Ich stehe am Strand, höre wie mir das Wasser des Meeres zuflüstert, ich ging langsam ins Meer rein, das Wasser flüsterte mit etwas zu. Seine Stimme hebt und senkte sich wie das ewige Auf und Ab der Gezeiten. Ich will dieser Stimme folgten. Ich will auf das Meer hinaus und dem Land den Rücken kehren. Immer stärker, immer dringlicher wurde der Ruf des Meeres. Immer schwerer wird es für mich zu wiederstehen. Verspricht er mir, was ich mir am meisten Wünsch: Das Leben danach, das ich meine verstorben Mutter wiedersehe.
Der Mond steht hoch am Himmel und wirft genug Licht, um dem Wasser eine tiefblaue unergründliche Färbung zu verleihen. Die Dunkelheit ist nicht vollkommen. Ich heiße Leona und schwimme durch das mondbeschienene Wasser.
Vor mir schimmert ein Felsen auf und ein grünlich silberner Makrelenschwarm zieht vorüber. Ich bin nicht hier um zu schwimmen oder um mir die Schönheit des Meeres anzusehen, ich bin hier um mir das Leben zu nehmen, denn ich hatte gehört das ertrinken nicht so schlimm sein soll, als wenn man eine Überdosis Tabletten nimmt oder sich die Pulsader aufschneidet. Schon als ich den Strand betrat, hörte ich eine Stimme welche aus dem Meer kam, es sagte mir die ganze Zeit das ich keine Angst haben soll, das es nicht weh tun wird, das es ganz schnell geht und das ich danach bei meiner Mutter sein werde, das ich mit ihr glücklich werde und das sie mich sehr vermisst, das sie mich bei sich haben möchte.
Ich schloss meine Augen und tauchte in die Tiefe, im Wasser öffnete ich meine Augen, da mir die Stimme es befahl, sie sagte, dass ich mir die Schönheit des Meeres ansehen soll, bevor ich ins Reich des ewigen Lebens gehe.
Ich konnte spüren wie mein Körper durch das Wasser leichter wurde, als würde ich im Wasser schweben. Vor mir schießt eine dunkle, samtblaue Strömung dahin.
Ich hechte in sie hinein. Die Strömung ist so stark, dass ich fast zerquetscht werde.
Sie wirbelt mich herum, rüttelt und schüttelt mich, doch kann ich ihr nicht entkommen. Sie hat mich in ihrer Gewalt. Ich bin wie ein Vogel in den Klauen einer Katze, kann der Strömung nichts entgegensetzen, und sie kennt ihre Stärke.
So fühlt man sich, wenn man gerade im wildesten Fahrgeschäft eines Vergnügungsparks festgeschnallt wird und weiß, dass es kein Zurück mehr gibt.
Die Fahrt beginnt, und du siehst das amüsierte Lächeln des Angestellten, dem es völlig egal ist, wie es dir geht. Doch Rio de Janeiro ist kein Vergnügungspark, wo Leute ihren Job verlieren. Wenn ein Fahrgast ums Leben kommt. Hier kann alles passieren. Wenn ich jetzt sterbe, wird nie jemand davon erfahren. Sie werden einfach sagen, ich sei ertrunken, so wie sie gesagt haben, dass Mutter ertrunken ist.
Ganz ruhig, Leona. Kämpf nicht gegen die Strömung an, dann kann dir nichts passieren. Beruhigende Gedanken fluten durch meinen Kopf, und für einen Moment bin ich nicht sicher, ob das die Stimme des Meeres war oder die Gedanken von mir. Entspann dich, und lass der Strömung ihren Willen. Ich werde kräftig durchgeschüttelt und bekomme es mit der Angst zu tun. Ich kann nicht atmen ...
Vergiss deine Atmung. Die Luft ist eine andere Welt und hat hier keine Bedeutung. Konzentriere dich ganz auf die Gegenwart. Denk an Rio de Janeiro.
Hier. Jetzt. Die Worte pulsieren in meinem Kopf. Hier. Jetzt.
Lass alles hinter dir und sei bereit. Ich habe es schon früher getan, doch niemals war es so schwer wie in diesem Moment. Rio de Janeiro bei Nacht ist so finster, so gewaltig. Kein gemütlicher Spielplatz, sondern ein wildes Königreich. Wie leicht kann man sich hier verlieren. Die Panik lässt meinen Körper erzittern. Nein, Leona, nein, so geht das nicht. Panik macht dich taub und blind. Ich höre auf zu kämpfen und habe das Gefühl, mich aus einem Käfig zu befreien. Ich bin im Herzen der Strömung geborgen. Ich fühlte mich nun frei, auch wenn ich noch am Leben war, ich hab einfach aufgehört zu kämpfen und lies mich einfach treiben auch wenn meine Gedanken schrien, ich hörte auf die Stimme des Meeres.
