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Alles war still. Nur das stetige Ticken der alten Standuhr war zu hören. Tick, tack, tick, tack… Beate lag auf der Couch und träumte. Ab und an regte sie sich, atmete im Traum tief ein und aus. Es hatte seinen Grund, warum sie ihr Bett gegen das unbequeme Sofa eingetauscht hatte. Der Grund lag schlafend neben ihr in ihrem Körbchen. Sissi, das kleine schwarze Kätzchen. Immer wieder zitterte die kleine Katze im Schlaf. Wenn Katzen träumen konnten, dann hatte die Kleine einen schrecklichen Traum. Dann, mit einemmal, öffnete das Tier die Augen. Wieder fing sie an erbärmlich zu niesen und zu husten. Mann konnte hören, wie ihr das Atmen Probleme bereitete. Sissi war krank. Gestern Abend noch hatte Beate Doktor Harfner angerufen. Schon seit ein paar Tagen wollte Sissi nicht mehr so essen. Aber am letzten Abend war es so schlimm, dass das kleine Tier nicht einmal mehr aus seinem Körbchen gekommen war. Ihr Essen hatte sie überhaupt nicht angerührt. Auch die Katzenmilch, die sie sonst immer mit Gier verschlang, blieb unangerührt stehen. Beate machte sich die größten Sorgen. Seit das kleine Wesen in ihr Leben geschneit war, war kein Tag vergangen, an dem sie sich nicht um sie sorgte. Sissi hier, Sissi da. Fast war Alex, Beates Freund, eifersüchtig auf den kleinen Stubentiger.
Beate öffnete die Augen und in dem gleichen Augenblick schwang sie ihre Beine vom Sofa und beugte sich zu Sissi hinunter, streichelte sanft dem Tier über das Fell. Doktor Harfner hatte gesagt, dass sie Fieber hat und Beate erklärt, wie sie dem Tier die Temperatur messen musste. Sie überlegte einen Moment ob sie das Fieber kontrollieren sollte. Dann entschied sie sich aber dagegen. Sie wollte das kranke Tier nicht unnötig quälen. Hatte es das kleine Wesen doch auch so schon schwer genug.
Sissi miaute kläglich und lies wieder einen Schwall starken Husten hören.
„Ach meine Kleine. Das wird schon wieder.“ Sanft streichelte Beate das Tier bis es sich beruhigt hatte und wieder eingeschlafen war. Dann legte auch sie sich wieder hin. Aber schlafen konnte sie nicht. Das Ticken der alten Standuhr drang so laut in ihr Bewusstsein, dass es sie störte. Aus dem Schlafzimmer drang das friedliche Schnarchen von Alex zu ihr herüber. Es war schon weit nach Mitternacht und bald würde ihr Wecker klingeln und es war wieder Zeit für Sissis Medizin. Zwar hatte Doktor Harfner gesagt, dass es nicht auf eine halbe Stunde ankam, aber Beatze nahm es genau. Alles was mit Sissi zu tun hatte, nahm sie genau. Ob es das Essen war, das sie dem Tier pünktlich auf die Minute servierte oder das regelmäßige Reinigen der Katzentoilette. Alles erledigte sie mit der gleichen Sorgfalt. Oft schon hatte Alex sich damit abfinden müssen, dass er erst an zweiter Stelle kam. Wenn er Beate zur Rede stellte, bekam er immer nur von ihr zu hören: „Was willst du denn? Sie ist doch auf mich angewiesen. Ich muss mich doch um sie kümmern.“ Alex konnte sagen was er wollte, zuerst kam Sissi an die Reihe.
Beate schloss wieder die Augen. Die Sorgen um Sissi gingen ihr nicht aus dem Kopf. Seit zwei Monaten lebte die Kleine jetzt schon bei ihnen und in der Zeit war ihr das Tier so sehr ans Herz gewachsen. Alles tat sie für ihren kleinen Liebling. Beate konnte es sich überhaupt nicht mehr vorstellen, wie es gewesen war ohne Sissi. Und jetzt hatte sie solche Angst das Kätzchen zu verlieren. Was hatte Doktor Harfner gesagt? Die nächsten zwei Tage waren von Entscheidung. Wenn es sich in der Zeit nicht bessern würde, dann standen die Chancen für Sissi schlecht, dass sie wieder ganz gesund würde. Dieser Gedanke lies sie erzittern. Beate öffnete wieder die Augen und sah zu dem Kätzchen hinunter, das jetzt vom sanften Mondlicht beschienen wurde. Sissi schlief nun friedlich.
