Man glaubt gar nicht wie schnell 14 Tage und Nächte verfliegen können. Ganz besonders, wenn sie mit schönen Erlebnissen angefüllt sind. Und das waren sie weiß Gott, unsere tollen Urlaubstage in Südfrankreich. Es war eine wundervolle Zeit in einer der wahrscheinlich eindrucksvollsten Regionen Frankreichs. Ich bin noch nie hier gewesen und reihe mich nunmehr todsicher in die Gruppe der zahlreichen Bewunderer der Provence ein. Bernd verbrachte schon einst einen Urlaub in dieser traumhaften Landschaft und kannte bereits vieles. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb konnte er nun mit mir ganz entspannt alles wiederholt oder neu genießen. Und dieses Alles war viel. Sehr viel!
Wir sind in mehreren Etappen auf Tour gegangen und gefahren, haben über 4000 km zurückgelegt und übernachteten in fünf verschiedenen Hotels (alles akribisch von Bernd via Internet vorher perfekt geplant und organisiert) Es klappte auch wie gewünscht alles ganz vorzüglich. Wir wussten stets, wo der müde Leib sich des Nachts betten wird, das beruhigt ungemein. Von den Städten Bollene, Avignon, Aix-en-Provence, Arles und Montpellier, den Standorten unserer Hotels, erkundeten wir täglich nach einem französischen Frühstück versteht sich (jeder weiß ja, was dahinter steckt: nämlich Kaffee, Baguette, Butter, Marmelade und ein Glas Saft, halt dem Petit-dejeneur, wie der Franzose sagt). Wir kommen damit klar, entschließen uns nach anfänglicher Ablehnung doch im Hotel zu frühstücken, denn es ist preiswerter und durchaus in Ordnung. Später lassen wir uns meist in einer Boulangerie, das sind die Bäckereien, in denen es ganz verführerische Sächelchen gibt (dazu werde ich noch kommen), ein knuspriges Baguette mit lecker Schinken und Käse herrichten und ziehen damit in der Faust neugierig über Märkte und belebte Ladenstraßen (es gibt nette kleine bunte Lädchen, natürlich oft sehr touristisch zugeschnitten), oder sitzen manchmal einfach unter den Platanen im Schatten, um auszuruhen, eine kühle Orangina zu trinken, eine saftige und aromatische Melone zu teilen (Stück ein Euro) und nebenbei den alten Männern beim Boulen zuschauend.
Ist wohl eine wichtige und äußerst beliebte Sportart der Männer, die auch Zeit am Vormittag haben, den Rentnern also vornehmlich. Man trifft sich vermutlich auch zum Tratschen dabei, denn man kennt sich. Hat was Gemütliches das Ganze!
Überall gibt es Brunnen oder Wasserhähne, man kann sich die Hände waschen, sich ein wenig erfrischen, was bei 30° irgendwie nötig ist. Wir sind es nicht gewohnt, in ständiger Hitze unterwegs zu sein, sind ein bisschen untrainiert, aber darauf wird nicht geachtet. Schließlich wollen wir das Land Kennen lernen, da heißt es auch einmal schwitzen und nicht nur dem Auto etwas abzufordern. Trotzdem waren wir froh, ein immer ein gutes Gefährt mit Klimaanlage und Navigation zu besitzen. Letzteres war sehr hilfreich, wir hätten uns wohl sonst oft verfahren, denn wir waren auch auf einsamen, kleinen Landstraßen unterwegs. Das war aber gewollt, denn wir möchten unbedingt auch ein wenig hinter die Kulissen schauen, durch die Dörfer fahren, manchmal Halt machen und ganz in Ruhe die fantastische, oft atemberaubend schöne, wildromantische Landschaft erkunden. Von der Autobahn aus entgeht einem so viel, abgesehen davon, dass mit den Mautgebühren kräftig abkassiert wird. Freilich ist das Autofahren in Frankreich etwas entspannter, da man höchsten 130 fahren darf. Bernd fährt also vorsichtshalber lieber vorschriftsmäßig und hupt fast nie, obwohl die Franzosen manchmal auch so ihren Stil fahren, der sonst schon Mal die Betätigung der Hupe herausfordern dürfte. Wir haben aber zum Glück Urlaub und somit Zeit. Auf den Landstraßen ist sowieso meist nur 70 erlaubt Wir sehen ganz besonders liebevoll mit Pflanzen, kleinen Bauwerken, Brunnen, Bäumen und gepflegtem Rasen gestaltete Kreisverkehrsinseln, fahren durch viele schattige Platanenalleen und erblicken staunend meterhohe, prall rot oder weiß üppig blühende Oleanderbüsche, die vielen eindrucksvollen Zypressen und überaus schönen großen Pinien, in denen mit Vorliebe die Zikaden (auch Grillen genannt) sitzen und lautstark zirpen (man kann sie übrigens in allen Läden, in jedweder Größe, fast wie ein Wahrzeichen anmutend, käuflich erwerben), fahren an großen oder kleineren Olivenhainen und zum Teil riesigen Sonnenblumenfeldern vorbei und entdecken endlich die lila bis blau blühenden, berühmten Lavendelfelder.
