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Natürlich weiß ein jeder wo La Gomera liegt, oder was La Gomera ist, der eine oder andere war ja selbst bereits da.

Es handelt sich um eine kleine Insel im atlantischen Ozean, gewissermaßen in Afrikahöhe. Das besagt alles. Unsere Reise führte uns in die Wärme, denn in Old Germany ist es um die Jahreswende reichlich ungemütlich und kalt. Ein guter Grund zu verschwinden. Natürlich gibt es noch weitaus mehr, was die Menschen in die Ferne treibt. Um es zusam-menzufassen, sie haben schlicht die Schnauze voll. Sie müssen raus. So auch wir.
Das Ziel heißt Valle Gran Rey

Das Valle Gran Rey, das "Tal des großen Königs" - benannt nach dem einstigen Sitz des Guanchenkönigs Hupalupa -, liegt im Westen La Gomeras. Bei vielen gilt das Tal mit seinen Terrassenfeldern, Palmen und tropischen Obstbäumen als das schönste der Insel. Zugleich ist es das größte Ferienzentrum La Gomeras. Die drei bekanntesten Ortskerne La Calera, Vueltas und La Playa liegen am Ende des Tals. Der malerische Ort La Calera wird besonders von ruhesuchenden Urlaubern geschätzt, die nicht unbedingt direkt am Strand wohnen müssen. Das Hafenviertel Vueltas ist bei jungen Leuten und Junggebliebenen beliebt, die abends gerne ausgehen. Die Strandsiedlung La Playa schließlich ist in den letzten Jahren zum touristischen Zentrum von Valle Gran Rey aufgestiegen. Der Ort liegt direkt am Meer und ein hat einen schönen Sandstrand. Eine Attraktion ist z. B. der tropische Fruchtgarten am Barranco de Argaga ein Stück aufwärts.

Dies ist ein offizieller Text aus dem Internet.
Ja, bevor wir uns auf die Piste begaben, wurde kräftig recherchiert. Bernd machte dies mit äußerster Sorgfalt und auch Begeisterung, denn es gibt dort eine Menge zu lesen. Nebenbei gesagt, nichts, was irgendwo auf der Welt geschieht, also wo die Touries sich zusammen
rotten, bleibt unkommentiert. Man weiß somit schon vorher, wo es die besten Broiler gibt und zwar die allerbesten, wie wir später ebenfalls bestätigen mussten und zwar mit verdrehten Augen, aber dazu komme ich noch.
Wir wohnten in Puntilla (ist oben nicht mit aufgeführt, warum nicht, weiß der Geier). Puntilla ist jedenfalls auch ein Ort in Valle, auch direkt am Meer und wie wir fanden, durchaus nicht der schlechteste. Welche Kategorie von Urlaubern hier bevorzugt „campiert“, ist schwer zusagen, eher die Truppen mit den kleinen Kindern, denn vor unserem Apartementos, welches sich malerisch „Charco del Conde“ nennt, befand sich der so genannte Babystrand. Was die Bezeichnung “ Strand“ anbetrifft, werde ich noch näher definieren.
Doch ich möchte nicht vorgreifen und nun mit dem Anfang beginnen, wie es sich gehört, denn eine Reise beginnt mit dem Verlassen der heimatlichen Wohnung.

Nachdem wir ein wenig mit Mutti Weihnachten feierten, es war ja nämlich der heilige Abend über uns herein-
gebrochen, ging es am 25.12.2005 um 24.15 Uhr via Taxi in Richtung Flug-hafen Frankfurt. Abflug 2.40 Uhr, eine unchristliche Zeit ! Völlig unheilig erwartete uns in der Flughafenhalle auch eine Riesenschlange wartender Menschen. Und wir dachten naiverweise, wir wären die ersten. Ein Flughafenmitarbeiter versicherte den beun-
ruhigten Reisenden aber immer wieder, dass dies schon in Ordnung wäre und die Schlange sich nach Schalteröffnung in einer kleinen halben Stunde auflösen würde. Ein wenig ungläubig reihte man sich Achsel zuckend ein. Dann gab es plötzlich Bewegung. Es ging los. Viele Schalter wurden für die Massen an Urlaubern eingerichtet und tatsächlich ging alles ganz rasch und für uns ohne Probleme. Wir flogen in einer Boing 757 (passen 265 Leute rein) mit Condor. Sie war rappel-dicke voll, zahlreiche Kinder schreien. Es ist halt alles irgendwie anders und reichlich aufre-gend und dies nicht nur für sie. Der Flug an sich war zum Glück für uns zumindest unspekta-kulär aber doch ein wenig anstrengend. Für ein Mädchen in unserer Nähe war wohl alles zu viel. Sie fiel in Ohnmacht. Die Stewardessen waren leicht überfordert, ein Arzt war nicht im Flieger. Irgendwie kam aber doch wieder alles ins Lot.
Die Sitze sind zum Schlafen wenig geeignet. Auf der Rücktour ließen wir uns ein Nackenkissen geben. Damit war es viel bequemer. Das warme Frühstück war mal milde ausgedrückt nicht so doll. Nach fast fünf Stunden landeten wir auf Teneriffa. Draußen waren 18° plus!!!
Vorher noch dieses Warten aufs Gepäck. Mein schwarzer Koffer sah so Nullachtfuffzehn aus wie hundert andere. Auf der Rückfahrt werde ich ihn irgendwie kennzeichnen, dachte ich grimmig und dies tat ich dann auch mit meinem roten Haargummi. Nun, mit Mühe entdeckte ich ihn aber schließlich doch. Aufatmen!
Wir werden in der Empfangshalle von einem Neckermeier-Typen empfangen und erhalten Information über den weiteren Werdegang. Draußen wartete ein Bus, der uns unter einem malerischen Himmel zum Fährhafen brachte. Die Fähre Fred Olsen ist, wie sich herausstellte, ein Riesenklopper von Katamaran, der uns und eine Menge anderer Leute von Los Cristianos nach San Sebastian de La Gomera brachte. Wir saßen viel bequemer als im Flieger und obwohl es sehr windig war, merkte man den Wellengang so gut wie gar nicht. Die Sonne ging auf und es bot sich ein toller Rückblick auf den Hafen.

