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Völlig Verloren



Es ist ein kalter November morgen und draußen ist es noch dunkel. Ich schalte das Licht an und schaue mit meinen traurigen, Blauen Augen in den Spiegel. Ich sehe müde aus, meine langen Blonden Haare könnten, mal wieder geschnitten werden. Ich finde für meine 21 Jahre sehe ich furchtbar alt aus. Müde und geschunden vom Leben, meine Schultern sind zusammen gefallen auch ansonsten erinnere ich mehr an eine alte Frau, als an eine Junge Dame. In meinem Herzen. ist das Licht, die Freude der Kindheit schon längst erloschen. Ich steige in die Dusche und versuche mich zurück erinnern, wie es war als ich noch ein kleines Mädchen war. So unschuldig und rein, wir ein roher Diamant. Neugierig auf die ganze Welt. Vielleicht würde es mir helfen die Welt aus Kinderaugen zu betrachten. Nicht nur die Kahlen Bäume sehen, sondern Bäume die sich nur ausruhen um im Frühling wieder in voller Bracht zu Blühen. Das Laub in dem man, so schön spielen kann. Doch dieser Gedanke macht mich noch trauriger, ich vermisse das kleine Kind in mir. Es war immer so fröhlich und hat nie aufgehört, an die guten Dinge im Leben zu glauben. Die Hoffnung und die Träume waren so groß. Doch was aus mir geworden ist, aus dem kleinen Mädchen, das die ganze Welt umarmen wollte, ist weniger schön. Eine junge Frau, die mit allem und vor allem mit sich selbst gnadenlos überfordert ist. Sie hasst Ihren Job und auch sonst ist nichts mehr Rosarot. Genug mit den Gedanken, ich muss mich auf den Weg zu arbeit machen. Ich arbeite in einem großen Supermarkt oder besser gesagt ich mache eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Einen Beruf den ich niemals erlernen wollte, doch ich hatte keine andere Wahl und nun ist es ja auch zu spät im 3 Lehrjahr.

Als ich den Arbeitstag endlich hinter mich gebracht habe, mache ich mich auf den Weg nach Hause, mit meinem Fahrrad und jetzt fängt es auch noch an zu Regnen. Ich habe zwar einen Führerschein, aber ich habe nicht genügend Geld ein Auto zu unterhalten. Total Lustlos, steige ich auf mein Fahrrad und fahre durch das Nasse Laub. Meine innere Stimme ruft „Na los, als Kind hast du es geleibt mit dem Fahrrad durch das Nasse Laub im Regen zu fahren und jetzt schimpfst du?“. „Ich bin aber kein Kind mehr“ erwidere ich zu mir selbst. Trotzig und Klitsch Nass komme ich endlich zu Hause an. Meine Wohnung ist klein und Trostlos, eine 2- Zimmer Wohnung am Rande von Frankfurt. Ich mag diese große Stadt nicht, früher habe ich zwar immer über die Kleinstadt geschimpft, in der ich aufgewachsen bin, doch Heute wünschte ich mir, ich könnte noch mal dort leben. Es ist echt verrückt, wie sich das Leben Wandelt. Aber ich habe keine Zeit zu trauern, es bringt doch eh nichts. Mein Magen knurrt, Zeit etwas zu kochen. Ich stehe am Herd und da meldet sich wieder meine innere Stimme „Mama konnte das viel besser als, hättest du mal lieber aufgepasst.“. „Ach hätte ich dies, hätte ich das wäre jetzt alles anders. Ich hab nicht“ Schreie ich in den Raum. Doch niemand Antwortet mir. Werde ich jetzt Langsam Irre? Oder Warum rede ich mit mir selbst?

