Cover

Ich betrat den großen, abgedunkelten Raum. Die bodenlangen, schweren Vorhänge waren zugezogen und bedeckten die Fenster, sie gaben keinen Blick nach draußen frei. Die graue Seidentapete schimmerte leicht im Licht der Kerzenleuchter auf den Nachttischen.

Die ganze Familie stand um das Bett herum, die Frauen tupften sich die Tränen von den Wangen und einer nach dem anderen setzte sich an das Bett des alten, schwer atmenden Mannes. Ich beobachtete sie Szene einen Augenblick, während ich langsam an das große verzierte Bett aus Mahagoni herantrat.

Große, dicke Überwürfe bedeckten den Mann zum größten Teil und er blickte alle umstehenden Familienmitglieder der Reihe nach an. Sie erwiderten seinen Blick, aber niemand sprach ein Wort.

Ich ging weiter auf ihn zu und je näher ich kam, umso lauter hörte ich den langsamer werdenden Herzschlag des alten Mannes. Ich ging an einem jungen Mann vorbei, immer näher an das Kopfende des großen Bettes. Sein Herz schlug immer langsamer, aber ich hörte das Geräusch immer lauter dumpf in meinen Ohren.

Auf einmal wusste ich sie waren gekommen um sich von ihm zu verabschieden. Sein Atem wurde schwer und war kaum noch wahrzunehmen. Ich war nun am Kopfende angekommen und beugte mich über ihn. Ich sah ihm in die Augen und mein Oberkörper bewegte sich immer näher auf die Stelle zu an der er im Bett lag, Zentimeter um Zentimeter. Ich konnte nicht innehalten, Panik stieg in mir auf und ich wusste, gleich würde er in eine andere Welt gehen.

In dem Moment als sich unsere Nasenspitzen hätten berühren müssen, war der alte Mann weg.

Plötzlich lag ich an seiner Stelle, ich wusste nicht was ich tun sollte, ich wollte nicht hier liegen, wollte nicht sterben. Doch bevor ich irgendetwas tun konnte, füllte sich meine Lunge ein letztes Mal ein wenig mit Luft, mein Herz tat mit einem schwachen Pochen seinen letzten Schlag und ich schloss meine Augen.

Keuchend und vollkommen durchgeschwitzt saß ich im Bett. In meinem Bett, zu Hause. Mein Herz raste und die Panik beendete den Schlaf für diese Nacht. Ein Traum, alles nur ein Traum.

Impressum

Texte: Alle Recht des Textes liegen bei der Autorin.
Tag der Veröffentlichung: 31.05.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /