Moni wandert
Früher lachte Moni über die schrulligen Wandervögel und ihr Lachen klang auch ein wenig verächtlich. Wandern fand sie irgendwie nicht cool, eher etwas für ältere Leute oder für verschrobene Typen. Eine furchtbar dämliche Einstellung, findet sie heute. Moni hat sich entwickelt, sie hat ihre Einstellungen zu den verschiedensten Interessen-
gebieten verändert.
Als Kind sind die Eltern mit Klein-Moni und den Schwe-
stern manchmal in die Umgebung von Berlin gefahren, dort wo es viel Wald und Wasser gab. Sie fuhren mit Kind und Kegel mit der S-Bahn raus, hatten eine Hängematte dabei und ein paar Stullen. Papa legte sich etwas abseits in die Hängematte mit der Zeitung oder einem Buch, während die Kinder schreiend durch den Wald rannten, die entnervte Mutti hinterdrein bis hin zum See. Dort wurde noch mehr geschrieen. Mutti saß am Ufer und behielt die Gören im Auge. Ob das für sie so erholsam war, bleibt offen. Am Abend latschten sie missmutig, müde und maulend zurück zur S-Bahn. Nein, dieses Wandern wurde wohl von keinem als Lust empfunden.
Heute sind Monis Kinder erwachsen und keines ist unbedingt ein Fan des Wanderns geworden. Sie bevor-
zugen andere Freizeitbeschäftigungen, mal von gelegent-
lichen kleinen Spaziergängen mit Hund oder Freundin abgesehen.
Moni behält aber alles im Auge und widmet sich ihren eigenen Neigungen, die erst in den letzten Jahren urplötzlich, ganz unvermutet an die Oberfläche traten.
Das „Genusswandern“ !
Es kommt hier nicht auf das Tempo an, auch nicht auf ein ehrgeiziges Kilometerschrubben wenn es auch ein müdes 1000 Meter Tapern auch nicht sein sollte, doch das gute Gefühl beim Wandern, Rasten, zwischendurch Aussichten genießen, Fotografieren, das hat besondere Bedeutung. Somit muss das Wetter mitspielen. Es wird eben nicht auf Teufel komm raus gewandert, bis man auf dem Zahnfleisch heim kriecht und der Leib die nächsten Tage am Ende ist. Nö, das nicht. Man war draußen, hat sich bewegt, frische Luft geschnuppert und Bilder aufgenommen für Geschich-
ten, für Malmotive und nicht zuletzt: das Gewissen hält auch die Klappe.
Moni wandert nicht in Gruppen mit. Sie geht mit ihrem lieben Mann. Jawohl! Das muss genügen. Mit ihm kann sie gut wandern, wenn sie auch manchmal hinterher trödelt. Außerdem baldowert er die Routen aus. Moni braucht einen „Anreißer“, den sanften Tritt in den Allerwertesten, dann kommt sie in Fahrt. Jetzt lachen wieder alle, aber so ist sie eben. Manchmal verlaufen sich die beiden, gehen auch im Kreis und sie wandern auch mal ein paar Kilometer mehr als eigentlich geplant, dann dampfen auch die Socken. Meist lachen sie dann immer noch. Sie sind nicht in der Herde und müssen sich nicht anpassen oder sich gar von redseligen Menschen beim Wandern voll quasseln lassen. Das wäre der blanke Horror.
So wandern sie vergnügt zu Zweit an den Stränden, durch die Wälder oder in den Bergen, ohne Zwänge, ohne alberne Stöcke, ohne Führer aber mit mehr oder weniger guten Karten einfach drauf los, erleben viel, sehen eine Menge und sind guter Dinge. Volkslieder werden dabei auch nicht gesungen, was auch ein Graus wäre. Im Wald hält man doch seine Klappe, denkt Moni, sie hasst lautes Gegröle in der Natur, wenn auch manche Jodeln oder Singen dazu sagen.
Moni denkt an eine Wanderung, die sie nie vergessen wird, denn eigentlich war alles dabei anders als angedacht gekommen. Da war nicht nur Genuss, auch Qual, die im Nachhinein gerne von Moni verniedlicht wird. Eine Wanderung auf La Gomera:
Die Wanderung zum Wasserfall für Anfänger zum „Salto de Aqua“ schien für uns und im Übrigen für viele andere auch ein scheinbar leichtes Ziel zu sein. Ha, Ha!!! Es war ein Mordsknochen, natürlich immer bergauf. Erst einmal Landstraße, das ging ja noch. Ich maulte trotzdem, weil andauernd Autos an uns vorbei düsten. Dann ging es wer weiß wie viel Stufen hoch. Dies war schon ein Zahn schärfer, aber nicht lebensgefährlich, nur schweißtreibend. Dann kamen wir auf die „Wanderwege“. Es waren aber gar keine, kaum als Pfad zu bezeichnen. Man musste einfach klettern und sich an Abhängen mit dem Rücken zum Felsen oder umgekehrt vorbei hangeln. Dann ging es wieder steil runter und wieder klettern, immer schön auf die Wegesmarkierungen achten, die auf das Ziel hinwiesen. Zwischendurch ein Foto, wie ich am Felsen klammere oder auch mal froh bin, eine Hürde genommen zu haben. Es war schon recht abenteuerlich, mal zur Gämse zu mutieren.
Betagte aber zäh wirkende Engländerinnen irrten auch ein wenig in der Gegend umher, später auf dem Rückweg begegneten uns noch so einige leicht gequält ausschauende Wanderer zum Teil mit falschen Schuhen. Die Armen. Ich war froh, meine schweren Botten an zu haben. Die Wanderung am Bach bis hin zum Wasserfall war genauso irre. Wir mussten ständig kleine Felsen überwinden. Es gab keinen Weg.
Nur Natur pur. Aber wir kamen an und waren stolz wie hundert Affen. Doch der Weg zurück war ja auch noch zu bewältigen. Mein lieber Mann hat fast mit schlafwandlerischer Sicherheit den richtigen „Weg“ gefunden. Ich hätte mich gewiss verirrt.
Wir haben das geschafft und waren breit. Mehr wäre nicht gegangen. Uns tat jeder Knochen weh, auch die Tage darauf noch.
Jedenfalls vergessen wir diesen Trip nicht. Die Aussichten waren allerdings überwältigend und ich habe fast immer noch gelacht
Moni denkt,
dass alles gut war, so konnte sie halt erkennen, wozu sie noch imstande ist. Und das ist erstaunlicherweise, auch zum großen Glück noch allerhand.
Und so wird sie wandern solange es geht und wann immer sich Gelegenheiten bieten....und tschüss
Tag der Veröffentlichung: 20.05.2010
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