Die kleine vierzigminütige Fahrt auf dem Atlantik verlief ruhig, keiner wurde seekrank. Wir waren allerdings schon ein wenig abgeschlafft, waren wir doch nunmehr schon 24 Stunden zu Gange. Aber nach erfolgreicher Landung auf La Gomera, dessen steile Berge uns schon riefen, waren wir ja noch nicht am Ziel. Mit einem wirklich kleinen, leicht klapprigen Bus wurden wir und ein paar wenige andere Urlauber über die zauberhafte und zugleich atembe-raubende Höhenstraße nach Valle Gran Rey gekarrt. Die Berge zeigten sich von ihrer besten Seite. Das heißt, sie zeigten sich überhaupt. Das tun sie nämlich nicht immer, wie wir später erfahren durften.
Jedenfalls auf der Hinfahrt boten sich uns wildromantische und überwältigende Ausblicke in unvorstellbare Tiefen und Höhen (1400 Meter), denn es ging zunächst nur hoch und zwar über schwindelerregende Serpentinen. Der ein-
heimische Fahrer nahm sie lässig mit einer Hand. Dann fuhren wir Kurve um Kurve durch den viel gepriesenen Nationalpark mit dessen, wie es heißt, unvergleichlichen Lorbeerwäldern wieder abwärts zum Meer. Zum Schluss ging es durch ein grünes, palmenreiches Tal mit an den Bergen scheinbar klebenden pastellfarbenen Häusern. Wir sahen bereits üppig orange und rot blühende Büsche.
Der Busfahrer brachte uns bis vor unser Hotel. Schnell erhielten wir Zimmerschlüssel und betraten unsere Herberge für vierzehn Tage. Ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer mit integrierter Küche, das Bad und eine Terrasse mit Blick zum Meer. Was wollten wir sonst noch. Die Sonne schien nun warm und die Palmen winkten zum ersten Ortsspaziergang. Schnell packten wir noch die Koffer aus und zogen gut gestimmt los, um auch eine Kleinigkeit zu speisen. Natürlich waren wir müde aber schließlich wollten wir zunächst einen ersten Eindruck von unserer näheren Umgebung gewinnen. Es war ein denkbar guter. Das Hotel war als Gesamtanlage sehr akzeptabel und von der Lage bestens, nur etwas hellhörig, wie sich am nächsten Morgen schon herausstellte.
Hinter dem Gebäude ein wahrhafter Riese von Berg, schroff und ein wenig Furcht einflößend wegen der unmittelbaren Nähe. Aber auf Gomera sind alle Berge schroff und auf harmlose Städter reichlich gewaltig, fast drohend wirkend. Man soll sich ja daran auch gewöhnen können, sagt man. Ich aber eher weniger. Für den Urlaub sind ihre Anblicke aber OK und äußerst reizvoll. Ihre Eroberung ist was für die Harten. Wir sind leider keine strammen Wandervögel, dennoch haben wir uns ehrlich bemüht, denn nur vor Ort herum zu hocken oder am Pool zu faulenzen, wäre für diese wildromantische Insel eine Todsünde oder schlicht dumm. Wir nahmen uns vor, La Gomera zu entdecken, wie auch immer. Wer erleben und sehen möchte, muss sich halt schuppen und seinen Hintern, so gut es eben geht, bewegen. Dies taten wir, wenn auch unter Aufbietung aller Kräfte. Mein Muskelkater war nicht von schlechten Eltern. Soll ja nicht schaden. Ich beschreibe es später zur Erheiterung noch ausführlich.
Zurück zum ersten Tag. Wir schlendern also auf der mit Palmen gesäumten Straße zwischen unserem Hotel und dem großen Wasser, es waren Riesenbrecher zu sehen, still vergnügt aber leicht hungrig entlang. Bernd fotografiert schon emsig. Motive gibt es rundum massig, mit und ohne meine „Lichtgestalt“ vor der Linse. Schließlich kehren wir in ein Restaurant ein, in dem man vorzüglich draußen (wieder mit Blick auf die Wellen) in der Sonne sitzen kann. Um uns herum lümmeln lässig angezogene deutschsprachige Rucksacktouristen, oft mit Kindern. Überall Deutsche, wenige Briten und natürlich auch die Gomerianer, was man so als solche identifizieren kann. Zumindest sind sie, wie scheinbar viele Spanier, laut. Sehr laut. Das haben wir immer wieder bei Besuchen in Bars und Restaurants, etc. festgestellt. Man schreit sich im Eifer des Gesprächs laut an, scheinbar tun sie es auch gleichzeitig. Drei machen Krach wie zwanzig! Man weiß nicht, ob sie sich streiten oder ob dies ein stinknormales Austauschen von Neuigkeiten ist. Wahrscheinlich Letzteres, denn sie lachen auch laut und gestikulieren oder singen noch viel lauter plötzlich zu Gitarrenklängen irgendwelche folklori-stische Lieder. Man muss das mögen oder eben auch nicht. Jedenfalls sind sie lebhaft und bemühen sich um den Tourismus, manchmal nicht gerade professionell. Da sind noch viele Reserven. Mich stört dies weniger, will das Gesamterlebnis aufnehmen und übersehe problemlos den wohl aufkommenden Nepp. Die Landschaft ist einmalig, wenn auch weiß Gott weder lieblich noch einladend. Über den Bergen hängen ständig Wolken, die aber selten das Tal erreichen. Ganz oben ist immer alles ganz anders. Man muss sich darauf einstellen und sich entsprechend ausrüsten, dann geht es.
Wir essen also erst einmal. Na ja, war zum Hungerstillen, mehr nicht. Der frisch gepresste Orangensaft, den man ganz selbstverständlich überall bekommt, war allerdings köstlich und die Tomaten schmecken auch nach Tomaten.
Wir wandern weiter zum Hafen. Die Mole ist fertig aber der Bauzaun mit den dahinter liegenden Resten an Gerät ist noch vorhanden. Wir nehmen noch einen Kaffe solo, sehr stark und aromatisch und gehen nun wirklich matt ins Hotelzimmer zurück. Die Körper fordern nach über 35 Stunden endlich mal Schlaf. Also krauchen wir unter die Laken, ein richtiges Bett gibt es nicht, nur die dünne Tagesdecke und ein zweites Laken darunter. Im Schrank lagen noch zwei merkwürdige Wolldecken, die wir uns dann trotzdem noch in der Nacht überschmeißen. Es ist nämlich nachts nicht sehr warm, immerhin ist hier jetzt auch Winter.
Es war nun mittlerweile später Nachmittag als wir gestärkt aus dem Koma erwachten. Wir schliefen wie Tote. Nun wollten wir einiges für das Frühstück einkaufen, denn wir sind Selbstversorger. Die Läden haben hier schwer durchschaubare Öffnungszeiten. Jedenfalls ist fast alles bis spät in die Nacht geöffnet, obwohl es Weihnachten erster Feiertag ist. Daran denken wir allerdings kaum noch. Ein wenig Leuchtreklame und blödsinniges Geflimmer erinnert manchmal daran, sonst nichts. Bescherung für die Kinder findet hier erst am 6.Januar am Tag der Heiligen drei Könige statt. Uns betrifft dieses Weihnachten nun glücklicherweise gar nicht mehr. Wir haben es hinter uns.
Nun bringen wir schnell den Einkauf „nach Hause“ und trinken auf dem Balkon erstmalig selbst gebrühten Kaffe. Bernd möchte Kamillentee. Irgendwas hat er. Mir ist sauwohl und ich schaue in die untergehende Sonne, die großen Wellen brechen sich an den Klippen mit Getöse. Wie gut es mir doch geht. Hoffentlich hat Bernd seine kleine Magenverstimmung oder was es auch immer sein mag, bald überwunden.


Wir gehen nun in der Dunkelheit auf relativ dunkler Straße nach La Playa, wo ja immer was los sein soll. Die Straße führt an Bananenplantagen vorbei. Wir hören Frösche mächtig und gewaltig quaken. Auf der anderen Seite rollen in der Dunkelheit die Brecher heran wie eine ankommende U-Bahn. Man sieht nichts. Es ist völlig dunkel auf dem Wasser. Nur ganz vorne spritz die Gischt schäumend hoch. Das hat was. Es sind vielleicht zwei Kilometer bis La Playa. So einige Menschen wandern dorthin und auch Autos fahren hin und her, sowie reichlich Fahrräder ohne Licht. Hier fahren alle stets ohne Licht. Komisch. Wir finden das reichlich leichtsinnig, zumal die Straßenbeleuchtung mehr als spärlich ist. Die Vorschriften scheinen insgesamt locker zu sein, das Fahren und Parken ist ebenfalls manchmal gewöhnungs-bedürftig. Parkgebühren werden wohl nicht erhoben. Das finden wir ganz wundervoll, denn später haben wir auch einen kleinen Mietwagen, den man uns mit etwas Verspätung vor die Tür stellt. Der Liter Diesel kostet hier 65ct. Nicht schlecht! Bernd fährt dann mit mir über fast alle Straßen der Insel, hoch und runter, auch wenn sie noch so halsbrecherisch sind. Bernd überwindet immer wieder eisern und mutig seine Höhenängste, unterdrückt das Schwindelgefühl. Ich habe Hochachtung vor seinen Fahrkünsten, denn ich schaue ziemlich oft auch als Beifahrer in die allertiefsten Schluchten und muss mich ein wenig schissig abwenden. Manchmal macht man im wahrsten Sinne des Wortes, die Fahrt ins Blaue. So steil geht es aufwärts, wir sehen bloß den Himmel bis eine kleine Brüstung erscheint, manchmal sieht sie aus wie große abgebrochene Zähne (vielleicht sind sie ja mit Gott weiß wem tatsächlich abgebrochen).
Wir suchen ein wenig nach einem geeigneten Plätzchen zum Essen, finden nicht gleich etwas Genehmes, kaufen dann noch ein bisschen Obst ein und laufen wieder zurück nach Puntilla.
Wir sahen meist gut gefüllt Gasträume in La Playa und finden nun an unserem ersten Abend einen Platz in einem allerdings afrikanischen Restaurant, wo wir uns einen Riesenvorspeisen-teller teilen. Kichererbsen in jedweder Verarbeitung. Man muss sie mögen oder auch nicht. Ich habe sie ohne Leidenschaft gegessen und war allerdings danach sehr satt. Der Kaffee war wieder Spitze. Überall hören wir deutsche Laute aber wie verwunderlich keine säch-sischen(!). Sollten sie die Insel noch nicht entdeckt haben? Wir vernahmen die ganze Zeit
über keinen sächsischen Dialekt. Was ich noch darüber hinaus auch sehr bemerkenswert fand, war die Tatsache, dass auf La Gomera keine Modeschauen der im Urlaub befindlichen Schicksen stattfanden. Freizeitbekleidung aller Genese war hier angesagt. Die Damen dieser Welt haben hier offensichtlich nichts verloren. Wie wundervoll!
Karo einfach für alle und alles. Eine Besonderheit der Region. Ich finde das in Ordnung und angemessen, auch sympathisch. Manchmal könnten sich die Köche mehr Mühe geben, denn so furchtbar billig ist jegliche Speise in den Lokalen auch nicht. Auch wäre es schön, wenn die Bedienung einen Tick freundlicher wäre. Bernd ist zuweilen enttäuscht und schimpft ein wenig. Aber auch er findet hier Ruhe und Entspannung, wenn auch alle seine Ansprüche nicht immer unbedingt erfüllt werden. Die Weine sind zum Beispiel Kacke. Bernd steigt auf Bier um und ich trinke gerne Säfte. Somit ist die Welt in Ordnung, denn es gibt vieles, was entschädigt.

