Laute Musik
Laute Musik dröhnt durch das Treppenhaus. Ein Mieter im Erdgeschoss, hört zum wiederholten Male so laut Musik, dass es seinen Nachbarn nicht nur stört, sondern ihn richtig böse macht
„Der Schulze muss einen Gehörschaden haben,"
“sagt der Nachbar zu sich selbst und unwidersprochen ergänzt er:
„den bekloppten Kerl sollte man einsperren.“
Nachdem er schon einige Male deutlich um Rücksicht gebeten hat, entschließt er sich Heute zu handeln.
Wütend durchquert er den Treppenflur und klingelt bei seinem Nachbarn.
Der hört das Klingeln natürlich nicht. Bei dem Lärmpegel auch kaum möglich.
Den Finger auf dem Klingelknopf liegen lassend, steigert er sich von Minute zu Minute in seiner Wut.
Plötzlich öffnet sich die Tür und Schulze steht freundlich lächelnd im Türrahmen.
Den Oberkörper etwas zurück nehmend, die Hände erhoben mit den Handflächen nach vorne, und einem treuen Hundeblick, sagt er etwas, das von der lauten Musik übertönt wird.
Hansen schüttelt nur den Kopf
Begreifend nickt Schulze mit dem Kopf und zwinkert Herrn Hansen freundlich zu.
„Moment mal“,
glaubt der Nachbar von den Lippen abgelesen zu haben und stemmt in grimmiger Erwartung seine Fäuste in die Hüften.
Nach hinten greifend, seinen Schlüssel vom Flurschrank nehmend, schließt Schulze seinen Nachbarn wieder ansehend, die Wohnungstür, von außen.
In die eingetretene relative Stille hinein, fragt er freundlich:
„Na, Herr Nachbar, kann ich ihnen Irgendwie behilflich sein?“
Schulze wirkt bei dieser Frage beinahe väterlich.
Mit sorgenvollem Gesicht, etwas vorgebeugt sich dem Gesicht seines Gegenübers nähernd, fügt er noch fragend hinzu:
„Ist Ihnen nicht gut, Herr Hansen? Sie zittern ja am ganzen Körper. Ich habe Baldrian im Ha.….
Weiter kommt er nicht.
Nachbar Hansen sagt, sich nur mühsam beherrschend, mit vibrierender Stimme:
„Ich habe sie jetzt schon ein paar mal gebeten und frage sie nun zum letzen Mal ….“,
immer lauter werdend, fast schreiend und dabei jedes Wort langsam und betont aussprechend: „….
können sie ihre Musik - eventuell etwas leiser machen?“
Herr Hansen mühsam um Beherrschung ringend während er nach den passenden Worten gesucht hat, schnappt nun jappsend nach Atem.
Schulze antwortet lächelnd, den hochroten Kopf von Hansen und die geschwollenen Adern an Hals und Schläfe wohlwollend betrachtend:
„selbstverständlich kann ich die Musik leiser stellen. Herr Hansen, was denken sie, was ich für eine tolle Anlage besitze? Das ist auch eine sehr, sehr teure Anlage, mit allen Schikanen. Außerdem, was für eine Frage überhaupt?
Das kann man auch bei einer Einfachen“
Den Kopf schüttelnd sieht er Nachbar Hansen mitleidig an, während die Musik unverändert laut in seiner Wohnung hämmert.
Uns als wäre es eine gute Idee, fragt er seinen erzürnten Nachbarn:
„Soll ich sie ihnen einmal zeigen?“
Er fragt es brüskierend höflich und sieht dabei Herrn Hansen süffisant lächelnd an.
Das ist endgültig genug an Provokation für Herrn Hansen.
Mit sich überschlagender Stimme brüllt er Schulze an:
„ Wenn sie die Musik nicht sofort leiser machen, Sie, …. Sie … . Sie, ich weiß nicht! ....
