Meine Ramona
Einmal in meinem Leben hatte ich einen Hund – nie wieder.
Eine kleine schwarze Zwergpudeldame von Adel, 3.jährig, von meinem verstorbenen Papa übernommen.
Bei keinem meiner vielen Geschwister fühlte sie sich wohl.
Einen Hund? Niemals. Ich wollte keinen.
Mit dem wenigstens Kontakt zu dem Hund, war ich als Letzter trotzdem dran wie ausgemacht.
Bei mir war sie wie ausgewechselt und nach einer normalen Eingewöhnungszeit, wurde „Ramona“ tatsächlich, meine beste Freundin. Eine richtige Lebensgefährtin.
Mir gefiel es auch, lebte ich doch schon seit 3 Jahren alleine.
Meine Gesundheitliche Situation war beschissen.
Manchmal fiel ich bei Spaziergängen einfach um und wenn ich wieder zu mir kam, sah ich als erstes, die Augen meines Hundes. Nach dem Bemerken, kläffte und jaulte sie mich in die Gegenwart zurück.
Sie begann mich sofort zu „Waschen“. Zuerst leckte sie mein Gesicht und schließlich meine abwehrenden Hände ab.
Auf die unterschiedlichste Art, hat sie hat mein Leben unendlich bereichert. Neben meinem Bett schlafend, gehörte ihr schnelles Atmen für mich, um einzuschlafen, irgendwann einfach dazu.
In mein Bett springen und Nähe und den Kontakt suchen ebenso.
Bei einem Arztbesuch (Arzt gedanklich unterstrichen, den Typ vergesse ich nie), sprach der Veterinär bei ihrer in sehr kurzer Zeit entstandenen Leibesfülle, von einer Scheinschwangerschaft. Verursacht durch ihr kleines, geliebtes Kuscheltier.
Verstehend und erleichtert, gab ich selbstverständlich mein Einverständnis, ein Geschwür an eine ihrer Zitzen operativ entfernen zu lassen.
Nach folgender Sorge und Pflege, begann eine ausgelassene und zufriedene Zeit für die kleine Ramona und für mich.
Ungefähr 1 Jahr später, die Kleine war stets bei mir. Ob Arbeit oder Freizeit, wir waren immer zusammen und wir teilten, was es zu teilen gab
Bis wieder sie wieder erkrankte.
Sie konnte planmäßig kein Wasser mehr lassen, verlor es in der Wohnung und versteckte sich dann wegen meiner Schimpferei.
Ihre Leibesfülle hatte deutlich zugenommen. Gassi gehen wollte sie auch nicht mehr. Auf die Strasse musste ich sie tragen.
Aus Sorge suchte ich den Tierarzt auf.
Dieses Mal allerdings einen Anderen.
Dort wurde Ramona kurz untersucht.
Beharrlich versuchte sie sich dabei den fremden Händen zu entziehen um in meine Nähe zugelangen. Was natürlich nur bedingt möglich war.
Ernst und doch irgendwie mütterlich, sah mich die Ärztin an.
Sie eröffnete mir, es sei mit ziemlicher Sicherheit Krebs.
Ich solle Ramona bei ihr in der Praxis lassen, sie würde sie öffnen um Gewissheit zu haben und um anschließend sofort erforderliche Maßnahmen zu ergreifen.
Nach der Spritze und als die zu wirken begann, kroch Ramona mühsam mich nicht aus den Augen lassend, über den Fußboden des leeren Wartezimmers zu mir. Diese Bilder werden mich den Rest meines Lebens verfolgen
Neben ihr auf dem Boden sitzend den Kopf schließlich auf meinem Schoß, weinte sie kläglich und hielt mich mit ihren Pfoten umklammernd fest. Als wüsste sie der Abschied steht an.
Ein Schmerz hatte von mir Besitz ergriffen, wie ich es zuvor noch nie erlebt habe. Nie werde ich das vergessen.
Ich sah meinem kleinen Hund in die Augen und die sagten soviel. Nur, ich konnte ich nicht alles verstehen.
Wollte sie bei mir sein. Bleiben. Hatte sie Angst wegen des Unbekannten dieser Situation.
Ich war nicht im Stande mich zu rühren. Redete nur pausenlos auf sie ein um sie, wohl auch mich, zu trösten.
Dann hatte ich plötzlich, warum auch immer, das Gefühl sie wolle mich trösten. Sie könne doch nichts dafür und würde auch lieber bei mir bleiben.
Ich habe nur geweint.
Wie sollte ich uns helfen? Ich konnte es doch nicht.
Streicheln und durch den Klang meiner Wort versuchen sie zu beruhigen, nur das war mir möglich.
Mein Gefühl sagte mir und ich wehrte mich vehement dagegen, dass ich Ramona verloren habe.
Noch immer weinend saß ich, ihren Kopf in den Händen haltend, auf dem Boden und sagte zwischen Planlosem immer wieder ihren Namen.
Es war schon spät am Abend. Die Ärztin wollte beginnen und bat mich nach Hause zu fahren.
Über das genaue Ergebnis würde sie mich sofort nach dem Eingriff informieren.
Ich tat um was sie mich bat.
Die Fahrt dauert normal cirka 15 Minuten, an jenem Tag brauchte ich fast eine Stunde. Tränen nahmen mir manchmal die Sicht, und ich wollte aus Angst vor dem Ergebnis eigentlich nicht nach Hause.
Dennoch stand ich irgendwann in der leeren Wohnung vor meinem Telefon und blickte auf das rot blinkende Licht meines Anrufbeantworters. Wie lange ich davor stand weiß ich nicht mehr.
Als ich endlich die Nachricht abrief, teilte die Stimme mir mit, Ramona wurde eingeschläfert.
Ein Kindkopf großer Tumor hatte die kleine lebenslustige Dame, meine beste Freundin besiegt.
In ein schwarzes Loch fallend saß ich einfach nur vor meinem Telefon.
Nun war ich ganz allein. Das wog schon so schwer.
Aber die kleine adelige Pudeldame war mein Problem. Nie mehr würden wir gemeinsam das tun was uns so zusammen geschweißt hat. Wir werden nicht mehr herumtoben. Sie wird nicht fordernd Bellen. Nicht mehr neben mir schlafen. Meine Nähe suchen.
Als es langsam hell wurde, schlief ich neben dem Telefon ein.
Lange Zeit noch hörte ich neben meinem Bett, ihr schnelles Atmen und tastete aus Gewohnheit nach ihr.
Auf eine leere Decke
Ramona war und blieb, der einzige Hund, mein Hund, in meinem unserem, Leben.
Aus Angst vor einer Wiederholung,.
© harry reinert
Texte: Harry Reinert
Bildmaterialien: Harry Reinert
Tag der Veröffentlichung: 08.04.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Menschen, die Empfindungen kennen lernen mussten wie ich