Zu viele Leute! Überall waren Stimmen zu hören und ich wurde von links nach rechts geschubst, getreten und beschimpft. Alles roch nach Alkohol und ich murmelte: „Raus hier. Ich muss raus hier.“
Ich spürte einen Luftzug links von mir und taumelte darauf zu. Ich hörte jemanden einen Namen rufen. War es meiner? Ich nahm nur noch Lichter wahr und alles drehte sich. Ich stiess gegen eine Wand und drängte mich daran entlang, bis sie plötzlich unter meinen Händen verschwand und ich nach vorn stürzte. Ich prallte hart auf und versuchte vergeblich, mich wieder aufzurappeln. Ich zog mich auf Händen und Knien weiter, nur mit dem einen Gedanken im Kopf.
Galle kam in mir hoch und ich würgte. Keuchend versuchte ich mich weiter von dem Lärm zu entfernen und wollte schreien als sich etwas um mein Bein legte und mich nach hinten zog. Ohne zu wissen wo oben und unten war schlug ich blind nach meinem Gegner und kämpfte um bei Bewusstsein zu bleiben. Ich vernahm ein Keuchen und der Druck verschwand.
Ich spürte heisse Tränen auf meinen Wangen und stütze mich am Boden ab, während ich versuchte, auf die Füsse zu kommen. Ich torkelte weiter und bemerkte wie Lichter auf mich zukamen. Blitze zuckten vor meinen Augen und ich hielt mir die Hände vors Gesicht um die Schmerzen zu lindern. Ich stolperte weiter und fühle harten, ebenen Boden unter den Füssen. Ein Kreischen drang zu mir und mein Kopf drohte unter dem Geräusch zu platzen. Ich stöhnte auf, fühlte nur noch Schmerz, als mich etwas Hartes an der Hüfte traf und ich weiter geschleudert wurde. Dann war da nur noch Schwärze.
*
Ich öffnete meine Augen, nur um sie gleich darauf wieder zu schliessen. Der darauffolgende Schmerz war fast nicht auszuhalten und ich stöhnte auf. Plötzlich überkam mich ein extremes Gefühl der Enge und ich rang nach Luft. Mein Hals war wie zugeschnürt und ich riss an dem Kragen meines Oberteils. Ich konnte nichts denken und nichts fühlen. Wollte nur noch aus dieser Enge heraus und hörte Stoff reissen. Immer weiter und weiter zog ich an dem weichen Etwas zwischen meinen Fingern. Neben mir hörte ich ein Schaben und eine tiefe, warme Stimme. Was sie sagte blieb mir jedoch verschwiegen, denn ich konnte noch immer keinen klaren Gedanken fassen.
Mein Atem ging immer schneller und ich schlug mit meinen Armen um mich, den stechenden Schmerz ignorierend.
Mein Hals zog sich zusammen und ich griff mir an die Kehle. Nichts überlegend, nichts denken, nichts fühlend drückte ich zu. Das Engegefühl wurde immer schlimmer doch der Schmerz wich langsam, genau wie meine Sinne. Ich fühle, wie ich wieder schwach wurde und röchelte nur noch. Um mich herum brach Hektik aus und die Stimme war wieder zu hören. Warme Hände legten sich über meine und versuchten diese von meinem Hals wegzuziehen.
„Sch – sch, alles kommt gut.“ Die Stimme. Ein Name wurde genannt und ich zuckte zusammen. In meinem Kopf öffnete sich eine Schranke und plötzlich stürzen alle Gefühle und der Schmerz wieder auf mich ein. Ich schrie und schrie immer weiter. Ich schrie um mein Leben.
„Der Tag aller Tage“ las ich die grossen Lettern, welche auf einem Kärtchen geschrieben waren und musste lächeln. Die gesamte Vorderseite war vollgepappt mit kitschigen Kleberchen in Blümchen- und Kätzchenform, wobei die Verniedlichungsform hier eindeutig angebracht war. Wo auch nur das kleinste bisschen Weiss hätte hervorscheinen können war das Papier mit Glitzerstift überzeichnet worden. Im Schneidersitz auf meinem Bett sitzend und noch ein bisschen verschlafen drehte ich das Kärtchen um und überflog den Text, welcher auf der Rückseite stand.
