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Tango



Im Tanz versunken
Alles vergessend
Atemlos

Wie völlig betrunken
Nichts beachtend
Schwerelos

Mit Musik führend
nichts verlierend
Spannungsvoll

Lustvoll

Mein roter Tango




Moni möchte Veränderung.

Alles ist einmal zu Ende, es wurde allmählich Zeit, Zeit zum Packen!

Packen!



Moni wurde warm beim Packen, auch während des einhergehenden Wegwerfens. Sie hatte so viel Überflüs-
siges gehortet, dass ihr ganz schlecht wurde bei dem Gedanken, es entsorgen zu müssen. Die Mutter hatte noch mehr in den Schränken gelagert. Eigentlich braucht man nur einen Bruchteil dessen.

„Ob alle Menschen in diesem Überfluss an Nutzlosem leben? Sehr belastend dieses Hab und Gut.“

Nun, der geborene Wegschmeißer ist die gute Moni weiß Gott nicht, dennoch kann sie sich auf einmal trennen. Eine Eigenschaft, die zumindest für sie über Jahre schwer zu erarbeiten war. Immer wieder neigt Moni dazu, abzuwägen, sich Ausreden zurechtzuformen, die plausibel genug erscheinen, die diversen unnützen Besitztümer noch ein wenig zu behalten.

In den Minuten der Einsichtigkeit kommt Moni zu der schier unglaublichen Erkenntnis, dass man nur aus einer Tasse trinken kann.

„Wozu also Unmengen an Geschirr in die Schränke stopfen, gehöre ich doch nicht zu den feurigen Frauen, die mit Tassen werfen, um ihr Temperament abzureagieren und somit ständig Nachschub beanspruchen müssen“, denkt Moni.
So wird schließlich entschieden, nur das wirklich Not-
wendige zu behalten. Alles andere wechselte den Besitzer, denn es gab Interessenten, die sich überreden ließen, die Gaben gnädig anzunehmen. Kurz, die Habe konnte erfolgreich reduziert werden.

Das eigentlich wahre Problem war ja auch nicht der Wust an Hausrat und Mobiliar, sondern bestand in der Aufgabe, eine passende Wohnung für die Oma zu finden, auch eine bezahlbare. Wohnungen aufzutreiben heißt, zähe Geduld zu zeigen, sich cool den Anforderungen zu stellen. Mein Gott, die Mutter soll sich wohl fühlen, dann geht es auch mir gut und das nicht nur wegen des guten Gewissens, glaubte Moni.

Die Angelegenheit entpuppte sich als Nervenzerreiß-
probe, wobei Gelassenheit zu zeigen, immer unser aller Bestreben war. Immer, fast in jeder Lebenssituation ist man mit Gelassenheit vorne, doch wie oft hat sie uns still-
schweigend verlassen und wir müssen dann mit unserer aufkommenden Nervosität fertig werden, was ungleich schwerer ist, zumal sie tunlichst zu verstecken war, wegen der Ansteckung.

Unzählige Wohnungen werden besichtigt, für unange-
messen befunden und weiter ging die Suche. Die Zeit saß Moni bereits inzwischen im Nacken, denn die alte Woh-
nung war gekündigt, auch der Arbeitgeber erhielt von ihr, ein wenig triumphierend, die Kündigung, hatte der die liebe Moni doch jahrelang reichlich gepiesackt. Der Abschied von dieser Arbeitsstelle ist ihr also mehr als leicht gefallen…es war für Moni ein innerer Vorbeimarsch, auch mit der Gewissheit zunächst in die Arbeitslosigkeit zu sinken, mit Sperrfrist, eine Härte, die sie in Kauf nehmen musste, zähneknirschend zugegebenermaßen.

Irgendwie wird alles dennoch funktionieren, dachte Moni…nur die Liebe zählt, heißt es doch immer so schön. Darauf vertraue sie auch immer noch, was soll das Jammern. Eines Tages ist sie Rentner, vorher vielleicht noch Zeitarbeiter, Hinzuverdiener, Ein-Euro-Jobber oder Hausfrau, nur Hausfrau…eine liebende Hausfrau, was selbstverständlich etwas völlig Anderes, Neues wäre. Moni wird sich zu arrangieren haben.

„Jawoll, das kann ich und ich will das auch.“
Nur eine allein stehende Oma-allein-betreuende berufs-
tätige Frau wollte sie nicht ewig bleiben. Moni würde unmerklich verschroben werden, auch unattraktiv und immer unfähiger, sich zu verändern oder eine neue Partnerschaft zu wagen.

Jeder Mensch braucht mehr, viel mehr, einen motivie-
renden Partner, den passenden, dem man nicht laufend so mir nichts dir nichts über den Weg läuft. Und damit das mal klar ist, dieses ist ein Wunder und die sind selten, sehr selten. Wenn aber, dann sollte man schon mal fähig sein, sein Leben verändern zu wollen, auch einen damit verbundenen Umzug zu überstehen. Zu der weisen Erkenntnis gekommen, war Moni, fest entschlossen, Nägel mit Köpfen zu verwenden, um sicher zu gehen, dass die Sache auch Hand und Fuß hat. Schließlich will sie an diesen Nägeln ihr künftiges Leben aufhängen.
So ging es weiter.