Die wollte ich ja erleben, unbedingt. Nun, wir haben sie gesehen und vor allem auch gerochen. Wir waren noch rechtzeitig vor Ort. Ich freue mich sehr. Wie toll, sie von weitem und aus nächster Nähe bewundern zu dürfen. Wir bekamen fast den Fotografierwahn. Den hatten wir dann übrigens fast immer. Unsere über Tausend gemachten Bilder sprechen Bände. Eine gute Auswahl zu treffen ist schwierig, denn die meisten sind einfach traumhaft gelungen.
Es wird Zeit, dass ich meine Gedanken ordne und von vorne beginne, sonst wird es am Ende nur Schwärmerei.
Wir legen also, nachdem wir ca. zwei Stunden des Weges von Wiesbaden aus hinter uns hatten, eine erste kleine Pause in Metz ein. Wir sind nun in Frankreich und genehmigen uns ein erstes französisches Frühstück. Eigentlich bloß so, Hunger hatten wir nicht wirklich. Wir laufen dann ein wenig herum, hören erste französische Laute, aber es regnet ein bisschen, deshalb verweilen wir nicht auf dem kleinen Markt und steigen wieder rasch ins Auto, denn wir haben schließlich noch eine lange Strecke vor uns. Zunächst immer schön Autobahn, für die Benutzung wird kassiert aber dafür kommen wir auch gut voran, keine Staus, keine Hektik, keine Raserei. Das ist ganz wunderbar. Wir sind guter Dinge. Es regnet noch eine Weile, dann wird es aber immer wärmer (wir sind in Wiesbaden bei 18 Grad losgefahren), die Sonne kommt raus und plötzlich meint Bernd, draußen wären schon 30°. Schließlich fahren wir ja auch in den Süden! Gegen Abend sind wir in Bollene und finden unser Hotel dank des schlauen Navis. Leider ist es nicht klimatisiert. Wir leiden deshalb des Nachts ein bisschen, denn an Schlaf ist bei den Temperaturen nicht zu denken, es ist stickig und laut, eine belebte Straße führt vorbei. Unser Abendessen vorher in Montelimare war auch nicht so doll. Bernd gnäckert, die Muscheln wären enttäuschend und sein Carpaccio reichlich lieblos angerichtet. Recht hatte er. Das Brot war auch eher schlecht. Brot ist uns aber stets wichtig. Altes Baguette ist halt wie Gummi Arabikum. Wer will denn so etwas knabbern? Wissen
die denn das hier nicht? Es ist ihnen scheinbar egal. Wir bleiben aber dennoch friedlich, wollen uns die Laune nicht verderben lassen. Niemals nich!!! Nun, der Wein war zu trinken und der Eisbecher versöhnte uns letztlich wieder.
Wir sind trotz der blöden Nacht am Morgen gut drauf und suchen uns ein Bistro in Orange. Frühstück muss sein. Frühstück ist heilig! Und das Frühstück war gut, wenn auch teurer als gedacht. Es ist immer teurer als gedacht in Frankreich. Natürlich ist es trotzdem wundervoll, denn das Land hat viel zu bieten. Bernd erwirbt noch eine deutsche Zeitung, dann wollen wir das Amphitheater besichtigen, welches ja so gut erhalten sein soll. Das ist es und es wird offenbar für viele Aufführungen genutzt. Wir zahlen Eintritt und laufen herum, steigen die hohen Treppen hinauf, knipsen alles und genießen nebenbei den Blick über die Stadt. Es ist aber unheimlich windig und sehr, sehr heiß. So entschließen wir uns nachdem alles besichtigt war, weiter zu fahren. Wir haben nämlich Programm! Nicht ohne vorher noch einen Spruch ins große Buch der historischen Stätte zu schreiben. Bernd schrieb: “Es ist recht nett!“ Na ja, wir haben eben schon Größeres gesehen.
