Über Gänse im Allgemeinen
Gänse haben die Angewohnheit in Herden, laut schnatternd, Dorfstraßen entlang zu ziehen und jedem Radfahrer hinterher zu zischen, aber das Zischen mit langem Halse ist meist nur der alten Gänsen Lebenselixier.
Die Jungen zupfen gierig jedes grüne Hälmchen am Wegesrand, kümmern sich um nichts und wissen auch nichts. Sie kennen ja nicht einmal das kleine Lied vom Fuchs, der Gänse stiehlt. Selbst wenn… sie würden es nicht glauben.
Junge Gänse wissen und glauben gar nichts, selbst wenn sie schon gerupft werden, dann bilden sie sich ein, ihre Federn kämen nur zeitweilig in die Reinigung, was sie wohl auch kommen, allerdings ohne Rückfahrschein.
Dumme Gänschen!
Wenn sie wenigstens einmal in den Spiegel schauen würden. Ein gerupftes Gänschen sieht nämlich ganz erbärmlich aus.
Man glaubt gar nicht, wie viele Wesen dieser Welt auf leckeren Gänsebraten aus sind.
Normale Gänse scheinen das nicht zu begreifen.
Aber es soll auch goldene Gänse geben, an denen man bei Berührung kleben bleibt. Meines Wissens werden derartige Exemplare nicht verspeist. Allerdings gehört die Story in die Welt der Märchen.
In Wirklichkeit kommt jede Gans früher oder später in den Topf und vielleicht will sie dort auch hinein, nur so aus Neugierde oder weil sie sich in den Fuchs verliebte oder in wen auch immer, der da mit den Topfdeckeln klappert.
So sei es denn.
Die Gans
Vor ganz, ganz langer Zeit zog ein neunmalkluges Gänschen in die Welt, schnatterte überall mit und wanderte von einem Gatter in das andere. Manchmal war nicht genug Gras da und auch Federn mussten gelassen werden.
Oh, weh!
Das muss man wohl ertragen, dachte die Gans, notfalls fliege ich in den Süden
( eine absurde Idee, auch recht ungewöhnlich für eine Hausgans)
Aber bevor das ganz große Rupfen begann mit anschließendem Halsumdrehen, nutzte unsere Gans einen scheinbaren Aufwind und flog in den Süden, um dort zu landen.
Hat auch geklappt!
Aber dort sitzt sie nun allein, wohlweislich das Lied vom Fuchs kennend, und legt heimlich, erstaunlicherweise goldene Eier.
Sie glaubt, davongekommen zu sein.
Diesmal…die dumme Gans…oder?
Über Raben und Krähen
Krähen und Raben scheinen Ähnlichkeiten zu besitzen, die allerdings Vogelkundige energisch bestreiten. Sie mögen ja auch nur geringfügig äußerlich sein. Dem Raben sagt man Weisheit nach, insbesondere den alten (Raben sind immer alt). Er ist auch immer männlichen Geschlechts, dennoch gibt es wohl auch Eier legende Raben, die offensichtlich weiblicher Natur sein dürften. Sie spielen aber keine Rolle.
Die Krähen sind meistens weder jung noch schön, eher immer alt, dürr, also hässlich. Auch ist von klugen Krähen landläufig kaum die Rede, mehr von rätselhaften unleserlichen, unschönen Schriften, an Krähenfüße erinnernd oder unbeliebte Fältchen um menschliche Augen. Kurz, keiner mag Krähen, ausgenommen Indianer, aber die sind weitestgehend ausgestorben.
Raben sind meistens etwas merkwürdige Einzelgänger, die man eventuell in der Not befragt (sie sind ja weise) aber dennoch lieber meidet, denn sie sind auch geheimnisvoll, vielleicht auch gefährlich. Man weiß es nicht, sitzen sie doch manchmal auf dem Rücken von Hexen (was allerdings auch eine Krähe von Fall zu Fall sein könnte). Einen weißen Raben hat man an diesem Schauplatz noch nicht gesehen. Sie sind ja auch selten und es gibt wohl mehr Hexen als weiße Raben, so dass man somit auf schwarze Katzen ausweichen muss. Wäre ein gesondertes Thema.
Krähen treten oft scharenweise auf, besonders im Nebel bevölkern sie kahle Bäume. Auch wird ihnen selten der Nimbus einer besonders guten Stimme zugebilligt. Dem Raben im Übrigen auch nicht.
Ja, man sagt so einiges über diese prächtigen Vögel, auch dass sie ein wenig harmlos wären, denn eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus oder dies wäre aber ein Rabenaas. Und ein Aas ist ja eigentlich schon lange tot, also selten gefährlich.
Nun, mir scheint irgendwie ist immer alles anders gemeint und besagt kaum Gutes oder zeugt von besonderem Beliebtheitsgrad.
Wie dem auch sei, den Vögeln ist das menschliche Vorurteil vermutlich egal.
