Bis 2005 verlief mein Leben eigentlich so, wie ich es als normal hielt.
Ich machte eine Ausbildung als Kaufmann, war danach Zeitsoldat, kam dann wieder in meinen erlernten Beruf, bildete mich weiter, wurde schließlich Filialleiter bei einem großen Discounter.
In der Zeit der nebenberuflichen Weiterbildung zum Handelsassistenten wurde ich Vater und schon während dieser Zeit war mir aufgefallen, dass ich irgendwie überfordert war mit all den Dingen, die um mich passierten, jedoch übersah ich die Rotlichtsignale und verstärkte sie nur noch, indem ich zum Abschalten Alkohol trank, statt mir etwas gutes zu tun.
2005 kam dann, was irgendwann mal kommen musste.
Burn Out mit einer Depression im Gepäck.
Da ich mich den Aerzten einfach hingab, weil ich selbst nicht mehr mit mir und der Welt klar kam und mich alle fragten ob ich viel Alkohol trank, was ich zu diesem Zeitpunkt bejahen musste, dachten alle, ich sei suchtkrank, sogar ich glaubte das.
So kam es dann, dass ich für 16 Wochen in eine Suchtklinik für Doppeldiagnostik, hier Sucht und Depression, in der Nähe von Bielefeld gesteckt wurde.
Sehr schnell stellte sich aber heraus, das die Depression meine eigentliche Baustelle war.
Da es sich dort aber um eine Suchtklinik handelte, wurde die Depression nur begleitend behandelt.
Die Aerzte und Therapeuten waren also nach relativ kurzer Zeit am Ende ihres Latein, dennoch fand ich einen Therapeuten, mit dem ich über die Depression reden konnte, obwohl er nicht für mich zuständig war. Auch sonst war der Aufenthalt dort für mich sehr lehrreich. Ich kam endlich mal zur Ruhe, um zu lernen, mich selbst zu spüren und zu erkennen, wer ich überhaupt bin.
Der Missbrauch des Alkohols meinerseits war zugegebenermaßen über längere Zeit grenzwertig und ich sah jeden Tag Menschen, die schon sehr von dieser Droge gezeichnet waren. Das gab mir ein neues Ziel und zwar, dass ich so niemals werden wollte. Ich will einfach nur glücklich und gesund durch mein Leben gehen.
Nach ca. 8 Wochen in der Klinik entschloss ich mich dann auch meinen alten Job endgültig an den Nagel zu hängen. Viele meinten, das war mutig, andere meinten ich wäre verantwortungslos meiner Familie gegenüber. Aber hier ging es ausschließlich um mich und wenn ich nicht vor die Hunde gehen wollte, dann musste ich mir ein Zeichen setzen.
Ich war verwirrt, fühlte mich leer und verbraucht und wusste lange Zeit nicht, wie ich mit den neuen Erkenntnissen umgehen sollte, mit denen ich Tag für Tag aufs neue konfrontiert wurde,
Und so begann ich eines Tages mit dem Schreiben von Gedichten. Einfach nur aufschreiben, damit es aus dem Kopf kommt, war mir zu wenig.
Durch die Zusammensetzung der Reime war und bin ich zum einen abgelenkt und zum anderen kann ich mich anderen gegenüber besser ausdrücken. Menschen, die mich fragten, wie es ist, wenn man in einer Depression drin steckt, konnten anhand meiner Gedichte endlich einen kleinen Einblick gewinnen, um vielleicht ein wenig mehr zu begreifen und zu verstehen, was in mir los war.
2006 nahm ich mir eine Auszeit, um mit meiner Familie wieder zusammen zu finden. Wir drei lernten uns ganz neu kennen und schätzen. Bis heute 2012, kamen noch viele depressive Schübe und dennoch gaben mein Sohn und meine Frau mich nicht auf. Ich habe großen Respekt davor, bin stolz und dankbar zugleich, denn nicht jeder Mensch hat so einen starken Willen und Durchhaltevermögen, wie meine beiden Schätze.
Anfang 2012 machte ich für 6 Wochen eine psychosomatische Therapie in Bad Essen und kann heute sagen, dass der Knoten endlich geplatzt ist.
Seit einiger Zeit mache ich Yoga. Es hilft Stress abzubauen, Energie für den Tag frei zu machen, ich rauche weniger und ich konnte bereits meine Antidepressiva Medikation heruntersetzen.
Nichts desto Trotz schreibe ich auch heute noch Gedichte, und zwar über das wunderbare Leben.
Ich wünsche viele nachdenkliche
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Jens Lagemann
Bildmaterialien: Jens Lagemann
Tag der Veröffentlichung: 14.11.2012
ISBN: 978-3-7309-0054-3
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