Es ist vorrangig die Natur und die Tatsache, dass wir beide den gemeinsamen Urlaub in Harmonie ohne Zoff und Stress gleichermaßen genießen. Nichts soll uns die Stimmung verderben auch nicht, wenn es am nächsten Tag mal kräftig regnet, selbst im Sonnenschein. Dann hört es wieder auf und wir beschließen zum Playa del Ingles zu pilgern. Dies ist der „Strand“. Hier badet man. Eigentlich würde ich keinen Küstenstrich auf La Gomera als Strand bezeichnen, denn er besteht vorwiegend aus mehr oder weniger monumentalen Klamotten. Manchmal ist ein wenig schwarzer oder dunkelgrauer Sand vorhanden, auf dem einige „Irre“ sich aalen. Ich nicht. Den Kindern dieser Welt macht es ja nie etwas aus, sich völlig einzumoddern. Hier können sie es und sehen dementsprechend aus. Mama und Papa dann ebenfalls. Wen stört das schon. Wir sitzen hoch oben in den Felsen und sehen zu, wie einige wenige Mutige, sich todesmutig in die Brandung stürzen. Kinder können hier nur am Babystrand vor unserem Hotel baden, vormittags ist dort allerdings wegen Ebbe fast gar kein Wasser. Am Playa del Ingles campieren auch seltsame Typen, Aussteiger, Althippies oder Schwule, die in abenteuerlicher Aufmachung dann und wann auch im Ort anzutreffen sind. Besonders am Abend wird in La Playa getrommelt, mit Feuer jongliert oder irgendwelcher Trödel angeboten. Zuweilen werden Joints geraucht oder auch das Zeugs verhökert. Man riecht es und bemerkt diesbezügliche Aktivitäten. Wir sind amüsierte Beobachter des Treibens.
Bernd hat Ansichtskarten gekauft und geschrieben. Das muss sein. Ich hole dies etwas später nach. Wir suchen eine Post und außerdem muss ich mir Socken kaufen, denn für meine Wanderstiefel habe ich mir keine passenden mitgenommen. Der zweite Feiertag scheint hier keiner zu sein. Es ist mehr Verkehr und es laufen auch mehr Menschen auf den Straßen herum. Wir schnökern durch die Läden. In einem Kodakgeschäft schenkt mir Bernd ein Halstuch. Es gefällt mir und ich trage es nun auch als Stirnband wie ein Pirat, damit der ständige Wind mir nicht immer die Haare ins Gesicht weht. Und wieder sitzen wir in der Sonne und schauen einem Hund zu, der hier mal rasch badet. Frech und mit hoch erhobenem Ringelschwanz ignoriert er das Schild „ Für Hunde Baden verboten“. Hier gibt es furchtbar scheußliche Hunde. Ich würde sie mal als amerikanische Hochschwanzdackel bezeichnen. : klein, fett, dünne Beine, Ringelschwanz und Glotzaugen, spitze Schnauze. Oft sind es tatsächlich Hunde, die einen Besitzer haben. Natürlich gehören auch zu den Gaststätten zuweilen größere Hunde, die auch frei herumlaufen und ebenfalls gut genährt sind. Sie scheinen träge ein gesichertes Dasein zu fristen. In Berlin gibt es allerdings weitaus mehr Hundewürste auf den Gehwegen!
Übrigens die Bürgersteige sind hier mitunter gefliest mit hellen wie in einem Schwimmbad manchmal verwendeten Fliesen. Das finde ich schon erstaunlich. Auch sind die Straßenlater-nen auf ganz La Gomera einheitlich. Es sind nicht die schlechtesten, nur leuchten sie im Ernstfall nicht besonders hell.


Am Playa del Ingles essen wir im Sturm ein Bocadilla, ein gut belegtes Brötchen, sehen vereinzelte Penner in der Ferne und machen anschließend nichts ahnend einen „Strand-spaziergang“ zurück. Das heißt, wir sehen uns veranlasst über Mordsklamotten kraxeln zu müssen. Es gibt nun kein Zurück. Schließlich haben wir auch unseren Stolz. So klettern wir wie blöde über 1-2 Meter hohe dunkle, bärische Klopper. Alles ist hier vulkanischen Ursprungs, sagt Bernd und sieht einen Krebs. Ich gehe, wenn man hier von gehen überhaupt sprechen kann, trotzdem tapfer und leicht verbissen weiter. Zum Glück gelangen wir wieder irgendwie und irgendwann doch noch ohne ein oder zwei Beine verknackst zu haben auf eine halbwegs normale Straße. Wir sind beeindruckt von unserem Gang über Klippen und wanken die restlichen drei Kilometer ins Quartier, um Kaffee zu trinken. Bernd will schon wieder Kamillentee und ich schlafe dann ein wenig auf dem Sofa. Mein Gott, das habe ich mir doch verdient.
Währenddessen studiert Bernd die Presse mit den Restaurantempfehlungen. Einigermaßen erholt, beschließen wir im Pescador am Abend zu speisen. Hier soll es das beste Hähnchen der Welt geben, schreiben die Leute im Internet. Wir sitzen draußen und sind in voller gieriger Erwartung. Ein Marsch über Klippen macht hungrig. Zum Anfüttern gibt es die Mojos zum Brötchen, das ist eine stark knoblauchhaltige Paste mit Kräutern oder scharfen Paprika versetzt. Wir essen alles restlos auf und finden das ganz wunderbar. Danach der Salat mit Hühnchen, fruchtig und einfach herrlich. Der beste Salat der Insel, eine Riesenschüssel, die wir uns teilen. Eigentlich sind wir bereits satt. Jetzt kommt der Broiler, wie der Alt-DDR-Bürger zu sagen pflegt. Es war das beste Hähnchen, was wir je aßen. Es war nicht zu schaffen, die Pommes sowieso nicht, aber selbst die waren hier in Ordnung. Ansonsten gibt es auf La Gomera überall nur die so genannten Schrumpelkartoffeln als Beilage. Es sind in viel Salz gekochte kleine Pellkartoffeln. Man kann sie natürlich essen. Aber sie sind nichts Delikates. Bernd mochte sie nicht wirklich. Man kann natürlich auch Reis bekommen. Später essen wir auch den hin und wieder.
Bernd verlangt es noch nach einem Absacker. Wir sind wie genudelt und müssen schon deshalb unbedingt wandern. So latschen wir wieder nach La Playa, finden aber nicht den richtigen Platz. Irgendwie haben wir auch nicht den gehörigen „Biss“ mehr. Setzen uns also bei einem Italiener draußen an einen Tisch und trinken Kaffee, so zur Verteilung des Broilers im Inneren. Vor uns versucht sich ein rasterlockiger Jüngling mit Jongliererei und ein Typ mit schwarzem Bart und bunter Wollmütze zupft seltsam auf einem scheinbar selbst gebastelten, befremdlichen Instrument. Wie man dieses nennt entzieht sich meiner Kenntnis. Aus dem Restaurant hören wir, wie sich ein Alleinunterhalter mit la Paloma und ähnlichem quält. Wir ergreifen die Flucht unter Sternen, entdecken aber den großen Wagen nicht. Es ist nämlich das Sternbild, welches wir kennen. Wir hören die Frösche in den Bananen und das Meer, fühlen uns auf einmal wieder saugut und traben in unser Hotel.
Am nächsten Tag stechen wir in See. Das Wetter ist wieder ganz wundervoll, Sonne pur und noch wenig Wind. Wir begeben uns in Ruhe zum Hafen. Die „Tina“ füllt sich. Wir haben einen guten Platz im Heck, denn hier schaukelt es nicht so. Das weiß man eben. Ja, es stimmt wirklich. Nur draußen war nun doch etwas mehr Wind und irgendwie schaukelte es hinten auch manchmal. Einige Kinder müssen kotzen, dann liegen sie ein wenig bleich auf der Bank. Ein Seemann kam sofort mit dem Feudel, um die Spuren zu beseitigen.
Also mir war immer sehr wohl und Bernd glaube ich zumindest auch. Wir sehen gewaltige Felswände von der See aus und auch ein paar Delphine. Die Leute fotografieren wie verrückt. Es werden zwischendurch Getränke gereicht. Dann sind wir bei den Los Organos und kehren um.

Im Norden ist es wohl oft sehr stürmisch, so auch diesmal. Wir fahren gemächlich zurück in eine stille Bucht, wo nun Thunfisch gegrillt wird und die Badewilligen mal in den Atlantik springen dürfen. Dazu spielt einer der „Matrosen in Zivil“ Gitarre und singt lauthals spanische Lieder. Ich entschließe mich nun doch über die schwankende Treppe ins Wasser zu steigen, um wenigstens einmal in den atlantischen Ozean zu pinkeln. Mit Gesang, das ist einmalig! Dennoch großes Pfui, man macht so was einfach nicht. Aber über die Toilette an Bord hörte ich nicht viel Gutes. Das Wasser war nicht kalt, so um die 20 ° und es war sehr klar. Bin ein wenig herum geschwommen und wieder an Bord geklettert. Das Essen war sehr schmack-haft. Die Schiffsmannschaft hat ihr Bestes gegeben. Das waren vier sehr schöne Stunden auf See.

Danach sonnen wir uns noch ein bisschen auf unserem Balkon ehe wir wieder auf Derby gehen. Abends esse ich nur einen Salat und bestelle mir noch eine Fischsuppe, die mir allerdings nicht sehr mundet. Wenn die Maus voll ist, schmeckt das Mehl bitter, hat meine Mutti früher immer gesagt. Bernd stochert in seinen Gambas. Sie waren nicht besonders, meinte er. Dann der obligatorische Absacker in einer Hafenkneipe, die furchtbar war. Vier deutsche Suffköppe aßen Bouletten mit Kartoffelsalat und schwätzten irgendwas Dussliges, im Hintergrund lief im Fernsehen Boxen. Neben uns las ein Mann die Bildzeitung. Ich trank aus Protest eine Schokolade. Bernd lies sein Getränk fast unbeachtet. Hier werden wir nicht mehr reingehen, beschlossen wir einstimmig.