Dann rufe ich die Polizei und sie kriegen von mich eine Anzeige rein gehauen, die sich gewaschen hat!“
Es klingt wie ein Aufschrei, der Speichel fliegt und es steht zu befürchten das Hansen gleich durchdreht.
Schulze legt bemüht unschuldig schauend nach,
„und sie kriegen von mir
, wollten sie sicher sagen?“
Er spricht ruhig und langsam, jedes Wort betonend.
Hebt nun freundlich lächelnd und beschwichtigend die Hände, als Hansen einen Schritt vorwärts macht, den Eindruck erweckend, als wolle er handgreiflich werden.
Schulze aber, grinst weiterhin provozierend.
„Nicht aufregen Herr Nachbar,“
und gönnerhaft hinzufügend,
„so etwas kann in der Aufregung schon mal passieren. Es soll jede Menge Menschen geben, die können es auch dann nicht, wenn sie nicht so aufgereee….,“
weiter kommt er nicht.
Hansen steht mit einem einzigen Sprung, mit seiner Nase direkt an der von Schulze und schreit ihn an:
„Wenn Du nicht aufhörst mich zu verarschen, braucht die Polizei sich nur noch um mir zu kümmern.“
Dann, leise zischend, ohne den Mund richtig zu öffnen:
“weil ich dir nämlich gleich umbringen tu!“
Dabei zittert er vor Wut am ganzen Körper.
Schulze steht einen Moment bewegungslos da und wirkt unentschlossen, beinahe erschrocken.
„Hmm…..“ brummt er nur langgezogen.
Kramt dabei mit unschuldigem Blick nach oben sehend, in seinen Taschen herum und holt seinen Schlüssel hervor.
Sich langsam von Hansen abwendend, steckt den er Schlüssel ins Schloss und entriegelt.
Hält jetzt aber noch kurz inne.
Lächelnd über die Schulter zurück blickend, verbessert er Hansen wieder,
„Weil ich dich
sonst umbringen werde
, nicht tu - und – um mich
zu kümmern, heißt es richtig, - Herr Nachbar.“
Schulze der sich nun vollends umgedreht und die Tür geöffnet hat, wird vorwärts in seine Wohnung gestoßen, weil Hansen, der sich schon etwas beruhigt hatte, schreiend auf den Rücken von Schulze gesprungen ist.
Der liegt nun in seinem Flur auf dem Bauch und Hansen sitzt auf dessen Rücken.
Es sieht so aus, als würde er nun zu prügeln beginnen, aber irgendetwas veranlasst ihn, sich sofort wieder zu erheben und die Wohnung blitzartig zu verlassen.
Hausfriedensbruch, das muss er sich gesagt und erkannt haben. Und, dass Schulze ihn reingelegt und für dieses Mal gewonnen hat.
Für dieses Mal.
Schulze rappelt sich langsam auf und geht, Hansen sich selbst überlassend, in sein Wohnzimmer ohne die Haustür zu schließen..
Nachdem er die Musik ausgemacht hat, kommt er zurück an die Haustür und sagt Hansen vorwurfsvoll ansehend:
„Das war nicht so gut. Jetzt werde ich
die Polizei rufen und Sie
werden die Probleme haben.
Übrigens“,
er zwinkert Herrn Hansen dabei zu,
„ich hätte ihnen tatsächlich gezeigt wie man die Musik leiser stellt.“
Und schließt lächelnd seine Wohnungstür.
Hansen steht die Hände zu Fäusten geballt, noch eine Weile wutschnaubend auf die geschlossene Tür starrend, im Treppenhaus.
Dann macht er kehrt und verschwindet, die Tür mit einem lauten Knall zumachend, in seiner Wohnung.
Es heißt, Hansen und Schulze sind nie so richtige Freunde geworden.
Obwohl, Hansen soll sich eine absolut konkurrenzfähige Stereoanlage zugelegt haben.
So leben wir .... ? ...
Texte: Copyright by Harry Reinert
Tag der Veröffentlichung: 20.04.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Meinem Freund und Nachbarn Ingo