Dann geht es ab zu den tiefen Schluchten der Ardeche, eine wildromantische Region, muss man gesehen haben. Dazu gehört natürlich auch das weltberühmte Pont d’Arc, ein natürlich entstandenes Felsentor, zu dessen Fuße sich die Urlauber zahlreich eingefunden haben, um zu baden, auf den Steinen liegend ein Sonnenbad zu nehmen, oder mit bunten Kanus Touren zu unternehmen.
Wir sehen sie später von ganz oben.
Natürlich müssen wir auch einmal die Füße rein halten. Das Wasser ist klar und erfrischend aber nicht kalt.
Doch wir verduften nach ausgiebigem Fotografieren wieder, denn es ist sehr heiß und mir sind hier entschieden zu viele Menschen versam-melt, außerdem würden wir in der prallen Sonne bald einen gehörigen Klaps bekommen.
Vorher sahen wir aus dem Auto den ersten blühenden Lavendel. Ich war glücklich, denn abgeblühte Felder hatten wir schon etliche gesichtet. Wir also rein ins Feld. Wat für’n Duft und ein Brummen und Summen!! Die Bienen hatten voll zu tun.
Euphorisch zückten wir die Kameras. Was im Kasten ist, kann uns keiner mehr klauen. Auch Bernd ist angenehm überrascht. Der Naturlavendel duftete doch anders als erwartet, angenehm, aromatisch, intensiv aber nicht aufdringlich.
Nachdem wir in Schwindel erregenden Höhen waren (ganz unten in der Schlucht schlängelt sich die grüne Ardeche mit winzigen bunten Punkten (die Kanufahrer), neben uns und gegenüber schroffe hohe Felsen, fahren wir wieder runter in mildere Gegenden und wünschen uns nun allmählich, unter die Dusche springen zu können. Wir fahren zum Hotel, erfrischen uns und speisen in Orange zu Abend, trinken eine Flasche Wein, genieße die samtene Luft, lassen den schönen Tagesausflug Revue passieren
Am nächsten Tag ist Hotelwechsel angesagt. Wir wollen gegen 17 Uhr in Avignon sein, vorher haben wir allerdings noch viel vor, kündigt Bernd an. Wir machen in einem Supermarkt für Sprudel und Baguette nebst Käse und gekochten Schinken halt, kaufen unterwegs bei einem Bauern eine Melone und Nektarinen, besichtigen eine Poterie (die sind überall vertreten, aber wir finden die Produkte trotz 50% Nachlass sehr teuer) und frühstücken dann in einer kleinen Raststätte ganz genüsslich. Es ist schon warm aber doch recht windig, so halten wir uns nicht länger auf und bewegen uns in Richtung Chateau Grignon, einem sehr schönen aber auch sehr von Touristen belebten Bergdorf. Mir gefällt alles: die Gassen, die Aussicht, die Läden, die Künstler, die Poterien. Wir trinken Kaffee, streifen umher und fotografieren uns gegenseitig vor malerischem Hintergrund. Schließlich locke ich Bernd in ein schönes Geschäft mit allerhand guter aber auch bezahlbarer Keramik. Wir entscheiden uns für ganz dezente Kaffeeschalen mit Untersetzern, die aber ein wenig von der typischen provencialischen Keramik abweichen. Man hat hier nämlich in der Regel viele knallgelbe oder auch rote und grüne Gefäße, die zum Teil intensive Muster besitzen. Alles hat gewiss seinen Reiz aber es muss doch auch zu uns passen und uns beiden gleichermaßen gefallen. Wir freuen uns jedenfalls über unseren Kauf und beschließen, auch wirklich daraus unseren Kaffee daheim zu schlürfen. Ganz französisch eben. Allerdings sahen wir in Frankreich die Kaffeeschalen in den Bistros überhaupt nicht.
Weiter geht es durchs Land, immer wieder schöne Aussichten, Eindrücke und wir sind fast alleine auf der Landstraße. Wir landen schließlich im schönsten Dorf Frankreichs, in Seguret. Es ist lauschig, leise (fast kaum Touries, warum wissen wir nicht), sehr schöne Gässchen, wundervolle Aussichten, denn es ist auch ein Bergdorf, kaum Läden oder Restaurants, mehr oder weniger nur eine Augenweide. Ich bin begeistert und latsche prompt in einen frischen Hundehaufen. Es gibt eine Möglichkeit, die Sachen aus meinem Turnschuh zu entfernen und alles ist gut. Ich hätte ja letztlich auch auf die Nase fallen können. Somit hatte ich also Glück.
