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Da meine Beine mir nicht ganz so gehorchen wollten wie ich es gerne gehabt hätte, wankte ich zur nächst besten Wand und tastete mich an ihr zur Zimmertür. Ich drückte die Klinke vorsichtig nach unten um nur keine Geräusche zu machen und linste durch den Türspalt. Keiner zu sehen. Ein verschlagenes Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich beeilte mich aus dem Zimmer zu kommen. Die nächste Frage, wo zum Teufel war in diesem Schloss die Bücherei?
Hier oben schienen sich nur Gästezimmer zu befinden, also müsste ich erst einmal wieder nach unten. Ich schaffte es den Flur entlang zur Treppe ohne mich gehörig auf die Schnauze zu legen, obwohl sich meine Beine jede zweite Sekunde in Pudding zu verwandeln schienen. Die Treppe… will ich nicht ansprechen. Ich sag nur so viel, dass ich wahrscheinlich den Weltrekord der blauen Flecken auf einem Körper aufgestellt habe.
Die Lobby musste ich mir noch einmal genauer ansehen um mir einen der Gänge auszusuchen die von ihr wegführten. Ich kam mir vor wie bei der Fernsehserie die immer am Wochenende auf dem Kinderkanal läuft, Eins-Zwei-oder-Drei.
Nur das ich nicht in der Lage war wie ein aufgedrehter Gummiball von einem Gang zum nächsten zu hüpfen und ich befürchte ein goldener Sprühregen hätte mir auch nicht den richtigen Weg angezeigt.
Kurzerhand nahm ich den Gang der mir am nächsten lag und krallte mich an der Wand fest. Zu einem waren meine Nägel ja dann doch gut.
Ich kam an mehreren Türen vorbei, die allesamt verschlossen waren, aber durch einige konnte ich durch Glasfensterchen sehen, dass sich definitiv keine Bibliothek dahinter befand. Nachdem ich schon bei drei Türen nichts gefunden hatte und mich der vierten etwas entmutigt nährte hätte ich am liebsten einen Freudentanz aufgeführt, als ich durch die Glastür tatsächlich Reihenweise Bücherregale erkennen konnte. Und das Beste, die Tür war nicht verschlossen.
Ich drückte die Klinke runter und muffiger Bücher Geruch schlug mir entgegen. Jackpot!
Gierig den alten Büchergeruch einsaugend schleppte ich mich in den Raum und sah mich um. Von außen hatte er viel kleiner gewirkt, dabei war er von innen betrachtet viel größer. Bücherregale drängten sich aneinander und Leitern führten weit nach oben. Eine zweite Etage war durch eine Treppe zu erreichen und rund herum waren die Wände wie mit Büchern tapeziert.
Mir wurde bewusst, dass mein Mund offen stand und mühsam klappte ich ihn wieder zu.
Jetzt fiel mir nur ein, das ich doch keine Ahnung hatte wo ich mit meiner Suche anfangen sollte. Dass die Bibliothek solche Ausmaße hatte, konnte ich doch beim besten Willen nicht ahnen. Vor allem waren hier nicht wie in der Stadtbücherei kleine Schilder üben den Regalreihen angebracht wo die Themen drauf standen.
Ich seufzte und beschloss mich von Regal zu Regal vorzuarbeiten. Es konnte sich ja nur um Jahre handeln bis ich jedes Buch überprüft hatte.
Mich an der Wand abstützend ging ich auf das erstbeste Regal zu, dass mit staubigen und unheimlich aussehenden Büchern gefüllt war. Vorsichtig wollte ich mit einem Finger über einen der Buchrücken streichen, als mir wieder einfiel wie meine Hände aussahen. Schnell ließ ich sie wieder fallen.
‚Ich an deiner Stelle würde lieber die Finger von den Büchern lassen, es sei denn du stehst drauf Ärger zu bekommen.‘
Erschrocken Quietschend drehte ich mich um und stolperte dabei über meine eigenen Füße. Mit einem `Plumps´ landete ich auf meinem Allerwertesten und guckte mich um.
Neben einem der Regale lehnte ein junger Mann, vielleicht zwanzig Jahre alt, obwohl man das bei Vampiren ja beim besten Willen nicht einschätzen kann. Er könnte schließlich auch Tausend Jahre alt sein.
Er hatte kurze, dunkle Haare, belustigt blitzende, grüne Augen und trug einen maßgeschneiderten Designer Anzug.
