SCHAUSPIELER


"Siehst du den da?"
Sie deutete auf einen alten Knacker
mit rosiger Erdbeernase, der an einem
kleinen Tischchen in einer Nische saß
und sich darum bemühte hinter einer
Zeitung zu verschwinden.
"Der is richtig berühmt! Hat
in unzähligen Filmen mitgespielt,
meistens den Helden
oder den Kavalier alter Schule."

Ich kannte den nich.

"Und der da!"
Sie zeigte mit dem Finger
auf einen jungen Typen
in abgeschabter Lederjacke,
Fliegerbrille und Tirolerhut,
der offensichtlich abwesend
mit seinen Ach so großen Gedanken
in seinen kalten Kaffee glotzte.
"Der is DAS Deutsche Nachwuchs - Talent!
... Räumt alle wichtigen Preise ab,
alle sagen das wird der neue Brando... mindestens!"

Brando kannte ich, den anderen
nich.

Wir saßen schon den halben Tag
in diesem kleinen und berühmten Café,
dem Treffpunkt der Leinwandstars,
gleich neben der Klotür.
Die Stars machten auf gelangweilt,
was meine Begleitung als großartigen
Kunstgriff ansah. Ich hingegen
fand diese blasierte Bande bloß öde.
Sie nahm Schauspielunterricht,
ich wollte Sie nehmen.

Also spielte ich den galanten Begleiter,
den sensiblen Zuhörer, und den
interessierten Bewunderer ihrer Leidenschaft.
Ich gab mit echter Hingabe
den Mann mit der starken Schulter
der die Frauen achtet und versteht.

Nen Preis dafür
hab ich nicht bekommen.

Und Sie hab ich
auch nicht gekriegt.

Sie zog irgendwann mit dem Typen
der den Tirolerhut hatte los.
Ich blieb da. Mit der Rechnung
und den anderen Kollegen.

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Tag der Veröffentlichung: 20.01.2011

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