Cover

1

Zu den Klängen meiner Lieblingsmusik stieg ich ins schäumende Badewasser. Ich lauschte und lies meine Gedanken schweifen. Wie immer landeten Sie bei Ihm. Dominik. Seit ein paar Monaten arbeiteten wir zusammen. Gleich am ersten Tag hatte ich mich unsterblich in Ihn verliebt. Diese blauen Augen, die dunklen wirren Haare, diese sanfte tiefe Stimme...

Ich glaube, er wusste von Anfang an, was ich empfinde. Diese typisch peinlichen Auftritte, die man bei blinder Liebe hinlegt, sind ja nicht zu übersehen. Jedenfalls hat er sich nie etwas anmerken lassen. Und irgendwann hatte ich es auch aufgegeben, ihn zu bezirzen und hab ihn nur noch still vor mich hin geliebt. Und heute, völlig ohne Vorwarnung, hat er mich gefragt, ob ich heute Abend schon was vor hätte. Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Er lachte über meinen Gesichtsausdruck. „Äh, nein!“, sagte ich schnell. „Schön.“, lächelte er. „Wollen wir zu Luigi’s? Gegen 8 Uhr?“ Ich strahlte. „Gern!“ Dominik lächelte, winkte und ging. Seelig vor Glück und rot im Gesicht saß ich an meinem Schreibtisch und starrte ihm nach. Und freute mich noch mehr, dass er auch ein bisschen rot geworden ist, als er mich gefragt hat.

Ich tauchte in der Wanne unter und lauschte dem viel zu schnellen Klopfen meines Herzens und der dumpf klingenden Musik. Dieser Mann brachte mich noch um den Verstand. Diese kleinen Fältchen um die Augen, wenn er grinste. Der unschuldige Blick, wenn er auf Arbeit mal wieder eine Grenze überschritten hatte. ,Reiß dich zusammen, Nicole!‘, schimpfte ich mich in Gedanken selber. Ich tauchte wieder auf und wischte mir den Schaum aus dem Gesicht. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich mich so langsam fertig machen sollte. Ich stieg aus der Wanne und betrachtete meine Finger. Okay, nach 2 Stunden Wasser dürfen die so aussehen. Mit einem Handtuch umwickelt ging ich zum Kleiderschrank, blickte hinein und überlegte. Dank unserer mehrmonatigen Zusammenarbeit kannte er mich schon in allen Klamotten, die ich besaß. Also entschied ich mich letztendlich für meine beste Hose und eine schicke Bluse. Das war bequem und ich fühlte mich wohl. Ich bürstete meine langen braunen Haare noch mal durch und betrachtete mein schlankes Äußeres kritisch im Spiegel. „Na ja, nicht schön aber immerhin selten.“, sagte ich zu mir, nahm meine Jacke und ging.

Die Fahrt zum Italiener nahm ich gar nicht richtig wahr. Ich war viel zu aufgeregt und hoffte sehr, mich nicht zu blamieren. Als ich auf den Parkplatz fuhr, stand Dominik schon da. Er beobachtete mich beim Einparken. „Gerade ist was anderes.“, sagte er, als ich ausstieg. Ich schloss das Auto ab und meinte „Ich stehe grade, alle anderen parken schief!“ Er grinste, nahm meine Hand und gab mir einen kleinen Kuss auf die Wange. Sofort kribbelte es in meinem ganzen Körper und mein Herz schlug wie verrückt. Ich wunderte mich nur, dass er das nicht hörte. Nur ganz verschwommen nahm ich wahr, dass er mich ins Restaurant führte, mit einem Kellner sprach und mich an einen Tisch in einer ziemlich versteckten Ecke führte. Eine hoch bewachsene Trennwand verschaffte diesem Tisch eine gewisse Privatsphäre. Wir bestellten uns Wein. „Nudeln oder Pizza?“, fragte er. „Nudeln“, antwortete ich. „Spaghetti“ Dominik runzelte die Stirn. „Bei feinen Anlässen und Spaghetti hab ich nie Glück. Da hab ich hinterher immer gefleckte Hemden.“ „Der Trick ist ganz einfach“, erklärte ich. „Du musst vorher zum Koch gehen, dass er die Spaghetti-Soße auf die Farbe deines Hemdes abstimmt, dann geht nix mehr schief.“ Er lachte. Das löste bei mir die Anspannung. Ich wurde lockerer. Warum machte ich mir eigentlich so einen Kopf? Wir kannten uns seit Monaten, da muss ich mich doch nicht so verbiegen. Während wir auf das Essen warteten unterhielten wir uns über die Arbeit, über die Kollegen und die Chefs. Nach dem Essen fragte Dominik plötzlich „Du, ich hoffe, ich hab dich vorhin nicht bedrängt.“ Ich muss wohl sehr komisch geguckt haben, weil er schon wieder kurz lachte. „Ich meine vorhin, zur Begrüßung... der Kuss...“ „Achso!“, meinte ich. „Nein, war nicht schlimm. Ich hab es überlebt.“ Ich versuchte einen Spaß draus zu machen, aber ich war selber bestimmt schon knallrot. Er wirkte immer noch ein bisschen verlegen und war auch ein bisschen rot im Gesicht. Das fand ich total süß. „Ich mag dich ziemlich gern.“, sagte er. Mein Herz raste. „Ich dich auch.“, sprach ich. „Aber das hast du sicher schon bemerkt.“ Er lächelte. „So ein bisschen schon, aber ich kann nicht einschätzen, wie viel dir wirklich an mir liegt. Und das verunsichert mich ziemlich.“ Und wieder wurden wir beide um die Wette rot. „Weißt du“, meinte ich. „Wir sitzen hier da wie zwei verliebte 14-jährige, die keine Ahnung vom Leben haben.“ „Ist das schlimm?“, fragte Dominik erschrocken. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte nur was sagen, um den peinlichen Moment zu überbrücken.“ Erleichtert lächelte er. „Auf dich ist immer Verlass.“

