Sand im Zeitmaschinengetriebe
„Eine Zeitmaschine ist eine fiktive Maschine zur Durchführung von Zeitreisen. Derartige Maschinen, die ein beliebiges Vor- und Zurückbewegen in der Zeit erlauben sollen, sind Fiktionen: Zwar sind unter Ausnutzung der Zeitdilatation Zeitreisen in die Zukunft nach heutigem Wissen machbar, doch die Konstruktion einer Maschine, die eine Reise in die Vergangenheit vollbringt, ist nach heutigem Kenntnisstand nicht möglich.“
Moni würde schon gerne noch einmal in die Vergangenheit reisen. Wenn es ginge natürlich mit der schier unendlichen Weisheit, welche sie sich unter Schmerzen über die Jahre aneignete, wünscht sie sich. Schließlich nützt es keinem, wenn Moni mit geradezu grotesker Blödheit alles noch einmal durchleben müsste.
Aber es gibt keine Möglichkeit mit einer Maschine im Früher anzukommen, allenfalls man bemüht seine kleinen grauen Zellen und unternimmt eine gedankliche Reise. Das hat sie getan und musste feststellen, ihre Vergangenheit lief offensichtlich nur deshalb so ab, um heute diese gedankliche Reise zu ermöglichen und sie für die Nachwelt auferstehen zu lassen, nur dass die Nachwelt meistens davon nichts wissen möchte, was Moni ein wenig weinerlich stimmt.
Moni liest erstaunt, dass es eine Zeitdilatation gäbe. Was ist das, fragt sie sich und kommt sich dabei wieder reichlich unwissend vor. Aber wir haben ein Internet und das weiß fast alles.
„Bei der Zeitdilatation (aus lat.: dilatare ‚ausbreiten‘, ‚aufschieben‘) handelt es sich um ein Phänomen der Relativitätstheorie. Befindet sich ein Beobachter im Zustand der gleichförmigen Bewegung bzw. ruht er in einem Inertialsystem, geht nach der speziellen Relativitätstheorie jede relativ zu ihm bewegte Uhr aus seiner Sicht langsamer. Diesem Phänomen unterliegen allerdings nicht nur Uhren, sondern jeder beliebige Vorgang und damit die Zeit im bewegten System selbst. Dabei ist die Zeitdilatation umso stärker, je größer die Relativgeschwindigkeit der Uhr ist, woraus folgt, dass sie nicht im alltäglichen Leben, sondern erst bei Geschwindigkeiten beobachtbar ist, die im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit nicht vernachlässigbar klein sind. Die Tatsache, dass für alle Beobachter die Zeit des jeweils anderen langsamer verstreicht, stellt jedoch keinen Widerspruch dar, wie eine nähere Betrachtung der Relativität der Gleichzeitigkeit aufzeigt (näheres siehe im Artikel spezielle Relativitätstheorie und Minkowski-Diagramm)“.
Oh je, denkt Moni, man muss dafür in einem Inertialsystem ruhen! Was ist das nun wieder, fragt sie sich besorgt und muss wieder nachschlagen:
„In der Physik ist ein Inertialsystem (von lateinisch iners „untätig, träge“) ein Koordinatensystem, in dem sich kräftefreie Körper geradlinig, gleichförmig bewegen. In einem Inertialsystem gilt also das newtonsche Trägheitsgesetz in seiner einfachsten Form, nach der kräftefreie Körper ihre Geschwindigkeit in Betrag und Richtung beibehalten und Beschleunigungen proportional zur anliegenden Kraft erfolgen. Der Begriff Inertialsystem wurde erstmals von Ludwig Lange (1885) verwendet.“
Moni fühlt sich kräftig und alles andere als untätig oder träge, obwohl sich mitunter die Uhren irgendwie langsamer zu bewegen schienen, ganz besonders dann, wenn sie in einem Warteraum befindlich war. Der kleine Unterschied, das Wartezimmer, das System der Kassenpatienten bewegt sich nicht unbedingt in einem sich der Lichtgeschwindigkeit annähernden System. Also das wahrlich nicht! Man kommt hier nicht so schnell mir nichts, dir nichts in die Zukunft. Mal abgesehen davon, dass Moni die Zukunft unseres Gesundheitssystems nicht unbedingt kennen lernen möchte. Es wird kaum rosig ausschauen, wagt sie zu orakeln.
Menschen sind von Natur aus neugierig, wollen wissen was passieren wird. So träumen sie von Zeitmaschinen, die sie in unterschiedlichste Zeitpochen bringen könnten, allerdings sollte die Option, wieder zurück zu kommen, immer dabei sein. Natürlich möchte der Mensch in der Regel nicht altern.
Manche lassen sich mit der Hoffnung einfrieren, in der Zukunft knackig wieder aufzuwachen. Das Einfrieren, das ginge schon, denken sie und vertrauen auf die Technik des problemlosen Auftauens,eine Schweinshaxe lässt sich schließlich auch wieder auftauen.
Moni fragt sich gerade, ob ein Steinzeitmensch in unserer Zeit glücklich wäre und ein Leben meistern könnte?
Menschen von heute würden umgekehrt in der Steinzeit jämmerlich eingehen, das ist vorstellbar. Menschen von heute sind hoffnungslos verpimpelt, denkt Moni und dreht die Heizung etwas höher.
Doch wer will schon zurück in diese grausame Zeit, wo einer für den anderen da sein und jeder seine ganz bestimmte Funktion ausfüllen musste?
Ein Steinzeitmensch wäre heute fehl am Platze, er würde dem Oberhaupt der Sippe vertrauen. Das darf und sollte man in unserer Zeit lieber nicht, denn sie sind nicht vertrauenswürdig. Ihr Handeln beweist es, unsere Oberhäupter sorgen in der Regel zu allererst nur für sich, lassen sich bestechen und manipulieren auf Teufel komm raus. Das weiß jedes Kind. Jeder, einmal nach oben gekommen, eifert diesem nach. Leider!
Moni ist der Meinung, dass die Menschen sich mit dem Leben in der Gegenwart befassen sollten. Sie jedenfalls möchte nichts über ihre persönliche Zukunft wissen, das Wissen über ihre Vergangenheit reicht ihr schon zu genüge.
So widmet sie sich lieber ihrer Gegenwart und ihr ist es auch ziemlich egal, wenn in den Zeitmaschinen dieser Welt noch reichlich Sand im Getriebe ist. Vermutlich ist das ein Segen, jede Volkszählung würde scheitern, die Statistiken wären unbrauchbar ... sind sie das nicht schon, also manchmal fragt sich das Moni schon.
Gibt es etwa doch schon Zeitmaschinen, die über saubere Getriebe verfügen? Zuweilen ist nämlich der eine oder andere plötzlich untergetaucht, einfach weg und dann ist er genauso plötzlich wieder da, gestärkt und offensichtlich viel klüger, fast wieder brauchbar für eine wichtige Aufgabe in der Regierung ...ein Herr Seehofer glaubt daran.
Moni wundert sich ein bißchen und schaut auf die Uhr. Es war später als sie dachte. Ihre Uhr geht aber richtig, obwohl irgendwie kam es ihr auch vor, als würde die Zeit rasen ...von wegen Sand im Getriebe. Sie verfliegt geradezu ... sollte Moni am Ende doch nur ein kräftefreier Körper in einem Inertialsystem sein???
...am Ende der Welt angekommen
Texte: Im Atomium
Tag der Veröffentlichung: 15.01.2012
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