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Enttäuschung

 

Enttäuscht

 

Erst im zehnten Lebensjahr, aber schon viele Male in seinem kurzen Leben von den Eltern enttäuscht.

Sollte es dieses Eine Mal anders sein.

 

Die Mama erzählte ihm und seinen Geschwistern, das waren seine Schwester und sein kleiner Bruder, der große Bruder  zählte nicht weil er bei der Oma aufwuchs, dass es am kommenden Sonntag an die Ostsee gehen sollte.

 

An die Ostsee!!

Dort waren sie noch nie, obwohl sie in Hamburg aufwuchsen und es nur eine kurze Anreise war.

Aber nun sollte es Wirklichkeit werden.

Wettervorhersage, soweit es damals möglich war diese zu machen und zu erfahren, ließ auf herrliches Sommerwetter schließen.

 

Aufregung verspürten sie Alle, sowie eine Vorfreude - endlich das große Wasser sehen und am Strand  spielen. Vielleicht konnten sie sogar baden?

Die Badesachen hatten sie am frühen  Morgen schon angezogen und eine leichte Ausflugskleidung darüber.

Carl-Heinz, um den geht es in dieser Geschichte, war ein dunkelhaariger Junge seiner Mutter sehr ähnlich und seine blonden Geschwister Daisy und Rene kamen dem Vater nach.

 

Daisy gerade acht Jahre alt geworden, hatte ihre Puppe, einen Gummiball und ein Federballspiel eingepackt, während Rene lediglich einige Spielzeugautos mitnehmen wollte.

Eimer und Schaufel gab es  nicht

 

Heute war es nicht möglich Ruhe in die Familie zu bekommen und die Mama angesteckt, reagierte auf die vielen Fragen und das Treiben der Kinder schon leicht gereizt.

Wann würde sich, der ständig außer Haus befindende Papa einfinden und - würde er überhaupt kommen?

Das war das zentrale Thema, weil es nämlich noch nie geklappt hatte.

 

Die Kinder, schon um 6 Uhr in der Frühe erwacht und die eingepackten Dinge immer wieder kontrollierend sowie ständig hin und hertauschend, lagen gegen 10 Uhr schon wieder müde auf ihren Betten.

 

Carl-Heinz, stets und ständig die große Bruder Rolle spielend, redete immer wieder beruhigend auf seine Geschwister ein, obwohl er als Letzter an einen erfolgreichen Ausflug glaubte.

Aber er war ja schon groß, wie Mama zu sagen pflegte.

 

Endlich, es war schon 11 Uhr vorbei, hörten die Kinder im Halbschlaf die Stimme ihres Papas.

War das ein Theater, sie rannten wie aufgedreht durch die kleine Wohnung und bedrängten ihren Vater.

„Wann fahren wir? Kann ich schon ins Auto gehen? Wo soll ich meine Sachen hinpacken? Badest du mit uns? Spielst du mit uns am Strand? Kannst du uns eine große Sandburg bauen?“

So prasselten die Fragen auf den Papa ein.

 

Nur Carl-Heinz sagte nichts. Er beobachtete seine Eltern und irgendetwas missfiel ihm.

Er wusste nur nicht was.

Seine Eltern wirkten uneins und er mochte das nicht. Obwohl, es war schon immer so.

 

Leise und unbemerkt ging er die Holzstufen vom dritten Stock herunter auf die Strasse und setzte sich vor dem Haus auf einen Stein.

Er wusste nicht warum, aber sein Gefühl sagte ihm, es würde wieder nicht mit dem Ausflug klappen.

Eine große Traurigkeit machte sich in dem kleinen Jungen breit.

Er versuchte nicht zu weinen, konnte aber das kullern vereinzelter Tränen nicht verhindern.

Um es zu verbergen, stand er auf und ging um das Häusereck.

 

Sein kleiner Bruder kam aus dem Haus gerannt und sah ihn gerade noch um die Ecke verschwinden.

Hinten ihm her laufend und überholend, sprang er an ihm hoch und rief mit seinem dünnen Stimmchen immer wieder:

„Wir fahren Kalle. Wir fahren gleich. Mama packt schon alles ein. Wir fahren gleich!“

Sich laut wiederholend, verschwand er um die Ecke.

Als er nun auch noch seine Schwester vor dem Haus in einem merkwürdigen Sprachgesang singen hörte,

„wir fahren an die Ostsee und werden bauen, spielen, baden. Natürlich auch was essen und noch vieles mehr!“

Hellte sich seine Miene auf und er fühlte nun das erste Mal so etwas wie Vorfreude.