Emi du Schnarchmütze
Ich hoffe für dich, dass du trotz deinem Hang zum Verschlafen heute den Wecker gehört hast und ihn - aus reiner Höflichkeit - zur Ausnahme mal nicht einfach ignoriert hast.
Himmel, ich kenne dich schon viel zu gut…
Schatz, wir alle werden dich hier vermissen, auch wenn du selbst nicht immer der grösste Sonnenschein warst, hast du doch immer die Wolken an einem Regentag vertreiben lassen. Mit dir kann man weinen, Witze reissen, schreien und verzweifeln. Oh, glaub mir Süsse, das Lachen mit dir hat einen grossen Teil zu meinem Six-Pack beigetragen!
Danke dafür und danke für alles andere…
Ich werde immer für dich da sein und dich wenn nötig an jede verfügbare Party mitschleppen, um eine zu finden, die dich zum Tanzen bringt.
Lass die Hüften schwingen, Baby, und zeig deinen neuen Eltern wie es sich anfühlt, eine herzensgute Tochter zu haben!
Beweis es allen – deine NICHT heulende
Ret
Tränen liessen meine Sicht verschwimmen und ich wusste nicht genau, ob die Geräusche, die ich von mir gab, eher einem Schluchzen oder Lachen glichen. Schnell wendete ich mein Gesicht der Decke zu und blinzelte, damit die Flüssigkeit nicht meine Augen verlassen konnte. Nachdem ich mich wieder ein bisschen gefasst hatte, schnappte ich schnell mein Handtuch und die bereitgelegten Klamotten vom Stuhl neben der Tür und huschte zu den Duschen. Der Gang war leer und alles war leise, nur unter wenigen Türen schimmerte bereits Licht durch. Kein Wunder, es war schliesslich erst halb Sieben am Morgen. Doch dies war mein Tag. Der Tag aller Tage. Heute würde ich zu Pflegeeltern ziehen. Heute endlich würde ich das Heim hinter mir lassen und einen neuen Lebensabschnitt beginnen.
Nachdem ich geduscht hatte schlüpfte ich schnell wieder in mein Zimmer, steckte den Brief von meiner besten Freundin Meret in meinen Rucksack und schnappte mir noch die Tasche mit meinen ganzen Besitztümern - besonders viel war es nicht. Erst als ich am oberen Treppenabsatz stand, bemerkte ich wie meine Hände zu zittern begannen. Mit weichen Knien stieg ich die Stufen nach unten, wo ich bereits die Stimme der Heimleiterin hörte. Im Türrahmen zum Aufenthaltsraum blieb ich stehen, stellte meine Tasche ab und betrachtete die drei Personen, welche sich darin leise unterhielten.
Thomas und Clara hatte ich bereits kennengelernt, allerdings lag das letzte Treffen bereits mehrere Wochen zurück. Und nun würde ich zu ihnen ziehen – verrückt. „Ah, Emilia, das bist du ja endlich!“, höre ich aus Ruths Richtung. Ruth leitete das Wohnheim, und da ich bereits seit knapp vierzehn Jahren - mit kleineren Unterbrüchen - dort gelebt habe, kam sie der Rolle einer Mutter am nächsten. Sofort drehte sich Claras Kopf zu mir und mit einem Grinsen im Gesicht kam sie auf mich zu, um mich in den Arm zu nehmen. „Hallo Emilia“, brachte sie erfreut hervor. „Emi für euch“, murmelte ich und wusste nicht so ganz, wie ich mit ihrem Enthusiasmus umgehen sollte, und schloss so vorsichtig meine Arme um sie. Auch Thomas kam auf mich zu, umarmte mich kurz und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. Kurz zogen sich meine Mundwinkel auch nach oben, wobei ich mich im Moment aber mehr verunsichert als glücklich fühlte. Ruth warf mir kurz einen kritischen Blick zu, wendete sich dann aber wieder an meine „neuen Eltern“, wie ich sie gerne in Gedanken nannte. „Wie gesagt, die nächsten drei Wochen sind eine Probephase, falls irgendwelche Probleme auftauchen – was ich natürlich nicht hoffe – bin ich jederzeit zu erreichen. Das gilt auch für dich Emilia; solltest du dich, aus welchen Gründen auch immer, nicht wohlfühlen oder eine kleine Auszeit gebrauchen – du kannst mich immer anrufen, in Ordnung?“
Ich nickte und liess meinen Blick im Raum wandern, da ich nicht genau wusste, was als nächstes kommen sollte. Da spürte ich plötzlich Hände auf meinen Schultern und blicke in Ruths Gesicht, welches nur wenige Zentimeter von meinem entfernt war. Mit dem Rücken zu Carla und Thomas gewandt flüsterte sie mir ins Ohr: „Ich glaube an dich Emilia, mach das Beste draus, und lass dich nicht unterkriegen, lass dich zu nichts drängen. Du wirst dich erinnern, wenn die Zeit dafür reif ist. Mach’s gut.“ Und dann nahm sie mich in den Arm, kurz nur, und doch genug lange und mich zu überraschen, da solche ‚Gefühlsausbrüche‘ sonst nicht ihre Art waren, ehe sie mich wieder an den Schultern von sich schob.