Dann unterhielten wir uns noch darüber, wie wir uns kennen gelernt haben. Und von meinem ersten peinlichen Auftritt vor ihm. Ich hatte ihn angestarrt und wollte eigentlich aus dem Zimmer gehen. Aber da ich nicht hinguckte, wo ich lang lief, lief ich gegen die offene Tür. Vor der Tür stand meine Freundin Verena, die grade rein kommen wollte. Ein Glück hatte sie damals geistesgegenwärtig geschalten und gerufen „Oh, Nicky, das tut mir Leid, ich hab die Tür zu schnell aufgemacht.“ Ich war natürlich die Lachnummer des Tages, auch wegen meiner Beule, die ich am Kopf mit mir herum trug, aber wenigstens hatte ich zu dem Zeitpunkt noch mein Gesicht vor Dominik gewahrt.

„Ach, du bist wegen mir vor die Tür gelaufen?“, lachte Dominik. Ich trank einen Schluck Wein und überlegte grade, warum in aller Welt ich ihm das eigentlich erzählt habe. Mein Gesicht hatte bestimmt die selbe Farbe wie der Wein. Immer mehr fühlte ich mich wie eine verliebte 14-jährige, die einen peinlichen Auftritt nach dem anderen hinlegt. Dominik lächelte mich an. „Ich glaube wir sollten gehen. Du bist schon rot genug.“ ‚Vielen Dank’, dachte ich. ‚Reite noch drauf rum.’
Wir zahlten uns gingen zum Parkplatz. „Ich habe noch eine Idee.“, meinte Dominik dann. „Fahr mir einfach mal hinterher!“ „Äh, und wohin?“, fragte ich. Er lächelte. „Nur noch eine kleine Überraschung, um den Abend abzuschließen.“ Ich nickte und stieg in meinen Wagen. Er fuhr los und ich fuhr hinterher. Wir fuhren Richtung Einkaufscenter. Was will er denn dort, dachte ich. Aber ich war ein braves Mädchen und fuhr hinterher. Wir bogen ins Parkhaus ein und fuhren bis ganz hoch, aufs Dach. Er parkte am Rand, ich stellte mich daneben und stieg aus. Wieder nahm er mich bei der Hand und führte mich an das Geländer. Ich sah herunter.
„Wow“, flüsterte ich. Es war schon dunkel und die Lichter der Stadt lagen unter uns. Die Straßen, die Autos, die Häuser. Ein buntes Lichtermeer. Ich merkte nicht, wie er mich die ganze Zeit ansah. Meine Aufmerksamkeit galt gerade nur diesem wunderschönen Anblick. Ich war schon so oft hier oben, hab aber nie diese tolle Aussicht bemerkt. Dann blickte ich zu ihm. „Das ist wunderschön.“ Er sah mich nur an. Sein Blick war so weich und sanft. Ich schmolz dahin. Er war mir so nahe. Mein Herz schlug schon wieder wie wild. Sanft legte er einen Arm um mich und zog mich sachte zu sich. Wir waren uns so nah. Ich spürte seine Wärme. Seine andere Hand legte er an meine Wange und sah mir tief in die Augen.
Dann küsste er mich.
Ich schloss die Augen.
Alles um mich herum war unwichtig geworden.
Nur Dominik und ich zählten.
Es gab nur uns.