Wahrscheinlich von Gucci oder irgendeiner nobel Marke.
‚Oh du bist das, mein Beileid.‘ bemerkte er und musterte mein Gesicht, sowie meine Hände mit unverhohlenem Interesse, stieß sich dann vom Regal ab um auf mich zuzukommen.
‚Noch bin ich nicht tot!‘ fauchte ich den unverschämten Typen an, obwohl ich es ja irgendwie doch war. Blöde Vampir Sache.
Er zuckte gleichgültig mit den Schultern und lehnte sich neben mir an das Regal. Mühsam quälte ich mich wieder auf die Füße während er mich weiter interessiert anstarrte. Als wäre ich ein total interessantes Ausstellungsstück in einem Museum. Oder sein nächster Snack.
‚Wer bist du eigentlich, dass du mir mal so eben sagst das ich praktisch schon `tot´ bin?‘
Schwungvoll stellte er sich plötzlich vor mich, griff nach meiner Klauenhand und verbeugte sich vor mir.
‚Mein Name ist Lancelot von Erang, meine Freunde nennen mich aber nur Lance und ich kann dir dies mitteilen weil ich schon Mehrere gesehen habe die an den Folgen des Verfalls gestorben sind.‘ Elegant richtete er sich auf, hielt meine Hand aber weiter fest.
‚Dabei ist es wirklich eine Schande, dass du von uns gehen musst.‘ Seine Hand strich meinen Arm hoch zu meinem Hals und fuhr hoch zu meinem Kinn. Schleimer. Bevor er meine Lippen nachfahren konnte schüttelte ich seine Hand ab. Belohnt wurde ich mit einem Schwindelanfall. Super, echt. Wenn man Luc brauchte, war er nicht da.
‚Du brauchst dich nicht zieren, ich genieße zwar die Früchte des Lebens,‘ sein Blick ruhte anzüglich auf meinen Brüsten ‚ jedoch koste ich sie nicht sobald sie in feste Hände wandern. Auch wenn sie noch so verlockend sind.‘
‚Klasse, würde euer Hochwürden mich dann entschuldigen? Ich würde gerne ein paar von den Büchern durchgucken, bevor ich zu Staub zerfalle.‘
Er blinzelte affektiert und verdrehte gekünstelt die Augen. Er sollte Schauspieler werden.
‚Die Bücher hier werden dir doch nicht weiter helfen, Kleines‘ sagte er gelangweilt und stupste einen der Buchrücken neben mir an. ‚Was denkst du denn wie lange wir schon leben? Alle Bücher die es hier gibt wurden schon mindestens tausend Mal gelesen.‘
Ich schloss die Augen. Scheiße. Nicht das ich mir das nicht von alleine hätte denken können, sondern die Tatsache, das er mir gerade alle meine Hoffnungen zunichte gemacht hatte, war es, die mir die Übelkeit in den Magen trieb.
Ich unterdrückte ein Schluchzen und schluckte hart. Dann musste ich mich jetzt auf Luc verlassen und beten, dass er etwas heraus fand.
‚Cleo?‘
Und jetzt fing ich auch noch an Luc’s Stimme zu halluzinieren. Neben mir bewegte sich Lancelot und kurz darauf bemerkte ich abwesend wie meine Beine unter mir nachgaben. Dann spürte ich Hände auf mir die mein Gesicht abtasteten.
‚Pfoten weg Lancelot, wenn du sie behalten willst‘ knurrte ich und schlug mühsam die Augen auf.
‚Cleo, ich bin‘s.‘ Vor meinen Augen verschwamm alles immer wieder und setzte sich zu schwammigen Umrissen zusammen. Luc!
Wie ein außer Kontrolle geratenes Kinderkarussel begann sich die Welt um mich herum zu drehen.
Farben verschwammen zu einem grauen Brei. Meine Mutter winkte mir zu, mein Vater lag in einem schwarzen Sarg mit weißem Samt, eine Träne sickerte über die Wange meiner Mutter.
Ihr rutschte sie grüne Teetasse aus der Hand als sie einen Herzanfall bekam und das Porzellan zersprang in tausend Scherben. Ich stand alleine am Grab meiner Eltern, umklammerte die Hand der Jugendfürsorge Frau. Niemand in meiner Familie wollte mich haben. Dann, Dunkelheit.