Plötzlich spürte ich eine Hand die nach mir griff und an die Oberfläche zerrte, ich öffnete die Augen und sah etwas bläuliches das im Mondlicht schimmerte, es sah aus wie eine Schwanzflosse, ich kann weder sein Gesicht noch seine Hände oder irgendetwas anderes an ihm erkennen, das an einen Menschen erinnert.
Nur seine starke Schwanzflosse, wie die einer Robbe, die ihn durchs Wasser treibt.
Er schwimmt schneller, als ich es mir erträumt habe, es war mehr fliegen als Schwimmen. Er schwamm an die Oberfläche und brachte mich zurück an den Strand, dort legte er mich behutsam hin und betrachtete mich ganz kurz, er gab mir einen sanften Kuss auf die Wange und flüsterte mir was ins Ohr, „Lebe weiter…ich verspreche dir, das ich irgendwann zu dir komme, doch bitte warte auf mich“, und er tauchte in die Tiefe des Meeres ein.
Ich öffnete meine Augen und musste kurz blinzeln, um mich erst an das Licht der Sonne zu gewönnen, die heute mit all ihrer Pracht schien. Wie bin ich hierhergekommen? Ich kann mich nicht genau daran erinnern. Vielleicht bin ich mitten in der Nacht von einer Stimme geweckt worden, die mich ins Meer gelockt hat. Bin ich etwa allein den Pfad entlanggegangen, über den Felsvorsprung zu unserer Bucht hinuntergeklettert und habe mich heimlich ins Wasser gleiten lassen?
Sei nicht blöd, Leona.
Wie bin ich also hierhergekommen? Ich musste etwas gesucht haben und bin Richtung Meer gegangen sein. Ja, jetzt erinnere ich mich. Ich lag im Bett und war drauf und dran einzuschlafen, als ich plötzlich das Gefühl hatte, das mich das Meer zu sich ruft. Dieser Ruf ist so unwiderstehlich, dass ich ihn mit jeder Zelle meines Körpers beantworten musste. Das Meer erwartete mich. Ich wusste, dass ich in der Lage sein würde, die Haut des Wassers zu durchdringen und tief hin ab zu tauchen. Ich wusste, dass ich mich mit den Strömungen durch die Unterwasserwelt treiben lassen würde.
Ja, jetzt fällt mir wieder ein, wie ich mein Türkises Kleid angezogen habe und die Treppe hinuntergeschlichen bin. Leise habe ich die Haustür aufgeschlossen und bin dann zum Strand hinuntergerannt, wo das Wasser im Mondlicht glitzerte und die Stimme des Meeres so eindringlich war, dass ich nichts anderes mehr hörte.
Doch wer hatte mich aus der Tiefe gerissen, wer war diese Person mit der Schwanzflosse?
War es ein Meerjungmann den ich es zu verdanken habe der es verhindert hatte das ich im Meer sterbe? Ich konnte ganz plötzlich das Gesicht und die Körperstatue erkenne, er hatte schulterlange dunkelblonde Haare und seine Augen waren so blau wie der Ozean, seine Augen warfen dich in seine Bann, das man nicht von ihnen wegsehen konnte. Er war ziemlich groß und sehr muskulös.
War er wirklich ein Meerjungmann, oder ist es nur meine Fantasie die mit mir spielt? Ich schüttelte meinen Kopf um die Gedanken zu verwerfen.
Ich weiß nun jetzt ganz genau das es sich lohnt zu Leben, das es noch viel zu früh für mich sei zu Sterben auch wenn ich meine Mutter unheimlich vermisse, ich weiß nun das ich mich verlieben möchte, meinen ersten Kuss mit einem süßen Typen haben möchte, die Schule zu beenden, auf ein College zu gehen, irgendwann zu heiraten und meine eigene Familie zu gründen.
Ich werde niemals meinen Retter vergessen, der mir die letzte Chance gab, mein ganzes da sein weiter zu Leben.
Texte: Die rechte dieses Buches liegt allein mir, die Bilder habe ich aus Google
Tag der Veröffentlichung: 11.06.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An alle meine Leser!
=)