Nach einer wunderschönen Ewigkeit lösten wir uns voneinander und sahen uns in die Augen. Er lächelte. Ich lächelte zurück. „Ich liebe dich.“, sagte ich leise. Dominik lächelte noch mehr. „Ich liebe dich auch.“ Diese einfachen Worte machten mich so glücklich, wie ich schon lange nicht mehr war. Eine wohlige Wärme breitete sich in mir aus. Ich fiel in seine Arme und er drückte mich an sich. Dominik strich mir durch die Haare und legte sein Gesicht an meinen Kopf. Die leichte Sommerluft wehte um uns herum. Ich hätte ewig so dastehen können. Nie soll er mich loslassen. Seine Wärme, sein Herzklopfen, sein Atem… nie will ich das verlieren. Das wir endlich zueinander gefunden hatten, machte mich so glücklich.
„Was meinst du, sollen wir langsam los?“, fragte Dominik nach einer Weile. Ich schreckte ein bisschen zusammen, so in Gedanken versunken war ich. „Es ist schon spät.“ „Okay“, sagte ich. Wir gingen Hand in Hand wieder zu den Autos. Dominik stellte sich vor meine Fahrertür und lehnte sich an. „So komm ich aber nicht ins Auto.“, lächelte ich und wollte ihn beiseite schieben. „Sollst du auch nicht.“, flüsterte er und zog mich in eine Umarmung. „Ich möchte nicht, dass du gehst. Das war so ein schöner Abend…“ Bei den Worten strich er mir eine Strähne aus den Augen, was mir warme Schauer über den Rücken laufen lies. Ich sah ihn an und sagte: „Der Vorschlag mit dem gehen kam aber von dir.“ „Ich weiß.“, meinte er, nahm meine Hände und zog mich zu sich. „Nicky, möchtest du vielleicht noch mit zu mir kommen?“
Ich stockte kurz. Der Satz hatte ihn ziemliche Überwindung gekostet. Ich legte den Kopf leicht schief und suchte seinen Blick. „Meinst du das ernst?“, wollte ich wissen. „Es ist okay, wenn du nicht willst.“, sagte Dominik sofort. „Ich will dich zu nix drängen. Ich dachte nur, wir könnten noch ein Wein trinken, ein bisschen gemütlich zusammensitzen…“ „Ich würde gern noch mit zu dir kommen.“, flüsterte ich. „Wirklich?“, fragte Dominik. Ich nickte und lehnte mich zu ihm. Sein sanfter Blick zog mich wieder in seinen Bann. „Ich liebe dich“, flüsterte er, bevor sich unsere Lippen erneut trafen.
Der zweite Kuss war genau so schön, wie der erste. Wieder raste mein Herz los. Wieder drehte sich alles um mich herum.
Dann zog Dominik mich sanft zu seinem Wagen. „Deinen Kleinen holen wir morgen, okay?“, fragte er. Ich nickte und lies mich auf den Beifahrersitz fallen. Dominik lies sich auf den Fahrersitz fallen und fuhr los. Schweigend saßen wir im Wagen. Es war ein schönes, angenehmes Schweigen. Ab und zu tauschten wir einen Blick, nur um dann wieder lächelnd aus dem Fenster zu sehen.
Im Radio kam mein Lieblingssong. Als ich zum Lautstärkeregler griff, trafen sich unsere Finger. Wir sahen uns an und lachten. „Du stehst auf Eminem?“, fragte Dominik. Ich schüttelte den Kopf. „Ne, eigentlich nicht. Aber mit Rihanna klingts echt gut.“ Zu den Klängen des Radios schlängelte Dominik den Wagen durch die Straßen. Es dauerte nicht lange und er fuhr auf einen Parkplatz vor einem kleinen Wohnblock.

„Du hast nicht oft Damenbesuch, oder?“, fragte ich ihn nachdem wir ausgestiegen waren. „Wieso?“, wollte er wissen. „Hab ich was falsch gemacht?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nein, aber deine Nachbarin scheint sehr erstaunt über mich zu sein.“, sagte ich und zeigte nach oben. Aus einem der Fenster lehnte sich eine ältere Dame heraus, um frische Luft zu schnappen und die Straße zu beobachten. Im Schein der Straßenlaterne konnte man ihr erstauntes Gesicht bei meinem Anblick deutlich sehen. „Ach, das ist Frau Schmidt.“, erklärte Dominik. „Seit ich hier wohne fragt sie mich jeden zweiten Tag, wann ich mir denn mal eine Frau suchen will. Sie verwechselt mich wohl mit ihrem Sohn.“ Ich lächelte, während wir zur Haustür liefen. „Na diese Frage kann sie sich jetzt sparen.“ „Sie findet was Neues.“, meinte Dominik, während er mir die Tür aufhielt. Wir stiegen die Treppen zu seiner Wohnung hoch. Hinter der Tür von Frau Schmidt hörten wir den Türspion quietschen. Wir sahen uns an und grinsten.