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Luc’s panische Stimme war durch die Tür zu hören als ich daran vorbei ging. Stritten die Zwei sich etwa schon wieder? Schon die ganze Reise lang war die Stimmung irgendwie merkwüdig zwischen den Beiden gewesen. Ich war mir wie in einem Kühlschrank vorgekommen, in dem ich als heiße Suppe, vollkommen fehl am Platz stand.
Plötzlich wurde es still im Zimmer.
Ich war drauf und dran mein Ohr gegen die Tür zu pressen, ja ich weiß ich bin neugierig, da öffnete sie sich und ein kalkweißer Luc kam wie betäubt heraus.
‚Hey, Mann was ist los?‘ fragte ich so unverfänglich wie möglich.
‚Sie wacht nicht auf.‘
‚Du kennst doch Frauen, die brauchen ihren Schönheitsschlaf.‘ Obwohl bei Cleo wahrscheinlich selbst Jahre an Schlaf nicht mehr helfen würden. Der Verfall war verheerend.
Luc glühte mich mit seinen Augen an und begann im Flur auf und ab zu tigern. Beinahe wie ein aufgescheuchter Täuberich. Gut ich verstand ihn natürlich. Die ganze Situation war einfach zu beschissen. Plötzlich erstarrte Luc.
‚Ich muss zurück zum Clan. Tybalt meinte es gäbe ein Serum was den Verfall immerhin verlangsamt, es ist nur leider noch nicht richtig getestet.‘
‚Also wird sie Versuchskaninchen?‘ Ups, das war mir jetzt wirklich nur entwischt.
Kurzzeitig sah es so aus als würde er mich schlagen wollen, dann verschwand er in Richtung Treppe.
Ich seufzte und verfluchte mich gedanklich für meine große Klappe. Ich war wirklich ein völlig unsensibler Klotz. Wenigstens hatte ich so viel Selbstbewusstsein mir das einzugestehen. Plötzlich war mir danach an die frische Luft zu gehen.
Ich ging den Flur hinunter bis zum Ende, wo ein großes Fenster den nächtlichen Park und mich voneinander trennte.
Mit einem Ruck öffnete ich es und sprang. Eine der guten Vampir Eigenschaften war das man so ziemlich unverwüstlich war, es sei denn es war grade jemandem danach dir den Kopf von den Schultern zu fegen. Das Cleo so bescheuert gewesen war sich mit dem Gesicht voran auf Asphalt zu fallen, war allerdings schon amüsant gewesen.
‚Man muss sich selbst und die Veränderung akzeptieren…‘ murmelte ich auswendig vor mich hin. Ja irgendwas war dann doch von Luc’s Belehrungen hängen geblieben.
Ich stiefelte den kleinen Parkweg entlang und musterte missmutig die Blumenbeete und den kleinen Wald der sich dahinter erhob.
Wie lange war ich schon nicht mehr in einem Wald gewesen? Ich wusste es nicht mehr.
Und ich wusste auch nicht seit wann ich schon Vampir war. Das Datum hatte Luc vergessen im Kalender zu markieren.
Nur dem Arschloch dem ich das zu verdanken hatte, nebenbei mein früherer bester Freund, hatte Luc den Kopf abgerissen. Was besseres hatte der Wixxer eh nicht verdient. Und wenn Luc es nicht getan hätte wäre ich ihm wohl früher oder später an die Gurgel gesprungen.
Ich kickte ein paar Tannenzapfen auf dem kleinen Weg vor mir her und betrat nach einer Weile eine kleine Lichtung die bis auf ein paar Abzweigungen komplett vom Wald umrundet war. Der Mond strahlte auf die Lichtung und spiegelte sich in einem kleinen Teich wieder.
Während ich mich noch umsah trat ein Schatten aus dem Wald hervor und nährte sich dem Wasser. Ich erstarrte auf der Stelle. Natürlich war ich nicht alleine hier, ich war nicht zuhause und wahrscheinlich war es sogar für mich verboten hier draußen rumzulaufen.
Es war ein Mann in einem weißen Anzug und langen blonden Haaren die offen über seine Schultern fielen. Als ich bemerkte, dass er mich ebenso anstarrte wie ich ihn beschloss ich einfach durch den Wald zurück zum Haus zu gehen und zu hoffen der Kerl würde nicht petzen, dass ich hier gewesen war.