Wir setzen uns ins Auto und streben der nächsten Attraktion zu, dem Mont’ Ventoux. Es geht kräftig aufwärts und der Baumbewuchs hört plötzlich auf. Der Berg ist 1910 Meter hoch, was sehr beachtlich ist. Er ist oben herum kahl und leuchtet damit weit ins Land. Und es ist windig und kühl am Gipfel, von den 30 Grad sind nur 13°C übrig geblieben. Die grelle Sonne täuscht. Wir laufen zwischen all den Leuten herum, die sich auch hier versammeln, um den überwältigenden Ausblick zu erleben, steigen dann ins Auto, essen ein Baguette, schauen tief beeindruckt, sehr zufrieden, sinnend, kauend ins weite Land.
Draußen pfeift ein gewaltiger Wind und ich musste mich, um nicht wegzufliegen beim Fotografieren, an einen Pfahl klammern. Ohne Mist, ich fühlte mich im wahrsten Sinne des Wortes angehoben. Wir fahren wieder runter und sehen ab und zu verrückte Radfahrer, die wahrscheinlich sich alles abfordernd, den Berg auf ihre Art bezwingen. Wir würden dabei sicher schon lange vorher und viel weiter unten tot vom Rad fallen.
Nun, wir beabsichtigen uns auch fürderhin nicht umzubringen, wollen nur genießen, uns hin und wieder bewegen, um quasi nicht einzurosten. Das sollte genügen. Schließlich wollen wir uns insgesamt wohl fühlen und dies taten wir. Ganz besonders als wir die Gegend von Sault erreichten. Dort gibt es Lavendelfelder in Hülle und Fülle und sie sehen von Nahem und Weitem wunderschön aus. Bei einem Lavendelbauern machen wir Stop und erwerben im Hofladen ein Trockensträußchen, ein Duftkissen für Mutti und ein Set mit Öl, Kissen und Honig, letzterer schmeckt ganz außergewöhnlich. Nicht nach Parfüm, wie man denkt, sondern nur ganz mild aromatisiert. Diese Dinge gibt es natürlich in jedem Andenkenladen auch, aber wir haben es beim Hersteller gekauft und darauf sind wir stolz. Außerdem sahen und schnupperten wir im Vorbeigehen einen Riesenlavendelheuhaufen. So!
Wir fahren immer weiter, sehen viel, fotografieren immer wieder, es geht nicht anders und landen schließlich in Avignon. Hurra, am Hotel steht „Climatisé“!! Außerdem gibt es auch einen Lift und fast ein richtiges Bad. Wir sind richtig erleichtert, denn nun werden wir auch schlafen können. Nach dem problemlosen Einchecken gehen wir durch die sehr gut erhaltene und restaurierte, hohe historische Stadtmauer in die Innenstadt, wandern umher, finden ein Restaurant, speisen und wallen ganz andere Pfade zurück zum Hotel.
Dabei entdecken wir außerhalb der Mauern die berühmte Brücke über die Rhone: Sur le pont d’Avignon…Für ein Foto reicht es noch, dann sind die Batterien erschöpft. Vorher sahen wir noch ein großes, hell erleuchtetes aber leeres, sich dennoch drehendes Riesenrad. Nanu! Wir sehen es noch öfter. Leute sind nie drin. Komisch! Ein Foto ist es allemal wert. Avignon ist schön. Es gibt Straßen aus Marmor. Wir sehen so etwas Dolles noch in anderen Städten. Ich fasse es nicht und bin tief beeindruckt. Man geht fast wie im eigenen Badezimmer fußbodenmäßig gesehen. Bernd meint, in Kroatien gäbe es so etwas auch. Die Straßen in der Wiesbadener Fußgängerzone sind dagegen ein alter Scheißdreck. Natürlich bietet die Stadt noch viel mehr. Nehmen wir einmal den Papstpalast und sein großer Garten, in dem wir bei über 30 Grad lustwandelten, er ist ganz nett und bietet tolle Aussichten auf die Rhone. Ich fotografiere die berühmte Brücke von oben durch ein extra dafür vorgesehenes Loch im Schutzgitter. Bernd fotografiert eine alte Frau, die laut singend, sich mit dem Akkordeon begleitend, lächelnd um Almosen bettelt und ich fotografiere Männer, die am Papstpalast mit einem Seilzug Weinkisten hochziehen. Es ist viel los in der Stadt, wir können uns leider nicht alles ansehen aber das Wichtigste schon, auch eine elende Gasse, die echt nach Pisse riecht. Die Wohnverhältnisse müssen schlimm sein. Wir Touristen sehen gerne nur das Schöne, das Lauschige, aber wie es innen aussehen könnte, wagen wir uns kaum vorzustellen. An der Stadtmauer stehen am Abend verdächtige Wohnmobile mit roten Vorhängen. Wir gehen daran vorbei und denken uns unseren Teil. Unser Auto steht auf einem kameraüberwachten Platz gegenüber vom Hotel. Nichts passierte, alles war gut.