In Dominiks Wohnung angekommen schloss er hinter mir die Tür und nahm mir dann meine Jacke ab. Ich trat langsam in die Wohnung und sah mich um. Der kleine Flur mündete in ein großes, helles Wohnzimmer. Eine dunkle Couch stand mitten im Raum, an der Wand gegenüber befand sich eine große offene Schrankwand mit einem großen Fernseher, einer Anlage und einer riesigen Musiksammlung. Ich trat näher und lies meinen Blick über die geschätzten Millionen Alben gleiten. „Sieh dich ruhig um.“, rief Dominik aus der Küche. „Schon dabei.“, sagte ich und zog ein paar Alben aus dem Regal. Klassik, Rock, Country… gab es etwas, was dieser Mensch nicht hörte? „Ich höre alles, je nach Stimmung.“, sagte Dominik direkt hinter mir. Erschrocken fuhr ich herum und lies die Alben fallen. Ich hatte nicht bemerkt, dass er wieder aus der Küche gekommen war. Auf dem Couchtisch standen zwei Gläser Wein.
„Was willst du hören?“, fragte Dominik und hob die CDs auf. „Die hier anscheinend nicht, wenn du sie schon wegschmeißt.“ „Doch, die hier.“, antwortete ich und nahm ihm die anderen CDs aus der Hand um sie wieder ins Regal zu stellen. Danach lies ich mich auf das Sofa fallen. „Wehe, du erschreckst mich nochmal so.“, warnte ich ihn. Er drehte sich belustigt um. „Was ist dann?“, wollte er wissen. „Das überleg ich mir noch.“, sagte ich. „Aber es wird bestimmt nicht angenehm!“ Er lachte und setzte sich zu mir. Leise begann die Musik zu spielen.
Wir nahmen unsere Weingläser und stießen an. „Auf einen schönen Abend.“, sagte Dominik. „Und auf viele weitere.“, ergänzte ich und trank einen Schluck. Wir stellten unsere Gläser wieder ab und Dominik legte den Arm um mich. Leicht zog er mich zu sich. „Warum hast du mich heute eigentlich gefragt?“, wollte ich wissen. „Es hat mich einige Überwindung gekostet.“, sagte er. Ich hörte, wie sein Herz ein bisschen schneller schlug. „Dass ich dir nicht unwichtig bin, wusste ich schon seit einer Weile. Aber wie viel genau dir an mir liegt, wusste ich nicht. Und da es sich für einen Mann edlen Gemütes nun einmal gehört, den ersten Schritt zu machen, dachte ich, entweder heute oder gar nicht.“
Ich lächelte „Ich bin froh, dass du dich für heute entschieden hast.“ Wir sahen uns an. Sein Gesicht kam näher. Dann küssten wir uns wieder. Sanft lagen seine Lippen auf meinen. Dann wanderten sie langsam weiter über meine Wange zu meinem Hals. Ich seufzte leise uns lies meinen Kopf zur Seite sinken. Dominik rückte ein Stück näher und strich mit den Händen sanft über meinen Rücken, während er meinen Hals küsste. Dann knöpfte er meine Bluse auf und lies sie langsam von meinen Schultern gleiten. Seine Lippen folgten dem Stoff und strichen zart über meine Schultern. Ich legte meinen Arm um Dominik und zog ihn zu mir. Wir sanken auf das Sofa. Er strich mir durch die Haare und sah mich an. „Willst du das wirklich?“, fragte er leise. Ich nickte kurz und küsste ihn.


2

Ein Sonnenstrahl schien warm auf mein Gesicht als ich aufwachte. War das gestern wirklich passiert? Ich blinzelte, streckte mich und richtete mich im Bett auf. Das zerwühlte Bett war leer. Beim Umsehen entdeckte ich ein paar Einzelne Kleidungsstücke. An der Tür hing mein BH. Ich hatte Dominiks Hemd von gestern an. Es roch nach seinem Parfum.
„Guten Morgen, Schönheit.“, sagte Dominik, als er durch die Tür kam. „Ich wollte dich grad wecken.“ Ich grinste leicht. „Versuch es gar nicht erst mit der Schönheit. Ich hab mich grad im Spiegel gesehen.“, antwortete ich und deutete zum Schrank mit der Spiegeltür. Die Haare hingen wirr in meinem Gesicht herum und meine Wimperntusche war leicht um meine Augen verschmiert. Er lächelte. „Ein bisschen Wasser und schon siehst du wieder aus wie ein Engel.“ Ich hob eine Augenbraue. „Okay, und eine Bürste.“, ergänzte er. „Deal!“, sagte ich und stand auf. Als ich an ihm vorbei durch die Tür ging, merkte ich, wie er mich von oben bis unten betrachtete. Ich lächelte.
Dominik folgte mir ins Wohnzimmer. „Wow“, flüsterte ich. „Das sieht ja toll aus.“ Er stand hinter mir und umarmte mich. Es duftete wunderbar nach Brötchen und Kaffee. Auf dem gedeckten Tisch stand ein großer Strauß roter Rosen. Rosenblütenblätter lagen auf dem Tisch verteilt. Die Tür zum kleinen Balkon stand offen, sodass warmer Sommerwind hereinwehte.
Ich lehnte mich an Dominik. „Der Balkon ist zu klein zum Frühstücken, sonst hätte ich das alles draußen aufgebaut.“, erklärte er. „Das ist nicht schlimm.“, sagte ich und drehte mich zu ihm um, um ihm einen Kuss zu geben.
„Du warst wohl schon unterwegs?“, fragte ich während des Frühstückes. „Nur kurz, um die Rosen zu holen. Die Brötchen bringt mir immer Frau Schmidt früh vom Bäcker mit.“, erklärte er. „Und heute waren 2 Brötchen mehr in der Tüte als sonst.“ Ich lachte. „Na wenigstens denkt sie mit.“