‚Du bist Jace, oder?‘
Seine Stimme war dunkel und klar und vibrierte dumpf in meiner Magengegend weiter.
‚Wer will das wissen?‘ Ah man ich sollte mir demnächst ein paar Manieren zulegen. Clan-Vampire hatten für gewöhnlich wenig Humor und noch weniger Geduld. Und der Typ hatte mir bis jetzt schließlich noch nichts getan.
‚Entschuldige, lass mich mich korrekt vorstellen‘ er verneigte sich leicht mit einem Lächeln im Gesicht.
‚Mein Name ist Bill und es freut mich dich kennen zu lernen.‘
Irgendwas in der Aufmachung von Bill war anziehend, es war so als würden seine Stimme und Erscheinung mich dazu einladen näher heran zu treten. Der wahnsinnige Gedanke sein Haare zu berühren schoss mir durch den Kopf und ich zuckte zusammen.
Ich hatte ja echt nix gegen Schwule, ich wäre wirklich der Letzte der etwas dagegen sagen würde. Einige Freunde waren es gewesen, aber ich selbst war es eindeutig nicht. Bill lachte leise verhalten.
‚Was?‘ fauchte ich ihn an.
‚Man kann deine Gedanken in deinem Gesicht ablesen. Und um ehrlich zu sein bin ich gar nicht abgeneigt dir zu zeigen das man nicht vom anderen Ufer sein muss um Männer interessant zu finden.‘
Er lächelte und zwinkerte mir schelmisch zu.
Eingebildeter Affe. Verdammt, ich war garantiert rot geworden, was würde er jetzt bloß denken.
‚Was weißt du schon‘ giftete ich angepisst zurück und wandte mich zum gehen.
‚Ich weiß mehr als du ahnst Jace.‘
Das klang jetzt beinahe schon wie eine Drohung. Wollte der Typ mir etwa auf Clan Gelände drohen?!
‚Hör mal Bill, ich stehe nicht auf dich, okay? Und ich bin überhaupt nicht interessiert an solchen Angeboten, also würdest du freundlicherweise einfach leise sein?!‘
Ein dunkles Lachen ließ mir eine Gänsehaut über den Rücken laufen.
‚Gut. Ich werde dich dann wohl besser wieder alleine lassen‘ sagte Bill noch und ich konnte beinahe das Lächeln in seinem Gesicht hören. Als ich mich herum drehte verschwand er schon wieder in einem der Wege. Eingebildeter Schnösel, was bildete der sich eigentlich ein?!
Wütend starrte ich ihm hinterher, hob einen der herum liegenden Tannenzapfen auf und pfefferte ihn in die Richtung in der Bill verschwunden war. Jetzt war es also schon soweit das mir irgendein daher gelaufener Vampirarsch Avancen machte. Echt klasse.
Frustriert schritt ich zu dem Tümpel in der Mitte der Lichtung und starrte hinein. Mein eigenes Spiegelbild blinzelte zurück, noch immer etwas rot. So ein Scheiß.
Ich musste auf andere Gedanken kommen sonst würde ich gleich den Wals um mich herum zu Kleinholz verarbeiten, bis keiner der Stämme mehr großer war als ein Zahnstocher.
Am liebsten wäre ich diesem arroganten Arschloch hinterher gerannt um ihm seine tollen blonden Haare abzurasieren und als Haarverlängerung weiter zu verkaufen. Stattdessen schoss ich noch einen grimmigen Blick den Weg hinunter und begab mich zurück zur Villa.
Schon beim näher kommen konnte ich aufgeregte Stimmen und laute Schritte hören. Man möchte meinen Vampire würden sich lautlos bewegen, aber die trampelten ja wie fünf Elefantenherden und eine Gnu Herde hier durch den Wald.
Da musste irgendwas passiert sein wenn man so einen Lärm veranstaltete. Hastig herum laufende Gestalten konnte ich ausmachen. Noch bevor ich ganz am Haus war wurde ich von einem hochgewachsenen Vampirwächter aufgehalten.
‚Wer bist du? Und was treibst du dich hier herum?‘
Ich kann es wirklich nicht ausstehen von oben herab behandelt zu werden, aber das konnte er natürlich nicht wissen. Vielleicht hätte er ja sonst höflicher gefragt, wer weiß.
‚Hey, ich bin Jace, heute Abend mit Luc angekommen und war spazieren‘ versuchte ich überhöflich begreiflich zu machen. Der Wächter blinzelte kurz und seine roten Augen blitzten mich an.
