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Die Vernunftehe oder der zweite Versuch



Wer wünscht sich das nicht, ein klares, sicheres Auge und einen wachen Verstand. Man braucht das so dringend, um dem Leben die Stirn zu bieten. Wie oft fallen wir auf den äußeren Schein herein? Ein unverbesserlicher Optimist vermag sich seine Welt schön zu sehen, vermutlich ist sie auch nur so zu ertragen.
Das Auge sieht, was es sehen will.
Damit werden Entscheidungen sehr erleichtert. Die Tragweite des Ganzen bekommen wir erst viel später zu sehen und vor allen Dingen zu spüren. Möglicherweise liegt es daran, dass unser Gehirn nicht in der Lage ist, den Vortäuschungen des Auges richtig zu begegnen. Es ist nicht im Stande zu werten, angemessen zu werten.

Ich wollte die Vernunft auf jeden Fall walten lassen, um Schlimmes zu verhüten. Mit meiner Vernunft schien es allerdings leider wieder einmal nicht weit her zu sein. Aber das war mir zu dem Zeitpunkt leider nicht bewusst.

Ich bin heute auf einem anderen Level, aber warum erst heute? Vielleicht habe ich endlich das begehrte Auge gefunden, welches mich beschützt. Doch es ist wohl eher die unendliche Klugheit, die uns bedauerlicher Weise erst immer überfällt, wenn alles bereits geschehen ist.
Ich habe die etwas andere Art entdeckt, die Dinge zu sehen. Der Helikopterblick über das eigene Ich, zumindest über das Gewesene, ermöglicht eine völlig neue Bewertung, auch haben sich Maßstäbe verändert. Die Umwelt wahrzunehmen, die Handlungen einzuschätzen, für mich den Faden zu finden und ihn einzufädeln, bleibt eine hohe Kunst, denn ich muss darüber hinaus noch damit nähen und das Ergebnis soll mich befriedigen, es sollte nun passen.

Augenmaß ist immer erforderlich, denn alles bleibt ein Balanceakt.

*

Ausflug in die Vergangenheit



Die zweite Ehe (ein Ausschnitt, wie alles begann)

Er wollte es. Er meinte, dass wir uns ausreichend kennen gelernt hätten, um in eine Ehe zu gehen. Ich war nicht abgeneigt, da ich ja die Sache gewissermaßen provozierte. Den Einwand, dass da meinerseits keine Liebe im Spiel sei, allenfalls Sympathie, ließ er nicht gelten. Alles kann wachsen und sie wird sich einstellen, war sein fester Glaube. Ein Irrglaube wie sich herausstellte. Er würde mich jedenfalls lieben, das wäre doch sehr viel, darüber sollte ich glücklich sein. Man müsse sich nur aufeinander verlassen können und für die Familie da sein. Das wären die Grundpfeiler.

Er gab sich unglaublich Mühe, meine Bedenken auszuräumen, fand, dass jegliches Zögern nur Zeitverschwendung sei, ER wäre der Richtige für mich. Und so zogen wir gemeinsam in meine neue Wohnung, ich hatte sie mir erspart.
Es war eine Zweizimmerwohnung mit Kochnische im Wohnzimmer, mit zwei kleinen Fluren und einem fensterlosen Bad, außerdem war da noch ein sehr großer Balkon mit einer wundervollen Aussicht; die beste Wohnung, die ich bisher bewohnen durfte.
Wir richteten uns ein, ein paar Möbel hatte ich und den Rest besorgte er. Eine neue Wohnzimmeranbauwand, die nur über Beziehungen zu bekommen war und diverse andere Dinge, den Fernseher zum Beispiel. Er liebte diesen Fernseher, er sah stundenlang fern. Wenn Sport angeboten wurde, dann war für alles andere absolute Sendepause, ich durfte mich nicht mucksen. Es störte ihn!