Erschöpft setze ich mich auf mein Sofa und schalte den Fernseher ein. Mit der Gabel, stochere ich in meinen Nudeln rum, habe ich überhaupt schon mal was anderes gegessen in den 3 Jahren? Ich glaube nicht. Meine innere Stimme hatte Recht. Mama ist eine hervorragende Köchin, dass macht Ihr niemand so schnell nach und ich schon gar nicht. Aber wenigsten Backen kann ich, denke ich mir. Der Abend geht vorbei und es ist Zeit ins Bett zu gehen. Doch bevor ich mein Bett erreiche, bleiben meine Augen, wieder im Spiegel hängen. Jetzt sehe ich noch furchtbarer aus als Heute morgen, denke ich mir. Meine Augen sind Müde, mein Gesichtsausdruck vollkommen Leer, von jeglicher Freude die man im Leben verspüren kann.
Obwohl ich sehr müde und erschöpft bin kann ich nicht einschlafen. Wieder meldet sich meine innere Stimme. Langsam macht Sie mir wirklich Angst, wo kommst Sie her? Bilde ich mir das nur ein oder hört man sie wirklich? Naja wahrscheinlich kann nur ich Sie hören, aber was will Sie nur von mir? „Lass mich in Ruhe“ schreie ich energisch. „Ich bin das Kind in dir, du sperrst mich ein ohne Licht. Lass mich raus sonst werde ich sterben.“ Etwas schockiert von dieser Einsicht, überlege ich lange nach einer Antwort. „Ich bin aber kein Kind mehr, ich bin Erwachsen. Das Kind in mir ist schon lange Tot. Es ist genauso Tot, wie mein Vater der meine Kindheit mit in sein Grab genommen hat.“ Ich hoffe das, es jetzt aufhört. Doch das tut es nicht. „Aber da täuscht du dich gewaltig. Jeder hat ein Kind in sich, du musst es dir bewahren. Passe auf mich auf, ich warne dich.“ Mit diesen Worten erlosch meine Innere Stimme. In dieser Nacht hatte ich noch keine Ahnung, was ich damit angerichtet habe. Total verwirrt und entkräftet, wache ich am nächsten Morgen auf. Es ist Samstag und ich habe Frei. Ich liebe meine freien Tage, aber Heute kann ich es irgendwie nicht genießen. Wahrscheinlich drehe ich jetzt ganz durch denke ich mir, mit den Erinnerungen an letzte Nacht.

Aber vielleicht sollte ich mein Kind in mir schützen. Meine Mutter hat mal gesagt, „Bewahre dir deine Kindheit“ Hat sie dass damit gemeint? Es ist wirklich total verrückt, wie das Leben so spielt. Ich nehme meine Regenjacke und verlasse das Haus. Vlt. Bin ich einfach zu allein und drehe deshalb durch. Da kommt mir eine Idee. Als ich noch ein kleines Mädchen war hatte ich 2 Kaninchen, Blacky und Jane. Die beiden strahlten so viel Lebensfreude und lieben aus. Also mache ich mich auf den Weg ins Tierheim. Der Mitarbeiter vom Tierheim, zeigt mir 2 Zwergkaninchen, die dringend ein schönes Zuhause suchen. Die beiden heißen Trixi und Seppel. Trixi ist Braun mit Schwarzen streifen und Seppel ist weiß mit schwarzen Punkten und ziemlich dick. Sofort haben die beiden Flauschies einen Platz in meinem Leeren Herzen bekommen. Glücklich, fahre ich nach Haus, noch Heute Abend hohle ich die beiden ab. Doch bis dahin gibt es noch viel zu tun. Ich fahre mit der Straßenbahn, in den nächsten Baumarkt und kaufe eine Kleintierstall, ein Freigehege und zusätzlich Holz und Draht. Das ganze ist eine ganz schön schwer, aber für die beiden nehme ich das gerne in kauf. Ewig, probiere ich herum, wie ich es am besten aufbaue. Ich stelle den Käfig an einer Wand auf, hole Teppichreste aus meinem Keller und legte sie drunter. Zum Schluss stelle ich das Freigehege drum rum und sichere es mit Holz und dem zusätzlichen draht noch etwas ab.

Oh schon 14:00 Uhr bemerke ich, jetzt aber schnell auf den Weg machen um noch Einstreu und Spielsachen zu kaufen. Zum glück, ist eine Zoohandlung gleich ein Paar Meter weiter. Als ich alles nach Hause gebracht habe, mache ich mich wieder auf den Weg ins Tierheim und die beiden abzuholen. Nachdem die ganzen Formalitäten geklärt sind, kann es für die beiden endlich nach Hause gehen. In Ihr neues Zuhause, hoffentlich gefällt es Ihnen. Bis in die Nacht hinein schaue ich, aus sicher Entfernung den beiden zu wie, Sie ihr neues Zuhause beschnuppern. Zufrieden liege ich in meinem Bett, doch plötzlich meldet sich wieder meine innere Stimme. „Ich danke dir.“ Sagte Sie und verstummte. Langsam dreh ich wirklich durch, denke ich.

