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Prolog

Als der König der alten Elfen auf den Balkon trat und sprach, war es still. Selbst der Wind wehte nicht und die Vögel waren verstummt. „Die Zeit der Drachenherrscher neigt sich dem Ende zu. Bald werden Menschen, Kobolde, Feen, Zentauren und andere Wesen unser jetziges zu Hause bewohnen und wir werden untergehen. Doch wir, das Volk der Drachen, Elfen, die wir sind, werden sie nicht unser Leben zerstören lassen! Wir werden leben, aber dafür werden wir Opfer bringen müssen. Wir werden nach Korâa ziehen, der unbewohnten Baumstadt der alten Elfen. Ich werde euch beibringen die Natur zu verstehen und sie zu unserem Gunsten zu nutzen. Unsere Lebensenergie sei unser zu Hause!“ Brandender Beifall rauschte durch die Stadt der Halbelfen. Die Drachen brüllten zustimmend. „Nun wisst ihr was uns bevor steht, habt keine Angst und bewahrt Ruhe, dann werden wir weiterbestehen!“ schrie der König hinaus zu seinen Kindern. Er wandte sich um und ging zurück in seinen Palast. „Euch ist bewusst was ihr da gerade getan habt?“ fragte ihn sein Berater mit trockener Zunge. „Ja es ist mir durchaus bewusst“ seufzte der alte Mann leidvoll „aber leider gibt es keinen anderen Weg.“ „Wir können kämpfen!“ „Wofür? Dafür, dass noch mehr Blut vergossen wird? Deine eigene Meinung ist gut und schön, aber hier geht es um Tausende von uns.“ Mit einer zornigen Bewegung schnitt der König ihm das Wort ab als dieser etwas erwidern wollte. „Es war lange genug... sie sollen frei sein.“ Der Berater verbeugte sich und eilte aus dem Raum. Ächzend wankte der alte König auf einen Stuhl zu und ließ sich darauf sinken. Seine tiefen Stirnfalten waren heut wahre Schluchten und seine Hände zitterten wie ein junges Reh im Schnee. Eine heiße Träne rann über seine pergamentene Haut. Er war alt und mit der Zeit weise geworden. Er hatte Dinge gesehen, die man nicht sehen sollte, weder als Mensch noch als Elf und er musste sein Volk retten vor den Krallen der Bosheit, die sich nach seinem Reich ausstreckten. Die Machtgier musste gebrochen werden und dafür mussten die Drachen frei sein. Er hatte lange darüber nachgedacht, eine Idee gefunden und wieder verworfen und schließlich, hatte er die Tatsachen akzeptiert. Man erwartete von ihm so viel, so unendlich viel. Der Krieg würde kommen, vielleicht nicht jetzt aber später und dann konnte Er missbraucht werden, ganz allein deshalb weil er Sie verstehen konnte. Ein hilfloses Schluchzen schüttelte seinen Körper. Da saß er, wie ein ängstliches kleines Kind unter seiner Bettdecke, das wartet dass die Schatten um es herum verschwinden. Langsam stand er auf und straffte seine Schultern. Auf dem Weg, den er jetzt gehen musste, durfte er keine Schwäche zeigen. Langsam öffnete er die Tür mit einer unwirschen Bewegung der Hand und schritt hinaus auf den langen Flur. Hier herrschte ein Ausnahmezustand. Jedes einzelne Mitglied seiner Dienerschaft und seine Berater, der Rat der Weisen, sie alle standen dort und warteten auf den Zug, der alles besiegeln würde. Der Ring würde verschwinden und keiner würde ihn mehr wiederfinden. Das war der Plan. Die Drachen würden frei sein, sobald er den Ring abstreifte und davon fliegen wie Schmetterlinge, die bemerkten das sie Flügel hatten. Eine Welle des Verbeugens ging von ihm aus, als er durch die Menge hindurchschritt. Er durchquerte die Halle, schritt durch das Tor und kam auf den Hof. Mit zitternden Knien stieg er auf seinen Drachen. Ein letztes Mal.