Und es geht weiter immer weiter. Nach einer entspannten Nacht sind wir wieder auf Achse, nehmen unser Frühstück an der Fontaine de Vaucluse ein, unweit einer alten Papiermühle, deren Wasserrad sich munter dreht, denn es wird immer noch nach uralter Methode Papier geschöpft und reichlich zum Verkauf angeboten. Na ja, die Sachen waren sehr ansprechend, sehr künstlerisch und handwerklich hochwertig aber doch ein wenig zu teuer, um es bloß so aus Spaß zu kaufen.
Es war aber interessant und der Bach mit dem grünen glasklaren Wasser faszinierend. Die Touristenströme, die Busse waren noch nicht eingetroffen, so konnten wir im Sonnenschein, bei angenehmen Temperaturen, völlig in Ruhe am Wasser unser Frühstück einnehmen. Doch allmählich füllte es sich überall merklich, ein Zeichen für uns nun aufzubrechen. Wir wollten wieder ein mehr oder weniger berühmtes Bergdorf besichtigen. Gardes war parkplatzmäßig eine Katastrophe und es war Markt. Die Massen übervölkerten den Ort. Natürlich gab es viel zu sehen und zu fotografieren aber die Menschen gingen mir auf den Keks. Wir erwarben Batterien für meine Kamera, eine Flasche Sprudel, wanderten ein wenig umher, fanden auch ruhige Gassen und ausreichend Motive aber länger bleiben wollten wir nicht. Unser Auto war etwas auswärts geparkt und wir mussten in der Hitze den ganzen Weg zurück. In der Nähe sollte sich ja das bekannte Kloster Abbaye de Senanque befinden, welches mit seinem angrenzenden Lavendelfeld auf vielen Postkarten und Reiseführern in märchenhafter Schönheit abgebildet ist. Nun, wir waren dort: der Lavendel war abgeerntet, das Gebäude von außen ganz nett, drin waren wir aber nicht. Wir wollten keine Museen besichtigen. Wäre das Wetter schlecht, hätten wir vielleicht einen Blick investiert. Man kann nicht alles haben. Wir hatten auch noch viel vor: Berge, Bergdörfer, Aussichten. Immer schön hoch und runter! Zum Glück gibt es immer einmal einen Brunnen oder ein Bistro.
Bernd wollte mir unbedingt die Ockerfelsen bei Roussillion zeigen. Es war furchtbar heiß und das Dorf übervoll von Menschen und Autos, wie fast alle Bergdörfer, dennoch latschten wir tapfer umher und die nicht zu leugnende Schönheit des Ortes, natürlich auch immer wieder die Aussichten, entschädigen. Auch die Pizza, die wir irgendwo aßen, war gut. Ich wählte noch Mozarella a la Caprese (wie immer) und gehe dann mal zur Toilette, was auch bitter nötig war. Dann ist mir wohler. Später trotte ich wieder hinter Bernd her und hoffe einem Sonnenstich zu entgehen. Ich hätte ja auch den Strohhut aufsetzen können, aber darunter wäre es zu warm. Bernd ist zäher als ich, trotz seiner langen Hosen und den geschlossenen Schuhen jammert er nie. Ich mit meinen kurzen Hosen und Sandalen habe dagegen Marscherleichterung und nehme mir nun vor, kein Spielverderber zu sein. Zum Glück, denn was dann geboten wurde, war der Hammer. Die Ockerfelsen sind mehr als Ocker. Sie sind einfach leuchtend, vielschichtig, faszinierend, beeindruckend und fotogen wie eine wunderschöne Frau. Man muss sie gesehen haben. Man kann schnaufen und schwitzen beim bergigen Rundgang aber sie sind es wert. Die Fotos beweisen das. Ich werde sie malen.