Dominik

„Ich geh mal kurz duschen.“, sagte Nicky. „Handtücher sind im Schrank, bedien dich.“, antwortete ich und sah ihr hinterher. ,Wow, diese Beine… Verdammt, kann das Hemd nicht ein Stück kürzer sein?‘, dachte ich. Als sie im Bad verschwunden war, machte ich mich daran, den Tisch abzuräumen. In Gedanken war ich bei ihr. Sie hatte mir gestern ganz schön den Kopf verdreht. Ich mochte Sie vorher schon sehr, aber gestern Abend war es um mich ganz geschehen. Nicky war intelligent, frech, hatte Humor und eine Wahnsinnsfigur. Was besseres hätte mir nicht passieren können.
Als ich gerade das Geschirr in die Spüle stellte, klingelte es an der Tür. Wer ist denn das so früh schon. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon fast Mittag war. Na gut, doch nicht so früh. Ich öffnete die Tür.
„Hey, Domi!“, begrüßte mich meine Mutter und umarmte mich. „Was machst du denn hier?“, fragte ich erstaunt. „Du hast doch bestimmt den Geburtstag von Onkel Peter nachher vergessen. Hier, das schenkst du ihm.“, sagte sie und drückte mir ein Paket in die Hand. Richtig, Onkel Peter, irgendwas war da noch…
„Ich hab gar nichts vergessen. Ich wusste nur nicht, was ich schenken sollte. Aber danke für den Tipp. Wann geht es los?“, wollte ich wissen. Meine Mutter reagierte nicht. Sie hatte den Rosenstrauß auf dem Tisch entdeckt und sah mich nun fragend an. „Rosen?“
In dem Moment machte Nicole im Bad die Dusche an. Meine Mutter lauschte, sah von den Rosen in Richtung Bad und schließlich zu mir. Ich war leicht verlegen. Ein Strahlen breitete sich auf Ihrem Gesicht aus. „Domi! Wirklich?“, rief sie. „Oh, wie schön, endlich hast du ein Mädchen gefunden!“ Sie drückte mich an sich. Dann rauschte sie an mir vorbei und setzte sich auf die Couch. „Ich will alles wissen!“, sagte sie und sah mich erwartungsvoll an. „Mensch, Ma.“, seufzte ich. Wenn sie einmal etwas wissen wollte, lies sie sich nicht abwimmeln. Also ergab ich mich meinem Schicksal und setzte mich mit aufs Sofa.
Ich erzählte meiner Mutter von Nicole, wer sie ist, woher wir uns kennen und das wir gestern Abend beim Italiener waren. Gewisse Details lies ich gekonnt weg. Meine Mutter strahlte. „Du siehst so glücklich aus, wenn du von ihr erzählst.“, sagte sie. „Dich hat es wohl ganz schön erwischt.“ Warum musste ich jetzt rot werden? Warum jetzt? Wieder umarmte mich meine Mutter. „Ich freu mich so für dich!“ „Ja, da bist du nicht die einzige.“, erwiderte ich. „Frau Schmidt von unten scheint auch ganz begeistert zu sein.“ Meine Mutter nickte. „Und damit hat die Frau auch vollkommen Recht. Wurde auch langsam mal Zeit…“

„Hallo.“, hörte ich hinter mir. Nicky war wieder da. Ich sprang auf und lief zu ihr. Sie hatte wohl mitbekommen, dass jemand da war, sie trug jetzt wieder ihre Hose unter meinem Hemd. Stimmt, die Bluse hatte gestern ein paar Rotweinflecken bekommen.
„Nicky, das ist meine Mutter, Marianne Lange. Ma, das ist Nicole Rosenberg.“, stellte ich kurz vor. Beide reichten Sich die Hand. „Hallo Frau Lange.“, grüßte Nicky. „Hallo, Nicole.“ „Sagen Sie einfach Nicky, das macht jeder.“, bat Nicky. Meine Mutter lächelte.
Nicky und ich standen Hand in Hand vor ihr. „Na gut, ich will euch nicht weiter stören. Aber Nicky, ich hoffe, du kommst nachher mit? Du bist natürlich herzlich eingeladen!“ Nicky warf mir kurz einen fragenden Blick zu. „Domi hat dir doch davon erzählt?“, fragte meine Mutter. „Achso!“, sagte Nicky. „Klar, gern.“ „Schön!“, strahlte meine Mutter. „Dann sehen wir uns gegen 3!“ Damit drehte sie sich um und verschwand durch die Tür.

„Danke für die Rettung.“, sagte ich. „Ich vergess das doch immer.“ Nicky sah mich an. „Gut und jetzt klär mich mal bitte auf.“, verlangte sie. „Mein Onkel hat Geburtstag. Er legt sehr viel Wert auf mich, er hat mir schon einige male unter die Arme gegriffen. Er ist ziemlich erfolgreich.“, erklärte ich. „Ich merk mir nur keine Geburtstage und meine Mutter... hum?“ Nickys weiche Lippen lagen auf meinen. Ich schloss die Augen und genoss die Berührung.
„Womit hab ich das verdient?“, fragte ich nach unserem Kuss. „Eigentlich gar nicht.“, grinste Nicky. „Weil ihr Männer euch nie Geburtstage merken könnt. Aber das eine Mal sei dir das verziehen.“ Ich lächelte, umfasste sie unter der Hüfte und hob sie hoch. „Dafür danke ich aber, euer Ehren!“, sagte ich und drehte uns im Kreis. Nicky lachte und klammerte sich an mir fest. Dann ließ ich sie langsam runter. Sie sah mich von oben her an. Dieser süße Blick. Ich musste sie einfach küssen. Sie sah das anscheinend auch so. Schnell wurden wir wieder leidenschaftlich. „Du machst mich noch Wahnsinnig.“, flüsterte ich als ich sie ins Schlafzimmer trug.

