Englisch können ist wichtig! Nicht nur für Reisen ins Ausland, sondern auch bei uns, wo seine Verwendung schon längst zum guten Ton gehört. Also lese ich einschlägige Bücher, arbeite sie durch und lerne die unbekannten Wörter. Wörter wollen gelernt, aber vor allem wiederholt sein, sonst fallen sie in Vergessenheit und sind nicht mehr da. Ein Stündchen am Tag muss ich schon dranrücken, um meinen Wortschatz zu festigen. Ich habe da einen genauen Plan: Ich nehme das oberste Vokabelheft von einem bereits ansehnlichen Stapel und wiederhole darin gründlich dreißig bis fünfzig Seiten von oben nach unten und anschließend von unten nach oben. Nach etwa einer Woche beherrsche ich das Heft wieder ganz und kann es als nunmehr unterstes ablegen und mir oben das nächste vornehmen. Für den ganzen Stapel brauche ich etwa ein halbes Jahr, muss aber dann wieder schleunigst von vorn beginnen, weil manches davon bereits wieder wie weggeblasen ist. Wie gesagt, eine Stunde am Tag ist damit verplant und eine weitere widme ich englischer Lektüre und dem Anlegen eines neuen Vokabelhefts. Aber ist es damit getan, nämlich mit Englisch allein?
Wie ist es mit den Sprachen der Nachbarländer, wenigstens mit Französisch und mit Italienisch? Beide sind nicht ganz so wichtig wie das Englische, dafür aber aufgrund ihrer Struktur viel anspruchsvoller und reich an Ausnahmen, die gelernt und wiederholt sein wollen, will man nicht im Ausland dumm dastehen und einen überaus engen Horizont vorweisen. Nein, um ihn zu erweitern, wende ich mich nun täglich eine weitere Stunde dem französischen und mittlerweile auch einem italienischen Stapel zu. Man ist ja schließlich nicht auf den Kopf gefallen! Nein, das Lernen fällt ihm immer leichter. Freilich, eine osteuropäische Sprache ist auch noch ganz gut, das Russische zum Beispiel, das ich neuerdings lerne, weil es uns seit dem Ende des Kalten Kriegs nähergerückt ist und weil seine Literatur Weltgeltung hat. Ein Fass ohne Boden! Man hat gehörig zu tun, will man sich nur einen Bruchteil davon vor Augen führen! Ich schreibe mit aber – übrigens in alle Bücher – vorn und hinten auf das Vorsatzblatt eine Zusammenfassung der wichtigsten Kapitel. So kann ich vieles rasch rekapitulieren und meine mittlerweile riesige Bibliothek täglich in Teilen durchgehen. Danach ist der Vormittag vorbei.
Um mich fit zu halten, jogge ich eine Stunde und wende mich dann, so erfrischt und auch durch eine vitaminreiche Mahlzeit aufgemöbelt, meinen beiden Instrumenten zu: der Geige und dem Klavier! Tägliche Fingerübungen sind nicht nur wichtig fürs Gehirn, sondern auch für die Finger selbst, die auf diese Weise bis ins hohe Alter mobil bleiben. Außerdem dienen sie dazu, die wachsende Zahl von Stücken, die ich auswendig kann oder gerade auswendig lerne, in einem festgelegten Turnus aufzuführen, das heißt, so vorzutragen, dass sie für eine mögliche Aufführung geeignet wären! Meist beginne ich mit einem barocken Konzert, gehe zu einem klassischen über und lasse noch ein moderneres erklingen. Dieses Repertoire verlangt täglich gute zwei Stunden Übung. Dann ist es aber höchste Zeit, mich anderen Gebieten, Fächern und möglichst auch Forschungsbereichen zuzuwenden, will ich nicht ungebildet erscheinen. Vor allem in den Naturwissenschaften tue ich mich schwer, weil ich zu wenig davon verstehe. Deshalb halte ich mir mehrere Zeitschriften und auch Zeitungen, aus denen ich alles Wissens- und Behaltenswerte ausschneide und in einem Ordner anlege. Wohl schon hundert dieser Art bevölkern meine Regale, und ich tue gut daran, täglich wenigstens einen herauszuziehen und die wichtigen Artikel zu überfliegen, damit mir gewisse Sätze in möglichen Gesprächen darüber auf Anhieb präsent sind. Denn nichts Schlimmeres gibt es, als wenn man mitten in einem mündlichen Bericht über irgendeine Sache hoffnungslos steckenbleibt oder auch über ein Wort plötzlich nicht mehr verfügt. Freilich: mein tägliches Training erspart mir solche Peinlichkeiten!
Der Nachmittag geht so wie im Flug vorbei. Noch habe ich aber nichts in Erdkunde oder gar in Geschichte wiederholt! Wer kann sich allein die Hauptstädte aller Länder der Erde merken und erst die vielen Flüsse! Oder gar die Städte an diesen Flüssen! Dies bedarf besonderer Übung und noch viel mehr das Behalten der historischen Zeitalter, ihrer Herrscher und vor allem der jeweiligen Taten. In der richtigen Reihenfolge selbstverständlich! Auch da muss ich beim Memorieren stückeln und kann täglich nur eine kurze Epoche bewältigen. Gott sei Dank ist aber die uralte Geschichte nicht so erforscht und man kommt deshalb erfreulich zügig voran. Nicht aber in der modernen und aktuellen, die sich bereits in Zeitungsbergen an den Wänden stapelt. Wichtig ist eben, das Wichtige herauszuziehen und in handlichen Ordnern zu sammeln. Logisch aufgereiht und schnell wiederholbar!
Bis in den späten Abend befasse ich mich mit diesen Dingen. Dabei kommt freilich die Kunst zu kurz: Malerei und vor allem die Kunstgeschichte! Auf diesen Gebieten könnte ich ziemlich schlecht mitreden und gehe deshalb möglichst nirgends hin, wo es zu solchen Gesprächen kommt. Wie hätte ich auch die Zeit dazu? Denn die Nachrichten im Fernsehen sollte ich ja auch noch sehen und vielleicht noch einen Krimi hinterher, um zu erfahren, wo und wie sich die Menschen neuerdings umbringen. Mein Abendessen nehme ich daher meistens nebenher ein, aber manchmal vergesse ich es über einer wichtigen Gedächtnisübung.
Ich frage mich, wie das andere Leute machen, erst solche, die noch arbeiten müssen! Ich jedenfalls weiß schon längst nicht mehr, wo ich noch die Zeit für all das andere Wissens- und Behaltenswerte hernehmen soll! Noch kürzer schlafen, als ich es bereits tue, geht wohl nicht lange gut. Weil: Schlaf brauche ich doch ganz besonders, um am nächsten Morgen für die Wissensauffrischung wieder fit zu sein!
Bildmaterialien: Hartmut Löffel
Tag der Veröffentlichung: 06.01.2009
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