Irgendwie waren wir wegen der Hitze etwas abgeschlafft, so entschlossen wir uns, bei der nächsten guten Stelle noch einen Kaffee zur Aufmunterung zu uns zu nehmen. In Bonnieux war es dann soweit. Der Ort bot einen wunderbaren Panoramablick und das Straßenkaffee war fast leer. Ich hatte meine Turnschuhe wegen der qualmenden Füße im Auto ausgezogen und wollte einfach barfuß zum Sitzplatz laufen, aber es ging nicht, die Straße war zu heiß. Na dann, eben nicht. Der Kaffee tat gut und die kleine Rast auch.
In einem ruhigen Städtchen, in Loumarin, setzten wir uns auf einem Platz auf eine Steinbank unter die Platanen, ein Brunnen war auch in der Nähe, und teilten uns eine Melone. Ich liebe Platanen und Brunnen. Die Melonen löschen sehr gut den Durst.
Wir fuhren nun allmählich „nach Hause“. Die letzte Nacht in Avignon brach an. Nach dem Abendessen liefen wir noch einmal durch die Gassen, dann am hellen Geisterriesenrad vorbei, ein wenig Fernsehen im Hotel, aber eigentlich waren wir nur redlich müde.
Kofferpacken war nun wieder angesagt. Das ist nicht schlimm, wir haben ja Routine. Das nächste Ziel war Aix-en-Provence, eine schöne lebendige Stadt. Wir fahren zunächst an einen wundervollen, riesigen Bergsee namens Lac St’Croix de Verdon und entschließen uns ein wenig zu verweilen, etwas zu trinken und eine Toilette aufzusuchen, was auch immer ein kleines Abenteuer ist. Meistens waren aber die stillen Örtchen besser als ihr Ruf. Männlein und Weiblein müssen zwar eine gemeinsame Box nutzen aber sonst ging es. Die berüchtigten „Stehlöcher“ für Frauen gibt es wohl nur noch im öffentlichen Bereich. Ich habe sie lieber gemieden.
In Aix fahren wir für 50 ct. in einem kleinen Elektrofahrzeug durch die Innenstadt, bekommen einen gewissen Überblick. Es gibt viele Menschen, sehr viele Läden und eine Menge Restaurants, Straßenmusiker, meist Zigeuner, Stände mit Lavendeldüften, Gebäck, Blusen, Hüten und Grillen aus allen erdenklichen Materialien, auch das unvermeidliche, leuchtende, von Kindern und Erwachsenen besuchte Karussell mit Pferden, Schweinen und Feuerwehren fehlt nicht. Es dreht sich leise. Ab und zu braust ein Angeber mit lauter Rumsbums-Musik durch die Straßen, wie überall halt. Man will gesehen und gehört werden. Abends wird überall gegessen und getrunken, natürlich draußen, denn die Luft ist wunderbar. Wir haben den Eindruck, die Menschen essen einfach immer, überall und stundenlang. Und wir gehören dazu, ein Absacker muss auch noch sein. Bernd zeigt mir die berühmtesten Restaurants, wo schon Sonstwer speiste und saß. Ein Ober fotografiert uns und das Bild nebst Cocktails ist gut gelungen, wir finden uns gut aussehend und sehr zusammen passend. Ich finde das stimmt wirklich und bin sehr glücklich darüber. Das kann man doch schließlich so auch einmal sagen.
Am nächsten Tag gehen wir wieder auf Tour, sehen malerische Bergdörfer, durch die wir aber nur fahren oder sie von weitem fotografieren.
In Frankreich ist auch Ferienzeit. Es ist Hauptsaison. Gewimmel ist immer und überall, so auch in St Tropez, am Meer, am blauen, warmen Meer. Wir wollten eben auch einmal die Cote d' Azur erleben, die Palmen, den Hafen und alles, was man so davon gehört hat. Nun, es gab eine Menge Protziges zu Lande und zu Wasser, erwartungsgemäß viele Menschen, Dicke, Dünne, selten Schöne, Läden zum Shoppen bis zum Abwinken und Restaurants. Wir ließen uns in einem nieder. Im Schatten natürlich, denn es war sehr heiß, wenn auch manchmal und zum Glück auch windig. Dann fuhren wir an den Ortsrand und entdeckten einen kleinen, unbewachten, schmalen aber netten Strand, der wirklich nicht vor Menschen wimmelte. Nur ein paar Familien waren anwesend, das Wasser und die Aussicht waren traumhaft. Badesachen hatten wir leider nicht mit, aber wir haben uns mit den Beinen wenigstens einmal ins Wasser gestellt. Es war klar und sehr warm, wunderbar in der Färbung. Hier hätte ich es noch länger ausgehalten.
