Nach sechs Jahren trennte ich mich von meinem Freund Marco. Mit ihm habe ich einen gesunden Sohn zur Welt gebracht. Ich dachte alles wäre perfekt. Doch nach einigen Jahren zeigte sich, dass er nicht der Mann ist, mit dem ich mir vorstellen konnte, alt zu werden. Trennen konnte ich mich auch lange nicht, da ich ihn liebte. Doch ich fühlte mich nicht geliebt. Er hetzte mich rum, als wäre ich ein Hund. Hauptsache die Frau steht am Herd, kümmert sich um Haushalt, Kind und Finanzen. Das perfekte Leben für einen Mann. Doch will ich so enden? Als Sklave für einen Mann. Nein! Will ich nicht.
Daher entschloss ich mich im Februar 2013, mich von Marco zu trennen. Was in seinen Augen ein Fehler, für mich aber die Erlösung war. Er drohte mir, kümmerte sich nicht mehr um seinen Sohn. Verantwortung hatte er in den ganzen sechs Jahren nicht gekannt. Alles war ihm wichtiger, doch seine Familie nicht. Damian unser Sohn litt, er wollte einen Vater, doch dieser ihn nicht. Ich war froh, als Marco aus gezogen war.
Doch von diesem Tag an sollte ich nicht mehr glücklich sein. Marco richtete einen Psychoterror an, ich musste meine Ausbildung auf Grund dessen abbrechen. Ich wollte mich um meinen Sohn kümmern, der ziemlich litt. Ich habe alles getan, um meinen Sohn trotz allem eine gute Mutter zu sein. Doch lange hielt ich diesen ganzen Stress nicht mehr aus. Ich entschied mich in die Psychiatrie zu gehen, vorher musste ich meinen Ex-Freund wegen Drohung anzeigen, worauf hin er eine Geldstrafe bekam.
Von da an dachte ich, dass er daraus gelernt hätte, doch das hielt nur für kurze Zeit. Während ich in der Klinik war und mich behandeln ließ, kam Damian bei meiner Mutter unter. Der kleine Mann musste zuvor schon so viel ertragen. Ich dachte, dass auch er Hilfe brauche, doch eigentlich hat er die Trennung gut weg gesteckt. Alles andere habe ich versucht, von ihm fern zu halten.
In der Klinik wurde mir bewusst, dass es die richtige Entscheidung war, sich zu trennen. Ich habe mir geschworen, erst mal keinen Mann mehr in unser Leben zu lassen. Ich wollte selbst erst mal wieder „klar“ im Kopf werden. Mich auf mich und meinen Sohn konzentrieren. Überlegen wie es weiter geht.
Ich kontaktierte das Jugendamt und bat um einen Platz im Mutter-Kind-Wohnheim. Diese ließen sich aber einige Monate Zeit. So vergingen mehrere Monate in denen ich in der Klinik fest saß. Es war eine schöne Zeit, ich habe viele neue Leute kennen gelernt, mit denen ich bis heute noch im Kontakt stehe. Doch auch meine neue Liebe lernte ich in der Psychiatrie kennen. Ich wollte keinen Mann mehr, das hatte ich mir nach der Trennung geschworen. Alleine schon wegen Damian. Er hätte nicht verstanden, warum Mama wieder einen neuen Mann an ihrer Seite hat.
Doch seine Gefühle kann man nicht steuern. Wenn sie einmal da sind, bekommt man sie so schnell nicht wieder los. Als ich Oly das erste Mal sah, saß ich mit zwei Mitpatienten draußen auf der Bank, während er sich gerade eine Zigarette anzündete. Ich sagte zu den beiden, dass er nicht schlecht aussähe. Er war groß, hatte einen Bauch, schöne Augen und ein Tattoo. Ein Mann, der vom Aussehen eigentlich nicht mein Typ war, doch irgendwie interessierte er mich.
Ich sah ihn und fand ihn toll. Ich hoffte, dass er auf unserer Station wäre und das war er Gott sei Dank auch. Den ersten Tag haben wir ihn alle kaum zu Gesicht bekommen. Er hatte sich zurückgezogen, klar ist nicht so einfach, in die Psychiatrie zu gehen. Keiner wusste vorher, warum er überhaupt da war.
