Wer oder was sind Mondgenies?
Urplötzlich verspürte ich das dringende Bedürfnis, meine satirischen Verse zu illustrieren. Sofort kritzelte ich mal so zur Probe ein Strichmännchen aufs Papier.
„Ich werde meine Männchen „ Mondgenies“ nennen“, dachte ich spontan und das Kind in mir wurde wach.
Der Begriff ist einem Puppenspiel für Kinder aus dem Fernsehen entnommen. Das Stück sah ich allerdings schon vor ca. 30 Jahren oder mehr. Doch die Originalfiguren haben mit meinen Mondgenies nichts zu tun. Sie dienen nur als grobe Anregung für einen Sammelbegriff meiner Schöpfungen.
Die Mondgenies scheinen eine Menge von meinem Ego zu besitzen. Sie passen zu den Texten und verleihen ihnen mehr Gesicht und Leben. Sie sind gleichermaßen naiv und weise, erkennen mehr als die Banalitäten des Lebens, aber erfinden mitunter das Fahrrad auch noch einmal und sie sollten in ihrer kleinen, auch hilflosen Lächerlichkeit durchaus sympathisch wirken.
Mondgenies sind menschlich, wenn auch ihre Illusionen sie oft als unbelehrbare Außenseiter erscheinen lassen. Sie schweben manchmal ein wenig über den Dingen und erheben auch den Zeigefinger, denn sie wissen es ja angeblich besser. Sie sind Genies, aber eben halt nur Mondgenies, die in ihrer Welt einfach viele Faktoren des Lebens ignorieren. Ich hoffe, sie sind liebenswert und mahnen harmlos, vorwiegend erheiternd. Das dürfte jeder verkraften können.
Die Geburt meiner Mondgenies war ein Vergnügen, so leicht und locker wie sie mich nun auch weiterhin begleiten sollen. Eigentlich waren sie irgendwie schon immer in meinem Hirn und ich habe mich mit ihnen recht gut verstanden.
Meine Schwester wird mir zustimmen. Seit unserer Jugend sind sie uns vertraut. Nur ihre heutige Gestalt war uns nicht bekannt. Jetzt sind sie geboren, schlüpfen in die Menschen oder Ideen, die mich und uns bewegen.
So entstand das erste Buch unter dem Titel „Mondgenies machen mobil“. In diesem Buch sind es die Gedichte, die den deutschen Michel an der Schulter rüttelt, die unseren Amtsschimmel vorführen und uns lachend ein paar Bretter von der Stirn zu lösen versuchen.
Und weil es damit noch nicht genug sein sollte, entstand ein weiteres Buch mit dem Titel „Mondgenies möchten mogeln“, in dem in kleinen Geschichten geschildert wird, wie sich die kleinen Mondgenies so durchs Leben mogeln.
Es ist nämlich noch lange nicht Schluss, es geht erst los.
Die Mondgenies haben noch eine Menge zu sagen. Sie sind nicht tot zu kriegen. Gibt es doch den Alltag auch täglich und beständig, genauso wie die penetranten bunten Blätter der werbenden Firmen im Briefkasten. Wir schütteln den Kopf, aber der Blätterwald im Irrenhaus wird zunehmend dichter. Die kleinen Mondgenies schlüpfen immer noch hindurch und sind dabei, beleben den Massenblödsinn.
Sollte jemand etwa hinter der Lachnummernparade einige durchaus ernsthafte Ansätze erkennen, dann hat er ein scharfes Auge für das Kleingedruckte, für das Nicht-
gesagte. Nicht alles, was lächerlich erscheint, ist zum Lachen. Aber sollten wir deshalb in Tränen ausbrechen? Das nun auch wieder nicht.
Vielleicht ein wenig nachdenken oder an die eigene Nase fassen. Möglicherweise sind wir auch manchmal Mond-
genies. Das wäre ja immerhin eine nette Erkenntnis.
Ein Hoch auf die unendlich entwicklungsfähige Weisheit der Mondgenies.
Die Geschichten über Mondgenies sind unendlich in ihrer Wiederholung und Fortsetzung, so wie auch der Alltag immer wieder mit Neuem und Altem gleichermaßen verwundert, verärgert und erfreut.
In dem Band „Mondgenies machen mobil“ zeigen sie sich das erste Mal. Das normale aber auch skurrile Auftreten der Mondgenies, die unsere Stärken und Schwächen als Mensch in unserer Welt symbolisieren, kennt viele Facetten. Ich stelle mich in oder mit ihnen oft selbst dar, schimpfe und lache über ihre Missgeschicke. Manchmal erhebe ich den Zeigefinger, meine mich aber dabei fast immer selber und möchte nie schulmeisterhaft andere Verhaltensweisen an die Wand nageln.
Man kann schmunzelnd nachdenken und sich eventuell ein wenig wieder finden. Das wäre mein Anliegen. Natürlich wird der gleichgültige Spießbürger, der seine Engstir-
nigkeit nicht merkt, manchmal ein wenig angestochen, auch der Lächerlichkeit preisgegeben, aber mehr nicht.
Die Geschichten sind nicht boshaft, na gut, ein bisschen vielleicht, aber leicht auslegbar. Man sollte sie nicht zerpflücken, sondern nur lesen, lächeln, vielleicht ein wenig in sich gehen und sich auch mal an die eigene Nase fassen. Vieles ist natürlich sehr übertrieben, einer gutartigen Karikatur ähnlich
Die Geschichten und Gedichte sind hier schon in viele andere Werke integriert und mit den Mondgenies als Illustration versehen. Wer sie finden möchte, findet sie. Insgesamt gibt es schon fast 200 Mondgenies und sie haben bereits eine eigene Homepage. Das haben sie auch verdient, finde ich.
Ich hoffe sehr, dass die Leser meinen Mondgenies gewogen sind, auch mit ihren Schwächen und Schrullen.
Kennt einer den Gruß
"Seid bereit!" ?
Irgendwie wird immer noch die Antwort
"Immer bereit!"
erwartet. Komisch, nicht wahr.
Texte: Zeichnungen von Helga Siebecke
Tag der Veröffentlichung: 30.03.2009
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