Es war so weit, ich ging im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte in eine Vernunftehe. Ich nenne sie mal so, obwohl mit Vernunft das Ganze wahrlich überhaupt nichts zu tun hatte.
Man heiratet nicht aus Vernunftgründen, das ist heute nicht mehr notwendig, nicht mehr zeitgemäß. Frauen und Männer können heiraten, wenn sie sich lieben aber sie haben auch die Freiheit, es zu lassen und einfach so zusammenzuleben. Nichts ist zwingend vorgeschrieben, auch wenn die Ehe vom Gesetzgeber mehr gefördert wird als die so genannte wilde Ehe, übrigens ein sehr antiquierter Ausdruck. Heute gibt es andere Bezeichnungen für diese Form des Zusammenlebens. Man hat eine Lebensgemeinschaft mit einem Lebensabschnittspartner. Hört sich auch nicht so doll an. Jedenfalls war meine Entscheidung nichts Hohes und besonders Vernünftiges, es war schlicht Dummheit. Das sollte ich im Verlauf vieler Jahre ganz allmählich aber sehr bitter erfahren.

Wir ließen uns auf meinen Wunsch hin nur zusammenschreiben, keine Feier, keine Besonderheiten, lediglich ein Termin auf dem Standesamt und danach einer bei einem Fotografen, der die schlechtesten Fotos anfertigte, die es von einem Paar geben könnte. Als wenn er gewusst hätte, wie es um mich bestellt war. Ich sah weiß Gott nicht aus wie eine glückliche Braut, und ich war heilfroh als diese Prozedur überstanden war.
Anschließend fuhren wir mit unserer Tochter in den Urlaub, also ich sagte „unsere“ Tochter, weil ich mich der Hoffnung hingab, er würde sie als sein Kind irgendwann einmal anerkennen.
Meine kleine Conny freute sich jedenfalls über ihren neuen Papa und nannte ihn auch voller Zutrauen so. Er ließ das zu. Er war gnädig.
Die Hochzeitsreise war eher ein Witz, eigentlich war jede unserer Reisen ein Lacher, denn mein Mann war nicht sehr für das Verreisen, zumindest wollte er dann nur vor Ort bleiben, sich nichts anschauen, nichts unternehmen. Er wollte allenfalls irgendwo in Ruhe angeln und mit irgendwelchen Gleichgesinnten abends ein schönes Bier trinken und den Sport am Fernseher verfolgen, auch im Urlaub.

Manchmal gingen wir auch Pilze suchen. Das war schön. Aber putzen musste ich sie schon, das ist Frauensache. Ich war berufstätig wie er, hatte einen anstrengenden Tag, fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad, war für alles zuständig, für den Einkauf, für die Hausarbeit, eben für den ganzen Kleinkram.
Der Mann in seinem schweren und sehr verantwortungsvollen Führungsjob war so mehr für das Große verantwortlich, für das Auto, also für den Trabbi, später hatten wir dann auch einen Wartburg Tourist, das war für die damaligen Verhältnisse ein gutes und großes Auto.

Nun ja, wir hatten den Frieden und geordnete Verhältnisse, das wollte ich doch immer. Ich hatte manchmal so den Eindruck, ich vermodere allmählich in meinem Haushalt und werde eine alte grausliche Jungfer mit Kind. Wenn ich nicht meine Arbeit gehabt hätte, wäre ich zu Hause mit Sicherheit verblödet. Es gab irgendwie keine wirklichen Höhepunkte, alles war geregelt, vorgezeichnet. Einfach jeder Tag.

Wir hatten auch so etwas wie Freunde. Man besuchte sich zu den Geburtstagen und feierte gemeinsam die Betriebsfeste.
Mein Mann hatte am Freitag Stammtisch. Nach der Arbeit fand sich ein Kreis von alten Kumpeln zusammen, um alles Mögliche durchzuhecheln und vor allen Dingen um zu saufen, denn wozu sollte sonst ein Stammtisch nützlich sein. Er diente der Entspannung der Männer, schließlich hatte man die ganze Woche geschuftet. Also das hatten sie sich wohl wenigstens verdient!
Frauen waren nicht zugelassen, die hatten am Freitag den Wochenendeinkauf zu meistern und könnten dann ja mal etwas Schönes alleine fernsehen. Ich war allerdings nie ein großer Fernsehfreund, fand es aber sehr nützlich zur Kinderberuhigung und ich konnte auch dabei sofort auf dem Sofa einschlafen.

Eines Tages meinte mein Mann, er würde mit mir sehr gerne noch ein gemeinsames Kind haben wollen. Er hätte in erster Ehe auch zwei Kinder gehabt, zwei Kinder wären normal und würden erst eine richtige Familie ausmachen. Geschwisterkinder wären leichter zu erziehen und er wäre jetzt vierzig Jahre alt, man könne es also noch wagen. Unsere eheliche Beziehung würde einen unheimlichen Aufschwung erfahren, es würde uns sicher näher bringen.