Der Anfang

„Links, Rechts, Links, Rechts und halt!“ schallte es über den Übungshof der Akademie. Die bis eben marschierenden Elfen blieben ruckartig stehen und drehten sich um ein Viertel um die eigene Achse, alle in die selbe Richtung und standen still. Das war der normale Ablauf in der Akademie und er würde sich auch nicht ändern solange der Aufseher Sâale hier seinen Dienst abhielt und seine Schützlinge in Kampf, Strategie und den Einzelunterrichtsstunden, die je nach Begabung des Einzelnen abgehalten wurden, unterrichtete. „Gute Arbeit, ihr habt jetzt eine Stunde Freizeit. Abmarsch!“ brüllte Saale und scheuchte alle mit wüsten Bewegungen nach draußen. Die kleine Gruppe schritt im Gleichschritt aus der Übungshalle und gleich nachdem sie draußen waren fiel jede Steifheit ab und sie begannen zu lachen und reden. Die Mädchen wandten sich Richtung Mädchensaal und die Jungen in die Entgegengesetzte. Plötzlich blieb eines der Mädchen stehen und lief zurück zur Halle. „Was ist denn los?“ riefen die Anderen ihr hinterher. „Ich hab was vergessen,“ rief sie über die Schulter zurück, „Geht schon mal vor, ich komm nach.“ Sie setzte die zur Uniform gehörende Mütze wieder auf und betrat die Übungshalle noch einmal, wo Saale gerade dabei war den Sandboden zu harken. „Lasaar, was suchst du noch hier?“ fragte Saale überrascht. Seine Augen schauten blickten über ihr Schulter zur Tür dann in ihr Augen. Lasaar starrte auf den Boden, schlang dann die Arme um seinen Hals und murmelte dann, „Ich wollte mich nur verabschieden, falls morgen was schief geht.“ „Stimmt, deine Prüfung ist morgen. Na dann lass dich in einem Stück hier wieder sehen.“ „Nein, doch ähh...“ begann Lasaar zu stottern. „Mach dir keine Sorgen. Du hast Talent! Niemand, der dich kämpfen sieht, würde etwas anderes behaupten. Du besiegst sogar mich spielend. Das wird schon gut gehen. “ sagte er sanft. Lasaar schenkte ihm ein Lächeln. Es gab nichts mehr zu sagen. In ihrem Tun überzeugt wollte sie sich auf den Weg zu den anderen Mädchen machen aber Saale hielt sie noch einmal zurück. Er zog sie ganz dicht an sich heran und blickte ihr tief in die Augen. „Du schaffst das." flüsterte er und versiegelte ihre aufbegehrenden Lippen mit einem sanften Kuss und schob sie sanft in Richtung Ausgang. Mit einem leisen klicken schloss sich die schwere Arenatür hinter Lasaar. Wie sie ihn vermissen würde wenn sie erst einmal Kriegerin war wollte sie sich gar nicht ausmalen. Seine klaren Bernsteinaugen und die gras-grünen Haare. Die kleinen Lachfalten um seinen Mund herum und den Geruch der nach seinen Umarmungen an ihr haftete wie ein angenehmes Windwehen im Sommer. Auch Wenn Lasaar um einiges jünger war als Saale sie liebte ihn von ganzem Herzen und sie war sich sicher das er das auch tat. Aber ab morgen würde etwas Neues für sie beginnen. Sie würde ihren Vater verlassen müssen und auch neue Freunde finden. Sie fühlte sich bereit dazu für ihr Land zu kämpfen. „Da bist du ja“ begrüßten die Mädchen Lasaar lachend und schmunzelnd, als sie wieder zu ihnen stieß. Sie würden nicht so früh wie sie zur Prüfung gelangen. Lasaar mochte jede Einzelne von ihnen und würde sie schrecklich vermissen aber die Anderen waren beileibe nicht so weit wie sie. Schon als kleines Mädchen war sie für Tûk ihren Vater nicht zu bändigen gewesen und sie hatte solange gebettelt bis sie endlich ihr erstes Schwert bekommen hatte. Es war nur aus Holz mit Goldenem Feenstaub bedeckt aber sie hatte sich trotzdem darüber gefreut. Damals war sie fünf gewesen. Heute war sie Sechzehn und kein kleines Mädchen mehr das mit Holzschwertern spielte, nein sie war erwachsen. Sie kämpfte mit einem Schwert aus Metall, das so scharf war, dass es ein Blatt das nur darauf fiel zerteilen konnte. Wie oft sie sich aus versehen an der Klinge geschnitten hatte wollte sie gar nicht wissen. „Wir werden dich vermissen, Lasaar!“ „Ja komm bald mal wieder her.“ Lächelnd umarmten sie alle Lasaar. „Ha ich werd`s denen allen schon zeigen Leute“ schrie Lasaar so laut sie konnte, stieß die Faust in die Luft und ließ sich, lachend auf den Händen der Mädchen aus der Akademie tragen.


