JOE UND DIE FRAUEN
Joe heißt eigentlich Johannes
und wohnt im Nachbarhaus.
Er ist so Mitte vierzig,
korpulent, kurze Beine,
dünne Arme, Halbglatze.
Er hat Schuhgröße 48
und ist Brillenträger.
Kein toller Typ,
sagen alle.
Und trotzdem
stehen die Damen Schlange
vor seiner Tür.
Hübsche Damen,
junge und weniger junge,
Dicke und Dünne,
allesamt wunderbare Geschöpfe.
Sie bleiben ein paar Tage,
gehen dann,
ganz verzückt und glücklich,
wieder weg.
Dann schleppt er
die nächste an.
Wie macht er das?
Er gibt ihnen
kein Geld, keine Drogen,
macht sie nich besoffen.
Er liest ihnen keine Gedichte vor
oder spielt für sie Harfe.
Er gibt ihnen nix zu essen,
nich mal n Ei.
Er macht ihnen keinerlei
Versprechungen oder Geschenke.
Nicht mal die Aussicht
auf den himmlischen Mond
bietet er ihnen.
Was ist da los?
Die letzte Frau
die in meinem Bett lag,
war eine zehn Jahre ältere Alkoholikerin
mit Sehstörungen. Und das
ist zwei Jahre her.
Langsam werd ich Neidisch.
Was ist sein Geheimnis?
Gestern hab ich ihn gefragt,
so ganz bescheiden,
vertraulich und unter Brüdern.
Er hat ein kleines dreckiges Lächeln
gelächelt, hat auf seine Brust gedeutet,
genau da wo das Herz hockt. Dann
kräftig auf seinen Hosenlatz gedrückt,
wobei sein Lächeln noch breiter wurde.
Damit ließ er mich stehen.
Der Drecksack!
Er wollt ´s mir
nicht verraten.
Texte: harryaltona
Bildmaterialien: Peter Kühn/www.pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 11.03.2012
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