‚Geh zurück ins Haus, Jace.‘ erwiderte er unwirsch und machte eine befehlende Geste in Richtung Haus. Immerhin hatte ich meinen Namen verstanden.
Ich nickte einfach brav und untergeben und ging mit den Händen in den Hosentaschen um die Villa zum Eingang.
Wieso schwirrten so viele wachen hier draußen herum? Ich betrat schnell die nun hell erleuchtete Eingangshalle und wollte mich gerade hoch in mein vorrübergehendes Zimmer verziehen als Luc die Treppe herunter geeilt kam.
‚Luc, was ist los?‘
‚Nicht was uns beunruhigen müsste, der Sohn des Clanoberhauptes ist verschwunden, Bill Catarton.‘
Luc verzog das Gesicht als er Bills Namen aussprach, als hätte dieser Name einen üblen Beigeschmack nachdem man ihn ausgesprochen hatte. ‚Der junge Herr wollte wohl frische Luft schnappen und hat dabei vergessen seine Bodyguards mitzunehmen.‘
‚Deshalb der Trubel…‘
So langsam wurde mir mulmig. Ich hatte den Sohn des Clanoberhauptes angeschnauzt. Wahrscheinlich sollte ich schnellstens in mein Zimmer kommen und am besten bis zur Abreise auch nicht nur den kleinen Zeh vor die Tür setzen. Hoffentlich war Bill nicht einer von diesen Söhnen die immer zu Papi rennen und einen verpetzen. Ich schickte ein kurzes Stoßgebet zum Himmel und sah mich um.
‚Jace…‘ Lucs Blick wurde stechend.
‚Ich glaub ich geh mal nach oben‘ wich ich hastig aus und war schon halb die Treppe hoch bevor Luc noch irgendetwas sagen konnte. Scheiße, ich hatte wirklich ein Händchen dafür in verzwickte Situationen zu geraten. Auf dem Weg nach oben begegnete ich niemandem und in meinem Zimmer verriegelte ich hinter mir die Tür. Nicht dass es einen entschlossenen Eindringling wirklich hätte draußen halten können, aber es erfüllte mich immerhin für kurze Zeit mit einem Gefühl der Sicherheit.
Bis ich bemerkte das ich nicht alleine hier drinnen war. Mein Körper verkrampfte sich als ich den Geruch erkannte. Heilige Scheiße, DAS war gar nicht gut.
Um genau zu sein war es das was ich am ehesten mit einer Wurzelbehandlung beim Zahnarzt, ohne Betäubung vergleichen würde.
‚Was zum Teufel treibst du hier drinnen?‘ presste ich zwischen den Zähnen hervor, noch immer zur Tür gewandt.
‚Nichts besonderes, vielleicht auf dich warten oder mich verstecken. Beides läuft aufs gleiche hinaus.‘ Langsam drehte ich mich steif um und sah ihn wie er lässig an einem der Pfosten des Himmelbettes lehnte. Oh bitte lass ihn verschwinden flehte ich zum Himmel, wurde aber natürlich nicht erhört.
‚Und was willst du hier? Ich dachte ich hätte mich deutlich genug ausgedrückt.‘
Ein stummes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, vielleicht sogar ein bisschen spöttisch. Ich konnte ihn wirklich absolut nicht leiden.
‚Mmmmh… Vielleicht bin ich ja etwas schwer von Begriff und brauche einen anderen Weg um mich überzeugen zu lassen.‘
Er stieß sich leicht vom Posten ab und kam ein paar Schritte auf mich zu, während ich so weit zurück wich wie es mir die Tür im Rücken erlaubte. Kacke, ich musste hier raus. Am besten sofort.
‚Verdammt Bill bleib da wo du bist‘ zischte ich ihn in die Enge getrieben an. Unbeeindruckt kam er näher.
‚Ich habe mich vorhin die ganze Zeit gefragt wie es wohl wäre dich zu berühren‘ sagte er als er mir direkt gegenüber stand.
‚Halt deine grabbeligen Flossen von mir!‘
Er ignorierte meinen Protest und hob die Hand. Seine kalten Fingerspitzen berührten meine Wange und ein kleiner Stromschlag durchzuckte mich. Ich drehte das Gesicht von ihm weg um seiner Berührung zu entgehen, doch seine Hand folgte mir beharrlich.