„So, und jetzt ab mit euch, bevor hier das grosse Chaos ausbricht!“, sagte sie und scheuchet uns aus dem Raum, wobei Thomas sich meine Tasche schnappte und mit nach draussen trug. An der frischen Luft lief ich ihm zu den Parkplätzen hinterher, wo er vor einem schwarzen Škoda stehen blieb und meine Tasche im Kofferraum verstaute. Ein letztes Mal blickte ich zu dem Gebäude zurück, welches mir so viele Jahre als Zuhause gedient hatte und winkte Ruth zum Abschied. Entschlossen drehte ich mich um und stieg hinten ins Auto ein.
Clara und Thomas stiegen vorne ein, die Türen wurden zugeschlagen und wir fuhren los. Aus meinem Rucksack kramte ich meine Kopfhörer, setzte sie auf, und hoffte auf einen Neustart, während ich hörte:
And if you're still bleeding, you're the lucky ones. 'Cause most of our feelings, they are dead and they are gone.
Blinzelnd öffnete ich die Augen und wusste für einen kurzen Moment nicht, wo ich mich befand. Ich schaute aus dem Fenster, und bemerkte, dass wir uns nicht mehr auf der Autobahn, sondern auf der Strasse eines Wohnquartiers befanden. Kleine Häuschen standen hier relativ dicht aneinander gereiht, jedoch war die gesamte Umgebung recht grün und wirkte einladend.
Ein Blick auf meine Armbanduhr zeigte, dass es bereits früher Mittag war, wir waren also mehrere Stunden – mit einer kleinen Kaffeepause in einer Raststätte – gefahren. Der Gedanken an die grosse Distanz, die somit zwischen mir und dem Heim, und somit allem bisher bekannten, lag, hinterliess ein leicht mulmiges Gefühl. Doch ich hatte mich schon so lange auf diesen Moment gefreut – das würde mir meine fehlende Zuversicht sicher nicht vermiesen!
Unser Wagen wurde stetig langsamer, bis er schliesslich ganz stehen blieb. Schnell schnappte ich mir meinen Rucksack und stieg aus. Das Haus, vor welchem Thomas parkiert hatte, war zwar nicht sonderlich gross, sah dafür aber umso gemütlicher aus. Ein schmaler Weg aus ungleichförmigen Steinplatten führte zum Eingang und der hellen Fassade entlang waren Beete angelegt, welche zwar gut gepflegt, aber keineswegs unnatürlich wirkten.
Inzwischen waren auch Clara und Thomas ausgestiegen, und liefen zur Eingangstüre vor, Thomas mit meiner Tasche in der Hand. Clara schloss die Türe auf und deutete mir mit einer einladenden Geste, einzutreten. „Willkommen in deinem neuen Zuhause, Emi!“
„Danke“, brachte ich hervor und betrat den Flur, zog mit einem kurzen Blick auf die Garderobe meine Schuhe aus und laufe in Socken weiter ins Wohnzimmer. Die Einrichtung war modern, wirkte jedoch nicht steril. „Komm, ich zeig‘ dir mal alle Räume, allzu viele sind es zwar nicht, dafür wirst du dich ganz sicher nie verirren!“, erklärte mir Clara grinsend. „Schatz, bring doch schon mal die Tasche auf ihr Zimmer, bitte“, sagte sie nun an Thomas gewandt.
