich nach ihrer Wende entwickelt haben.

Wir schliefen sehr gut, unser Auto wurde aufmerksam bewacht, was will man mehr. Der Urlaub begann viel versprechend. Es war sonnig, windig und wir schnupperten genüsslich die typische Seeluft. In Kolberg genehmigten wir uns in einem kurios ausgestatteten Kaffe, was auch im Internet Erwähnung fand, guten Kaffee und prima Kuchen.



Man bediente uns flink und freundlich. Aufgefallen ist uns, dass die Leute alles mit viel Schlagsahne essen. Man sieht es auch!
In Kolberg auf der Seebrücke (Betreten ist kostenpflichtig) war allerhand los. Davor Bude an Bude, alles furchtbar touristisch, es wird bunter Mist en gros angeboten und das fast überall, auch in den anderen Ortschaften am Wasser.
Doch der Strand ist breit und unendlich lang, mit weißem, feinem Sand, gut zum Wandern langer Strecken, was uns sehr freut und entschädigt. Das werden wir machen, beschließen wir.

Abends im Hotel essen wir warm. Nichts Großes, alles einfach aber wir werden satt und es schmeckt einigermaßen. 15 Euro pro Person für ein Dreigänge-Menü und für das Frühstück. Das erschien uns sehr preiswert und akzeptabel. Später lernten wir, dass man für das gleiche Geld in einem sehr guten Restaurant first class essen konnte, während es im Hotel immer nur karoeinfach war, nicht mehr zeitgemäß auch das Frühstück. Na gut, Bernd hatte das Hotelzimmer für uns für insgesamt 80 Euro ersteigert, das Essen musste gekauft werden. Das war Bedingung. Wir werden Ähnliches nicht wiederholen. Man lernt nie aus.

Am nächsten Tag war in Polen Feiertag, der Tag der Verfassung. Wir fahren herum und schauen uns einen sehr schönen botanischen Garten an, in dem Menschenmassen schnatternd lustwandelten, denn es war auch sommerlich warm. Viele Familien nutzten den freien Tag für diverse Ausflüge. Auch am Wasser war viel los, dralle Menschen zeigten der Sonne in Strandkörben und uns ungeniert ihre Leiber. So ist das halt an der See. Man möchte braun werden.

Am Abend essen wir auswärts und genießen nebenher einen atemberaubenden Sonnenuntergang. Es war ein gelungener Abend, das Essen ganz wunderbar, auch wesentlich preiswerter als bei uns in Deutschland.



Am nächsten Tag, nach einem weniger guten Frühstück (Brot und Brötchen waren grässlich wie Gummi, Wurst und Käse auch, der gelbe Saft schmeckte künstlich und die Vierfruchtmarmelade erinnerte mich an ganz alte Zeiten), dennoch behielten wir unsere gute Laune, wir wollten nämlich auf große Tour in Richtung Osten nach Gdansk (Danzig). Immerhin 245 km von Kolberg entfernt und auf der Straße war halb Polen unterwegs, so schien es uns streckenweise.

Vorher wollten wir noch nach Slupsk eine Werkstatt aufsuchen, denn die Motorkontrollleuchte unseres Autos meldete sich bedrohlich anmutend. In der großen Stadt fanden wir den Autohändler erstaunlich schnell und erhalten Hilfe Es war nichts Schlimmes, wir sind beruhigt und fahren sehr erleichtert weiter.

Eine Stadt geht manchmal in die andere über, alle Autofahrer wollten irgendwo eiligst hin, es gab Staus. Die Fahrt wird belastend, zumal wir uns in den nagelneuen Autobahnschleifen, die nicht so gut beschildert sind, zur Krönung auch noch verfahren bei dem Versuch die Innenstadt Danzigs zu erreichen. Für den Straßenbau des Landes sind unglaublich viel EU-Mittel geflossen. Man bemerkt es überall. Das finden wir in Ordnung, denn gute Straßen sind wichtig für Vieles.
Nach einem fast verzweifelten zweiten großen Anlauf schaffen wir es jedenfalls, in Danzig-City einzufahren und kaufen uns am Anfang lieber einen kleinen Stadtplan. Wir fühlen uns nun gut gewappnet.

Touristenströme bevölkerten die Innenstadt. Die Altstadt ist wieder sehr schön hergerichtet, war sie doch nach dem Krieg fast völlig zerstört. Die ehrwürdigen Fassaden strahlen in beeindruckendem Glanz. Wir staunen sehr, nachdem wir die Stadt in Trümmern auf Bildern sahen, was hier geleistet wurde. Wir wandern fotografierend durch die Straßen, in einer Gasse reihte sich ein Bernsteingeschäft an das andere.



Dieser Schmuck scheint hier Haupteinnahmequelle. Zahlreiche Straßenmusiker versuchen die vielen Leute zu unterhalten, natürlich isst man auch überall Waffeln mit dicker Schlagsahne, Fisch mit Krautsalaten und selbstverständlich auch die unvermeidlichen Pommes.Wir beschließen auch einen kleinen Imbiss zu uns zu nehmen und werden mit unerhört großen Portionen versehen, dann brechen wir „Nachhause“ auf. Es war auch abenteuerlich wieder hinaus zu finden.