Am nächsten Tag sollte das Mietauto kommen. Es lag aber ein Zettel im Zimmer, dass der Wagen etwas später geliefert wird.
Also werden wir deshalb eine der angebotenen und als leicht beschriebenen Wanderrouten in Angriff nehmen. Schwierigkeits-klasse eins. Das werden wir ja wohl noch schaffen als Vorrentner. Die Wanderung zum Wasserfall für Anfänger zum „Salto de Aqua“ schien für uns und im Übrigen für viele andere auch ein scheinbar leichtes Ziel zu sein. Ha, Ha!!! Es war ein Mordsknochen, natürlich immer bergauf. Erst einmal Landstraße, das ging ja noch. Ich maulte trotzdem, weil andauernd Autos an uns vorbei düsten. Dann ging es wer weiß wie viel Stufen hoch. Dies war schon ein Zahn schärfer, aber nicht lebensgefährlich, nur schweißtreibend. Dann kamen wir auf die „Wanderwege“. Es waren aber gar keine, kaum als Pfad zu bezeichnen. Man musste einfach klettern und sich an Abhängen mit dem Rücken zum Felsen oder umgekehrt vorbei hangeln. Dann ging es wieder steil runter und wieder klettern, immer schön auf die Wegesmarkierungen achten, die auf das Ziel hinwiesen. Zwischendurch ein Foto, wie ich am Felsen klammere oder auch mal froh bin, eine Hürde genommen zu haben. Es war schon recht abenteuerlich, mal zur Gämse zu mutieren.
Betagte aber zäh wirkende Engländerinnen irrten auch ein wenig in der Gegend umher, später auf dem Rückweg begegneten uns noch so einige leicht gequält ausschauende Wanderer zum Teil mit falschen Schuhen. Die Armen. Ich war froh, meine schweren Botten an zu haben. Die Wanderung am Bach bis hin zum Wasserfall war genauso irre. Wir mussten ständig kleine Felsen überwinden. Es gab keinen Weg.

Nur Natur pur. Aber wir kamen an und waren stolz wie hundert Affen. Doch der Weg zurück war ja auch noch zu bewältigen. Bernd hat fast mit schlafwandlerischer Sicherheit den richtigen „Weg“ gefunden. Ich hätte mich gewiss verirrt.
Wir haben das geschafft und waren breit. Mehr wäre nicht gegangen. Uns tat jeder Knochen weh, auch die Tage darauf noch.
Jedenfalls vergessen wir diesen Trip nicht. Die Aussichten waren allerdings überwältigend und ich habe fast immer noch gelacht. Am Abend wurde uns das Auto gebracht. Na bitte, geht doch. Bernd wollte vernünftig essen. Wir sind dann mit dem Auto los, um in einem besonders gerühmten Lokal ein Steak zu essen. Laufen konnten wir an diesem Tag kaum noch. Meine Oberschenkel und mein Hintern haben bei jeder Bewegung spürbar gemeutert. Bernd hatte auch einen leicht merkwürdigen Gang, aber er klagt ja nicht. Ein Mann klagt nie!
Das Essen in dem deutsch geführten Restaurant war gut, die Bedienung freundlich. Draußen regnete es nun heftig aber wir saßen überdacht, dennoch zog es wie Hechtsuppe. Der sehr krass weihnachtlich geschmückte Raum füllte sich trotzdem schnell. Man verspeiste mit gutem Appetit fette Portionen. Wir sind dann auch wieder gut abgefüttert nach Hause und bald in unseren Betten verschwunden.
Wir haben einen fahrbaren Untersatz, ein hochbeiniges Auto. Somit ist klar, dass wir uns heute damit auf die Piste begeben, denn ein beachtlicher Muskelkater umgibt wenig schmeichelnd unsere morschen Knochen. Bernd leidet stumm, nun auch ich. Wir fahren, begleitet von einem unvorstellbaren Sturm, in die Berge. In Arure machen wir wegen der unglaub-lichen Aussicht Halt. Mirador de Santo, eine Kirche Namens San Antonio. Der Wind hätte mich glatt runter geweht, wenn ich mich nicht an Bernd geklammert hätte, wobei er ja auch nicht gerade ein Hüne ist. Nun, wir haben uns aneinander festgehalten. So ging es. Der liebe Gott hat uns nicht von seinem Territorium wehen können, wir sind freiwillig weitergefahren.
Das habe ich so auch noch nicht erlebt. Und weiter ging es in die Höhe. In einer „Kneipe“ machen wir Rast um dort auch den berühmten gomerischen Palmenhonig zu kaufen. Ich entscheide mich noch für zwei Gläser Mojos-Grundstock (will zu Hause auch mal diese leckere Paste herstellen) und bestelle mir ein Stück „Apfelkuchen“, der so gut und verführerisch aussah. Der Kuchen war aus Kartoffeln und schmeckte nach Arsch und Friederich, oder besser eigentlich nach nichts. Ich öffnete den roten Mojos und bekam damit etwas von dem Kartoffelkuchen hinter. Auf La Gomera gibt es nicht wirklich den geliebten Kuchen, nur so Muffin-ähnliche Gebilde oder süße Teilchen, die nicht sehr frisch und vertrauenerweckend aussahen. Zum Glück gab es keinen Kuchen!!! Dennoch hatten wir Lust auf etwas Süßes. Hin und wieder ein Eis, das musste genügen. Aus Verzweiflung kauften wir diese Muffins und aßen jeden Tag zum Kaffe zwei dieser Dinger. Es geht also auch ohne Kuchen. Ich habe trotzdem zugenommen, worüber ich aber jetzt nicht sprechen möchte.
Dann schauten wir vom Mirador de Alojera in die Ferne und es war immer noch furchtbar stürmisch aber die Sicht war gut. Das ist nicht immer so, eher selten, denn meistens ist es oben neblig und regnerisch, nur weiße Suppe. Wir hatten aber auch Glück. Manch einer hatte geführte Wandertouren teuer fest gebucht und konnte keine Fernsicht genießen, nur bibbernd hinter dem Führer traben. Das wollten wir nicht. Wir sind kein Herdenvieh, gehen lieber alleine los, wenn uns danach ist, abgesehen mal vom Preis der Führungen, der nicht billig ist.
Am Choros de Epina, sind Quellen, die unheimlich tolle Wirkungen haben sollen, wenn man in richtiger Reihenfolge davon trinkt. Soll für die Liebe gut sein und die Chancen zügig geheiratet zu werden, furchtbar steigen lassen. Ob das alles so gut ist? Wer weiß das schon? Wir haben aber mutig einen Schluck gewagt. Es gab da gerade und krumme Röhren, aus den einen sollten die Männer trinken und aus den anderen die Frauen. Wenn man es falsch macht, können Frauen leicht zu Hexen mutieren. Ich hoffe nur, dass da nichts schief gegangen ist.

Trotzdem fahren wir frohgemut weiter und zwar runter ans Meer in die Sonne nach Alojera. Unten angekommen, parken wir das Auto und steigen hinab zum Wasser. Dort sitzen einige Ausflügler draußen und essen Fisch, schauen aufs Meer und alle sehen glücklich aus. Wir gehen ein wenig herum, Bernd wagt sich auf die kleine Mole aber es ist sehr windig, ich bleibe vorsichtshalber zurück. Dies ist ein kleiner netter Ort aber doch ziemlich abgelegen und ganz ohne touristischen Touch, was für Einsamkeit Suchende. Nun, wir wollen weiter und steigen wieder hoch zum Parkplatz. Der Muskelkater lässt grüßen. Wir fahren nach Vallehermoso im Norden der Insel gelegen. Auf der Karte sieht der Ort groß aus. Ist er aber nicht, eher auch ein Dorf. Die Häuser kleben zum Teil auch verstreut an den Bergen. Uns ist schleierhaft, wie man manchmal dorthin kommt. Mitunter gibt es aber erstaunlicherweise wieder Teerstraßen zu einzelnen total abseits gelegenen Gehöften oder Finkas, wie man sagt. Ich glaube, die Leute müssen sich sehr gut überlegen, was sie so brauchen, wenn sie einmal rauskommen, denn mehrmals kann man die Wege schwerlich bewältigen.

Manche Hütten sind allerdings auch verlassen. Wovon kann man hier auch leben? Die über die Jahrhunderte angelegten Terrassen in den Bergen (manche Berge sind fast völlig terrassiert) scheinen keine ackerbauliche Funktion mehr zu haben. Sie sichern wohl nur noch den Berg. Man hat hier auch viel Monokultur betrieben. Es hieß, erst war das Zuckerrohr da, dann die Kakteen als Wirt für Farbe spendende Läuse, schließlich die Bananen…heute sind es die Apartamentos!
Na ja, dies scheint fast ein trauriges Thema zu sein.
Ich will mich lieber wieder unserer Tagesroute zuwenden. Wir fahren runter zum Castillo del Mare. Dort stellen wir an der Küste unser Auto ab und bestaunen fasziniert die Riesenwellen, die mit brutaler Gewalt und Getöse heranrollen. Donnerwetter, das waren Jonnys! Man bekommt Respekt vor der Macht der Natur. Was sind wir doch für kraftlose Winzlinge. Umso erstaunlicher ist es immer für mich, wenn man sieht, dass die Menschen Kraft ihres Einfallsreichtums, die Natur immer wieder bändigen können. Aber wir wissen, dass dies nicht immer und schon gar nicht auf Dauer klappt. Wir gehen in Richtung Castillo. Hier war früher
für La Gomera das einzige Tor zur Welt, hier wurden die Früchte der Insel auf Dampfer verladen. Hier rollte das erste Auto auf die Insel. Eine Sturmflut zerstörte das Holzbauwerk und lange Zeit passierte hier nichts. Ein deutscher Fotograf (Müller) hat viel später mit seiner Familie so einiges aufbauen lassen, fast in Ursprungsform. So finden heute im Castillo viele Veranstaltungen statt und es gibt eine kleine Bar. Man kann auch eine Kleinigkeit essen. Wir verzehrten hier die beste Linsensuppe aller Zeiten, nebst einem ausgezeichneten aber ganz einfachen Tomatensalat nach Hausmannsart. Der Castilloeigentümer zeigte auch einen Film über La Gomeras Geschichte.
Anschließend fuhren wir zurück durch den Lorbeerwald nach Valle. Wir waren froh, wieder unten zu sein. Die Abfahrt über die Serpentinen durch den nebligen und regnerischen Wald behagte mir gar nicht. Eine Kurve folgt der anderen und plötzlich kommt einer von vorne, der die Kurve schneidet. Na ja, Bernd musste sehr aufpassen. Meistens sind die Hauptstra-ßen aber von guter Qualität. Sie sahen noch relativ neu aus. Ich glaube, eine Straße in den Bergen zu bauen, ist eine sehr komplizierte und teure Angelegenheit, abgesehen mal von dem Bau eines Tunnels.
Am Abend wollten wir im Casa Maria Fisch essen. Das Restaurant liegt direkt am „Strand“ in La Playa, wo man sitzt und auf den Sonnenuntergang wartet.