Ja, die Entwicklung einer imaginären Nähe, welcher auch immer, hatten wir wohl sehr nötig, denn ich fühlte sie nicht, eher bemerkte ich eine zunehmende Entfernung. Wir, also ich insbesondere, saßen offensichtlich in dem tiefen Loch der grauen, langweiligen Gleichgültigkeit. Vermutlich hat er das auch ein wenig so empfunden, er wollte mich gewinnen, denn irgendwie hat er mich auf seine patriarchalische Weise geliebt. So entstand der eigentlich auch natürliche Kinderwunsch bei ihm, ich konnte das nachvollziehen und war einverstanden, wollte ich doch auch meinem Leben mehr oder überhaupt Farbe verleihen. Seine Argumente schienen vernünftig.

Wieder dieses „vernünftig“, ein furchtbares Wort! Ich hoffte, dass sich vielleicht damit auch Gefühle bei mir wieder einstellen, Gefühle voller Liebe für Kind und Mann, Gefühle nach denen ich mich sehnte. Ich wollte Liebe empfinden, lechzte nach Nähe, Berührung, nach Zärtlichkeit. Ich wollte nichts anderes, nichts schien wichtiger, denn ich brauchte neue Impulse, Motivation für das Leben, für mein Leben. Was ist schöner, geeigneter dafür als ein Kind, auch wenn ich wieder hässlich werden würde für die Zeit der Schwangerschaft. Das spielte keine Rolle. Ich wollte meinem Leben einen Sinn geben, neue Inhalte finden, auch Gemeinsamkeiten mit meinem Mann waren wichtig. Ein Kind würde die Lösung sein. Der Wahnsinn, ein Kind soll's richten.

Alles wird gut! Das denke ich immer.

Ich besprach das witzigerweise sogar mit meiner kleinen Conny (6), sie fand die Idee, ein Geschwisterkind zu bekommen, auch unheimlich gut.
Nun, so geschah es, ich wurde schwanger. Diesmal war damit die Welt in Ordnung, wir freuten uns alle und bereiteten uns auf den Familiennachwuchs akribisch vor. Die Wohnung wurde zu klein, man brauchte wenigstens eine richtige Küche.

Mein Mann versuchte über seine Beziehungen etwas ausfindig zu machen, setzte seine Stammtischkumpel in Bewegung und nutzte seine Position bei der Armee.
Er war sehr rührig, das gestehe ich ihm zu und auch mit Erfolg. Die neue Wohnung hatte eine Küche und auch ein Bad mit Fenster, ansonsten war sie scheußlich. Es gab auch nur zwei Zimmer, aber nur einen kleinen Balkon und sie war in der vierten Etage. Die Lage war ein besonderes Leckerchen. Sie befand sich an einer sehr befahrenen Hauptstraße, die direkt zum Bezirkskrankenhaus führte, also Sirenen am laufenden Band. Auf der anderen Seite der Straße standen drei Schulen, deren Gebimmel und Pausenbeschallungen der Albtraum aller Anwohner war. Hinter dem Haus war eine Kinderkombination, was also auch Krach und Geschrei den ganzen Tag bedeutete. Wir hatten keine Alternative. Die Stammtischkneipe war übrigens ganz in der Nähe ...wie praktisch.

Wir beschlossen diese Wohnung als Übergang für eine größere erst einmal zu beziehen. Es gab aber auch einen wesentlichen Vorteil, ich erhielt später einen Kinderkrippenplatz in unmittelbarer Nähe meines Betriebes. Ich konnte fast zu Fuß zur Arbeit gehen, wenn da nicht noch der Kindergarten meiner Tochter wäre. Ein morgendlicher Umweg von einer halben Stunde, das war machbar. Die Stadtbusse fuhren laufend, wenn auch hoffnungslos überfüllt, aber es ging schon irgendwie. Alle Mütter quälten sich mit ihren Kindern und waren dann froh, am Arbeitsplatz sich erholen zu können. Nein, natürlich stimmt das so nicht, auch Väter brachten ihre Kinder in die Einrichtungen und am Arbeitsplatz erholte man sich nicht, man arbeitete. Das war alles total normal und Gang und Gäbe.