Schließlich fahren wir eine andere Strecke zurück: einsame, kurvenreiche Straßen durch endlose Wälder. Wir sehen auch Dörfer, in denen viel gebaut wurde, doch manches scheint unfertig und abgebrochen, vermutlich war das Geld ausgegangen. Die Baustellen waren allesamt vorbildlich beräumt, kein Stein oder Brett liegt herum. Wir kommen erst im Dunkeln im Hotel an und sind gelinde gesagt fix und fertig aber froh, heil gelandet zu sein.



Am nächsten Tag wollten wir nun nicht mit dem Auto fahren, sondern wir planten eine ausgedehnte Strandwanderung. Das Wetter hatte sich drastisch verschlechtert aber es regnete wenigstens nicht. Wir waren wetterfest und warm angezogen, was sollte da passieren? Kaum ein Mensch war zu sehen, was wir wohlwollend annahmen.

Unsere Wanderung dehnte sich kilometerweit aus bis wir an eine Riesenbaustelle am Strand gelangten. Aus dem Meer wurde von einem großen Schiff aus Sand über ein Riesenrohr an Land gepumpt, zur weiteren Befestigung lagen schon große Steine bereit.
Bernd meinte, wir könnten ein wenig klettern und weiter am Strand entlang gehen. Er stapfte zügig und munter voraus, meine Einwände nicht gelten lassend. Der Sand war nass und übte auf unsere Füße eine ziemliche Saugwirkung aus. Man durfte also bloß nicht stehen bleiben. Schließlich war kein Weiterkommen möglich. Wir krabbelten über die nachgebenden Sandberge, über Riesenrohre, um über die Dünen auf den sicheren Radweg zu gelangen.
Ich habe ein wenig gezetert und gemault, weil ich es ja kommen sah aber dennoch brav meinem stets zuversichtlichen Manne folgte. Ich hab’s ja gleich gesagt und so was alles…Doch mehr als übermäßig sandige Schuhe und Hosen zu bekommen, war nicht geschehen, der Schlick hatte uns auch nicht gefressen.

In Kolberg im Hafen angekommen, hatten wir wenig Lust zu Fuß den Rückweg anzutreten, zumal es nun auch noch zu regnen begann. Nach Kaffee und Apfelkuchen beschlossen wir, mit dem Stadtbus zurück zu fahren. Auch das haben wir mutig gemeistert und sind furchtbar stolz, diese Lösung gewählt zu haben. Ein Taxi wäre sicher viel teurer geworden.
Das Essen im Hotel stillte unseren Hunger, unser Zimmer war warm, im Fernsehen lief ein Fußballspiel. Bernd glotzte und ich pinselte an meiner Reisebeschreibung, mein Knie schmerzte auch nicht mehr, alles war gut.

Wir schauten uns noch manch empfohlene Stadt an, fahren durchs Land, doch nichts begeisterte uns wirklich. Die Fabrik der berühmten Pommerschen Rügenwalder Wurst fanden wir in Rügenwalde natürlich nicht, doch wir sahen einen beachtlichen Fischverkauf, frisch gefangen vom Fischer, der uns erstaunte, denn die Fische wurden sofort filetiert.
Die Leute nahmen diesen Service gerne an. Fischbrötchen wurden leider nicht verkauft, dafür aber die unsäglichen Würste, die auch zum Frühstück im Hotel angeboten wurden. Wir fanden sie schaurig.



Am vorletzten Tag wollten wir noch Szczecin einen Besuch abstatten. Die Fahrt war lang und die Stadt fanden wir enttäuschend. Wir sahen eine Großstadt wie sie ihren anstrengenden Alltag auslebte und fuhren nach ewigem Herumlaufen schließlich zurück. Ein Pole wollte uns mit seiner Pferdekutsche zum Auto bringen, doch das nahmen wir nicht an, denn der Gute wollte uns lange kutschieren und 20 Euro kassieren für einen Weg, der letztlich nicht weiter als eine Viertelstunde Fußmarsch betrug.

Der letzte Tag sollte wieder besonders schön werden. Zwischenzeitlich war ein ganzer Bus mit Rentnern aus Lübeck über das Hotel hereingebrochen, ihnen wollten wir entgehen. Eine Wanderung an der Ostsee erschien uns dafür am geeignetsten. Die Leutchen unternahmen vom Hotel aus auch ihre Ausflüge aber viel früher als wir, so war das Frühstücksbüfett stets enorm geplündert. Inzwischen war uns selbst das egal, wir waren froh der Reisegruppe entkommen zu sein.
Unsere Wanderung am Strand war super. Wir sahen auch den Fischern zu wie sie ihren Fang an Land brachten und mit Seilen den Sand hoch zogen, eine sehr anstrengende Arbeit.
Die Ostsee zeigte sich von ihrer besten Seite. Die See, sie bleibt für uns unübertroffen.







Als wir nach Swinoujscie (Swinemünde), wir überqueren mit einer relativ großen Fähre noch die Swina (nicht kostenpflichtig), endlich Ahlbeck erreichen, sind wir ziemlich froh und fahren über die Halbinsel Usedom ins Innere von Mecklenburg/Vorpommern über den neuen beeindruckenden Rügendamm nach Stralsund und Greifswald, später nach Neubrandenburg, um eine moderne Jugendweihe zu erleben, ein neues Thema und ganz und gar nicht uninteressant.



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Tag der Veröffentlichung: 17.05.2012

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