Dort hocken die Leute auf den Steinen, oder auf den Klappstühlen vor der Bar von Casa Maria und dösen vor sich hin, warten auf den Sonnenuntergang und auf das, was eventuell danach passiert. Viele sitzen einfach nur da und trinken Bier oder sonst was. Man erholt sich von der Wanderung. Manch einer scheint aber auch gar nicht weg gewesen zu sein. Dort ist man eben am Abend. Dies ist der Treffpunkt für Allerlei, wofür auch immer. Wir wollen Fisch essen. Die Bedienung ist schlampig und unfreundlich, der viel gerühmte Fisch schmeckt uns überhaupt nicht. Wir sind enttäuscht. Bernd ist ein wenig fuchtig, aus Versehen fällt ein Weinglas um. Wen kümmert das. Die Kellnerin bemerkt unseren Hilferuf nicht, sie steht in der Ecke und hat eine Wasserflasche am Hals. Wir gehen. Es war dennoch ein erlebnisreicher Tag. Wir haben viel von La Gomera gesehen
Am nächsten Tag frühstücken wir wieder ganz geruhsam im Sonnenschein auf der Terrasse. Die See hat sich beruhigt. Es ist sehr warm, richtig wie im Sommer. Man glaubt es nicht, denn in Deutschland ist zum Teil Schneechaos, sagt der Wettermann. Bernd mosert wegen der lauten Nachbarn, die mit ihren Kindern eher aufstehen als wir. Sie knallen scheinbar ständig mit den Türen und rennen hin und her. Man hört alles.
Heute wollen wir nach Alajero und eventuell den letzten Drachenbaum der Insel bestaunen. Wir fahren über die Berge in Richtung Süden. Alle Straßen führen durch und über die Berge. Man ist immer und täglich am Abgrund, mal ganz, ganz oben und schnell wieder unten. Es ist immer sehr steil, weit draußen sehen wir den Ozean und ganz tief unten die klitzekleinen Häuser unseres Urlaubsortes in Valle. Ich bin immer wieder fast ergriffen von der Erhabenheit der Weite, wenn wir oben sind. Doch unten fühle ich mich sicherer, wenn auch wieder-um schwer bedrängt durch die nahen, bedrohlichen, kahlen und sehr hohen Felsen. Auf den Straßen liegen oft auch reichlich dicke Klamotten, die sich vom Berg bei Sturm lösten. Wenn man die rein zufällig abbekäme, wäre das auch nicht sehr witzig.
Den Abstieg zum Drachenbaum wollten wir uns nicht zumuten. Er stand weit unten im Tal und wir hätten nach Besichtigung auch wieder reichlich nach oben zum Auto aufsteigen müssen. Wenn auch der Weg nicht lebensgefährlich war, wir wollten dies beide nicht. Also zugegeben, wir waren zu bequem und der Muskelkater war auch noch nicht weg. Mein Gott, sind wir vielleicht Spitzensportler? Bernd hat ihn fotografiert…von oben eben. Bernd meinte, er hätte bereits weit aus größere Drachenbäume gesehen, dieser wäre furzig, zumindest von oben. Außerdem musste ich ´mal, was ja schließlich vorkommen kann. Also kehren wir ein, trinken was, ich den obligatorischen frisch gepressten Orangensaft und Bernd einen Kaffee americano.
Dann fahren wir weiter zum Playa de Santiago, wo wir, um nicht zu verhungern Bocadillos essen und einen Fahrstuhl bestaunen, der im Inneren des Berges extra für die vornehmeren Urlauber nach oben bzw. unten führt. Angeblich gibt es oben sogar Golfplätze und halt die nobleren Hotels, unten am Meer ist eine weitere Anlage geschaffen mit Pool etc. und Minigolf für die Gäste dieser Kategorie. Ansonsten gibt es hier einen kleinen Hafen und den üblichen kleinen Strand mit rabenschwarzem Sand. Unterwegs, weiter höher sahen wir den Flugplatz La Gomeras. Selten fliegt hier einer ab. Man sagte, dass vier Linienflüge am Tage gestartet werden. Das ist alles. Wir fahren wieder nach Hause. Bernd meistert die Serpentinen schon wie ein Einheimischer. Er hat sich eingefuchst, man merkt ihm keine Furcht vor den Abgründen an. Aber ich glaube, er kann sich nur sehr gut beherrschen und konzentrieren. Wenn ich hätte fahren müssen, dann wäre ich gestorben. So bin ich wieder ziemlich froh, dass wir am Nachmittag wieder in Valle sind, um uns auf unserem Balkon auszuruhen. Ich haue mich dann noch ein wenig aufs Ohr, bin ewig müde. Obwohl dieses ständige hoch und runter Fahren mit reichlich 1000 Meter Höhenunterschied auch müde macht? Während der Fahrt bin ich jedenfalls nicht unbedingt gelöst, bremse zuweilen auch mit, bin überhaupt nicht müde. Oder ich bin eine generelle Schlafmütze?
Egal, heute gehen wir eine Pizza beim Italiener essen. Nebenan war für 21.00 Uhr Lifemusik angekündigt. Wir werden sehen, ob es uns zusagt. Eintritt ist frei. Vorher schlendern wir noch am Wasser entlang nach La Playa, wo die ganze rasterlockige Brut sich wieder versammelt hat und auch die anderen Sonnenanbeter. Es riecht süßlich nach dem Rauch der Kiffer. Mir wird übel davon. Bernd holt sich ein grünes Eis und wir wallen zurück, um die Lifemusi zu erleben. Die Bude füllt sich und es geht los. Ein Gitarrenspieler und ein auf einer Kiste sitzender Jüngling, der den Rhythmus kratzt und schlägt, unterhalten uns mit Klängen aus unserer Sturm- und Drangzeit. Der Sänger mit der Gitarre gibt alles und schafft es, die Leute aus der Reserve zu locken. Auch uns gefällt es. Dann greift noch der Kneipenbesitzer zur Quer-Flöte und später zur Geige und spielt wirklich virtuos. Alles super rockig und durchaus hörenswert. Wir klatschen wie blöde und schlürfen nebenbei Sangria, die ja gaaanz harmlos sein soll. Der Abend war schön und sehr unterhaltsam. Wir gehen angeregt und irgendwie leicht bedüdelt nach Hause.
Am 31.12. fahren wir noch mal nach Vallehermoso, von dort über Las Rosas nach Argulo, was sehr schön gelegen mit Blick auf Teneriffa und dem höchsten Berg dem Teide, dessen schneebedeckter Gipfel wie aus dem Nichts auftauchte. Weiter ging die Fahrt nach Hermigua, die Strecke bot unendlich viele herrliche Ausblicke und dann runter nach San Sebastian, unserem Landungsort. Eine tolle Strecke mit diversen Tunneln. Wir konnten uns nicht verkneifen, einmal zu halten und vor dem Tunnel die alte Straße zu Fuß ein wenig zu verfolgen. Es war warm und windstill, man hörte von ganz unten furchtbar hellhörig die Hunde bellen. Uns war schon klar, dass man hier nicht mehr offiziell mit dem Auto lang fahren sollte. Die Begrenzungssteine waren sehr verrottet, zum Teil fehlten sie bereits, weil selber abgestürzt, zum Teil war einfach der Zahn der Zeit grausam tätig. Alles sehr bröcklig.
Aber um jede Kurve gab es neue schöne Sichten, bis wir dann doch wieder umkehrten. Man hätte ewig weiter wandern können und zwar ganz in Ruhe, auch ohne halsbrecherisch zu klettern. Doch wehe, wenn das Wetter umschlägt, dann könnte der Berg auch hier ganz schön gefährlich werden, wegen seiner Brösligkeit. Wir haben die Steine gesehen, die zuweilen von oben herabfallen. Wenn es hier stark weht oder richtig regnet, dann würde ich auch lieber nicht an diesem Ort wandern wollen oder müssen. So war aber alles ganz wundervoll. Ich habe Blumen gepflückt. Weiber pflücken immer Blumen oder sammeln Steine. Das habe ich natürlich auch gemacht. Es gibt erstaunlich merkwürdige Steine, die ganz leicht sind, oder halt die schwarzen der erstarrten Lava oder so. Ich habe davon nicht viel Ahnung. Bernd nimmt zur Erinnerung Sand mit, schwarzen vom Strand und roten aus dem hohen Bergland.
In San Sebastian ist schon mehr los, aber es ist auch eigentlich nur eine kleine Stadt. Wir schlendern umher, essen ein Bocadillo, gekauft in einer unerträglich lauten Bar, schauen zu, wie man sich auf den Silvesterabend vorbereitet. Scheinbar ist ein Feuerwerk am Strand geplant und auf dem Plaza hören wir einige Bands auf großer Bühne proben. Wir spazieren gemütlich durch den Yachthafen und schauen auf der Mole stehend auf den Horizont. Eine Fähre kommt. Wir verschwinden wieder hoch in die Berge. Auf halbem Wege aber dennoch schon ganz weit oben, halten wir noch einmal und pilgern zum Monomento, dem Corazon de Jesus. Oben sehen wir ganz unten, unendlich klein, ganz San Sebastian liegen. Wir fotografieren, es geht nicht anders, die Aussicht ist zu schön. Dann fahren wir wieder ganz nach oben und wie grausam, wieder durch den nebligen Lorbeerwald ganz nach unten. Wir kennen das ja, aber gewöhnen können wir uns daran nicht. Die Fahrt bleibt ein Abenteuer.
Wir wissen in Valle ist Silvester nichts los. Dies bekümmert uns nicht, wenn wir auch einigermaßen erstaunt waren, zu hören, dass selbst das erste Haus am Platze am 31.12. des Jahres um 22.00 Uhr bereits die Pforten schließt. Wahrscheinlich sind im Winter nicht so viele Gäste da, dass sich eine Party lohnen würde. Auch andere Lokale haben geschlossen oder es ist nur üblicher Gaststättenbetrieb. Wir können aber damit leben und beschließen ein wenig herumzuwandern, um irgendwo gut zu essen und vielleicht eine Flasche Wein zu trinken. Wir machen uns schön. Also, was man halt darunter versteht, nichts Großes, Bernd ein weißes Hemd und ich ein schwarzes Oberteil. Wir wandern nach La Playa. Das geplante Restaurant hat geschlossen. Am Strand tummeln sich wie immer die gleichen Leute. Aber immerhin, man baut schon mal eine Bühne auf und eine Band beschäftigt sich mit ihren Instrumenten. Vielleicht schaffen sie es noch, bis um zwölf mit diesen Vorbereitungen fertig zu sein. Eigentlich wollten wir erst einmal nur zivilisiert essen, also pilgern wir zurück.
Neben unserem Hotel ist ein größeres Restaurant. Wir finden noch einen akzeptablen Platz und können die illustren Gäste beobachten. Nach Silvester sieht es aber nicht aus. Nichts deutet auf den Jahreswechsel hin. Wir bestellen eine gute Flasche Rotwein. Die Bedienung ist erst maulig, weil Bernd zur Probe zunächst nur ein Glas wünschte. Später wurde sie geringfügig freundlicher. Wir entschlossen uns, Kaninchen und vorher Salat zu essen. War nicht berauschend aber durchaus schmackhaft, halt nur ganz einfach zubereitet. Einer der Kellner haute dann mit Karacho unsere Pulle Wein vom Tisch. Wir erhielten sofort eine neue.
Wir essen und schauen, was sonst noch passiert. Plötzlich kommen offensichtlich Einheimische in höchster Abendrobe ins Restaurant. Sie mit langem Kleid und er im Abendanzug. Völlig overdresst, meint Bernd. Die anderen Leute im Lokal waren wie immer angezogen, also in Wanderaufmachung. Egal, man kannte sich und großes Hallo. Tische wurden zusammengerückt. Aber es blieb doch insgesamt verhältnismäßig ruhig. Wir hatten nicht den Eindruck, dass gefeiert wurde. Wir brechen dann auch auf, nachdem wir unseren Wein ausgetrunken hatten.
Es war noch nicht Mitternacht. Wir sehen, dass andere Menschen auch ein wenig irritiert herumlaufen. Wir haben keine Lust mehr irgendwo hinzugehen und verschwinden ins Quartier. Das Fernsehen ist erwartungsgemäß Kacke. In Deutschland ist schon das große Prosit Neujahr angesagt. Hier kommt das, wenn überhaupt, eine Stunde später. Mich stört dies natürlich gar nicht. Ich bin bettreif und Bernd auch, also machen wir es uns dort gemütlich und dann… Prost Neujahr Bernd und Prost Neujahr Helga! Auf das Neue Jahr! Auf uns! …und wieder gute Nacht. Des Nachts hören wir ewig ein lautes Klopfen und Wummern, auch Keifen. Einer wird nicht rein gelassen, warum auch immer. Wir träumen uns in den Neujahrstag.
2006 beginnt mit viel Sonne, kaum Wind. Wir frühstücken draußen. Bernd hatte so ein Rumoren im Leib…das Kaninchen? Man weiß es nicht. Mir ist sehr wohl.
Heute wollen wir zur Schweinebucht. Zu Fuß! Wir fühlen uns stark und genug gestählt, um wieder ein wenig zu wandern. Wir laufen direkt neben dem Riesenberg in der Sonne. Es ist nur ein kleiner Fußmarsch, der aber auch von jedem zu leisten ist. Am Strand angekommen, er besteht erwartungsgemäß nur aus Steinen, sehen wir einige Familien lagern. Sie haben sich zwischen den Klamotten so gut es geht eingerichtet. Baden kann man hier nicht. Die relativ kleinen Steine (kohlkopfgroß) liegen locker übereinander. Darüber zu gehen ist kreuzgefährlich, denn einmal abrutschen, kann fatal werden. Wir sahen schon Menschen mit Gehhilfen. Irgendwie reicht es mir und wir kehren um. Nein, es gefällt mir trotzdem alles ausnehmend gut. Die Felsen, das Wasser, die warme Luft, überall relativ wenig Rummel, keine Menschenmassen, die touristisch bearbeitet werden, kein Schickimicki, alles sehr wohltuend, eine wilde Romantik, die mich beeindruckt und zwar nachhaltig im positivsten Sinne.
Wir wollen nun mal quer durch den Parque Nacional de Garajonay fahren, um dort oben zu wandern. Wir sind zunächst mit dem Auto unterwegs und das ist gut so, denn heute ist wieder „Der weiße Neger Wumbada“ an der Macht (kindlicher Hörfehler aus „Der Mond ist aufgegangen…2. Strophe…der weiße Nebel wunderbar…). Also es scheint hoffnungslos, alles weiße Suppe, widerlich nass und kalt. Wir fahren zum Informationszentrum des Nationalparkes und wir wollen dennoch auf den allerhöchsten Berg der Insel den Alto de Garajonay. Im Zentrum stürzt vor uns der Inhalt von drei Bussen schnatternd mit gezückter Kamera umher. Die Toiletten werden ebenfalls stark frequentiert. Ich wollte dies natürlich auch und hatte so meine Befürchtungen. Aber die Sache ging gut aus. Alles bestens abgelaufen. Die Busse sind mit ihren Genusswanderern (so heißt das ganz offiziell), wieder abgefahren und wir hatten das Terrain für uns.
Eine sehr schöne Anlage im Großen und Ganzen. Natürlich kann man viele Treppen nach oben steigen, um Ausblicke zu genießen. Wir taten dies schnaufend und wurden belohnt. Der Nebel ließ einige Lücken frei. Unten gab es noch einige Angebote von einheimischen Handwerkern, Keramik, handgewebte Teppiche, Taschen und auch Gebäck, welches frisch aus einem Ofen gezogen wurde. Aber ich habe es mir eisern verkniffen und mir eine Umhängetasche gekauft. Dann fahren wir weiter um zu unserem Bergsteigerglück zu kommen. Das Auto wird geparkt und die letzten 1500 Meter wandern wir in die schwindelnde Höhe von 1487 m auf relativ ungefährlichem Weg immer schön nach oben, wo uns ein mörderischer Wind empfängt. Sehen können wir kaum etwas. Also gehen wir wieder ein wenig enttäuscht.
Runter ist der Gang viel leichter, deshalb werden wir schon wieder übermütig und blödeln. Wir überlegen, wie sich die Bergwanderer wohl grüßen, denn es begegnen uns so einige alpin verkleidete Bürger. Wir einigen uns auf „Berg heil“. Dann unternehme ich einen schwachen Versuch zu Jodeln, lass es aber zum Glück aller Wanderer. Ich finde, wir nahmen den Berg nicht gerade ernst und in seiner Jeansjacke sah Bernd kaum angemessen wandermäßig aus. Ihn stört dies rein gar nicht und mich eigentlich noch weniger. Irgendwo fahren wir eine Straße hinab, die ein schier teuflisches Gefälle aufweist. Ich habe das Gefühl, gleich steht das Auto hochkant, mein leckeres Bocadilla überschlägt sich im Leib und schwabbt hin und her. Mahlzeit! Doch wir kommen ganz heil wieder in Valle an, kaufen ein. Eigentlich wollten wir den einzigen Fleischer des Ortes aufsuchen, denn wir planen einmal selber zu kochen. Der Fleischer hat geschlossen. Morgen werden wir einen zweiten Anlauf starten.
So fahren wir nach La Calera und entdecken ziemlich oben ein ganz wundervoll gelegenes Restaurant mit dem schönen Namen „ Orquidea“ Wir sitzen auf einer Terrasse, umgeben von prächtigen rot und orange blühenden Büschen. Wir schauen nun auch auf das Wasser über den malerischen Ort in die untergehende Sonne, hinter uns riesige schroffe Felsen. Dazu klassische Musik und gomerianische Gesänge (geht uns aber auf Dauer ein bisschen auf den Keks). Das Essen ist ganz gut.
Ich bestellte mir leichtsinnigerweise Hähnchen mit Knoblauch. Der Knoblauch ist wie Gemüse zubereitet…ist mir zu heftig. Das Geflügel schmeckt, aber der bereits an anderer Stelle genossene Superbroiler ist nicht zu toppen. Dafür ist die Creme de Catalana Spitze. Ich verdrehe schwelgend die Augen.

