Was ich letztendlich schmerzlich lernen musste war, dass wenn man sich verliebt doch irgendwann auf den harten Boden der Tatsachen zurück kommt.
Kann ich eigentlich von `verliebt sein´ sprechen? Immerhin ist es doch bis jetzt nur schriftlich gelaufen. Oder naja zumindest fast nur schriftlich, die paar Mal an denen wir miteinander gesprochen haben, oder per Videokonferenz, kann man ja noch immer an einer Hand abzählen. Und vom ersten Moment an hat mich deine Stimme alleine schon gefesselt. Ich fand dich vorher auch schon sympathisch, wir haben einfach sehr viel gemeinsam.
Aber darf ich wirklich `verliebt´ sagen? Ich glaube schon, ich meine, bei mir schwirren Schmetterlinge im Bauch herum und ich kann kaum etwas essen. Ja, dabei kenne ich dich nicht real.
Ich bin normalerweise nicht die Person die sich auf Internet-Beziehungen einlässt. Es muss real sein.
Aber es hat mir gereicht weil ich wusste, dass du für mich da bist.
Vertrauen. Darauf hat sich unser Schreiben gestützt, ich sage dir genau was los ist, im Gegenzug darf ich das auch von dir wissen. Keine Lügen, keine Geheimnisse die nicht abgesprochen sind.
Genau kann ich gar nicht mehr sagen wann ich dich kennen gelernt habe. Ich glaube es ist erst zwei Monate her.
Unglaublich wie sehr ich mich innerhalb von zwei Monaten so an jemanden gewöhnt habe, das mir das Fehlen dieser Person körperlich und seelisch so weh tun kann.
Du zeichnest. Richtig gut sogar. Ich liebe es auch zu zeichnen, auch wenn ich nicht so gut die Bilder erscheinen lassen kann wie du. Und das wahnsinnigste ist das du sogar von Hollywood eine Vertragszusage bekommen hast. Wenn ich mich an alles erinnere was du mir erzählt hast kommt mir das alles wie ein Märchen vor. Ja gut, ein Internetmärchen, aber meins. Und du würdest es für mich sogar auf Papier bannen und in die Realität treten lassen.
Ich weiß noch nicht einmal deinen Nachnamen. Die Telefonnummer darf ich wegen deinem Vater nicht haben.
Kann ich auch gut verstehen, wenn mein Vater reich wäre und das ist deiner dummer Weise nun einmal, dürfte ich vielleicht auch meine Telefonnummer nicht an Fremde geben. Aber ein Handy befindet sich auch nicht in deinem Besitzt. Jeder hat doch heut zutage ein Mobiltelefon.
Es stellt sich ja nun heraus, dass sich dadurch alles nur noch erschwert.
In den letzten vier Tagen, keine einzige Nachricht.
Ich liege bis zwei Uhr morgens wach und lausche auf das Geräusch von dem MSN Messenger, aber mein Notebook schweigt beharrlich.
Seit ein paar Wochen wohnt bei dir zuhause ein Mädchen, es ist die Tochter eures Nachbarn, sie kann nicht bei ihrem Vater bleiben. Hat Albträume und kann nicht alleine sein und du bist wie ein großer Bruder für sie.
Ich hab auch mit ihr geschrieben. Und wir haben uns gut verstanden. Letztes Wochenende dann hat sie mir Bescheid gesagt, dass du umgekippt bist und bis Montag im Krankenhaus liegst.
Wieso hab ich damals nicht nach deinem Nachnamen gefragt? Dann könnte ich dich jetzt suchen.
Und wieso sagt sie mir bis jetzt nicht wieder Bescheid was los ist?
Denn seit vier Tagen hab ich wieder nichts von dir gehört.
Zuletzt habe ich am Donnerstag mit deiner `kleinen Schwester´ geschrieben.
Du bist nicht nach Hause gekommen und sie wunderte sich wo du bleibst, fragte mich ob du wohl bei mir bist. Schön wäre das gewesen, aber ich musste verneinen, unser erstes Date sollte ja erst Morgen, am Freitag sein.
Freitag kam, ich saß fertig da, aber niemand hat mich abgeholt. Bis ein Uhr morgens habe ich gewartet. Dann erschöpft aufgegeben.
Samstag, ich wartete bis zwei Uhr.
Sonntag, ich weinte.
Was wenn dir etwas zugestoßen war. Etwas was sich diesmal nicht bis Montag verbesserte oder Dienstag, oder gar nicht mehr? Was, wenn ich ewig warten konnte und nie mehr von dir hören würde?
Ich habe geweint.
Lange.
Meine Bettdecke war so nass, dass ich sie hätte auswringen können. Als ich sie hochhielt schien das Licht meiner Lampe durch den durch geweinten Stoff.
Und ich fragte mich immer und immer wieder, ob du das wert bist.
Bist du es wert, dass meine Augen brennen? Bist du es wert, dass mein Kopf weh tut und mein Herz sich bei jedem Gedanken von dir zusammenzieht?
Bist du das?
Mein Verstand sagt vielleicht, aber er flüstert auch leise, immer und immer wieder: ‚Ich liebe dich!‘
Tag der Veröffentlichung: 29.11.2009
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