Als sie die Tür aufstieß wehte ihr der bekannte Geruch nach Schnaps und Räucherstäbchen entgegen. Lautes Gelächter und lallende Stimmen riefen ihr hinterher doch stehen zu bleiben, aber sie ging wie gewohnt schnellen Schrittes nach oben. „Ich bin wieder da!" rief sie durch das Obergeschoss und schritt auf die Tür zu dem Arbeitszimmer ihres Vaters zu. Er saß fast jeden Tag darin und brütete über Bauplänen für neue Wehrtürme oder luxuriöse Bauten für den König und kam so gut wie nie heraus, außer um sie dem Berater des Königs vorzustellen. Er bekam trotz seiner Dienste nicht sehr viel Lohn für seine Arbeit und so musste Lasaar bei Madame Bisu jeden Abend unten in der Kneipe arbeiten um sich die Akademie zu ermöglichen. „Pa?" Er war nicht da. Vielleicht gerade bei einer Vorstellung eines neuen Gebäudes. Auch gut dann muss ich vielleicht ein paar Abende nicht runter. Nicht das sie ihren Job nicht mochte aber wenn sie die Möglichkeit sah ihm zu entkommen dann tat sie das auch. Sie beschloss das Abendessen zuzubereiten und danach in ihre Arbeitskleidung zu schlüpfen. Wie jeden Abend ging sie daran den Haferschleim aufzuwärmen der vom Frühstück noch übrig war und wartete bis er anfing zu dampfen. Vorsichtig, um sich nicht zu verbrennen, füllte sie den heißen Brei in zwei Schüsseln und begann zu essen. Ihr Vater würde sowieso erst spät wieder kommen und dann wahrscheinlich auch nicht essen. Meist war er immer zu aufgeregt um überhaupt noch etwas zu essen. Sie wusch ab und ging in ihr Zimmer. Ihre Arbeitskleidung bestand aus einem Kleid, das schon viele Schnapsflecken abbekommen hatte und nach Rauch roch. Als sie es bekommen hatte war es einmal grün gewesen, aber mittlerweile war es ein dunkles staubiges grün geworden. Sie schlüpfte aus der Akademie Uniform und wusch sich mit Wasser aus einer Schüssel. Eigentlich war es egal wie sie roch da das Kleid alle Gerüche dieser Welt übertraf aber sie fühlte sich wenigstens für ein paar Minuten wie eine normale Elfe. Sie klopfe ein paar mal auf das Kleid, bevor sie es anzog und flocht sich die meerblauen Haare zu einem Zopf. Um die violetten Augen malte sie mit einem Rußstäbchen herum und tupfte sich noch etwas goldenen Feenstaub auf die Augenlieder. Viele ihrer Freundinnen beneideten sie um ihre sehr weibliche Figur. Sie sah nicht schlecht aus fand sie, aber das Kleid machte einfach jeden hässlich. Madame Bisu bestand allerdings darauf das sie dieses Kleid trug. Jede ihrer Angestellten musste so ein Kleid tragen, obwohl dies allen Bediensteten zuwider war Die Madame trug sogar das selbe Kleid, allerdings war sie auch ohne es grässlich hässlich. Lasaar hatte einmal versucht ihr vorzuschlagen wenigstens die Kleider reinigen zu lassen aber Madame meinte dazu nur, es sei doch egal wie man