Moni packte und schmiss weg, löste sich lächelnd von ihrem verbrauchten Leben, um sauber in ein neues hinüber zu gleiten. Fast gelang es ihr, die Oma in ihre Begeisterung zu involvieren. Moni wollte sich auch das unbedingt einreden.
„Komisch“, dachte Moni, „mein Wohlbefinden hängt meistens von den Stimmungen meiner Lieben ab. Sind wir nicht alle abhängig vom Befinden anderer Menschen, allerdings sollte man versuchen, immer der Auslöser positiver Empfindungen zu sein, das strahlt ab und kehrt wieder zu uns zurück. Ich möchte gerne daran glauben. Ob es mir immer gelingt, das ist leider ziemlich unsicher. Aber was ist schon sicher? Nichts.
Es gibt immer diverse Abweichungen, gewollte und ungewollte. Sie verlangen uns so Einiges ab.“


Moni denkt über Abweichungen nach



Menschen wünschen sich normalerweise unter anderem, manchmal auch in erster Linie, Verständnis, auch Selbst-
verständnis.
Ich möchte verstehen und somit wissen, wenigstens das, was mich betrifft.
Aber manchmal habe ich es auch so satt, haargenau zu wissen, was am nächsten Tag passiert, mit großer Wahrscheinlichkeit, ohne mein Zutun auch alle weiteren Tage.
Ich wünsche mir Abweichungen, positive natürlich, denn die grausamen in die andere Richtung verlaufenden, glaube ich zu genüge erlebt zu haben.
Ist das Maß voll an scheinbaren Erkenntnissen über Abläufe des Lebens, so beschreitet man den prickelnden Pfad der Abweichung. Das gibt eine Menge Bewegung, es bringt neuen Sinn und mein Leben legt sich in die Kurve, vorsichtig, hoffe ich doch, dass es mich nicht hinausträgt. Diese Abweichung wäre ja nicht gewollt. Nein, in gänzlich unbekannte Weiten sollte eine Kursänderung nicht führen, so waghalsig bin ich nicht, nur ein wenig vielleicht, also schön im Rahmen bleiben, nur keine Grenzverletzung!
Erkennt man daran die ach, so furchtbare Durchschnitt-
lichkeit? Im gewissen Sinne schon, nur darf man hier Abweichung nicht mit Abwechslung durcheinander bringen oder den stetigen Drang, höher, weiter, schneller irgendwohin zu gelangen, andere übertrumpfen zu wollen. Das ist nicht mein Ehrgeiz. Ganz sicher nicht!!
Nur Erfüllung, Inhaltsreichtum, sinnvolle Handlungen für mich und andere (man beachte die Reihenfolge!!!), das wäre mein Anspruch und dieser beinhaltet eine ganz unglaubliche Abweichung von dem Bisherigen, habe ich doch dieses „ für mich“ fast immer kaum beachtet. Ein eklatanter Fehler!
Diese Korrektur, die Kursänderung war und ist unbedingt notwendig. Eine derartige Abweichung braucht allerdings einen sehr guten, einen passenden Copiloten, die gibt es ganz selten und deshalb entgleist so vieles bei Abwei-
chungen.

Die Wahl des Partners für die Abweichung an sich, sie steuert deren Verlauf.
Das sind nun heute meine Überlegungen, bevor ich eine Abweichung beschließe. (abgesehen mal von den nicht steuerbaren, unvorhergesehenen, die es immer gibt)

Ich habe grundsätzlich gute Gefühle und sie vermehren sich…jedes Mal. Somit können Abweichungen jetzt nur weiche Landungen entstehen lassen, rein theoretisch.



Es kommt der Moment, in dem ich mich total fallen lasse. Das bedeutet absolutes Vertrauen in die Abweichung zu setzen auch ohne zu wissen, was sie beinhaltet. Erst wenn ich das kann, habe ich die so erstrebenswerte Unbe-
schwertheit und Gelassenheit bei Abweichungen erlangt.

Das ist es, wonach ich suche.
Das bekomme ich von ihm, jedes Mal ganz selbst-
verständlich und natürlich, diese Sicherheit in der positiven Abweichung und zwar mit aller Freiwilligkeit, ohne jegliche Einforderung.
Wie wundervoll.

Beseelt von dem Guten, was da kommen wird in so naher Zukunft, kann ich so ziemlich alles wegwerfen, was nach alten Zöpfen riecht.
Ob mein Optimismus in allen Punkten von der Familie geteilt wird, wage ich zu bezweifeln aber es ist mir egal, ich bin nun wieder entscheidungsfreudig und frage nicht nach allen Eventualitäten, die drohen könnten.

Ich packe also weiter, mit Feuereifer, geradezu rot glühend, immer die positive Abweichung im Kopf, der nun alles gestundet ist.

Impressum

Texte: Bilder von Helga Siebecke
Tag der Veröffentlichung: 18.02.2009

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