Wenn man jung ist und eine Familie zu ernähren ist, mussten Väter und Mütter verdienen. Abgesehen davon hatten die Frauen in der Regel eine entsprechende Ausbildung und wollten arbeiten gehen, das gehörte zum Anspruch einer modernen selbstbewussten Frau. Die Gesellschaft ermöglichte eine gute Betreuung der Kinder und zwar kostenlos. Das setzte eine gesunde Arbeitsteilung zu Hause voraus. Die Familie hätte trotzdem Zeit füreinander, man hätte sie nutzen können, wenn denn diese Arbeitsteilung irgendwie stattgefunden hätte.
Ein wenig zu viel „hätte“ nach meinem Geschmack. Aber der Konjunktiv trifft meistens den Kern, denn bei uns lief alles anders ab.

Der Umzug fand kurz bevor mein Sohn geboren wurde statt. Ich packte, im achten Monat befindlich, unser Hab und Gut ein. Das war kein Zuckerlecken, denn was ich auch tat, der Riesenbauch war im Wege.
Mein Mann war zur Übung. Es wurde von Zeit zu Zeit der Krieg geübt, das musste wohl sein. Wer beim Militär beschäftigt ist, muss das Kriegshandwerk üben, also den Frieden zu verteidigen erlernen, wie es hieß. Die erfolgreiche Übung, was auch immer damit gemeint war, wurde im Anschluss ausgiebig gefeiert. Das hatten sie sich verdient, die Führungsoffiziere jedenfalls; der einfache Soldat war als Bedienung gut zu gebrauchen. So sah das Bollwerk der Arbeiter -und Bauernmacht aus.

Ich hatte oft Gelegenheit, wichtige Bestandteile des Bollwerks am Boden liegen zu sehen, bleich im Auto nach traditionellem Kampftrinken mit den Freunden oder auch am eigenen Standort vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres oder nach Beendigung des alten Ausbildungsjahres. Dann gab es noch den 1. März, den Tag der NVA, den 1. Mai, dem Kampftag aller Werktätigen oder den 7. November, den 7. Oktober usw.; es gab immer sehr wichtige und entsprechend zu würdigende Tage, auch Beförderungen oder der Geburtstag des Kommandeurs durften nicht vergessen werden.
Das zu organisieren mit aller materieller Sicherstellung war unter anderem auch die Aufgabe des RD, das war mein Mann. Er konnte so etwas, es war sein Lebenselixier, hier überkamen ihn seine Höhepunkte, seine Büfetts waren immer Spitze, man liebte ihn dafür.

Ich kämpfte zu Hause mit Teller, Tassen und dem Klamottenwust für den familiären Frieden, versuchte sie in die Kisten zu zwingen.
Am Umzugstage kamen die Stammtischkumpel, um zu helfen, das war nobel.
Als alles in der neuen Wohnung war, ging man wieder zum Stammtisch, zur Belohnung gewissermaßen. Das war wohl in Ordnung, mein Mann gab für alle einen aus, das war er ihnen schuldig und sich selber natürlich in erster Linie.
Er hatte alles bestens organisiert, und es klappte auch wie am Schnürchen, nur hatte er sich schon während der Übung zur Friedensverteidigung verhoben, der Stabsarzt hatte es bescheinigt und vorläufig schweres Heben untersagt.
Das war zu dumm, konnte mein Mann doch gar nicht mit arbeiten, aber Anweisungen erteilen das ging noch allemal.

So saß ich mit meinem schwangeren Bauch und meiner kleinen Tochter in Mitten der Kisten und Kasten, in der Nacht kam der Umzugsmeister reichlich beknattert in sein neues Heim. Er legte sich irgendwo nieder und schlief laut schnarchend in den Montag.