Der Sonntag vergeht wie im flug. Trixi und Seppel scheinen sich richtig gut einzuleben. Und eh ich mich versehen konnte, war es wieder Montagmorgen. Montag morgen und noch dunkel, da würden mir tausende Gründe einfallen um nicht aufstehen zu müssen. Doch die Pflicht ruft. Mit den Gedanken an meine neuen beiden Mitbewohner, geht die Arbeit gleich viel schneller, doch ich kann es gar nicht erwarten nach Hause zu kommen. Mutter würden, die beiden sicherlich auch gefallen. Na eben, wann habe ich eigentlich das letzte mal mit Ihr telefoniert? Als ich endlich zu Hause angekommen bin, nehme ich mein Telefon und rufe Sie an. Wir reden eine ganze weile, doch irgendwie fühle ich mich Ihr so fremd. Ich habe leider keine Ahnung warum, dass so ist doch es macht mich traurig. „Mami ich hab dich lieb“ ruft das Kind in mir. Doch statt meine innere Stimme zu fürchten und zu wetten wann ich durchdrehe, lasse ich sie diesmal zu. Was habe ich schon zu verlieren?
„Was willst du mir sagen Kind?“ frage ich verblüfft.
„Ich will, dass du mich rettest.“
„Wieso sollte ich dich retten?“
„Weil ich langsam. Einen grausamen Tot in dir sterbe, wenn du dich nicht änderst“
Ich bin schockiert.
„Aber was kann ich tun um dir zu helfen?“
„Lass mich Leben, lass mich frei sein.“
„Wie soll, ich das denn bitte machen? Willst du aus mir raus?“
„Nein ich will, dass du mich akzeptierst. Das du besser auf mich aufpasst und das du mich Lebst.“
„Aber ich bin Erwachsen“ Antworte ich energisch.
„Das ist auch mein Problem, du bist zu Erwachsen. Du kannst die Welt nicht ändern, in dem du mich tötest. Ich bin deine Freude, deine Neugier und Fantasie. Ich bin alles, was deine Freude am Leben erhält. Wenn du mich tötest, dann tötest du dich mit.“
„Sag mir bitte wie ich dich retten kann.“ Doch die Stimme meines inneren Kindes ist erloschen. Ich hoffe so sehr, das Sie mir noch mal Antwortet doch, dass tut Sie nicht.

Dienstag morgen und ich fühle mich so Leer, wie noch nie zuvor in meinem Leben. So als wäre ein Teil von mir gestorben. Meine Gedanken gehen ins nichts. Jegliche Neugier und Fantasie scheint von mir gewichen zu sein. Schon am frühen Nachmittag, habe ich mich total in der Monotonie und das Piepsen meines Scanners verloren. Es ist als, gäbe es nur noch Schwarz und Weiß. Nichts mehr dazwischen. Langsam geht der Tag vorbei, Trixi und Seppel schauen mich mitleidig an. Als würden Sie merken, das jegliche Lebensfreude aus mir verschwunden ist.