Die Krähe
Eines Tages beugte sich eine Krähe über den Rand ihres Nestes um so zu schauen, was es noch gäbe. Von den alten Nebelkrähen um sich hatte sie schon lange genug und deren Gekrächze ging ihr ziemlich auf die Nerven. So wagte sie einen Blick über den Nestrand und stürzte in die Tiefe. War unsere Krähe doch nur im Schwarm zu fliegen geübt.
Unten angekommen, kratzte sie aufgeregt mit ihren Krähenfüßen erstmal etliche Kurven, um dann in einem goldenen Käfig hoffnungsvoll zu landen, denn eine einzelne Krähe ist selten, möglicherweise deshalb sogar brauchbar. Sie wird einiges über andere Krähen wissen und mit dem Schwarmverhalten der Vögel umgehen können.
Doch über die Zeit platzte die magere Goldauflage ab und im Käfig war es noch weniger erträglich als im Schwarm, denn ans Fliegen war ja nun überhaupt nicht mehr zu denken. Die Krähe mühte sich, wurde aber immer dürrer, bis sie plötzlich entdeckte, es ging durch die rostig gewordenen Gitterstäbe zu schlüpfen.
Und siehe da, es funktionierte, sie kam knapp davon.
Das Gefieder glättete sich wieder und sie lernte wieder fliegen, aber nur allein und nie wieder in die Nähe eines goldenen Käfigs.
Vielleicht begegnete ihr aber auch ein Rabe auf einem hohen Ast, der schon alles erlebte und ohne Vorurteil, mit Verständnis und unendlicher Raben-Weisheit eine einsame, dürre, alte Krähe zu nehmen versteht, denn manchmal sind sich Raben und
einzelne Krähen furchtbar ähnlich.
Die Amsel
Wenn es in der Natur am schönsten ist, im Monat Mai, dann fliegt die Amsel Else in die Gärten der Menschen. Sie sitzt auf der Spitze eines Baumes und beginnt zu pfeifen und zu flöten. Manchmal ist ringsum alles still, nur Else singt ihr Lied.
Es gibt Menschen, die das bemerken, aber manche eben auch nicht. Sie hören, was im Radio gespielt wird. Es ist ungleich temperamentvoller, auch viel lauter und furchtbar modern. Es wird tagein, tagaus gespielt, denn aus dem Radio tönen nur die Lieder, die Hits geworden sind oder dazu gemacht werden sollen. Schließlich sind sie aber ausgeleiert. Der Mensch hat sie sich über gehört, stöhnend erträgt er nun nur noch die Geräuschkulisse und widmet sich anderen Dingen.
Else pfeift ihr Lied immer wieder. Keiner empfindet je ihr Flöten als ausgeleiert, auch wenn man es noch so oft hörte. Kein Mensch würde ihren unbekümmerten Gesang abschalten wollen, was auch schwer ginge. Alle hören Else gerne singen, jeden Tag. Sie fliegt hier hin und dort hin, singt für sich und Ihresgleichen, unbeeindruckt, nur ihrer Natur folgend, sich ewig wiederholend, unspektakulär, für nichts, einfach so…aber so schön…unsere Superelse.
Wie Hund und Katze
Sie lebten in einem Haus. Ihre Menschen schienen ganz in Ordnung zu sein. Es gab immer was zu beißen und man wurde selten vor die Tür gejagt, wenn das Wetter scheußlich war.
Die Katze war eher da. Sie war sehr nützlich, denn es gab zahlreiche Mäuse. Menschen lieben keine Mäuse. Sie überlassen sie der Katze. Schließlich gab es keine Mäuse mehr, denn die Katze war eine gute Jägerin, deshalb durfte sie auch im Haus der Menschen weiterhin wohnen, hin und wieder sogar auf einem Schoß schlafen. Das war schön.
Eines Tages tauchte plötzlich ein großer Hund auf, der konnte gar nichts, nicht eine einzige Maus konnte der erjagen. Wenn es an der Tür klingelte, dann bellte er oder auch nicht. Manchmal buddelte er im Garten große Löcher, bloß so. Er war also überhaupt nicht nützlich, fraß aber sehr viel. Wenn er die Katze sah, dann rannte er wie besessen hinter ihr her. Die Katze war fast immer schneller. Aber sie musste nun entweder im Keller wohnen oder zusehen, dass sie schnell genug auf einen Baum klettern konnte. Natürlich konnte sie dies. Die Menschen lachten nur und streichelten ihren nutzlosen Hund. Die Katze war immer auf der Hut, schlau aber auch ein wenig neidisch beobachtete sie diesen Hund, der nun manchmal im Wohnzimmer sitzen durfte.
Eines Tages war wieder wilde Jagd. Vor dem Jägerzaun war ein Teich. Die Katze sprang elegant den Rand entlang, durch die kleine Zaunöffnung und wusste sich gerettet. Der Hund landete mit einem Sprung im Teich und die Katze hinter dem Zaun sah zu. Der Hund war wasserscheu, er fürchtete sich vor Wasser. Warum weiß man nicht. Aber es war so.
Die Menschen lachten. Menschen lachen immer und verstehen gar nichts. Man kann sie nicht erziehen.
Texte: Foto und Bild von Helga Siebecke
Tag der Veröffentlichung: 15.01.2009
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