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Moni denkt über Zwischenräume nach



Über das Nichts und über Löcher wurde schon mehrfach, nein, sogar vielfach intensiv nachgedacht. Ob nun erschöpfend oder wenigstens befriedigend? Wer weiß das schon.
Moni hat sich nunmehr vorgenommen, über Zwischen-
räume nachzudenken. Denn wie es sich herausstellte, waren die Löcher äußerst wichtig, auch überall sehr zahlreich vertreten und dies in so großer Vielfalt, dass der guten Moni ganz wirr im Kopf wurde.

Moni ist aber haarig und will mehr. Ihr schwant, dass Zwischenräume einen viel größeren Stellenwert haben müssten, denn schließlich sind sie zwischen den Löchern angesiedelt und müssen eine ungeheure Bedeutung besitzen, denn was würde ein Loch schon aussagen können, wenn es keine Zwischenräume gäbe. Es würde schlicht kein Loch mehr sein, alles würde in sich zusammen fallen. Wir hätten ein Nichts. Aber darüber mag Moni jetzt nicht ausufernd sinnieren, denn sie weiß: Zwischenräume sind reichlich vorhanden und sie bereichern das Leben. Sie sind ein nicht wegzudenkender Teil des Ganzen.

Nehmen wir einmal die Zwischenräume, die buchstäb-
lichen Zwischenräume in einem Haus. Es sind die Flure. Man geht durch sie von einem Raum in den anderen. Moni möchte jetzt nicht sagen, dass man durch sie von einem Loch in das andere schreitet aber manchmal ist das auch nicht falsch formuliert. Ohne diese Flure wäre das Haus nämlich nur ein großes Loch. Wer möchte das denn von seinem Haus behaupten?

Oder der Zwischenraum zwischen den Menschen, wenn es den nicht gäbe? Nicht auszudenken, die Leute wären ja ständig ineinander verkeilt, steckten ineinander. Wer will das denn auf Dauer ertragen? Also Moni könnte das nicht, also nicht ununterbrochen.

Für die Tiere trifft Ähnliches zu, obwohl in manchen Legebatterien die Zwischenräume zwischen den Tieren fast zu vernachlässigen sind. Moni schüttelt empört den Kopf. Man müsste einen Banker, ein Huhn, einen Politiker, ein Huhn und so weiter in einer derartigen Legebatterie mal unterbringen. Das arme Huhn würde wahrscheinlich immer noch Eier legen. Die anderen dazwischen würden nur picken und was hinten herauskommt ist hinlänglich bekannt.

Oder jetzt auch etwas Größeres: Moni denkt an den Zwischenraum zwischen einer Scheidung und einer neuen Ehe. Da vergeht viel Zeit zum Nachdenken. Ja, Moni weiß das. Allerdings bleibt das Ergebnis des Nachdenkens immer ein wenig umstritten. Die Zwischenräume dienen der Entscheidungsfindung, sie bilden den Anfang einfach für alles. Natürlich auch immer für den Schritt in ein neues ganz anderes Loch, manchmal ist es tiefer und manchmal hüpft man nur durch, um in einen neuen Zwischenraum zu gelangen, wo man sich zunächst besser aufgehoben fühlt.

Natürlich gibt es auch Zwischenräume, die einfach riesig sind, dennoch überbrückend. Moni denkt dabei an das Internet. Die Menschen hocken an Bildschirmen und versuchen mit Bildern und Texten, auch mit allerlei Tricks und Gewäsch, den Zwischenraum zu füllen. Moni fragt sich nun ein wenig besorgt, muss das alles sein? Ist das nicht schade um die Zeit? Bleibt nicht trotz allem immer ein Zwischenraum, der sich nicht füllen lässt und würde nicht trotz aller Mühe die Gefahr bestehen, dass eine große Leere entstünde?

Moni kommt zu dem weisen Schluss, dass der Versuch Zwischenräume zu füllen, sehr interessant und lustvoll, auch äußerst lehrreich sein kann aber es bleibt immer nur ein schier unendlicher Versuch. Zwischenräume müssen einfach sein, die Welt verlöre ohne sie den Halt, den Inhalt. Kein Loch hätte Bestand. Kurz, es gäbe uns nicht.

Dem großen Loch, dem ganz großen Nichts, den Räumen und Zwischenräumen ist dieses gänzlich gleichgültig. Sie bilden und verdichten sich oder lösen sich auf, wenn es an der Zeit ist. Die Unendlichkeit dieser Geschehnisse um die Löcher und Zwischenräume ist Moni nun endlich bewusst.
Sie hebt die Schultern und wird auch weiterhin bemüht sein, bei sich ein paar Wissenslücken, wenn zwischendurch Zeit ist, zu füllen.

Impressum

Texte: Titelcover von Helga Siebecke
Tag der Veröffentlichung: 20.01.2010

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