Es war früher Morgen als Beate wieder die Augen öffnete. Die ersten Strahlen der Sonne kitzelten sie in den Augen. Beate schloss die Lieder für einen kurzen Augenblick. Dann stand sie vom Sofa auf und trat zu Sissi. Die Kleine schlief noch. Sanft streichelte sie dem Tier über das Fell. Sie spürte, wie das Kätzchen zitterte. Sissi schlief sehr unruhig. Beate ging ins Bad und machte sich für den Tag fertig. Heute war Wochenende und sie musste nicht zur Arbeit. Gott sei Dank konnte sie sich heute ganz um das kleine Wesen kümmern, dass sie in ihrer Obhut hatte.
Beate ging ins Schlafzimmer. Alex war schon wach, doch er sah überhaupt nicht gut aus. Er fühlte sich schon seit ein paar Tagen nicht besonders wohl. Wahrscheinlich brütete auch er eine saftige Erkältung aus.
„Guten Morgen, Liebling“, sprach Beate zu Alex.
„Guten Morgen. Ach mir geht’s heute überhaupt nicht gut. Ich glaube ich werde krank. Kannst du mir eine Tasse von deinem Erkältungstee machen?“ fragend sah er sie an.
„Das kann aber noch dauern. Ich muss mich erst um Sissi kümmern. Sie hat ganz unruhig geschlafen.“ Beate musste gähnen. Auch für sie war die Nacht unruhig gewesen.
„Mach aber hin. Mir geht es überhaupt nicht gut.“ Alex schloss für einen Moment die Augen bevor er wieder Beate an sah.
„Du musst dich einfach noch etwas gedulden.“ Beate sah ihn genervt an, dann ging sie zurück ins Wohnzimmer.
Sissi war aufgewacht. Ihr Atem ging flatterig. Immer wieder musste sie husten. Schnell beugte sich Beate zu ihrem kleinen Liebling und streichelte die Katze beruhigend.
„Ach meine Kleine, dir geht es überhaupt nicht gut. Wenn ich dir doch nur helfen könnte. Ich gebe dir jetzt erst einmal deine Medizin.“ Mit diesen Worten stand sie auf und ging zum Tisch hinüber wo die Tropfen, die Doktor Harfner ihr gegeben hatte, standen. Sie nahm das kleine Fläschchen in die Hand und trat wieder zu Sissi hinüber. Sanft holte sie das kranke Tier aus dem Körbchen und nahm es in den Arm. Mühselig schraubte sie die Medizin auf und nahm etwas davon mit der kleinen Pipette. Dann stellte sie das Fläschchen neben sich. Sanft öffnete sie Sissi das Mäulchen und träufelte ihr einige Tropfen der Medizin hinein. Das Kätzchen schüttelte sich. Ihr schmeckte die Medizin nicht. Sanft legte Beate das Kätzchen wieder zurück in ihr Körbchen und ging in die Küche zum Kühlschrank. Dort nahm sie die Katzenmilch heraus und schüttete etwas davon in ein Schälchen, ging damit zurück ins Wohnzimmer und stellte es neben Sissis Lager. Dann setzte sie sich daneben auf das Sofa und beobachtete das Tier.
Sissi hob den Kopf und begann in die Richtung der Milch zu schnuppern. Aber nach einiger Zeit legte sie wieder ihren Kopf auf die Vorderpfoten und schloss die Augen. Beate atmete tief ein und aus. Wieder konnte sie Sissi nicht mit ihrem Lieblingsessen locken.
„Ach wenn du doch nur etwas essen würdest, dann ginge es dir bestimmt auch bald wieder besser. Ach meine arme.“ Beate hing ihren Gedanken nach. Alex und seinen Tee hatte sie ganz vergessen. Erst als er in der Tür auftauchte, erinnerte sie sich wieder an ihn.
„Danke für den Tee.“ sagte Alex beleidigt.
Beate sah erschrocken zu ihm auf.
„Ach ja dein Tee. Den hab ich ganz vergessen. Aber wenn du schon einmal auf bist, kannst du ihn dir doch auch selbst machen.“ Mit diesen Worten sah sie wieder zu Sissi hinunter.
„Kannst du dich auch mal einen Augenblick von der Katze losreisen? Mir geht es wirklich sehr schlecht.“ Alex wirkte gereizt.
„Aber Sissi geht es viel schlechter als dir. Jetzt muss ich mich eben erst mal um sie kümmern.“ Beate sah ihn verärgert an. „Aber wenn du unbedingt willst, mache ich dir deinen Tee. Aber dann muss ich mich wieder um Sissi kümmern.“ Mit diesen Worten stand sie von der Couch auf, ging an Alex vorbei in die Küche und schaltete den Wasserkocher an. Es dauerte nicht lange und heißer Dampf stieg aus dem Gerät auf. Beate nahm eine Kanne aus dem Schrank, tat einige Beutel vom Erkältungstee hinein und begoss den Tee mit dem kochenden Wasser. Dann nahm sie eine Tasse aus dem Schrank und ging mit dem Tee zurück zu Alex in das Wohnzimmer.
