Das Wandern ist des Müllers Lust
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singt man, falls man noch singt auf diesen anstößigen Pfaden, die eigentlich kaum die Bezeichnung „Pfad“ verdienen, denn man trifft in der Tat laufend auf Hindernisse und muss sich hochgradig in Acht nehmen, nicht zu sehr anzustoßen, ansonsten kommen die Dinge ins Rollen und das kann böse enden.
Eine alte Krähe hat es da ungleich leichter. Sie spaziert selbstbewusst auf dem Rasen und wenn es brenzlig wird, dann breitet sie ihre Krähenflügel aus und flattert ab.
Ach, wäre ich doch eine alte Krähe, dachte ich desöf-
teren als mich mein Mann in die Ehrenbachklamm ausführte. Ein Abflattern aber war mir dort leider auf Grund meiner beschränkten menschlichen Möglichkeiten nicht vergönnt, so musste ich also irgendwie klammern, wie der Name schon sagt. Das war zuweilen geringfügig peinlich, denn mein Anblick bot mehr lächerliche Stellungen als sportliche. Ich hoffte inbrünstig, dass mich keiner weiter sieht außer mein lieber Mann, der diesem Kummer weitestgehend abgehärtet durch ähnliche Vorfälle gut zu begegnen weiß. Er nimmt mich auf. Also nicht auf den Arm, das kann er nun nicht mehr, wie man auch deutlich sieht. Da steht was am Ufer! Immerhin, es steht noch. Es klettert sogar. Was will man mehr.
Zurück zum Wandern: es ist natürlich eine Lust, denn die Natur bleibt überwältigend, der Bach, er rauscht so schön, während die Vögel scheinbar auch das Letzte geben, um mich bei Laune zu halten. Vermutlich sehen sie, wie rot glühend mein Antlitz nach der kilometer-
langen Bachwanderung bereits ist.
Das Ausflugslokal, welchem wir ohne zu singen entgegenstrebten, war geschlossen, vorher waren wir noch kurz vom Wege abgekommen, die doch beacht-
liche Steigung führte vom Bachlauf hinweg, was uns fast oben angekommen, doch ein wenig stutzig werden ließ. Mut zur Umkehr, hieß es nun. Bergab war der Weg nur halb so schwer und ich summte ein wenig vor mich hin, wenn sich auch die Lust dabei in gewissen Grenzen hielt. Der Weg war hier jedenfalls so breit, dass man neben-
einander gehen konnte und glitschige Felsen gab es auch nicht. Sie blieben uns aber für den Rückweg an der Klamm erhalten, nachdem der Mühlengasthof uns seine Pforten verschlossen präsentierte, dabei musste ich auch einmal. Wie immer, alles muss man sich verknei-
fen.
Die Pferde auf der Koppel wedelten mit den Schwänzen, um sich der Mücken und Fliegen zu erwehren. Die armen Viecher. Aber mich hat wenigstens nichts gestochen, was mich sehr verwunderte, denn meistens bin ich dran. Mein Blut ist gefragt.
Unterwegs begegneten uns hin und wieder Leute, die nur mit Turnschuhen und einem kleinen Hündchen mit kurzen Beinen die Klamm bewandern wollten. Später am Ende der Tour saßen sie im kleinen Biergarten unter den Sonnenschirmen wie wir. Der Hund hat es überlebt und die Frau hatte nur einen etwas verkrampften Gang als sie zur Toilette schritt. Wir haben ihr Wiederkommen nicht mehr erlebt, denn nach einem kühlen Trunk brachen wir auf, um den letzten Kilometer zum Auto zu pilgern.
Rudi, unser Auto stand noch da. Wir hatten uns ja trotz Navigationshilfe im Wald verfahren, sind schließlich ausgestiegen und einem verwitterten Schild vertrau-
end, drauf los marschiert. Mein kluger Mann hatte allerdings noch eine Karte aus Papier dabei und damit waren wir fast immer auf dem richtigen Weg, wenn man das so sagen darf, denn es bleibt eine Klamm, wenn auch eine faszinierende.
Tag der Veröffentlichung: 06.08.2011
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