Nun, wir wollten noch nach Toulon, eine Stadt, die in den Reiseführern nicht erwähnt wird. So schön ist sie tatsächlich auch nicht, dennoch bleiben wir ein wenig länger, denn auf einem Platz überrascht uns eine Band, die superaffengeile Bluesmusik zu Gehör brachte. Wir setzen uns also hin, trinken eine Orangina und lauschen ganz begeistert. Donnerwetter, was für ein Zufall! Bernd ärgert sich manchmal über die dreisten Leute, die uns die Sicht nehmen. Rücksichtsvoll ist eigentlich kaum jemand. Ein paar Musik begeisterte Penner schubsen sich gegenseitig in den Brunnen und stören manchmal die Band bis der Restaurantchef sie irgendwie weglotst.
Wir brechen dann auf und fahren zurück nach Aix. Der letzte Abend soll mit einem besonderen Essen gewürdigt werden. Wir hatten da schon etwas ausgespäht, ein Restaurant neben einem schönen Brunnen mit deutscher Karte. Der Wirt verspricht, uns in einer halben Stunde einen Tisch zu reservieren. Das klappt sogar, wenn auch sicher nur zufällig. Wir essen gut und teuer, werden sehr freundlich bedient (ist leider auch nicht immer Standard). Der Ober taucht allerdings schon mal den Wischlappen für die Tische in den Brunnen, wahrscheinlich um den Weg zu sparen. Tagsüber stehen allerdings die Hunde darin und der eine oder andere taucht mal ein Körperteil zur Erfrischung rein. Nun, wir übersehen das. Man will ja nicht als pingelig gelten. Der Wirt verabschiedet uns mit Handschlag wie zur Familie gehörend. Die Zeche war ja auch nicht ganz unerheblich. Egal, es war ein schöner Abend, der Ausklang eines tollen und heißen Tages. Am Parkplatz gibt es noch ein kleines Gerangel mit Halbstarken, die uns die Ausfahrt blockierten. Die Sache drohte fast zu eskalieren, Bernd war auf 180. Man nahm drohende Haltungen ein und schrie herum. Ich stand etwas abseits und überlegte schon, ob ich mich mit der Handtasche bewaffnet ins Gefecht stürzen sollte. Lieber nicht! Schließlich entschlossen sich die Bengels doch lieber, ihre Karre wegzufahren. Bernd hatte lautstark mehrmals mit der Polizei gedroht, obwohl wir gar nicht wussten, wie man diese im fremden Land ruft. Nun, die Sache war noch glimpflich abgelaufen. Glück gehabt!
Am nächsten Tag verließen wir Aix en Provence. Wir wollten zunächst nach Cassis, einem kleineren aber dennoch auch sehr reizvollen Badeort am Meer. Es war noch nicht so voll auf den Straßen, die Temperaturen sehr angenehm, so war ich gerne bereit ein paar Sachen anzuprobieren. Bernd wollte mir eine Freude bereiten. Er schenkte mir eine tolle weiße Bluse von Blanc du Nil. Hatte er sich in Aix doch auch ein weißes Hemd gekauft, wollte es aber am liebsten mir schenken. Na ja, Bernd möchte mir immer etwas Gutes tun und mich irgendwie verwöhnen. Das hatte ich früher in meinem ersten Leben nie erlebt.
In Cassis füllten sich allmählich die Straßen und es wurde auch merklich heißer, so brachen wir rasch auf. Noch einmal das Mittelmeer in seiner ganzen Pracht im Dunst der Hitze von oben.