Abends saßen wir alle im Wohnzimmer, auch Oly kam dazu. Ich aß wie so oft eine Schokolade nach der anderen. Wir lachten und unterhielten uns alle. Oly fragte nur entsetzt, was für Tabletten wir alle bekommen würden. Weil wir so aufgedreht waren. Abends, als ich im Bett lang, ließ ich den Tag nochmals Revue passieren. Ich konnte es einfach nicht glauben, ich hatte mich verguckt. In einen Mann der wesentlich älter ist als ich. Am nächsten Morgen am Frühstückstisch sprach Oly mich an und fragte mich nach meinem Alter. Als ich sagte, ich sei 25, war er ziemlich geschockt. Er war zu diesem Zeitpunkt 46. Er hätte mein Vater sein können. Doch trotzdem machte er mir immer und immer wieder Komplimente. Ich fühlte mich geschmeichelt. Denn es gab noch nie einen Mann in meinem Leben, der mich so genommen hat, wie ich war, mir Komplimente machte und mir sagte, wie gut ich riechen würde.
Ich konnte mir zunächst nicht erklären, warum Oliver das machte, doch es dauerte nur einen Tag, bis ich die Antwort darauf bekam. Ich fragte mich oft, ob es ihn wirklich gibt, den Mann meiner Träume. Diese Hoffnung hatte ich eigentlich aufgegeben. Die meisten Männer haben es nicht ernst gemeint, sie hatten ein Herz aus Stein. Wie soll ein Mann seine Gefühle zeigen, wenn er nichts fühlt? Doch bei Oly war es anders.
Ich fuhr das Wochenende zu meiner Mutter, vorher fragte er mich ob ich ihm meine Facebook Daten geben könnte. Ich saß kaum an der Bushaltstelle, als er mir dann eine Nachricht schrieb. Er schrieb, dass er sich in mich verliebt habe und ich wunderschön sei. Das habe ich zuerst nicht glauben wollen. Ich dachte, er wäre so wie alle anderen und wolle mich nur ins Bett bekommen. Die Zeit die ich bei meiner Mutter verbrachte, saß ich die meiste Zeit vor meinem Handy, wenn Damian schlief. Oly und ich schrieben hin und her. Ich freute mich, als ich den nächsten Tag zurück in die Klinik konnte, um ihn wieder zu sehen. Es war schon echt ein mulmiges Gefühl. Keine zwei Tage war er in der Psychiatrie und wir sprachen von Liebe. Gibt es das wirklich? Ich würde sagen ja und nein. Denn es war nicht einfach mit uns beiden. Wir wurden verletzt und hatten Probleme, einander zu vertrauen. In der Klinik mussten wir unsere Beziehung auch noch irgendwie verheimlichen. Da es nicht gestattet war, eine Beziehung in der Klinik zu führen. Dies würde den Heilungsprozess behindern. So war es zum Teil auch. Oly meinte er wäre geheilt weil er mich kennen lernte. Er müsste sich nicht mehr therapieren lassen, denn er wäre nicht mehr alleine.
Drei Tage zuvor wollte er sich noch aufhängen. Es war echt schwierig, doch wir versuchten es zusammen. Ich versuchte alles, um ihn glücklich zu machen, ihm zu zeigen, dass er mir alles anvertrauen kann und ich für ihn da bin. Sagte oft zu ihm, dass ich ihn auffangen würde, wenn er fällt und dass ich mit ihm zusammen unsere Zukunft planen möchte. Oly ist der, nach dem ich mich all die Jahre sehnte, der mir täglich die Kraft gibt zu kämpfen, er ist einfach derjenige, der mich glücklich macht. Während der Klinikzeit fand er immer die richtigen Worte, wenn es mir schlecht ging. Für mich ist er einfach einzigartig, unvergleichlich und unersetzbar. Lange konnten wir unsere Beziehung geheim halten, doch irgendwann wollte ich es nicht mehr. Ich wollte allen zeigen, dass ich glücklich bin und mich nicht schäme, mit einem älteren Mann zusammen zu sein. Viele waren schockiert, einige Frauen hatten ein Auge auf ihn geworfen und waren erschüttert zu hören oder zu sehen, dass wir ein Paar sind. Das Personal war damit einverstanden, solange wir unsere Liebe auf der Station nicht übertreiben. Dann kam der Tag meiner Entlassung, doch Oly musste noch bleiben. Ich wollte nicht gehen, da eine Frau, die einst ein Auge auf Oly geworfen hatte, wieder stationär dort war. Ich hatte Angst, Oly an sie zu verlieren. Ich konnte ihm nicht glauben, dass er mich liebt. Doch es kam so, wie ich es vorher gesehen hatte. Eines Tages schaute ich in sein Handy, eigentlich mache ich sowas nicht, doch er verhielt sich mir gegenüber seltsam. Da sah ich, dass er mit dieser besagten Frau schrieb. Er schrieb ihr, genau das, was er mir zu Anfang auch schrieben hatte. Eine Welt brach für mich zusammen. Ich konnte es nicht glauben. Ich war verzweifelt und wütend. Ich rannte ins Bad, warf ihm das Handy vor die Füße und fragte was dies soll. Er redete sich raus. Doch hinterher sagte er mir, dass er es nur gemacht hätte, weil er Angst hatte, dass ich mich von ihm trenne. Für mich war dies eine Ausrede, doch ich versuchte, ihm wieder zu vertrauen und zu verzeihen. Dies war jedoch eine große Herausforderung für mich. Als Oly auch entlassen wurde, hoffte ich, dass wir nun endlich glücklich werden könnten. Mein Sohn verstand sich auf Anhieb mit Oly, meine Sorge zuvor war unberechtigt. Oly kümmert sich sehr liebevoll um Damian und verhält sich ihm gegenüber sehr verantwortungsbewusst.
