Ostermorgen
Die Augen noch geschlossen, dringen Geräusche in mein Bewusstsein. Ein Knistern, als würde etwas zerknüllt und eine leise Stimme, immer wieder von Gekicher unterbrochen.
Die Augen noch immer geschlossen, lausche ich und erkenne das Stimmchen. Mich langsam aufrichtend wende ich mich dem Geraschel zu.
Das Bild das sich mir bietet als ich auf der Bettkante sitze, veranlasst mich zum Schmunzeln.
Mein kleiner 3.jähriger Bruder sitzt mit dem Rücken zu mir über etwas gebeugt.
Das Selbstgespräch ist, wie auch das Rascheln, schnell erklärt. Ebenso das Kichern.
Wenn er etwas ausgewickelt hat, freut er sich hörbar bevor er es sich den Mund schiebt.
Beim mampfen spricht er dann mit sich selbst.
Leise von hinten an herantretend, sehe ich meine Befürchtung bestätigt.
Der Kleine hat einen übervollen Korb und zwei fast leere mit grünem Gras, gefärbten Eiern und Naschwerk vor sich auf dem Boden stehen, umrahmt von zerrissenem buntem Verpackungsmaterial.
Mich bemerkend dreht er sich um und zeigt mir sein strahlendes, Schokoladen verschmiertes Gesichtchen.
Sofort brabbelt er Unverständliches, weil es ihm nicht gelingen will, mit vollem Mund Worte zu formen. Nur sein freches glucksendes Lachen ist deutlich vernehmbar.
„Sag mal Kleiner, was machst du denn da?“
Frage ich dem Zwerg zuzwinkernd.
Sein Anblick macht ein strenges Gesicht unmöglich.
Schon schwer genug, nicht laut los zu lachen.
„Wo hast du das denn alles her? Und darfst du das?“
Es ist ein misslungener Versuch väterlich streng zu fragen.
Den Mund noch voll gestopft, sieht er mich mit seinen großen blauen Augen an und bewegt den Kopf so heftig auf und ab, das seine strohblonden Haare nur so fliegen.
„Fjah natürliff, darf ift – ift doff vom Offtahafen“,
sein in den Mund geschobenes herunter schluckend, erklärt er weiter,
„als ich wach wurde. schtanden die Körben hier alle für mich hingestellt, weil doch Ostern ist“.
Richtig aus der Puste und die verschmierte Hände auf seinen nackten Beinchen abwischend sagt er zu mir, seinen großen Bruder:
„Wenn du nix gekricht hast, gebe ich dir von mein’ Sachen welche ab.“
Nun muss ich aber doch lachen und nehme meinen Bruder in den Arm.
„Das weiß ich doch. Aber nun müssen wir erstmal für unsere Schwester etwas zusammen packen. Die ist sonst bestimmt traurig und weint, wenn der Osterhase sie vergessen hat.“
Sofort beginnt er damit und legt bis auf wenige Teile alles in ein von ihm ausgesuchtes Körbchen.
„So das schenk ich ihr“, ruft er freudestrahlend.
„Nein, wir sagen es ist vom Osterhasen,“ entgegne ich, "das hat er für sie gebracht. Ich glaube nämlich, dass jeder von uns etwas bekommen hat.
Wo waren die Körbe denn?“
Der Kleine, die Hände an seinen Kopf gepresst, überlegt einen Moment und beginnt dann zögerlich:
„Eeeiin Korb war in dein Schrank,“
den Kopf senkend und mit seinen kleinen Händchen sein bekleckertes Hemdchen vor dem Bauch lang ziehend,
„uuund ein war unter ihr sein Bett,“
auf seine wach gewordene sich die Augen reibende Schwester zeigend,
„und noch ein hier!“
Wieder lachend, zeigte sein kleiner Zeigefinger unter sein Bettchen.
Das, „oooh, guckt mal, was ich vom Osterhasen gekriegt habe!“
Ging in unserem Lachen fast unter.
Erneut Freude aufkommend, betrachte ich meine kleinen Geschwister.
Alles ist gut.
Drinnen wie draußen - lacht die strahlende Ostersonne.
© harry reinert
Texte: © Text und Cover Harry Reinert
Tag der Veröffentlichung: 08.04.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
meinem kleinen Bruder