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Susi möchte wichtig sein



Natürlich nicht nur Susi, alle wollen in der Regel irgendwie wichtig sein. Komisch! Warum das so ist, bleibt ein Geheimnis. Es ist wohl einfach schön, wichtig zu sein. Man hat so ein erhebendes Gefühl dabei, heißt es, vermutlich weil andere dadurch weniger wichtig wirken. Die Anderen nehmen immer eine Schlüsselrolle dabei ein. Sie müssen nämlich Susis Wichtigkeit durch Aufschauen, Loben und Beifallklatschen, auch Jammern, wenn sie nicht da ist, bekräftigen. Das machen die aber nicht einfach so, man muss dafür schon etwas tun. Aber was?

Susi überlegt also angestrengt, was sie leisten muss, um dieses hohe Ziel der eigenen Wichtigkeit zu erreichen. Zunächst will sie dafür sorgen, dass man sie kennt. Sie war kürzlich mit ihrem Kai-Uwe-Karsten in diese sehr gute Wohngegend gezogen und war natürlich bei allen Nachbarn gänzlich unbekannt. Doch jeder kocht sein Süppchen, keiner will mit keinem etwas zu tun haben, man grüßt sich unhörbar nur mit einem angedeuteten Kopfnicken, wenn überhaupt. Jeder wäre aber etwas ganz Wichtiges, meint Kai-Uwe-Karsten und er verstünde das Betragen der Leute. Schließlich war er auch eine Persönlichkeit von größter Wichtigkeit als Hinterbänkler, glaubt er.

So kam Susi auf die Idee, sich im Internet herumzu-
treiben. Sie würde ihre Gedichte und Geschichten präsentieren, viele Freunde gewinnen, man würde ihre Werke lesen und schon wäre sie wichtig. Gedacht, getan. Im Handumdrehen hatte sie 178 Freunde, war in 20 Gruppen und hatte 50 Drabble gedrabbelt, ein paar Herz-Schmerz-Geschichten waren auch schnell gefunden. Das Internet ist voll davon. Man mag so etwas.

Sie vergab Herzchen, dass die Heide wackelt, schrieb unter jedes Büchlein: „Hat mir supergut gefallen.“ Kurz sie war zu allen lieb. Auch waren alle zu ihr lieb. Wichtig war sie aber nicht. Sie weinte ein bisschen deshalb an Kai-Uwe-Karstens Hühnerbrust aber wichtiger wurde sie davon auch nicht.

„Du musst kritisch auftreten“, riet Susis Schatz. Das würde vielleicht Wichtigkeit bringen. Susi platzierte also unter jeden Text, der ihr unter die Augen kam, einen kritischen Satz. Man könne diesen ja auch löschen, merkte sie noch an. Warum sie das schrieb, wusste sie nicht aber er mildert das Gemecker etwas ab, fand sie. Susi kam sich nun ungeheuer bedeutsam vor, auch irgendwie schlauer als alle.
Doch sie war es nicht. Sie stampfte mit dem Fuß auf, die Freunde verließen sie. Sie warf ihnen noch ein bisschen Dreck hinterher. Das Gefühl bedeutsam zu sein, war wieder gänzlich verschwunden. Diese Leute sind undankbar, sie müssten doch froh sein, so außerge-
wöhnliche Geschichten lesen zu dürfen, greinte sie vor sich hin. Man muss es ihnen zeigen. Unbedingt!

Susi zog nun alle Register, kam mit anderen, neuen Profilen daher, wenn auch nicht weniger einfältig. Man erkannte sie schlicht. Wichtigkeit? Fehlanzeige.

Die Susi hat es nicht geschafft, wichtig zu werden. Nicht hier und nicht da. Sie hat das auch nicht wirklich gemerkt. Etwas tatsächlich zu merken ist nämlich nicht so einfach.
Muss man eigentlich wirklich wichtig sein?
Neuerdings versucht sie, jeden Tag beim Radiosender anzurufen. Manchmal klappt es, dann richtet sie Grüße aus an Freunde, die sie nicht hat.


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Tag der Veröffentlichung: 02.04.2012

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