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Warten auf Nichts



In der Regel möchte der Mensch partout nicht warten. Er will es gleich, sofort und jetzt. Außerdem verlangt er selbstverständlich Alles.
Kurz, Menschen sind von Haus aus gierig und ungeduldig. Manches schwächt sich mit zunehmendem Alter etwas ab, aber Garantien dafür gibt es nicht.
Eines ist gewiss, auf das Ende wartet niemand, allenfalls die Erben, falls es sich für sie lohnt.

Man wartet notgedrungen auf das Ende der Warterei und sucht mit allen Mitteln diese vermaledeite Zeit zu verkür-
zen und zwar häufig nur mit Aktionismus, denn nur Warten ist stinklangweilig und wirkt dazu nicht besonders positiv auf die aufmerksamen Mitmenschen, die immer alles beobachten und sofort ihr Urteil zur Hand haben. Wer einfach nur dasitzt, gilt als Träumer, als weltfremder Spinner, im extremen Fall als Gammler, als Penner. Nur der aktive Mensch verhält sich zeitgemäß. ER wartet nicht, ER handelt.

Worauf richtet sich nun die ganze mit Aktionismus verfüllte Warterei, wonach strebt der Mensch? Er möchte es weit bringen, will sich entwickeln, wozu auch immer. Menschen wühlen und ackern bis ihnen buchstäblich Schaum vor dem Munde steht, um zu gewinnen. Jeder hat dazu persönliche Vorstellungen, Träume, Wünsche, Pläne, manchmal fehlen sie auch oder sind nur vage, was allerdings als nicht besonders vorteilhaft angesehen wird. Egal! Man brennt halt, wofür auch immer. Ist das noch Warten? Aber ja, das Warten auf die Erfüllung bleibt bis es soweit ist, bis das Ersehnte eingetreten ist.

Einen Moment ist man glücklich und stolz. Nur einen Moment! Dann wenden wir uns wieder dem Alltäglichen zu. Unser Glück, unser Stolz hat sich in Nichts aufgelöst, zumindest hat es scheinbar nicht mehr dieselbe Bedeutung wie einst. Was uns früher in heillose Aufregung und Begeisterung versetzte, uns in Vorfreude zitternd zum Warten zwang, ist plötzlich wie von Zauberhand fast verschwunden, wenn wir es endlich erlangten. Was ist passiert?

Was der Mensch nicht hat, scheint einen besonders hohen Wert zu besitzen. Ist es in seinem Besitz, sinkt offen-
sichtlich der Wert sofort und rapide bis zur Wertlosigkeit. Anderes wird wichtiger. Und komischerweise ist dieses Andere nicht in unserem Besitz. Alles beginnt von neuem. Warten wir nun tragischerweise doch eigentlich nur auf Nichts?

Nein, natürlich nicht. Der Sinn des Lebens wäre sonst in Frage gestellt. Unsere Wertmaßstäbe entwickeln sich, die Ziele ändern sich. Je nachdem auf welcher Ebene man lebt, verlieren oder gewinnen Dinge an Bedeutung. Was für den Einen Nichts ist, hat für den Anderen immense Wichtigkeit. Soviel ist sicher.
Das worauf wir warten, wird zu einem Zeitpunkt stets zum Nichts, aber vorher, vorher war dieses Nichts das Größte.

Bezieht man nun die voran gestellten Überlegungen nicht nur auf Materielles, sondern auf den Menschen, auf den ganz speziellen Menschen, den man für sich zu gewinnen trachtet, wird alles weitaus komplizierter aber erst wirklich interessant, denn jetzt kann im Glücksfall auch das Gegenteil eintreten. Man kann nämlich auch das ganz große Los gezogen haben, welches niemals zum Nichts wird, sondern nur noch wundervoller wird, wenn die Menschen sich nämlich ergänzen, inspirieren, sich quasi unzerstörbar aufbauen. Das nenne ich wahres Glück und darauf kann man auch Zeit überbrückend aktiv warten.

Es kann dummerweise auch anders kommen, dass sich zum Zeitpunkt X alles wieder in ein großes Nichts verwandelt und zurück bleibt nur Leere. Ob das nun als Pech zu bezeichnen ist, weiß ich wirklich nicht. Das Warten auf das Größte, könnte sich als Warten auf ein Nichts entpuppen. Und weil das Ganze mit einem großen Konjunktiv behaftet ist, breche ich meine Überlegungen an der Stelle erst einmal ab. Außerdem glaube ich, das Größte gefunden zu haben, von Nichts immerhin noch keine Spur. Wenn das kein Glück ist!


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Tag der Veröffentlichung: 17.02.2009

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