Fühlt es sich so an Erwachsen zu sein? Ist Erwachsen sein, wirklich nur ein zustand in dem jegliche Lebensfreude aus einem Gegangen ist und im laufe der Jahre die Träume verschwinden und Hoffnung sinkt. Oder bin ich einfach nur Bescheuert? Im laufe der Jahre wurde mir dann klar, das ich völlig Depressiv war. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte ich davon keine Ahnung. Total entkräftet schaue ich in den Spiegel, plötzlich spüre ich nur noch Hass. Tiefen Hasse auf mich selbst. Ich habe dich getötet Kind und nicht auf dich gehört, obwohl du mich gewarnt hast. Mit erhobener Faust schlage ich in den Spiegel, mitten in mein Gesicht. Der Spiegel zerspringt in viele tausend Teile und meine Hand wird überflutet von meinem Blut. Regungslos stehe ich vor den Scherben. Den Scherben meines Lebens. Ein Leben das keinen Sinn mehr ergibt. Das Blut läuft über meine Arme und tropft dann auf den kalten Linoleum Boden. Ich habe keine Ahnung wie lange ich da stand, doch es muss lange gewesen sein. Irgendwann sinke ich Kraftlos zu Boden. Meine Tränen vermischen sich mit meinem Blut. Mein Wecker klingelt und noch immer sitze ich auf dem Boden und schaue auf die Scherben und mein Blut. Mir ist sehr kalt und ich fühle mich am ende angekommen. Ich nehme meine letzte Kraft wickele mir etwas um meine immer noch blutende Hand und mache mich auf den Weg zu arbeit.
Als meine Vorgesetzte mich sieht, erschrickt Sie. So blass und verloren sehe ich aus. Sofort schickt sie mich zum Arzt. Widerwillig folge ich Ihrer Anweisung. Dabei hasse ich alles was mit Ärzten auch nur im Geringsten zu tun hat. Traurig sitze ich im Wartezimmer und schaue auf meinen schlecht angelegten Verband, der nun fast abfällt. Ich bin an der Reihe und habe schon so ein komisches Gefühl im Magen als ich das Behandlungszimmer betrete. Fragend schaut sich die Ärztin meine Wunde an, für meinen Geschmack etwas zu fragend. In all der Aufregung hatte ich ganz vergessen, mir eine Notlüge bereit zu legen und so viel mir auf die Frage was passiert sei natürlich nichts ein. Schließlich muss ich die Wahrheit sagen, doch die von mir erwartete Reaktion bleibt aus, stattdessen bekomme ich Verständnis und eine Überweisung zu einem Psychologen, sowie einen Krankenschein für die ganze Woche und den guten Rat mal etwas für mich zu tun. Total erschöpft komme ich endlich wieder zu Hause an. Ich füttere meine beiden kleinen und dann räume ich die Scherben weg und wische mein Blut auf. Ganz schön viel hatte ich da verloren, stelle ich erschrocken fest. Ich nehme mein Handy und rufe meine Mutter an. Ich habe Ihr zwar nicht erzählt was passiert, aber trotzdem klang Sie plötzlich besorgt. So das Sie mir den Vorschlag macht, mal wieder nach Haus zu fahren. Was eigentlich gar keine so schlechte Idee ist. Ich war seit Monaten nicht mehr zuhause. Ich packe Trixi und Seppel in Ihre Box und dann machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof. 3 Stunden fahre ich mit dem ICE nach Hause. Am Bahnhof warten auch schon meine Mutter und Ihr Freund auf mich mit einer Schachtel Pralinen. „Ich habe dich ja ewig nicht gesehen mein kleines, blass siehst du aus“
„Hallo Mama, Hallo Walter“ antworte ich nur. Wir fahren in die Wohnung, in der ich aufgewachsen bin. Ein kalter Schauer fährt mir über den Rücken. Trixi und Seppel finden, das alles sehr aufregend und lassen sich erstmal ein paar Möhren gut schmecken. Nur ich sitze vorm Tisch und freue mich nicht mal, wieder zu Hause zu sein. Ich bereue meine Entscheidung und möchte wieder fliehen. Zu viele Gedanken, zu viele Gefühle kommen in mir hoch.

Was ist nur aus mir geworden frage ich mich. „Ich bin müde von der langen fahrt, ich lege mich kurz hin.“ Werfe ich in den Raum und gehe ohne auf eine Antwort zu warten in mein altes Zimmer. Alles noch so, wie es war denke ich und setzte mich auf mein altes Bett. Ich warte darauf dass etwas passiert, doch es passiert nichts. Meine Gedanken sind völlig leer. Noch immer fühle ich mich, als würde ich neben mir laufen, neben einer Person die ich nicht kenne.
„Wo bist du inneres Kind? Ich wollte dich nicht töten, bitte komm wieder. Ich kann nicht ohne dich Leben.“ Rufe ich in den Raum.
„Du wolltest mich nicht. Du sagtest du bist Erwachsen.“
„Ich habe mich getäuscht, bitte bitte verzeih mir.“
„Na gut, ich gebe dir noch eine letzte Chance. Versprich mir, auf mich zu achten und mir ein Zuhause zu geben.“
„Ich verspreche es dir, aber bitte verlass mich nie wieder.“
Kurze Zeit später, scheint alles so viel bunter zu sein. Ich sehe die Welt mit neuen Augen und ich werde nie wieder das Kind in mir verachten. Ich habe gelernt wie wichtig es ist, sich ein Stück seiner Kindheit zu bewahren und immer dann raus zulassen wenn es nötig ist. Meine Ausbildung habe ich erfolgreich beendet und nun Lebe ich wieder gerne. Weil ich weiß, das man nicht immer Erwachsen sein muss. Manchmal hilft es schon alles wieder mit Kinderaugen zu sehen, um all die Schönheit der Welt wahrnehmen zu können.

Ende

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Tag der Veröffentlichung: 10.04.2012

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