EINE FRAGE INNERER UNWISSENHEIT
Wie kann man nur so leben?
Fragt sich mein Chef
jedes mal wenn er mich sieht.
Was nicht sonderlich überrascht.
Denn gewöhnlich
bin ich schwer verkatert,
übel gelaunt
und weigere mich vehement
seinen Gute - Laune - Guten - Morgen - Gruß
zu erwidern.
Wie kann man nur so leben?
Mein Chef
ist ein überaus neugieriger Leuteschinder,
ständig schleicht er rum, lauernd
die Ohren gespitzt, beäugt er
die kleinste Bewegung. Er wacht
über uns wie ein altes böses,
niederträchtiges Weib.
Ich behalt ihn im Auge,
sehe, wie er scheinbar tief in Gedanken
mit seiner ulkigen Birne wackelt,
ständig auf der Suche
nach der ultimativen Antwort
auf seine ewige Frage:
Wie kann man nur so leben?
Ich hab ihm mal was erzählt
von wegen Freizeitgestaltung
meines Privatlebens. Von den Kneipen,
der Sauferei, den schlaflosen Nächten
in denen ich schreibend versuchte
die Dämonen
aus meiner Seele zu treiben,
während eine besoffene Schlampe
auf meiner Couch schnarchte
und die hungrigen Möwen
vor meinem Fenster lärmten
und fette Ratten
langsam meine Seele fraßen.
Wie kann man nur so leben?
Mein Chef
mit seiner wackeligen Rübe
ist da ganz anders Mensch.
Ich hab ihn gefragt.
Er pennt, steht früh auf,
arbeitet, geht nach Hause,
isst, guckt Fernsehen
und schläft dabei ein.
Er hat keine Frau, Kinder
oder Freunde, keine Leidenschaft,
seine Triebfeder ist einzig die Arbeit.
Wie kann man nur so leben?
Frag ich mich da.
Texte: harryaltona
Bildmaterialien: S. Hofschlaeger/www.pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 23.05.2012
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