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Das Eierloch zu Ostern



Susi hat Ängste. Sie fürchtet in ein großes Eierloch zu stürzen. Dabei steht doch das Osterfest vor der Tür, welches ohne Eier gewiss nicht stattfinden würde. In den Nachbarländern sei schon die reine Eierpanik ausgebrochen, berichten die Medien. Seit angeordnet wurde, dass die Hühner nicht mehr in kleinen Käfigen, sondern in größeren Käfigen gehalten werden müssen, ist die Eierproduktion drastisch eingebrochen. Den Hühnern ist das Legen vergangen? Nein, ein großer Käfig ist teuer, somit wird auch das Ei teurer.

Die Existenzen der Eierverbraucher sind bereits am Ende ihrer Kräfte. Die Bäcker und Nudelhersteller sind verzweifelt. Es wird kaum noch Kuchen geben und die Nudeln werden dem Verbraucher entsprechend der Familiengröße zugeteilt. Das schmerzt nicht nur unsere italienischen Freunde. Doch die Bevölkerung wird sich, wie immer in Notzeiten, zu helfen wissen. Es gibt Menschen, die essen gar keinen Kuchen und es gibt Menschen, die mögen keine Nudeln, hier ließe sich über eine Tauschbörse, einiges an Schrecken mildern.

Mit den Eiern selber wird es problematisch. In Berlin werden im Jahr 743 Millionen Eier gegessen, unsere tschechischen Freunde nehmen darauf aber keine Rücksicht. Sie kommen in unser Land und kaufen alle Eier weg, denn noch gibt es in Deutschland Eier. Das wird sich auf Grund der Eiertouristik rasch ändern, meinen die Händler in Sachsen und Bayern und rationieren die Eiabgabe.

Doch das Eierloch ist nicht mehr zu vermeiden, es kommt so sicher wie im Frühling die Bäume ausschlagen.
Susi verfolgt mit Sorge die skandalösen Nachrichten über diese Tschechen, die uns alle Eier wegnehmen. Um die Eierverkaufstellen bilden sich bereits Menschenketten, einzelne Aktivisten halten Schilder hoch mit der Aufschrift: „Deutsche Eier nur für Deutsche!“ oder „Wir behalten unsere Eier!“.
Doch wie es immer so ist, auf der anderen Seite stehen Menschen mit Schildern: „Eier für alle!“ oder „Mein Ei für die internationale Solidarität!“

Susi muss Partei ergreifen, sie eiert hin und her und weiß nicht, was sie nun tun soll. Jedenfalls ist sie empört. Eigentlich hat sie mit den Tschechen nicht viel am Hut aber getan haben sie ihr auch nie etwas. Haben d i e deutsche Eier überhaupt verdient, vermutlich können die mit den Eiern nichts Ordentliches anfangen, denkt sie und geht aufgewühlt wieder nach Hause.

Inzwischen werfen einige bereits mit faulen Eiern. Der Großhändler entschließt sich die überlagerten Eier auch für diesen Kampf, wenn auch erst nach einigem Zögern, zur Verfügung zustellen. Die Bevölkerung muss bewegt werden, die Eier mussten sowieso weg.

Die Grenzbevölkerung steht nun nicht mehr alleine da. Aus dem ganzen Land sind Sympathisanten herbeigeeilt. Bei Eiern hört nämlich der Spaß auf. So wird in der Nacht die Grenze zur Tschechei geschlossen, die polnische Grenze ebenfalls.

Während des Mauerbaus haben Gegendemonstranten die Freilassung aller deutscher Hühner bundesweit organisiert und sie in Richtung Ostgrenze gescheucht. Nicht alle haben es geschafft. Der Rest läuft gackernd noch frei herum. Die Tschechen sind nun bemüht die Hühner einzusammeln. Sie sind nicht mehr interessiert nach Deutschland als Eiertourist einzureisen.

Es herrscht auf allen Seiten eine große Ratlosigkeit, denn das Eierloch ist nun da und es ist gewaltig. Ostern findet nicht statt. Das Geschrei ist groß.

Susi ist auch untröstlich und isst ein Marzipanei. Es liegt ihr schwer im Magen. Man weiß nicht, ob sie es überleben wird.


Anlage



von APA, Donnerstag, 15. März 2012 04:23

Tschechen kaufen massenweise Eier im Ausland ein

"Seit mehreren Tagen unternehmen viele Tschechen Einkaufsreisen für Eier in die Nachbarstaaten, vor allem nach Deutschland, aber auch nach Österreich. Der Eierpreis hat sich in Tschechien seit Anfang des Jahres überraschend verdoppelt und liegt nun fast doppelt so hoch wie in den Nachbarstaaten.
Die Verteuerung der Eier wird auf die im Jänner in Kraft getretene EU-Richtlinie zurückgeführt, die die Hühnerhaltung in zu kleinen Käfigen verbietet. Aufgrund der Umrüstung der Bauernbetriebe sei die Eierproduktion in Tschechien gesunken, was zu einer Zunahme der Eier-Importe geführt habe, berichteten tschechische Medien.
Außerdem stieg in Tschechien die Mehrwertsteuer für Nahrungsmittel von 10 auf 14 Prozent, was zu einer zusätzlichen Verteuerung führte. Der Preis für ein Ei lag Ende 2011 bei 3 Kronen (12 Cent), während jetzt das Ei in Handelsketten etwa 6 Kronen und bei kleineren Händlern sogar bis zu 8 Kronen kostete. In Deutschland kann man eine 10-er-Packung für 1,19 Euro kaufen.
Die Händler in Sachsen und Bayern registrierten unterdessen die "Eier-Touristik" der Tschechen. Deswegen beschränkten sie, wie die Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" berichtete, die Einkaufsmengen etwa auf zwei Packungen pro Person. Die Experten gehen davon aus, dass die Eier-Preise in Tschechien wieder erst im April nach Ostern sinken könnten."

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Tag der Veröffentlichung: 17.03.2012

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