Ein ganz normaler Abend…mehr nicht
Wir lassen das Rollo herunter und knipsen das Licht an. Wir wollen schließlich im Hellen sitzen. Die Heizung ist aufgedreht, leise gluckst die Spülmaschine in der Küche. Wir sind satt und nach einem guten Abendessen sehr zufrieden, möchten nun die Nachrichten aus aller Welt empfangen.
Gemütlich lagern wir auf unserem Sofa, gießen uns noch ein Gläschen Wein ein. Ein ruhiger Feierabend nimmt seinen Lauf. Die Stimme des Nachrichtensprechers klärt uns, unbeteiligt klingend, zügig auf:
Menschen wurden entführt, Selbstmordattentäter spren-
gen ein Hotel, ein Amokläufer tötet seine Klassen-
kameraden in einer Schule, die Babymilch ist vergiftet und Säuglinge sterben, große Banken gehen Pleite, der Manager erhält vierzig Millionen Abfindung für seine Leistung, und ein Zwischenfall im Kernkraftwerk. Nichts Ernstes. Dann hören wir die Fußballergebnisse und die Lottozahlen, zum Schluss das Wetter.
Die Nachrichten brachten nichts Neues, alles war wie immer, nur das Wetter soll sich ändern. Das finden wir furchtbar. Gerade war noch Sommer und jetzt ist es Herbst und das Wetter wird schlechter. Wir sind empört. Schimpfen darüber ein bisschen. Am liebsten möchte man den Fernseher ausschalten.
Mehr nicht?
Kochen vor der Linse oder gibt es einen Ausweg?
Kochen ist modern. Alle kochen hemmungslos, begeistert, öffentlich: zuweilen Gerichte, die den Atem stocken lassen. Mit fantasievollem Namen versehen, erscheint die Sache kochmäßig betrachtet auf einer niveauvollen Ebene. „Ungewässertes Nierencarpaccio mit Taubnesselblüten auf einem Bett aus Ziegenhirnschaum“ steht auf der Karte, liebevoll in Birkenscheiben geritzt. Es verspricht spannend zu werden, vielleicht sogar ein toller Abend mit Gaumensex, meinte einer der mutigen Teilnehmer augenzwinkernd.
Eine Woche lang kocht jeder für jeden, bzw. jeder einmal für alle. Die Wohnung des Gastgebers darf inspiziert werden. Von der rosa Handschelle bis zum Fanzimmer für Barbie-Puppen, über zweihundert Paar Schuhe, hin zu den Ahnentafeln der lieben Familie, wird alles aufgestöbert, ausprobiert und aufgestülpt. Die Bürger sind puppenlustig und finden sich in der super Kochgemeinde absolut gut aufgehoben. Bis das Punkten losgeht. „Ääh, eine Gräte im Fisch und das Gericht war zu unspektakulär…hm,hm…ich hätte da etwas Ausgefalleneres erwartet und der Gastgeber war ja nur in der Küche. Mäh…ganz liebe 6 Punkte! Bussi, Bussi.
Einschaltquoten erreichen kosmische Höhen.
Sind wir nun total verrückt oder total verfressen, oder gibt es nichts Besseres? Vielleicht das Dschungelcamp… oder DSDS (Deutschland sucht den Superstar…), nein, dann lieber doch kochen, was auch immer.
Aber wir entscheiden uns spontan für etwas ganz Abwegiges, machen etwas total Abgefahrenes:
Wir schalten den Fernseher aus, trinken Tee und lesen.
Warum Blödheit nicht weh tut
(eigentlich ist das kein Gedicht)
Zu blöd.
Sie ist verbreitet, denn sie befällt das Opfer
in einer netten und zahmen Art,
sagt nicht viel, lächelt, ist hübsch anzuschauen.
Wir merken nichts.
Die Blödheit nistet sich reichlich schlau ein,
sie streichelt und schmust.
Wie kann das Schmerzen bereiten?
Sie umgibt uns mit einer zartrosa Duftwolke
und pinkelt sanft in unser Hirn.
Wir stecken unser Messer und die Gabel
in ein glänzendes, weiches Futteral,
öffnen selig den Mund, wenn der vergoldete Plastiklöffel erscheint,
dabei schließen wir verklärt die Augen und
die Blödheit hat längst übergreifend alle Sinne eingelullt.
Nein, Blödheit tut nicht weh, man merkt nichts,
solange sie uns in ihren Fängen hat.
Doch eines Tages wird auch die Blödheit leichtsinnig.
Ihr ist langweilig. Sie beginnt uns zu verlassen,
sucht sich ein neues noch dämlicheres Opfer.
Wenn der Punkt erreicht, dann setzt der Schmerz ein,
die Blödheit ist glücklicherweise weiter gezogen
Hoffen wir, dass Folgeschäden ausbleiben
und nehmen wir die Nachwehen als Abschiedsgruß,
ein Nimmerwiedersehen, wenn möglich.
Kleine Anmerkung
:
Ich habe mich geärgert, allerdings über meine eigene frühere Blödheit. Jetzt bin ich fast ein wenig weiser geworden. Ich glaube das zumindest. Bin ich jetzt gläubig? Oder nur leichtgläubig?
Das weiße Blatt
Es hat die Würde des Nichts
Jungfräulich, erwartungsvoll
Leer und gleichzeitig voller Möglichkeiten.
Es bietet den Anfang für Alles
Unschuldig, optimistisch
Frei und gleichzeitig noch gefangen
Es besitzt die Bedeutung eines Beginns
Einladend, freundlich
Hell aber für Farbe bereit
Das weiße Blatt füllt sich mit Leben
Aufmunterung
Es wird schon.
Was auch immer soll noch werden?
Alles ist schon da auf Erden.
Das gibt sich.
Was auch immer soll sich geben?
Alles gibt’s bereits im Leben.
Vergiss es.
Was auch immer soll man streichen?
Daten werden niemals weichen.
Mach was.
Was auch immer.
Pausenlos erneutes Schöpfen?
Millionenfach Geburt aus Köpfen?
Maler, Dichter, Denker
Siegen täglich über Henker.
Geh auch Du den Weg entlang.
Theoretisch, meinetwegen auch pathetisch.
Wegen Morgen sei nicht bang
Tag der Veröffentlichung: 28.12.2008
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