„Hier hast du deinen Tee und jetzt muss ich mich wieder um Sissi kümmern.“ Sie drückte Alex die Kanne und die Tasse in die Hand und setzte sich wieder zu Sissi auf die Couch.
„Wenn du mich suchst, ich bin wieder im Bett. Vielleicht findest du auch noch etwas Zeit um dich auch mal um mich zu kümmern.“ sagte Alex immer noch verärgert. Doch das schien Beate gar nicht mehr zu registrieren. Sie beugte sich zu Sissi hinunter und begann das Tier wieder liebevoll zu streicheln.
Die Zeit verging. Beate kümmerte sich um nichts weiter als das Kätzchen. Kein Mittag wurde gekocht, auch sah sie nicht einmal nach Alex, der immer noch im Schlafzimmer in seinem Bett lag. Ab und an drang sein Husten zu ihr ins Wohnzimmer, doch das registrierte sie kaum. Sie kümmerte sich um Sissi, die fast die ganze Zeit schlief. Immer wieder, wenn das Kätzchen im Schlaf wild zu zucken begann, streichelte sie sie beruhigend. Gegen Mittag kontrollierte sie die Temperatur der Katze und gab ihr ihre Medizin. Fressen wollte das Tier immer noch nicht. Beate hatte ihr wieder ein Schälchen mit frischer Katzenmilch hingestellt, doch Sissi hob noch nicht einmal mehr den Kopf.
„Gibt es heute auch etwas zu essen?“ fragte Alex, der in der Wohnzimmertür erschien.
„Ach du bist es.“ erschrak Beate: „Kannst du dir nicht selbst etwas machen?“ fragte sie Alex.
„Mir geht es überhaupt nicht gut. Dann esse ich eben nichts. Hauptsache der Katze geht es gut, nicht wahr?“ Alex war wütend und enttäuscht. Beate schien sich überhaupt nicht mehr um ihn zu kümmern. Dabei war er doch auch krank. Beleidigt verzog er sich wieder ins Schlafzimmer. Beate würde schon sehen was sie von ihrem Verhalten hatte. Wenn es ihm wieder besser ging, dann würde er schon mit ihr reden. Jetzt fühlte er sich einfach zu unwohl. Beate schien es überhaupt nicht zu stören, dass sie Alex mit ihrem Verhalten verletzte. Sie sah ihm nur schweigend nach, dann schwang sie ihre Beine auf die Couch und schloss die Augen. Nur für einen Augenblick sollte es sein, doch daraus wurden ein paar Stunden Schlaf. Die vergangene Nacht forderte ihren Tribut.
Es wurde schon langsam dunkel draußen als Beate wieder erwachte. Sie räkelte sich genüsslich, dann schwang sie ihre Beine vom Sofa und sah zu Sissi. Scheinbart war auch sie gerade erwacht. Friedlich streckte sie ihre Beine von sich und begann aufzustehen. Beates Herz machte einen freudigen Satz. Sissi ging es scheinbar besser. Doch wie erfreut war sie, als sie sah, dass das kleine Wesen sich in Richtung das Schale mit der Milch bewegte. Zaghaft begann sie daran zu lecken, bis sie schließlich genüsslich die Milch trank. Sissi ging es besser. Jetzt war sie sich vollkommen sicher, dass die Katze wieder gesund werden würde. Schnell stand Beate von der Couch auf und streichelte Sissi, dann ging sie zu Alex ins Schlafzimmer.
„Stell dir vor Liebling, Sissi isst wieder. Du weißt gar nicht, wie froh ich darüber bin.“ Strahlend sah sie Alex an. Der wusste im ersten Moment nicht, wie ihm geschah. War ja toll, dass es der vermaledeiten Katze wieder besser ging. Er aber fühlte sich immer noch sehr schlecht. Vielleicht würde Beate ja jetzt etwas Zeit finden um sich auch einmal um ihn zu kümmern.
„Hast du Hunger? Soll ich dir eine Suppe kochen?“ fragte sie Alex. Darauf, dass er immer noch verärgert über ihr Verhalten vom Mittag war, achtete sie nicht. Ohne auf eine Antwort zu warten ging sie in die Küche und begann eine Maggisuppe zu kochen.

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Tag der Veröffentlichung: 12.08.2009

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