Wir wollten für eine Stippvisite nach Marseille, einer riesigen Welt- und Hafenstadt, unter anderem auch bekannt für ihre gute Bouillabaise. Bernd wollte sie unbedingt im Hafen essen, eventuell auch mich dazu verführen. Nun, ich kostete wenigstens. Hat mich aber nicht vom Hocker gerissen! Die Ossis halt…haben keine Ahnung! Wir pilgerten ein wenig umher, fotografierten (ich mit Begeisterung bunte lebensgroße Kühe, aus den vielfältigsten Materialien kreiert, die witzigerweise überall herumstanden). Bernd kauft mir auf Wunsch ein paar Petitfours, gekühlt, teuer, sehr süß (eines hätte gereicht!!) Nun, ich wollte sie so wie in Frankreich hergestellt und üblich, einmal kosten. Kann man maaal naschen…aber sollte man lieber lassen, falls man nicht unbedingt zunehmen möchte. Die Franzosen lieben es süß und ich meine nicht nur das ewige Baguette oder Croissant-Frühstück mit Marmelade. Es gibt Läden mit Süßigkeiten, Boulangerien, Patisserien, wie sie hier heißen, mit Gebäck und Backwaren…oh, oh, oh! Man muss aufpassen. Ist aber auch nicht ganz billig die ganze Pracht (eine kleine schnucklige Obsttorte kostet stattliche 20 Euro). Im Supermarche ist sicher alles etwas billiger. Man kennt das. Manche Geschäfte haben auch einen besonderen und teuren Vogel, ganz wie Zuhause. Nun, es gibt immer Leute, die so was brauchen. Dann tippelten wir noch durch ein weniger vornehmes Viertel mit vielen Läden, wo die Einwohner ihre Lebensmittel kaufen. Die Waren sahen noch sehr gut und frisch aus, es herrschte ein munteres Treiben, Multi, Kulti, kein Touristenrummel, die Häuser nicht ganz so malerisch, Gerüche, Gestalten, auch Geschrei. So scheinen viele zu leben. Wie mag es in den Wohnungen aussehen?
Im Parkhaus gibt es noch einen Stau am Kassenautomat. Es ist furchtbar heiß, alles flucht, die Franzosen werden auch ungnädig und beschweren sich. Kaum einer kommt mit dem bekackten Automaten klar. Wir warten bis alle weg sind, dann meistert Bernd die Sache. Schließlich sind wir froh, dass der Parkhausbalken sich hebt und wir weiter können…aufatmen.
Wir wollen nun nach Arles, unserer nächsten Etappe. Wir haben Glück, es ist alles klimatisiert, das Zimmer ist geräumig, es gibt ein Bad und sogar die Möglichkeit das Schwimmbad zu nutzen. Alles ist bestens, wir sind froh gestimmt und wollen gleich einmal in die Stadt. Hier hat also van Gogh gelebt und gewirkt. Ganz nett! Wir beschließen im Nachtcafe zu speisen. Das berühmte Nachtcafe bietet auch Essen an. Das Essen ist schlecht und der Service auch! Ein Zigeuner singt mit seinem Sohn und geht uns ein wenig auf die Nerven. Sie singen hier jeden Abend, man kann kaum entkommen. Nun, die jungen Moped- und Autofahrer, die am Abend mit Krawall den Restaurantplatz umrunden, sind auch reichlich vertreten. Sie stören noch mehr. Man kann nichts machen. Das gehört alles dazu. Wir wollen uns aber nicht groß ärgern, fotografieren den berühmten Ort und wandern durch die Gassen, über Plätze, sehen den Verfall, finden aber das Marode immer noch viel schöner als moderne Zweckbauten, wohl wissend, das in den neuen Gebäuden wahrscheinlich viel bessere Wohnbedingungen herrschen. Wir schauen in kleine Galerien, Maler gibt es viele, gehen an der großen Arena vorbei (hier ist regelmäßig Stierkampf angesagt) und finden hier alles geruhsamer, kleiner und einfacher als in den anderen Städten.
Wir fahren zum Hotel, sehen am Rande auf dem Bürgersteig ein mit einem halbhohen Zaun versehenes Gatter, davor ein Verkehrszeichen mit einem Hund.
Ich wundere mich. Später bekomme ich es raus: es ist eindeutig ein Hundeklo, sogar benutzt. Das Problem ist als solches also weltweit bekannt. Man bietet Lösungen an. Hauptsache die abgehauenen, streunenden Hunde können das Zeichen auch deuten. Wenn nicht einmal Herrchen oder Frauchen lesen können, wagen wir dies zu bezweifeln.
In Arles wandern wir nach unseren Tagesausflügen und nach dem Abendessen immer gerne durch die menschenleeren alten Gassen, gehen in lauer Luft am romantischen Flussufer spazieren, machen übermütige Fotos, nehmen auch andere Liebespaare nach Wunsch auf und fühlen uns leicht und sehr gut. Uns geht es überhaupt ganz wundervoll.
Und die Reise ist noch nicht vorbei.
Tag der Veröffentlichung: 28.01.2009
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