„Komm!“, wies mich Clara an, ihr zu folgen, und wir betraten zuerst die Küche. „Wenn du willst, kannst du für dich selbst kochen, und sonst übernehmen Thomas und ich das abwechslungsweise, je nachdem, wer wann arbeitet. Mittags wirst du dann in der Cafeteria der Schule essen, ist das so für dich in Ordnung?“ Fragend schaute sie mich an, und ich nickte. „Natürlich. Danke.“ – „Nicht dafür!“
Im Voraus hatten wir uns darauf geeinigt, dass ich an der örtlichen Schule in der elften Klasse einsteigen würde. Eigentlich hatte ich bereits das letzte Jahr vor dem Abschluss begonnen, allerdings hatte uns der Rektor der hiesigen Schule geraten, dass ich doch ein Jahr zurücktreten sollte, da wir doch einen komplett anderen Stoff durchgenommen hatten, und es somit fast nicht möglich wäre, erst jetzt - im Herbst – noch in der Abschlussklasse Anschluss zu finden.
Im Erdgeschoss befand sich dann nur noch ein kleines Badezimmer, sodass wir die Treppe hinauf in den Oberen stock wechselten, wo sich das Schlafzimmer von Thomas und Clara befand, ein Arbeitszimmer, welches aber anscheinend eher als kleine Bibliothek diente, ein grosses Badezimmer mit Dusche und Badewanne, und schliesslich das hinterste Zimmer im Flur. Mein zukünftiges Zimmer. Clara wackelte bedeutungsvoll mit den Augenbrauen, bevor sie mit einem Ruck und einem lauten „Tadaaa!“ die Tür öffnete.
„Ich hoffe es gefällt dir… Falls du andere Möbel oder die Wände anders streichen möchtest, können wir gerne mal zusammen „shoppen“ gehen.“
Da ich immer noch kein Wort von mir gegeben hatte, schaute sie mich nun leicht verunsichert an.
„Wie findest du es?“
Es war perfekt. Schlichtweg perfekt. Die Wand hinter dem Bett war in einem kühlen grau-grün-blau gestrichen, die restlichen waren weiss und brachten gemeinsam mit dem grossen Fenster die nötige Helligkeit in den Raum. Die Möbel hingegen waren grösstenteils Dunkel gehalten, wobei man nicht genau erkennen konnte, ob es sich um ein dunkles Braun oder bereits schwarz handelte. Der riesige Teppich am Boden wechselte sich in einem Muster zwischen Crème und Dunkelgrün ab. Wie schon gesagt; Es war perfekt.
„Es ist wunderschön. Vielen lieben Dank“, wendete ich mich jetzt wieder an Clara.
„Das freut mich. Ich lasse dich dann mal alleine, damit du in Ruhe deine Sachen auspacken und dich ein bisschen an die neue Situation gewöhnen kannst. Ach ja – du hast dort dein eigenes Badezimmer, es ist zwar nicht allzu gross, sollte aber ausreichen“. Sie zeigte auf die Wand links von uns und erst jetzt bemerkte ich die Tür, welche sich dort befand. Ich nickte dankbar.
„Falls du uns brauchst – wir sind unten!“
Mit diesen Worten verliess sie den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
Ich liess mich aufs Bett sinken, stützte meinen Kopf auf den Händen ab und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Müde rieb ich mir über die Stirn. Irgendwie nahm mich das ganze doch ein wenig mehr mit, als ich es mir gedacht hatte.
Entschlossen stand ich auf und schnappte mir die Reisetasche, die mir Thomas neben das Bett gestellt hatte. Als ich den Kleiderschrank öffnete musste ich beinahe lachen, weil ich mit meinen Klamotten nicht mal die Hälfte des Platzes beanspruchen würde. So begann ich auszupacken, und verfluchte mich schon für meine Entscheidung, wirklich nur meine Lieblingsteile mitgenommen zu haben, da ich der Meinung war, ein Neuanfang würde sich auch auf die Klamotten beziehen. Eine Fahrt zu einem Shoppingcenter oder in die Stadt war also unumgänglich…
Nachdem ich auch noch den Rest meiner Sachen im Zimmer platziert hatte sass ich jetzt vor meinem Laptop und befasste mich das erste Mal genauer damit, mich über diese Gegend ein wenig schlauer zu machen. Die Schule befand sich nicht sehr weit von hier entfernt – zu Fuss würde ich wohl etwas mehr als zwanzig Minuten haben, was mir ganz recht war, da mir ein bisschen frische Luft guttun würde.