„Beeilst du dich?“, fragte ich. „Klar.“, sagte Nicky. „Ist Pinguin gefordert?“ „Ja, ein bisschen elegant sollte es schon sein. Sonst würd ich nie freiwillig mit Schlips und Kragen rumlaufen." „Okay, dann such ich mal was Ordentliches.“, meinte sie, gab mir einen kurzen Kuss und stieg aus dem Wagen. Wir standen vor ihrer Wohnung. Sie wollte sich noch was anderes anziehen. Ihr Auto holen wir dann morgen. Morgen ist Sonntag, da können wir uns einen ruhigen Tag machen.
Ich lehnte mich im Sitz zurück und schloss die Augen. Meine Gedanken landeten bei Nicky. Nach so kurzer Zeit waren wir uns schon so vertraut. Ich dachte an ihren süßen Blick, wenn sie mich küsste, ihre weiche und zarte Haut, ihre duftenden Haare… Seit ein paar Stunden waren wir erst ein Paar, wir kannten uns ein paar Monate und ich hatte bereits jetzt das Gefühl, dass ich ohne sie nicht mehr leben kann. Ich öffnete die Augen, sah auf lächelnd auf die andere Straßenseite und stützte den Kopf auf die Hand.

„Huhu!“, sagte Nicky laut und sprang in mein Blickfeld. Ich schrak heftig zusammen. „Woah, mach das nie wieder!“, warnte ich. Sie lachte. „Sonst?“ „Weiß ich noch nicht.“, antwortete ich und stieg aus. „Aber es wird nicht angenehm für dich.“ „Wir sind quitt! Für gestern Abend!“, grinste sie. „Und nun? Nimmst du mich so mit?“
Ich sah sie an. Und mir blieb der Mund offen. Ihre leicht gewellten Haare lagen locker um ihr Gesicht. Sie hatte ein schwarzes Neckholder-Kleid an, elegant und doch sportlich. Passte wunderbar zu ihr und sie sah klasse aus. „Du siehst… umwerfen aus.“, sagte ich. „Wirklich toll.“ Sie wurde leicht rot. „Danke.“ Nicky kam zu mir und legte ihre Arme um meinen Hals. „Fahren wir?“ Ich nickte. Ich konnte den Blick kaum von ihr lassen. Verdammt, hatte ich eine schöne Frau.

Nicky

Ich mochte keine Kleider. Überhaupt nicht. Ich bin eher der Hosen-Typ. Aber da wir meine beste Bluse gestern Abend mit Rotwein ruiniert hatten und es heute eigentlich sowieso viel zu warm für eine Hose war, hatte ich mich doch für das Kleid entschieden. Es war eh das einzige, was in meinem Schrank hing.
Während der Fahrt klärte Dominik mich noch über seine Familie auf. Sein Onkel Peter leitete eine Firma, die sich mit Computern befasste. Er ging noch in Details, aber die rauschten an mir vorbei. Jedenfalls verdiente Peter damit ein Haufen Geld. Er und seine Frau hatten sich ein großes Grundstück gekauft, ein Villen-gleiches Haus darauf gebaut und feierten seinen Geburtstag jedes Jahr im Sommer ganz groß und luden die ganze Familie ein. Ich hätte es schöner gefunden, wenn ich nicht so Hals über Kopf da mit rein gerauscht wäre, aber Dominik versicherte mir, dass die alle ganz nett seien. „Wie viele sind denn alle?“, fragte ich. „Naja, so um die 50 bis 60 Leute.“, antwortete Dominik. „Aber mach dir keinen Kopf.“ Ich schluckte. Klar, ich würde bestimmt ganz ruhig bleiben. Vor allem wenn mich zig wildfremde Menschen wie Frischfleisch anstarrten.
Nach einer längeren Fahrt bog Dominik in eine Einfahrt. Einige Wagen parkten auf dem gepflegten Rasen. Wir reihten uns mit ein und stiegen aus. Es roch nach frisch gemähtem Rasen und vielen verschieden Blumen. Dominik nahm meine Hand und wir gingen einen hellen Kiesweg entlang auf ein großes Haus zu. Es wurde mit dunkelroten Steinen gebaut, hatte große Fenster mit weißem Rahmen und eine weiße elegante Eingangstür. Links und rechts der Tür standen zwei herrliche Pflanzkörbe, die bunt durcheinander blühten. Dominik klingelte und sagte zu mir: „Könntest du meine Finger bitte leben lassen?“ Ich lies die Hand locker und Dominik atmete auf. „Danke.“ „Sorry“, flüsterte ich. „Ich bin leicht angespannt.“ Dominik hob eine Augenbraue. „Leicht?“
