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Moni und das Zitat



„Keine Begeisterung sollte größer sein als die nüchterne Leidenschaft zur praktischen Vernunft.“



Sagt unser Altbundeskanzler Helmut Schmidt.

Dieses Zitat hat Moni kürzlich gelesen und sie musste ein wenig darüber nachdenken. Moni ist vernünftig und hat das oft für einen Mangel an Leidenschaft und Begeiste-
rungsfähigkeit gehalten, empfand dieses Manko aber irgendwie als bedauernswertes Defizit in ihrem Leben. Wäre das jetzt ein Leitfaden für die eventuelle Entwicklung von akzeptablen Begeisterungswellen?

Begeisterung und Leidenschaft, das ist es doch, was die Menschen hochreißt, was sie staunen lässt, was ihnen Bewunderung oder andere große Gefühle abringt. Selbst die beknackteste Arbeit sollte nur mit Begeisterung und Leidenschaft verrichtet werden, verlangen die Arbeit-
geber.
Moni fragt sich ganz besorgt, wo die Leidenschaft und Begeisterung für zum Beispiel einen Buchhalterjob herkommen soll. Vielleicht aus dem angesagten Beschiss, der mit ausreichend krimineller Energie für verschiedene, vermeintlichen Finanzgenies umzusetzen ist. Stichwort Schattenhaushalte! Gut, hier ist von Vernunft kaum noch etwas zu verspüren, deshalb wird’s aber erst interessant.
Praktische Vernunft? Kann Vernunft auch unpraktisch sein? Egal, Vernunft wird stets vorausgesetzt, sie unter-
scheidet uns von Affen, heißt es. Ein Mensch oder ein Politiker muss vernünftig sein, erwartet der einfache Wahlbürger. Aber sind sie das? Wenn man sieht, wie sie sich aufführen, kommen auch der guten Moni Bedenken. Einer glaubte sogar eine Freiheitsstatue zu sein.

Mit blanker Vernunft kann man keinen hinter dem Ofen hervorlocken, auch wenn man das möchte und dieses ein Segen für die Menschheit wäre. Würde sonst einer auf die Knie fallen, wenn der Papst sein Urbi et Orbi leiert, kreischen wenn Mikel Jackson quietschte oder die FDP wählen ? Mit praktischer Vernunft ist dieses Phänomen nicht zu erklären. Moni macht weder das eine noch das andere und outet sich damit als leidenschaftsloser Begeisterungsmuffel.

Aber es gibt ja noch die nüchterne Leidenschaft zur praktischen Vernunft und darüber käme gar nichts, lernt Moni. Ist das nunmehr endlich ein Grund für Moni aufzuatmen? Die Zusammenführung von Leidenschaft und Vernunft! Das wäre eine feine Sache. Eigentlich ist beides dem Menschen eigen. Also alles ist möglich. Ob nun jeder alles für sich reklamieren kann und darf? Nein, das ist doch eher selten, muss Moni mit Bedauern feststellen. Viele zeigen Leidenschaft und verbreiten Begeisterung, lassen aber jegliche Vernunft vermissen.

Ob sich da unser hoch verehrter Altbundeskanzler doch ein wenig irrt? Oder gibt es diese Leidenschaft für die praktische Vernunft nur bei ihm selber? Dazu kommt noch die kleine Einschränkung in Sachen Leidenschaft. Es ist der Verweis auf eine nüchterne Leidenschaft.

Kann Leidenschaft überhaupt nüchtern sein? Moni wiegt ihren denkenden Kopf bedächtig hin und her. Sie kommt zu dem triumphierenden Schluss, dass das ginge, allerdings nur in Grenzen. Damit wird aber die Sache wieder reichlich unspekulativ, denn wer mag schon eine nüchterne, furztrockene Leidenschaft. zur praktischen Vernunft zelebrieren. Die Realität beweist, dass es wenige sind, die das hinbekommen.
Für die Medien ist das gar nichts, für die schreibende Zunft auch nicht, für die Kirchenmänner erst Recht nicht, hier ist das Wort Vernunft nicht der Renner und in der Politik wird davon nur geredet. Hinter den Reden gähnt eher Leere als nüchterne Leidenschaft für Vernunft.

Moni ist ein bisschen enttäuscht. Das Zitat hat ihr nicht wirklich weiter geholfen. Sie möchte doch auch begeistert sein, wenn’s geht auch mal leidenschaftlich aber immer ein wenig vernünftig. Und sie weiß jetzt gar nicht, ob ihre Begeisterung für das Zitat noch so groß ist wie nach dem ersten Lesen.

So beschließt sie, wenn sie ausreichend überzeugt ist, auch Begeisterung zu entfalten, wenn es sie überkommt, die ihr mögliche Leidenschaft raus zu lassen und wenn es nötig erscheint, wie gewohnt Vernunft walten zu lassen. Das klingt nüchtern. Aber so ist sie halt.

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Tag der Veröffentlichung: 12.05.2010

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