‚Weißt du eigentlich wie schön du bist?‘ murmelte Bill leicht abwesend, fasziniert meine Haut anstarrend.
‚Mann, halt deine Fresse ich bin kein verdammtes Mädel!‘
Schwer atmend wich ich zur Seite aus um zum Fenster zu kommen. Doch bevor ich auch nur einen Schritt weit kam, war Bill schon ganz nah an mir. Mit seinem Körper nagelte er mich förmlich an die Wand und ich konnte mich kaum bewegen, einerseits weil er mich festhielt, andererseits… wollte ich es auf einmal gar nicht mehr.
‚Bill, bitte lass mich..‘ versuchte ich ihn halbherzig abzuschütteln.
Doch er ließ mich nicht. Stattdessen fuhr er mit seinen Fingern jeden Zentimeter meines Gesichts nach und hinterließ dabei eine kribbelnde Spur.
Immer näher rückte er mit seinem Gesicht den meinem. Ich presste die Augen zusammen um ihn nicht mehr sehen zu müssen. Aber seinen Lippen konnte ich nicht ausweichen, die sich jetzt gerade auf meine legten. Warme Schauer durchfuhren mich und ich stellte jegliche Abwehr ein. Anstatt nun meine Hände ihm gegen die Brust zu drücken um ihn auf Abstand zu halten, krallten sich meine Finger in sein Hemd um ihn noch näher heran zu ziehen.
Ohne genau zu wissen was da eigentlich gerade in mich gefahren war, öffnete ich die Lippen um ihn noch mehr zu spüren und zu schmecken. Seine Zunge spielte vorsichtig um meine und ich bemerkte wie der Käfig, den er um mich mit seinem Körper errichtet hatte, zusammenbrach. Nur wollte ich nicht mehr von ihm weg. Es war reine körperliche Anziehung die mich bei ihm hielt. Ich verstand es ja selbst nicht. Bill stöhne leicht als ich meine Nägel in seine Brust grub. Wie als hätte mir jemand mit einem nassen Lappen ins Gesicht geschlagen realisierte ich was ich hier tat. Ich küsste einen anderen Mann. Und es gefiel mir!
Keuchend löste ich mich von Bill und hechtete auf die andere Seite des Raumes um Abstand zwischen uns zu bringen. So nah an ihm dran musste mein Gehirn wohl einen Kurzschluss gehabt haben. Als er Anstalten machte auf mich zu zu kommen, hob ich abwehrend die Arme.
‚Nein du bleibst da drüben und ich hier, am besten verschwindest du einfach und lässt mich in Ruhe!‘
Auch Bill brauchte eine Minute um sich wieder in den Griff zu bekommen. Allerdingt nicht so lange wie ich. Und er hatte mir gerade bewiesen wie wenig abgeneigt er mir war.
Liebe Hölle tu dich auf und verschlingt mich. Oder besser ihn, er schmeckte einfach besser… Scheiße nein!
‚Ich weiß nicht was genau hier gerade passiert ist,‘ sagte ich zitterig, ‘aber es wäre glaube ich besser wenn du jetzt gehst.‘
Ein spöttisches Lächeln lag auf Bills Lippen als er antwortete.
‚Wir haben und geküsst. Und es hat nicht nur mir gefallen‘ bemerkte er mit einem überzeugten Blick auf meinen Schritt. Wütend knurrte ich ihn an.
Er seufzte, schüttelte den Kopf und erwiderte dann: ‚Ich sehe schon, du brauchst Zeit zum nachdenken.‘
Glättend fuhr er einmal über seinen teuren Anzug und griff dann nach dem Riegel der Tür. Und schon war er raus. Völlig verwirrt ließ ich mich auf das Bett fallen. Ich stand nicht auf Männer. Absolut nicht. Und mir war auch noch nie aufgefallen wie unwiderstehlich ein Mann aussehen konnte. Bis vor ein paar Minuten. Und um ehrlich zu sein hatte es mir tatsächlich gefallen. Ich hatte seine Hände auf meiner Haut gemocht und auch seine Lippen…
Ich presste die Fäuste auf die Augen bis ich Sterne sah.
Wie sollte ich damit jetzt umgehen? Ich konnte ja schlecht einfach abhauen.
Was zum Teufel sollte ich tun?!