„Wir fahren. Wir fahren. Wir machen einen Ausflug. Wir alle zusammen, “  flüsterte er unhörbar und wieder kullerten kleine Tränchen über seine Wangen während er glücklich lächelte.

Beschwingt ging nun auch er Richtung Auto und legte seinen Lederball den er unter dem Arm trug, auf den Rücksitz.

 

Das Auto.

Papa hat sich einen VW Käfer vor kurzem gekauft.

Carl –Heinz wusste die Autonummer sogar auswendig, HH-CL 280.

Obwohl, der Käfer unterschied sich schon von den anderen die manchmal vor der Tür standen.

Hatte der doch Chromblenden über den Scheinwerfern, hinter den Türgriffen, an den hinteren Kotflügeln und als Besonderheit amerikanische Stossstangen. Obwohl es nur ein Export war. Was das auch immer zu bedeuten hatte.

Aber es war Papas Heiligtum. Nach seinem Empfinden - das Wichtigste im Leben seines Vaters.

 

Nun sollte es losgehen.

Rene saß schon hinter der hinteren Sitzbank in einer Art Gepäckfach, auf den deponierten Sachen und krakeelte fröhlich.

Daisy hielt ihren Gummiball in den Händen, warf den rhythmisch hoch und erzählte sich irgendeine Geschichte.

Carl-Heinz setzte sich zu ihr und wurde wieder misstrauisch, weil die Eltern nicht auftauchten.

Als sie endlich gereizt wirkend auftauchten und Vater das Auto startete, atmete er auf und lehnte sich die Augen schließend zurück.

Das Motorengeräusch und das wunderbare Gefühl in einem fahrenden Auto zu sitzen, ließ ihn endlich auch an Sonne, Strand und Meer denken.

 

Nach einer Fahrt von 10-15 Minuten, begann es zu regnen.

Weitere Minuten später, fuhr der vor sich hinschimpfende Papa unter eine große Brücke und parkte auf dem Fußweg.

Hier wollte er den Regen abwarten.

Die Stimmung eben noch auf dem Höhepunkt, war einer unangenehmen streitsüchtigen gewichen. Es war mitunter nicht zu verstehen was sich die Eltern unschönes sagten.

Mutter, wie immer die Verliererin, informierte uns nachdem es zu regnen aufgehört hatte, dass wir nun nach Hause zurückfahren werden.

„Es wird vermutlich auch gleich wieder zu regnen beginnen“, erklärte sie weiter, „und an der Ostsee soll ganz schlimmer Sturm und Regen sein. Es ist besser wieder nach Hause zu fahren“

„Woher wisst ihr das dann?“

Fragte Rene unbedarft aus dem Gepäckfach. Vater murmelte etwas von Radio gehört, während er startete und zurück fuhr.

 

Zu Hause angekommen spielte Daisy mit ihrem Ball und erzählte sich eine neues Geschichte.

Rene gab bekannt er müsse nun seinen Freund Bernd besuchen.

Carl-Heinz hatte seit der Zeit unter der Brücke kein mehr Wort gesagt.

Wortlos verschwand er mit dem Ball unter dem Arm. Er reagierte auch nicht auf die Zurufe seiner Eltern und Geschwister.

Er verschwand einfach.

Wusste er doch, dass Papa sich gleich in sein Auto setzen und wieder fortfahren würde.

 

Abends spät hat seine Mutter, die voll Sorge gesucht hat, ihn im Keller in einem großen Pappkarton schlafend gefunden.

Mit seinem Freund, dem Ball - im Arm.

Seiner Mutter folgend, ging es in die kleine Wohnung und ins Wandklappbett schlafen.

 

So und ähnlich, verliefen unsere Ausflüge in den großen Ferien.

 

Ein Bild ist eingefügt, mit einer "einmaligen Begebenheit" !!

 

Wir mit Papa ein Jahr später -  am Ostseestrand!

Es gab nie eine Wiederholung.

 

harrein 27 Juni 2009

 

Gewidmet :

 Allen Menschen mit ähnlichen Kindheitserlebnissen.

 

 

 

 

ein Jahr später - am Ostseestrand!
Es gab nie eine Wiederholung.



Gewidmet :
Allen Menschen mit ähnlichen Kindheitserlebnissen.

Impressum

Texte: Copyright by Harry Reinert
Tag der Veröffentlichung: 29.06.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen Menschen mit ähnlichen Kindheitserlebnissen

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