Irgendwie gewinnt man allmählich den Eindruck, alles dreht sich ums Essen. Der flüchtige Eindruck täuscht…nicht. Gutes Essen ist wichtig aber nicht allein. Schließlich sind wir immer auf Achse und sehen unglaubliche Täler und Berge, die sich alle ähneln aber auch wieder nicht, immer faszinieren sie aufs Neue. Wir halten an, laufen herum, fotografieren, studieren die Karten und lernen allmählich die Insel kennen.
Am Abend wollen wir kanarisches Gulasch essen. Ach hätten wir es lieber sein lassen! Es sind unglaublich viele braune Fleischbrocken auf einem großen Teller, fast ungewürzt, nur weich gekocht, in einer undefinierbaren Brühe liegend, dazu die unvermeidbaren Schrumpelkartoffeln. Ich esse sie und bin satt. Bernd lässt sie empört liegen. Nebenan zanken sich dämliche Urlauber um einen Tisch. Wir flüchten und lassen auch den Absacker aus.
Heute wollen wir den viel gepriesenen Früchtegarten besichtigen. Bernd hält noch Ausschau nach der neusten Ausgabe des Valle-Boten, herausgegeben von Capitano Claudio in deut-scher Sprache. Nur ist sein „Kabuff“ heute geschlossen, er ist wohl auf Segeltörn, wie zu lesen ist.
Wir also zum berühmten Früchtegarten. Es geht wie zu erwarten stramm aufwärts. Wir müssen uns auf eine Führung einlassen (pro Person beachtliche 9 Euro), anderes ist hier nicht gestattet. Es gibt winzige Kostproben exotischer Früchte, erstaunlicher Weise verzichtet Bernd manchmal. Ich nehme alles und finde es zuweilen ganz wohlschmeckend und sehr interessant. Dafür bin ich sonst immer Diejenige, die nicht alles zu kosten bereit ist. Man weiß das ja, „wat der Buar nich kennt, ät er nich“. Übrigens der Granatapfel soll zugleich aphrodisierende Wirkungen haben und empfängnisverhütend für die Frau sein. Wie auch immer, er schmeckte sehr erfrischend. Dann gibt es Bananen, die nach Apfel schmecken und Zitronen, die unverschämt dick und riesig am Baume hängen. Ich kaue total hartes Johannisbrot (soll abführend wirken, Bernd kaufte später in Wiesbaden prompt zwei Schoten für mich, deren Kerne hart und glatt wie ausgebrochene Zähne nebenbei im Mund herumlungern). Auch hören wir erstaunt, dass die großen jungen grünen Ohren der Kakteen gebraten essbar sein sollen. Na, davon gibt es reichlich auf der Insel. Ein derartiges Gericht ist uns aber nicht untergekommen.
Wir fahren dann wieder mit dem Auto in die Berge und lauschen der deutschsprachigen Radiowerbung. Da wirbt der beste Kammerjäger der Insel für seine erfolgreiche Kakerlaken-bekämpfung und wünscht uns immer noch frohe Weihnachten. Wir sind gerührt oder sollten wir nun beunruhigt sein? Nun, wir haben keine Tiere entdeckt. Die Tierwelt ist sowieso nicht sehr üppig hier. Nicht einmal die Vogelwelt ist zahlreich vertreten, obwohl die Felsen doch Nistplätze bieten. Ich verstehe nichts von Vögeln und bin es auch so zufrieden. Auf der Insel soll es ja eine Echse geben, die als Figur in zahlreichen Andenkenläden fast wie ein Wahr-zeichen angeboten wird. Nun, in der Flagge sind allerdings zwei Hunde. Man müsste recher-chieren, aber ich lass es. Könnt ihr selber herausfinden.
Heute kochen wir selber. Abends riecht es immer so gut. Scheinbar brutzeln die Nachbarn was das Zeug hält. Der Fleischer, ein Deutscher, hat heute geöffnet. Er hat alles, was das Herz begehrt, wenn auch teuer. Wir entscheiden uns für ein kleines Schweinelendchen. Gemüse (Paprika, Zwiebeln, Knoblauch) haben wir, auch Kartoffeln, die wir zu Bratkartoffeln verarbeiten. Der Herd in unserem Hotel ist allerdings furchtbar und die Pfanne auch, kaum zu gebrauchen, weil total uneben. Na ja, ich mache was draus, wir verbreiten die tollsten Düfte und speisen bis zum Umfallen. Dazu ein Bier, Prost!
Heute ist schon der 04.01.2006, die Zeit schreitet bedenklich schnell fort. Jeder denkt schon zwangsläufig dann und wann an die bevorstehende Heimreise, sagt es aber nicht laut. Der Himmel ist bewölkt und unten schnattert lautstark eine mit der Palmenpflege beschäftigte Frauenbrigade. Mit grünen Warnwesten versehen, beschneiden sie die dicken Palmen. Sie erinnern mich an die ABM-Truppen in Deutschland, nur dass die Spanierin bei der Arbeit in voller Schönheit, mit Schmuck behängt erscheint.
Bernd liest in seinem mitgebrachten Buch „ Die Räuber“ und ich schreibe an meinem Reise-tagebuch. Ein Buch habe ich auch dabei und bereits ausgelesen. Mit mörderischem Lärm fährt plötzlich ein Lautsprecherauto vorbei. Es wird brüllend für eine Veranstaltung gewor-ben, dann wieder Volksmusik oder so was Ähnliches. Wir sind fast zu Tode erschrocken und froh, dass das Gefährt weiterfährt.
Wir haben Andenken gekauft, Sonnen aus Holz und Keramik, hiesige Produktion, erinnernd an die warme, wohltuende Sonne über La Gomera, während in Deutschland Dächer auf Grund der Schneelasten zusammenbrechen. Das ist nicht zu fassen und dort müssen wir in Kürze wieder hin. Huuh! Der Fotoapparat signalisiert „Speicher voll“, auch sind mit der anderen Kamera alle Filme verknipst, ein untrügerisches Zeichen für den zu Ende gehenden Urlaub.
„Ob ich noch Klavierspielen kann?“, denke ich. Auch hätte ich wieder mal Lust, ein Bild zu malen oder an meinem Buch zu arbeiten. Irgendwie kann ich dies nur, wenn ich völlig alleine vor meinem PC hocke. Das kommt aber mit Sicherheit wieder. Somit gibt es doch Gründe, sich auf das Zuhause zu freuen und es sind weit aus mehr: unsere schöne Wohnung, unsere Betten zum Beispiel!! Bloß nicht an den beschissenen Winter denken.
Wir wollen noch einmal in Richtung Schweinebucht wandern, denn beim ersten Versuch waren wir nicht ganz in der Bucht. Es ist die nächste Bucht, die weitaus schwerer erreichbar ist, denn man muss über rollende Steine wandern und wieder hoch und halsbrecherisch über reichlich große Felsen klettern. Wir sehen manchmal ein winziges Zelt oder eine kleine Feuerstelle, eine abgerissene Sandale, haben einen wundervollen Blick über das Wasser zum Horizont und klettern weiter. Die legendäre Bucht soll früher ein Domizil der Hippies zahlreicher Hippies gewesen sein, die in Felshöhlen irgendwie campierten und hier ungestört ihren „interessanten Tätigkeiten“ nachgingen. Nun, diese Zeiten sind lange vorbei, hier gibt es diese schillernden Typen auch nicht mehr. Im Übrigen sah man sie auch nicht gern und wollte sie von Zeit zu Zeit vertreiben. Scheint gelungen zu sein. Der sinnige Name der Bucht: „Schweinebucht“ hat sich erhalten. Baden kann man hier auch nicht und etwas Besonderes zu sehen gab es nicht also kehrten wir um. Dennoch nehmen wir vor dem Abstieg zum Hafen noch eine kleine Auszeit, es ist relativ windstill, wir schauen verträumt über das heute so friedvolle Meer in die Sonne und finden es ganz wundervoll. Man muss es einfach lieben….dennoch sind die Ostseestrände viel schöner…
Nach erfolgreichem Herunterklettern und strapaziöser „Wanderung“ auf dem fiesen Strandgeröll, dem langsamen Gang zwischen himmelhohen Felsen und dem Wasser, man fühlt sich wieder wie eine zweibeinige Ameise, schlendern wir noch im Ort auf harmlosen Wegen herum, dann noch einmal zum Playa de Ingles, um von unserem Felsenplatz den wagemutig Badenden zuzuschauen. Es ist schön dort zu sitzen aber immer krass windig. Erstaunlich viele Menschen haben sich versammelt, lagern hinter den Felsen. Weiter vorne, etwas entfernt vom Wasser, hier ist wenig Wind, spielen sogar einige im schwarzen Sand Volleyball.
Bernd hat schon ausbaldowert, wo wir abends dinieren, soll gehobene Küche sein. Das weit oben gelegene Restaurant heißt „El Mirador“ und wird seinem Namen gerecht. Die Aussicht von unserem Platz ist atemberaubend. Die Stühle haben sogar Stuhlkissen. Alle Gäste sind Deutsche, die auch reichlich lärmend speisen. Ich esse ein vorzügliches Solomillo con mile, ein Steak mit Honigsoße. Wir sind zufrieden. Dann nehmen wir im Hafenviertel Vueltas noch einen Absacker im Cacatua, einer kleinen Bar. Wir sitzen aber draußen und beobachten die Leute, die Hunde und fühlen uns gut. Manche Leute trifft man immer wieder.
Morgens im Hotel verursachen unsere Nachbarn den üblichen Radau. Bernd möchte die Pest umbringen aber wir schlafen dann doch aus Protest bis um 10.00 Uhr und frühstücken ganz gemütlich. Nichts ist heiliger als ein genüssliches Frühstück. Heute wollen wir noch einmal in die Berge aber sie verhüllen sich. Irgendwo sitzen wir dann und nehmen einen Imbiss, ein großer Sonnenschirm fällt um. Ich habe das knapp überlebt. Wir kaufen eine Tüte Schweine-öhrchen und sind sie da sind sie weg. Es ist der Sturmwind am Strand. Wir sind Krümelmon-ster. Heute habe ich mal Kopfschmerzen aber sie bringen mich nicht um. Doch man ist verpimpelt und schluckt ein Tablettchen. Am Abend essen wir Nudeln und Schinken mit Melone. Die Melone ist super.