Wir hörten Schritte und die Tür öffnete sich. Eine ältere Frau begrüßte uns. „Dominik! Wie immer der letzte!“, lächelte sie und drückte Dominik an sich. „Hallo Brigitte.“, sagte Dominik. „Darf ich dir Nicky vorstellen? Nicky, das ist Peters Mutter, Brigitte Stein.“ Wir reichten uns die Hände. „Nennen Sie mich Brigitte. Nicky, hier sind schon alle ganz gespannt auf Sie. Aber keine Angst, die knurren zwar alle manchmal, aber beißen tut keiner.“ „Wer beißt, bekommt einen Maulkorb.“, lächelte ich. Brigitte lachte. „Kommt mit in den Garten.“, sagte sie und ging voraus. Dominik drückte meine Hand und zwinkerte mir zu.
Wir gingen durch das große Haus, dessen Wohnzimmer allein schon so groß war wie meine gesamte Wohnung. Vom Wohnzimmer aus trat man auf eine Terrasse, die in den riesigen Garten mündete. Auf dem gepflegten Rasen waren einige Stehtische aufgebaut. Links stand ein großes Carport, unter dem das Buffet später aufgebaut werden sollte. Rechts war ein weißer Pavillon aufgebaut, in dem sich eine kleine Holzbühne, ein Mischpult und diverse Lautsprecher befanden. Weiter hinten im Garten zierten einige Bäume den Anblick, bis eine große Hecke das Grundstück abschloss. Überall hingen Lampions und Lichterketten.
„Schön, dass man dich noch beeindrucken kann.“, sagte Dominik amüsiert über meinen Gesichtsausdruck. „Ich mach mir eher Gedanken, wer diese geschätzten tausend Hektar Rasen mäht.“, antwortete ich. „Sobald du fertig bist, kannst du wieder von vorn anfangen, so schnell wächst das Zeug!“, sagte eine fremde Stimme neben mir. Ich drehte mich um und betrachtete den Mann neben mir. Ein schlanker Mann im besten Alter mit dunklem Haar und einer Menge Lachfalten um die Augen. „Onkel Peter!“, rief Dominik erfreut. „Alles Gute zum Geburtstag!“ Die beiden Männer umarmten sich. „Schön, dass du da bist, Domi.“ Peter hielt Dominik eine Armlänge von sich entfernt und betrachtete ihn. „Gut siehst du aus. Ein Anzug steht dir!“, sagte er. Dominik lachte. „Ich trag das Ding nicht öfter als nötig. Hier, wir haben dir was Kleines mitgebracht.“ „Alles der Reihe nach, Domi. Erstmal musst du mich vorstellen.“, meinte Peter und wandte sich mir zu. „Peter, das ist Nicole Rosenberg. Nicky, Peter Stein.“ „Hallo“, sagte ich, als wir uns die Hand reichten. „Und alles, alles Gute zum Geburtstag.“ „Herzlichen Dank euch beiden. Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Nicky. Wie ich sehe, hat Dominik endlich die Vorzüge der Zweisamkeit kennen gelernt.“
Ich sah zu Dominik, der leicht rosa um die Wangen wurde. „Na, dann will ich mir mal ansehen, was ihr mir mitgebracht habt.“, sagte Peter und packte das Paket aus, was Dominik ihm reichte. Ein Buch kam zum Vorschein und Peters Augen begannen zu leuchten. „Wunderbar!“, freute er sich. „Generation Who! Sehr schön. Genau die fehlte mir noch!“ Sofort begann er in dem Buch zu lesen. „Musik ist neben Rasen mähen seine große Leidenschaft.“, klärte Dominik mich auf. Ich nickte. „An Musik kann man nix verkehrt machen.“