Plötzlich klopfte es an meiner Türe, sodass ich kurz zusammenzuckte. „Ja?“ – „Es gibt Abendessen!“, höre ich da die Stimme von Thomas, sodass ich schnell aufstand und ihm nach unten folgte. In der Küche war auch schon gedeckt, und Clara stellte gerade einen Topf auf den Esstisch. Während ich mich auf einen Stuhl setzte begann sie auch bereits damit, die Teller zu füllen. „Ich hoffe zu magst Safran“, sagte sie da auch schon an mich gewandt, und ich zuckte mit den Schultern, da ich mich ehrlich nicht erinnern konnte, etwas Ähnliches jemals gegessen zu haben.
Ein leicht unangenehmes Schweigen trat auf, als plötzlich alle mit essen beschäftigt waren. Kurz darauf legte Thomas seine Gabel zurück auf den Teller und räusperte sich. „Emi, wir haben uns überlegt, wie du am besten zur Schule kommst und dachten uns wir besorgen dir ein eigenes Au-„ – „Nein.“ – „Nein?“
„Nein, vielen Dank, aber ich würde lieber zu Fuss hin. Das sind ja bloss etwa zwanzig Minuten“, entgegnete ich und brachte ein schwaches Lächeln hervor. Beide schauten mich nun leicht überrascht an, entgegneten aber nichts weiter.
Ich legte das Besteck in meinen leeren Teller und plötzlich wurde mir bewusst wie verrückt die gesamte Situation eigentlich war. Meine neuen Eltern wollten mir soeben ein neues Auto kaufen.
„Das Essen war super“, bringe ich hervor, und allein diese Aussage war so ungewohnt, dass sie mich komplett aus der Fassung brachte.
„Ich würde gerne schlafen gehen“, murmelte ich und erhielt gleich ein einstimmiges „Sicher!“ von Clara und Thomas‘ Seite.
„Lass einfach alles auf dem Tisch liegen. Und schlaf gut!“, fügte Clara hinzu und schenkte mir ein kleines Lächeln. Ich nickte leicht zum Dank und murmelte ein „Gute Nacht“, bevor ich aus der Küche lief, um ihnen nicht die Tränen zu zeigen, die mir bereits über die Wangen liefen. Mit schnellen Schritten erreichte ich schliesslich mein Zimmer, lief weiter ins Badezimmer, schloss die Türe hinter mir und liess mich an ihr heruntersinken, während ich nun das Schluchzen endgültig nicht mehr zurückhalten konnte.
Die Tränen wollten und wollten nicht stoppen, und so legte ich meinen Kopf auf meine Knie und versuchte mich zu beruhigen. Meine Schultern bebten und mein Atem ging unkontrolliert und die Tränen tropften weiter auf mein T-Shirt.
Die kühlen Fliesen unter meinen Händen und Beinen liessen mich frösteln und hatten gleichzeitig eine beruhigende Wirkung. Langsam versiegten die Tränen und ich blieb einfach mit geschlossenen Augen still sitzen und konzentrierte mich auf meinen Atem.
Erst spät rappelte ich mich auf und blickte im Spiegel über dem Waschbecken einem Gesicht mit rot verquollenen Augen entgegen. Einige Reste der Schminke vom frühen Morgen waren noch vorhanden, bewirkten nun allerdings eher das Gegenteil als sonst und unterstützten mein katastrophales Aussehen nur noch. Lange und gründlich wusch ich mir mein Gesicht und bürstete mir anschliessend meine langen braunen, doch recht unscheinbaren Haare, um morgen ein möglichst akzeptables Bild abzugeben.
Schliesslich stand mir mein erster Tag an der neuen Schule bevor.
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Tag der Veröffentlichung: 09.08.2015
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