Heute am 06.01. ist auch hier Feiertag, großer katholischer Feiertag. Wir sehen von weiten Prozessionen in Trachten, man hört Gesänge, kleinere Tänze der in blauen Kleidern angezo-genen Mädchen, die Polizei sperrt Straßen. Urlauber rennen den Einheimischen hinterher um ein Foto zu erhaschen. Wir halten uns im Hintergrund, sind ja auch alle Filme im Kasten. Heute ist unser letzter Tag. Wir gönnen uns einen Scheidebecher in der Gelateria Crema. Ich habe in meinem ganzen Leben nie einen derartig unverschämten Eisbecher gegessen, einen Copa de Frutas. War aber gut und die Sünde wert. Eigentlich wollten wir ja den Hausberg besteigen aber die Straße war ja gesperrt. Es sollte nicht sein! Es wäre bestimmt ein ham-merharter Knochen geworden. Also statt Bergwanderung der Eisbecher! Man kann dies auch mal unkommentiert lassen.
Zum Abschied essen wir, während vor unseren Augen die Sonne im Meer versinkt, ganz köstlich indisch. Die große schwarze Katze des Hauses sitzt neben mir auf der Bank. Am nächsten Tag heißt es Kofferpacken. Um 14.00 Uhr bringt uns ein Bus nach San Sebastian zur Fähre. Er erscheint vor dem Hotel pünktlich auf die Minute. Noch einmal fahren wir die Höhenstrasse hoch und runter, genießen still die wundervollen Aussichten Alles klappt wie am Schnürchen, die Fähre legt mit uns an Bord ab. Es ist eine noch größere. Wir haben einen tollen Platz, sitzen in Sesseln vor den riesigen Panoramafenstern und schauen in die Sonne, auf die recht hohen Wellen des Atlantiks und La Gomera verschwindet im Dunst der Wolken. La Gomera ist eine ganz besonders beeindruckende Insel und durchaus eine Reise wert Nur ist es nicht unser Paradies, zu krass, zu schroff, zu wild.
Es ist eine total faszinierende Fahrt mit der Fähre, ich kann das mächtige Auf und Ab der hohen Wellen genießen.
Nach vierzig Minuten laufen wir in Los Cristianos ein, finden unser Gepäck und steigen in einen Bus um, der uns zu unserem Hotel bringt, denn unser Flieger geht in aller Herrgotts-frühe am nächsten Tag. Wir sind nun in eine andere Welt geraten. Klein las Vegas!! Es ist ein Schock. Wir fühlen uns wie Bauern, die ihr Bergdorf verlassen haben. Leuchtreklame, Bars, edle Restaurants ohne Ende, Geschäfte, Krach, Menschen über Menschen, dabei hat der Abend erst angefangen. Vor den Lokalen lauern Mitarbeiter auf Kundschaft und sprechen die Vorbeigehenden an. Keiner entgeht ihnen. Riesenspeisekarten in 10 Sprachen, beleuchtet, locken und werben. Wir gehen am Strand ein wenig Spazieren, sehen den zahlreichen Surfern zu, die bis zum Dunkelwerden immer wieder auf die perfekte Welle hoffen. Manchmal kommt auch eine und es gibt sogar Beifall für den geschickten Wellenreiter.