Dominik führte mich herum und stellte mich allen vor. Schließlich, als wir beiden eine Minute für uns alleine waren, fragte er mich: „Und, was sagst du zu meiner Familie?“ „Ich bin spontan für Namensschilder.“, antwortete ich. „Peter und deine Eltern kann ich mir merken, aber dann hört es auch schon wieder auf.“ Dominik lächelte und umfasste mich an der Hüfte. „Das ist nicht so schlimm. Hauptsache, du merkst dir, wer ich bin.“ „Wird schon kompliziert.“, erwiderte ich. „Mehr als 3 Namen und ich steig aus.“ Dominik grinste und gab mir einen Kuss.
Die Zeit verging relativ schnell. Zum Kaffee hielt Peter eine kleine Rede und bedankte sich für das Kommen aller und es wurde mit Sekt angestoßen. Danach verteilten sich die Gäste im Grundstück und unterhielten sich. Zum Abendessen wurde die Stimmung lockerer, es gab ein paar lustige Geburtstagsspiele und es wurde viel gelacht. Ich hielt mich die ganze Zeit an Dominik und an seine Eltern. Aber Brigitte hatte Recht behalten. Eigentlich waren alle Gäste ziemlich handzahm.
Nach dem Abendessen begann auf der Bühne im Pavillon eine Band zu spielen. Es wurden viele Oldies gespielt. Als die Sonne untergegangen war, wurden die Lampions und Lichterketten entzündet und tauchten den Garten in ein wunderschönes flackerndes Licht. Wie viele andere Gäste tanzten Dominik und ich. Peter und seine Frau Alexandra tanzten ganz in der Nähe. Als das Lied zu Ende war, kamen die beiden zu uns herüber. „Darf ich bitten?“, fragte mich Peter. Dominik zwinkerte mir aufmunternd zu und ging zu Alexandra. „Gern.“, lächelte ich und griff seine Hand. Die Band spielte einen lockeren flotten Titel, zu dem man sich gut bewegen konnte.
„Marianne erzählte mir, dass ihr beiden noch gar nicht so lange zusammen sind?“, fragte Peter mich. Ich nickte und sah kurz auf die Uhr. „Seit so ziemlich genau einem Tag.“ Peter lächelte und drehte mich im Kreis. „Ihr beide wirkt schon sehr vertraut. Als wärt ihr schon lange zusammen.“, bemerkte er. „Wir arbeiten seit ein paar Monaten zusammen.“, sagte ich. „Also er ist unser Computerfachmann. Und da ich überhaupt nicht maschinenkompatibel bin, haben wir uns ziemlich oft gesehen.“ Peter lachte. „Dann sind Sie diejenige, die ihren PC schon ein paar Mal geschrottet hat?“ Ich nickte. „Drei Mal, um genau zu sein. Und dabei bin ich mir keiner Schuld bewusst.“ Im Prinzip hatte ich immer genau gewusst, was ich tat, aber ich wollte ja schließlich Dominik auf mich aufmerksam machen. Aber das wollte ich jetzt lieber für mich behalten. Das gehört zu den Geschichten, die man auf der goldenen Hochzeit erzählen kann.
„Sie gefallen mir, Nicky.“, sagte Peter, als die Musik zu Ende war. „Sie sind intelligent, freundlich, aufgeschlossen und Sie haben den gewissen Schneid, der heutzutage sehr wichtig ist.“ „Vielen Dank.“, sagte ich und lächelte. „Keine Ursache. So, jetzt muss ich aber wieder zu meiner lieben Frau, sonst wird sie noch eifersüchtig. Ich danke für den Tanz.“ Er nickte mir leicht zu und schlängelte sich durch die Pärchen zu Alexandra.
„Na, war es sehr schlimm?“, fragte Dominik hinter mir. Ich drehte mich zu ihm um. „Nein, gar nicht.“, antwortete ich. „Es war eigentlich ganz angenehm. Ich glaub, er mag mich.“ „Er ist hin und weg von dir.“, erwiderte Dominik. „Sonst hätte er nicht mir dir getanzt. Bei Janine hat es viel länger gedauert, bis er sie ‚akzeptiert‘ hatte. Die Freundin von meinem Bruder.“, ergänzte er auf meinen fragenden Blick hin. „Die Blonde da drüben.“ Ich blickte zu einer blonden, schlanken Frau, im roten engen Kleid. „Ach, du meinst Barbie.“, erwiderte ich. Dominik grinste. „Ja, genau die. Nach Peters erstem Gespräch mit ihr, hat ihr erstmal eine Weile die kalte Schulter gezeigt. Er beobachtet Menschen sehr gerne. Du bist offen auf die Leute hier zugegangen, hast dich unterhalten und keine Scheu gezeigt. Sie war da nicht so kess wie du. Immer hat sie sich hinter Mike versteckt.“ Ich nickte. Wenn Dominik wüsste. Ich war ja früher auch nicht anders. Aber dank meiner jetzigen Arbeit hab ich mich doch verändert. Naja, wenn man in einem Sekretariat sitzt, wo ständig Menschen ein und aus gehen, da muss man schon so ein gewisses Feingefühl entwickeln. Und das hat mir schon einige Male sehr weitergeholfen. Und heute anscheinend auch.
„Und jetzt akzeptiert Peter Janine?“, fragte ich. Dominik nickte. „Ja, schon. Aber ich glaube insgeheim mag er sie immer noch nicht richtig. Aber Mike ist nun mal sein Liebling, also sagt Peter nix und lässt sie einfach machen.“
„Wenn ich mal kurz um Eure Aufmerksamkeit bitten dürfte…“ Dominik und ich wandten uns der Bühne zu. Sein Bruder Mike stand vor dem Mikro. Er winkte seiner Barbie-Janine kurz zu. Peter, der ein paar Meter neben uns stand, sah ein bisschen misstrauisch zur Bühne.
„Peter, ich möchte dir nicht die Show stehlen…“, begann Mike. „… aber ich möchte gern etwas sagen. Na ja, ich bin kein Mensch, der große Reden schwingt, also mache ich es kurz. Janine und ich… wir werden heiraten!“ Die Gäste applaudierten. Mike blickte zu Peter. Dieser lächelte, aber ich bemerkte, wie seine Augen eine ganz andere Sprache sprachen. „Ich glaube, ich weiß, was du meinst.“, sagte ich zu Dominik. Er folgte meinem Blick und nickte. „Wie gesagt, er lässt Mike machen.“
Mike und Barbie-Janine legten auf der Bühne alleine ihren ersten Vor-Hochzeits-Walzer hin. Die Gäste standen ringsherum, sahen zu und unterhielten sich. Dominik nahm mich bei der Hand und führte mich weg von den Gästen, hinter in den Garten. Zwischen den Bäumen hingen auch Lampions und warfen ein schwaches Licht auf die Umgebung. Ich hörte etwas plätschern. „Was ist das?“, wollte ich wissen. Dominik lächelte und führte mich um einen großen Baum herum. Dort stand ein kleiner Springbrunnen. Um ihn herum hingen ein paar Lampions von den Ästen herunter. Das schwache Licht wurde vom plätschernden Wasser reflektiert und so war der ganze Springbrunnen von einem schwachen Glänzen umspielt.
Ich ging zum Brunnen. Das klare Wasser war warm von der Sommersonne. Dominik stand hinter mir, legte den Arm um mich und schmiegte seinen Kopf an meinen. „Ich liebe dich“, flüsterte er. Ich schloss die Augen und genoss seine Wärme. Er tauchte seine Finger in das warme Wasser und fuhr dann sanft meinen Arm entlang. Seine nassen Finger hinterließen eine dünne Spur auf meinem Arm. Er jagte mir wohlige Schauer über den Rücken.
Nach einer Weile drehte ich mich in seinen Armen zu ihm um und lehnte mich am Brunnen an. Dominik legte seinen Arm wieder um meine Hüfte und strich mit der anderen Hand über meine Wange. „Ich bin so froh, dass ich dich habe.“, flüsterte er. Dann zog er mich an sich und unsere Lippen trafen sich zu einem innigen Kuss.

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Tag der Veröffentlichung: 08.11.2010

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