Bis heute gab es immer wieder Dinge, die fast zu einer Trennung geführt hätten. Doch wenn man wirklich liebt, dann schafft man jede Hürde gemeinsam. Schnellstmöglich sind wir zusammen gezogen und haben somit beschlossen unser Leben gemeinsam zu verbringen. Im Oktober hatten wir uns schon verlobt. Ich hatte hin und wieder Zweifel an unserer Beziehung, doch diese sind mittlerweile verflogen. Oly ist Lkw Fahrer und verdient eine Menge Geld, was für mich sehr ungewöhnlich ist. Vor Oly hatte ich ein Leben, in dem ich mir nicht alles kaufen konnte und sparen musste. Ich fühlte mich lange abhängig von Oly. Ich wollte sein Geld nicht annehmen, ich konnte nicht. Ich wollte selbstständig sein. Doch immer wieder meinte er, dass wir ab jetzt eine Familie sind und er für uns sorgen möchte. Ich habe es akzeptiert und bin froh einen solchen Mann an meiner Seite zu haben.
Wir verbringen viel Zeit zusammen auch mit Damian. Die Zeit die wir zusammen haben, nutzen wir. Am Anfang fuhr Oly Fernverkehr, doch da wir es beide kaum aushielten, uns nur am Wochenende zu sehen, änderte er es und fährt nur noch Touren in Deutschland. Seit dem entwickelt sich unsere Beziehung zum Positiven und wir führen wie viele andere Familien ein glückliches Leben. Alle Zweifel die ich am Anfang der Beziehung hatte sind natürlich nicht verschwunden, doch wir geben unser Bestes. Ich spüre endlich geliebt zu werden. Oly setzt sich nicht stundenlang an den Computer, sondern er setzt sich neben mich auf die Couch und kuschelt. Auch mit Damian verbringt er viel Zeit. Damian tut es gut, das Oly in unser Leben getreten ist. Er hat das Gefühl einen „Papa“ zu haben. Sein leiblicher Vater kümmert sich bis heute nicht um seinen Sohn. Er ist wieder der Drogensucht verfallen und fährt sein komplettes Leben gegen die Wand.
Doch wir lassen uns davon nicht abhalten und gestalten unser Leben so wie wir es für angemessen finden. Klar gebe ich mir die Schuld, für das Verhalten meines Ex-Freundes, doch jeder ist selbst verantwortlich für sein Leben. Und ich bin verantwortlich für mich, Oly und Damian und auf genau diese Personen werde ich mich konzentrieren, in der Hoffnung, bis an mein Lebensende meine Zukunft mit ihnen verbringen zu können. Nicht immer hat das Kennenlernen zweier Personen ein glückliches Ende, doch wir hatten bis jetzt Glück. Darüber freue ich mich riesig und freue mich ebenso, Euch meine Liebesgeschichte mitteilen zu können.
Tag der Veröffentlichung: 11.04.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch Widme ich meinem Schatz Oly. Er hat unser Leben nach all den Monaten davor, wieder Lebenswert gemacht. Dank ihm wissen mein Sohn und ich endlich, was es heißt wirklich geliebt zu werden.