Im Dunkeln sieht Los Cristianos sehr attraktiv aus. Es ist eine andere Attraktivität, nicht mit der wilden aber fremden, einsamen Schönheit von la Gomera zu vergleichen. Hier ist Touristenfang im großen Stil angesagt, Hektik, pulsierendes Leben in ebenfalls unvergleichlicher landschaftlicher Umgebung. Ich neige dazu, lieber ohne diesen Trubel, weniger konsumorientiert meinen Urlaub verbringen zu wollen. Unser Hotel ist der Hammer, ein mächtiger Koloss mit Hunderten von Zimmern. Wabengleich scheinen die kleinen Balkons in Richtung Meer an dem Bauwerk zu kleben, unten eine Megalobby, Restaurants, Bars und Musik zum Tanz, wird aber mager genutzt. Man sitzt in den zahlreichen Sesseln und trinkt irgendwas. Eine alternde Dame in auffallender, knallgelber Abendrobe tanzt mit ihrem Partner nach spanischen Rhythmen. Sie fühlt sich wahrscheinlich wie die Königin des Abends. Nun, warum auch nicht.
Wir waren vorher in einem Steakhaus und aßen geradezu bombastisch. Davon waren wir total begeistert (auch überfressen), denn es war nicht nur viel sondern auch ganz vorzüglich im Geschmack, darüber hinaus fast mit Showeffekt serviert , denn das frisch gegrillte Fleisch zischte und dampfte in der überdimensionierten Pfanne. Wir haben das beobachtet. Der Kell-ner hat vor dem Heraustragen über die heiße Fleischpfanne noch immer etwas Flüssigkeit geschüttet, dann dampfte es wie blöde und verursachte dieses Zischen, was alle Leute, auch die draußen vorbei gehenden, aufmerksam werden lies. Der „Leutefänger“, ein freundlicher Schwarzer, brachte eine Menge Gäste ins Lokal. Wir beobachteten diese Vorgänge interes-siert. Alles sehr professionell. Mit den Getränken wurden wir aber beschissen. Die waren zwar nicht zu beanstanden, nur der Kaffee war furchtbar, aber viel zu teuer. Bernd hat sich geärgert. Dann gingen wir in unser Hotel. Auch vor den Diskotheken wurde heftig um Gäste geworben. Vor unserem Nachtdomizil gab es davon mehrere! Wir begaben uns zur Nacht-ruhe, denn der Wecker würde uns um 3.45 Uhr aus dem Schlaf reißen. Nun, dazu kam es gar nicht, denn obwohl wir die Balkontür geschlossen hielten, der Lärm der feiernden Leute, der Diskotheken, machte Schlaf unmöglich. Ich war dann froh, aufstehen zu dürfen. Schnell haben wir das Hotel verlassen. Den anderen Urlaubern von La Gomera erging es ähnlich. Der Bus fuhr auf die Minute pünktlich ab zum Flughafen. Vorher wurden noch einige Abreisende eingesammelt. Das Einchecken ging problemlos von statten. Wir hatten ganz vorne im Flieger am Fenster einen Superplatz, ließen uns diesmal ein Nackenkissen geben. Das war klug.
Der Flieger war total ausgebucht, auch waren wieder Babies an Bord, die natürlich schrieen. Die armen Würmer, ihre Eltern gaben sich verzweifelt Mühe, sie auch mal ruhig zu stellen. Schwierig, schwierig! Ich bin froh, diese Aufgabe nicht mehr zu haben. Sonst war der Flug ruhig, wir sahen die Straße von Gibraltar und die schneebedeckten, gewaltigen Alpen, erhielten ein leicht besseres Frühstück und landeten wohlbehalten aber leicht geschwächt. Dann fuhren wir mit der S-Bahn nach Hause.
In Wiesbaden gab es keinen Schnee und es schien auch die Sonne. Zuhause alles in Ordnung, was will man mehr. Wir drehten die Heizungen auf volle Pulle, tranken guten Kaffee, aßen Spekulatius und den Restmohnstollen von Weihnachten (der war wirklich noch sehr gut). „Wir leben noch“, meldeten wir den in Deutschland zurückgebliebenen Familienmitgliedern, dann versuchten wir am Sonntagabend ganz langsam wirklich wieder anzukommen, jeder auf seine Weise. Bernd musste ja wieder am Montag in die Tretmühle. Ich habe es da ungleich leichter, habe Zeit Heim zu kehren. Ich verfasse diesen Reisebericht und durchlebe dabei noch einmal die vielen schönen und überwältigenden Eindrücke, denke an La Gomera, denke an einen wundervollen Urlaub mit Bernd, für den ich mich von Herzen bedanken möchte.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.02.2009

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