Die folgende Woche verbrachte ich im Auspackrausch, in der Hoffnung, das Baby möge sich noch ein wenig gedulden, es war brav und harrte aus.
Die Wohnung wurde bald wieder menschlich, wir richteten uns ein. Man stelle sich vor, wir hatten ein Kinderzimmer und ein Wohnzimmer, auch eine größere Küche, nur ein Schlafzimmer für die lieben Eltern fehlte. Wir schliefen also auf der Couch im Wohnzimmer, das war nicht so toll. Doch was ist schon immer gleich perfekt.
Ich hielt das allerdings nicht lange aus und zog zum Schlaf in das Kinderzimmer, dort standen eine Auszug-Doppelbett-Liege und das kleine Kinderbett. Als das Baby da war, ging es sowieso rund, die Mutti wurde laufend gebraucht, manchmal ihre Brust und manchmal zum Suchen des Schnullers. Schließlich hatte ich 15 dieser Apparate in einem Weckglas zur Hand, um meinen kleinen Zwerg ruhig zu stellen. Zum Glück war er nicht wählerisch und nahm jeden.

Ich glaube schon, dass mein Mann sich über seinen kleinen Sohn sehr freute, er behandelte mich auch während der Schwangerschaft nicht schlecht, nur wie ein Neutrum, welches man lieber nicht berührt, mit dem man vielleicht auch besser nicht redet, man lässt es einfach nur arbeiten, was nie schaden kann.
Ich war damit soweit zufrieden, nur die geplante, erwartete Liebe stellte sich nicht ein, es kam mit dem Kind keine Nähe zu meinem Mann. Ich verhielt mich wahrscheinlich auch wie ein Neutrum, ließ gar keine Nähe zu. Ich war für ihn nicht offen, er war mir nie nahe, er konnte mich nicht begeistern.

Ich blieb ein lächelnder Panzer.

So stürzte ich mich mit meinen beiden Kindern in den Alltagsmuff, ging zur Arbeit und erledigte die hausfraulichen Pflichten. Die Kinder sollten es gut haben. Ich wollte wieder einmal vor aller Welt meinen Frust verbergen, spielte jedem und allen die heile Welt vor, die ich mir einmal so sehnlich wünschte. Die Kinder durften es nicht merken, keiner sollte es merken.

Meine Welt war Scheiße, die Wohnung war grauenhaft. Mein Mann war mir egal und ich sah keine Möglichkeit, der Misere zu entrinnen.
Aber ich litt keine Not, keinen Hunger, hatte immer ausreichend Geld (was man so ausreichend nannte), keine Schulden und mir tat niemand etwas zu Leide. Mein Mann ging einer geregelten Arbeit nach, war ein ehrbarer Bürger.

Was sollte also das Ganze. Ich hatte mir diese Suppe eingebrockt, also müsste ich sie auch gefälligst auslöffeln, dachte ich dummerweise und genau das tat ich. Illusionen hatte ich keine, auch kaum noch Träume. Ich sank abends in mein Bett, todmüde und erfüllte täglich brav meine Pflicht so wie tausende andere Menschen auch. Man arrangierte sich. Ich war „vernünftig“, 20 lange Jahre lang.

*


3.Traum

Ich stehe auf einem sicher scheinenden Grund. Nein, so sicher ist er nicht, denn es sind Wolken, die meine Beine umhüllen, ich sehe den Boden nicht deutlich, eigentlich sehe ich ihn gar nicht. Ich schaue sehnsuchtsvoll in die Ferne, dort ist es hell, aber ich hänge an Seilen. Sie lassen nicht zu, dass ich mich auf etwas Ungewisses einlasse. Sie gestatten keine Veränderungen, sie binden mich. Vorwurfsvolle Augen beobachten mich aufmerksam. Ich sehe über ein großes Meer, es ist voller Strudel und Wirbelstürme. Ich vermeine ein fremdes Ufer zu erspähen. Mir scheint, dass ich dort am anderen Ende der Welt etwas finden würde, etwas wonach ich suche. Aber wonach suche ich? Ich stehe vor einem Meer aber ich komme nicht weiter, fühle mich beobachtet, spüre die an mir zerrenden Stricke, sehe am weiten Himmel Vogelschwärme dorthin fliegen aber ich kann nicht fliegen, ich kann mich nicht einmal bewegen, nur stehen und in die Ferne starren…




Der lächelnde Panzer ...

Das Beste sind meine Kinder

kurz vor der Vernunftsehe ...

enttäuscht ...eine Kreidezeichnung aus der Jetztzeit.

Impressum

Texte: Deckblatt von Helga Siebecke
Tag der Veröffentlichung: 13.01.2012

Alle Rechte vorbehalten

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