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Moni und die Gerechtigkeit



Wir leben glücklicherweise in einer Demokratie, in einem Rechtsstaat. Es scheint, alles läuft in geordneten Bahnen, es gibt Gesetze, an die man sich zu halten hat. Kurz, das Leben ist geregelt. Aber ist es deshalb auch gerecht?

„Nein das Leben ist nicht gerecht“, denkt Moni. Jeder Tag liefert dafür unzählige Beweise. Menschen müssen sterben ehe sie überhaupt gelebt haben oder sie verbringen unter Qualen ein trauriges Dasein. Nie haben sie sich etwas zu Schulden kommen lassen, haben die Umwelt nicht geschädigt oder den Nachbarn geärgert, haben ihre Rechnungen bezahlt, maßvoll und gesund gelebt und ihre Schularbeiten gemacht, sind zur Wahl gegangen und haben zwei Kindern das Leben geschenkt, Bäume gepflanzt und Bücher geschrieben, auch fleißig konsumiert, damit die Wirtschaft leben kann, trotzdem ist ein solcher Mensch mit schrecklichster Krankheit geplagt und wird zur Krönung noch überfallen und ausgeraubt.

Die Täter fasst man nicht und wenn, dann muss man sie aus irgendwelchen Gründen wieder laufen lassen. Und was wäre überhaupt dafür als so genannte gerechte Strafe anzusehen? Der Gesetzgeber will das wissen und schreibt etwas Passendes vor. Aber ist dies wirklich gerecht?
Moni seufzt: „Wo bleibt denn hier die wahre, wirkliche Gerechtigkeit?“ Alles sieht so subjektiv aus: die Laune des Richters, die Stimmung der Geschworenen, die Raffinesse der Anwälte, die Genauigkeit der Ermittler. Jeder schreit nach Gerechtigkeit. Wer am lautesten brüllt, vermeint sie zu bekommen. Und wie empfindet der Täter?

Sicher ist zu differenzieren, zwischen Gerechtigkeit von Staatswegen, der sozialen Gerechtigkeit, dem Recht, der Rechtssprechung und der Gerechtigkeit des Lebens an sich. Das ist verwirrend.
Moni schaut mal schnell im Internet nach, was hier so Schlaues dazu verkündet wird. Na ja, so Einiges und wie man nachlesen kann, sind sich die Gelehrten immer noch nicht einig.

Soziale Gerechtigkeit bezeichnet ein Leitbild einer Gemeinschaft, in der die Verteilung ihrer Güter den von verschiedenen politischen Denkschulen unterschiedlich verstandenen vorherrschenden ethischen Prinzipien dieser Gemeinschaft entspricht.
Gerechtigkeit ist eine sehr alte Forderung, mit einer Begriffsgeschichte, die bis in die Antike zurück reicht (vgl. Dike, Aristoteles). Der Begriff der „sozialen Gerechtigkeit“ entstand in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Sozialen Frage. Das erste ausführliche Konzept einer „sozialen Gerechtigkeit“ bzw. einer Gemeinwohlgerechtigkeit wurde von Luigi Taporelli d’Azeglio im Jahr 1845 veröffentlicht.[1] In weiterer Folge wurde dieses Konzept von Papst Pius XI. in seiner katholischen Soziallehre über die Gesellschaftliche Ordnung übernommen (Quadragesimo anno).[2] In Deutschland wird er wieder seit den 1990er Jahren zunehmend in der politischen Diskussion benutzt. Hierbei sehen einige die „soziale Gerechtigkeit“ als Schlüsselbegriff und Voraussetzung einer demokratischen Gesellschaft an, von anderen wird sie als inhaltsleeres Schlagwort betrachtet – z. B. spricht das erste größere philosophische Werk, welches den Begriff zum Thema macht, von der „Illusion der sozialen Gerechtigkeit“ (Friedrich August von Hayek, The Mirage of Social Justice, London 1976).



Moni muss also zusehen, wie sie sich zu diesem Thema selber einen Vers macht.
In der Natur, den Menschen von ihr hier tollkühn ausge-
grenzt, gibt es den Begriff Gerechtigkeit nicht, es gibt die natürliche Auslese. Das Leben reguliert sich auf wunder-
bare Weise, völlig ohne Moral, dennoch sinnvoll, wissen-
schaftlich schon in vielen Punkten begründet und nachvollziehbar, nachzulesen bei Darwin. Alles zwar kompliziert aber in sich logisch. Die Gerechtigkeit ist absolut kein Thema. Punkt!
Moni ist fest der Auffassung, dass die Menschen nicht mehr als ein mickriger Bestandteil der Natur sind, auch wenn sie gerne und immer wieder lauthals vorgeben, mehr zu sein. Wahrscheinlich ist dies der Kardinalfehler und die Ursache für das fortwährende Zerstören der Umwelt, sinniert Moni. Und ist das überhaupt der Natur gegenüber gerecht, die doch unser Leben erst ermöglicht?
Ganz gewiss nicht! Menschen können zwar von der Gerechtigkeit faseln, aber sie mit Leben zu erfüllen, scheint ein Unding zu sein. Menschen können nicht gerecht sein, sie haben ein völlig unterschiedliches Gerechtigkeits-
empfinden.

Die einen verfechten die Auffassung: Zahn um Zahn! Wie du mir, so ich dir! Vergeltung, Vergeltung!
Man will also um jeden Preis heimzahlen, um so zu erziehen oder schlicht, sein Mütchen zu kühlen, politische Ziele zu erreichen und seine Macht zu zeigen. Frei nach dem kindischen Motto: „Ätsch, der Stärkere bin ich!“ Staat und Kirche wirft Moni hier in einen Topf.

Die anderen glauben alles, machen alles mit, halten hin, um die Geißelungen demütig hinzunehmen, im Glauben dies wäre gerecht. Naturgewalten, Schicksalsschläge, Hunger, Pech und Pannen, Pleiten all dies wäre eine gerechte Strafe für einfach alle imaginären Sünden der Menschheit. Moni schüttelt den Kopf. „Etwas Dümmeres gibt es nicht“, denkt sie.

Und wenn dann der Mensch zu allem Übel noch daher kommt und in seiner Angst und Hilflosigkeit, einen angeblich lieben Gott um ausgleichende Gerechtigkeit und Hilfe anfleht, dann kann Moni darüber auch nur traurig den Kopf schütteln.

Gerechtigkeit gibt es nicht, sie bleibt eine wunderschöne Illusion. Aber es sind hin und wieder Bemühungen um sie zu verzeichnen. Das tröstet. An eine Lösung, die befriedigt, glaubt Moni nicht.




Impressum

Texte: Bild und Cover von Helga Siebecke
Tag der Veröffentlichung: 22.02.2009

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