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Die Wände des Raumes waren mit schwarzem Eichenholz getäfelt und der Boden bestand aus schwarzem glitzerndem Marmor. In der Mitte stand eine große Runde Tafel auf der Papiere verstreut, beinahe willkürlich herumlagen und sechs bequeme Stühle waren darum gruppiert.
Kostbare Bilder, Spiegel und Artefakte schmückten das Zimmer und der große schwarze Kamin verströmte eine behagliche Wärme.
Auf den Stühlen rund um den Tisch saßen die Mitglieder des Clans und Ich und beratschlagten wie der Verfall aufzuhalten sei. Doch bis jetzt hatten sie nur das Serum zu Verzögerung in ihre Liste der Möglichkeiten mit aufgenommen und angewandt.
‚Unsere Forscher haben das Serum noch nicht sehr oft testen können, jedoch hat es bei allen behandelten Patienten sozusagen den `Dornröschen-Effekt´ bewirkt. Die betroffenen verfallen also nicht weiter‘ erklärte Tybalt gerade noch einmal die aktuelle Situation.
Schon seit Stunden traten sie eigentlich auf der Stelle und kamen keinen Schritt weiter. Ich wusste das Cleo nun nicht mehr sterben würde, aber sie konnte ja nicht für den Rest ihres unsterblichen Lebens so bleiben.
Es machte mich verrückt.
‚Ich will noch einmal auf die Theorie zurückkommen die laut einem Freund das Problem lösen soll‘ begann Sebastian erneut, der seine Theorie heute schon mehrmals verkündet hatte.
‚Wenn man Nathan ausschaltet, könnte das Vampirblut was in Cleo momentan aktiv ist, die Wirkung verlieren, da der Betreffende Vampir dann tot ist und somit auch die Wirkung seines Blutes.‘
‚Sebastian die Theorie wird nur durch eine einzige Aussage gestützt.‘
Tybalt schüttelte den Kopf.
‚Das scheint mir eine zu einfach Lösung zu sein für ein Problem das schon seit Jahrhunderten existiert.‘
‚Wenigstens habe ich einen Lösungsvorschlag anzubieten‘ erwiderte Sebastian wütend und schlug untermalend mit der Faust auf den Tisch.
‚Wieso ziehen wir nicht die Meinung des Orakels ein?‘ fragte ich nun dazwischen, bevor die Situation eskalieren konnte und die dritte teure Ming-Vase diese Nacht durch den Raum fliegen konnte um an der Wand wie ihre Vorgänger zu zerschellen.
Es wurde bedrohlich still im Raum.
‚Das Orakel könnte und eine Antwort geben, es ist älter als wir Alle es und vorstellen können und könnte eine Lösung kennen‘ sagte Merlion der bis jetzt geschwiegen hatte.
‚Aber das letzte Mal als es befragt wurde gab es Naturkatastrophen in China, Russland und Amerika. Das Risiko das einher geht mit einer solchen Befragung ist zu hoch Lucian.‘
Verzweifelt blickte ich in die Runde. Ja das Risiko war hoch, aber lieber würde ich Naturkatastrophen überstehen und Cleo heilen, als vollkommen ohne sie zu existieren.
‚Ich glaube es ist das Beste wenn wir unsere Besprechung beenden. Zumindest für heute. Morgen können wir ausgeruht an die Sache heran gehen, die Zeit läuft uns ja nun nicht mehr davon.‘
Schweigend nickend stimmten die Clanmitglieder zu und erhoben sich.
Versteinert blieb ich am Tisch sitzen und starrte auf die Papiere. Als sich eine Hand auf meine Schulter legte zuckte ich zusammen. Ich dachte sie hätten sich schon alle zurückgezogen.
‚Mein Freund, geh zu ihr und halte Wache. Ihre Nähe wird die selbst in diesem Zustand helfen.‘
Dann verschwand Tybalt auch. Vielleicht hatte er recht, immerhin hatte er schon vor einigen Jahren seine eigene Gefährtin gefunden.
Nur war seine Frau nicht am Verfall erkrankt.
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Hallo,
an all die, die noch immer meine Geschichte verfolgen. ^^
Ich bin zur Zeit gesundheitlich nicht nicht in der Lage weiter zu schreiben, also könnte es ein bisschen dauern bis es hier weiter geht, ich hoffe das ihr das versteht ~.^
Bis bald! :D
LG
Hanna
Tag der Veröffentlichung: 04.01.2010
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