aussehe, solange Gäste da seien. Lasaar beeilte sich nach unten zu kommen und gesellte sich zu Oberâ, die wie jeden Abend ununterbrochen Schnapsgläschen füllte. Eine beachtliche Menge verschwand dabei auch in ihrem eigenen Mund. „Schon was los?" fragte Lasaar ohne echtes Interesse. „Nein, Madame hat sich nur wieder einen angelacht. Wenn der morgen nüchtern aufwacht, möchte ich nicht wissen was er denkt, wenn er sich neben der Alten wiederfindet." Die beiden kicherten, wobei Oberâ dazwischen immer wieder hickste. Ein Mann betrat die Kneipe und trat zu ihnen an den Tresen. Er roch sogar noch schlimmer als Lasaar’s Kleid und hatte schon jetzt am frühen Abend schwierigkeiten mit dem Gehen. Als er den Tresen entdeckt hatte lallte er in ihre Richtung „Naa ihr zweiii Hübsch.. sch... sch...schen?! Gann ein kuuter E... eeelf wie hicks ich benn was su drinken begommen?" Die zwei Mädchen verständigten sich per Augenkontakt das Oberâ den Betrunkenen übernehmen sollte und Lasaar beeilte sich sie Schnapsgläser aufzufüllen. Es würde wohl wieder spät werden.
Sie hatte ihren Vater nicht nach Hause kommen sehen, was ungewöhnlich war, aber sie war viel zu müde um sich darum zu kümmern. Eine halbe Ewigkeit hatte sie Schnaps verteilt und kokett mit Betrunken über nicht amüsante Dinge gelacht. Heute hatte es sich aber gelohnt. Sie hatte viel von den Gästen zugesteckt bekommen und am Ende des Abends dann auch noch den Lohn bekommen. Gähnend streifte sie ihr Kleid über den Kopf und begann sich, mit einem nassen Lappen den Rauchgeruch vom Körper zu schrubben. Sie zog sich ihre Akademie Kleidung an denn es war kalt geworden und ihr Fenster hatte vor ein paar Tagen eine der teueren Glasscheiben aus Versehen zerschlagen und sie hatte kein Nachthemd. Seufzend ließ sie sich auf die Kante des Schrankbettes sinken und rollte sich in der Mitte des Bettes auf die Seite. Morgen würde sie die Prüfung zur Kriegerin antreten und sie konnte nur beten das es gut ging.


Die Sandprüfung

Am nächsten Morgen wurde sie von ein paar Strahlen des schmutzigen Sonnelichts was hier eindringen konnte geweckt und schlurfte zu ihrer Waschschüssel. Sie nahm die Schüssel und trug sie zum Fenster, öffnete es und schüttete das dreckige Wasser in die unter dem Fensterbrett liegende Dachrinne. Danach füllte sie neues aus einem Krug, auf dem niedrigen Tischchen auf, der mit dem Bett das einzige Möbelstück im Zimmer bildete. Schnell beugte sie sich vor und tauchte das Gesicht in das kalte Nass. Das machte sie jeden Morgen etwas wacher und guter Laune verließ sie das Zimmer zusammen mit ihrer Ausrüstung für heute. Bei dem Gedanken an die bevorstehende Prüfung schnürte sich ihr Magen ein wenig zusammen und ihr Hunger schrumpfte von nicht sonderlich hungrig auf appetitlos. „Morgen" murmelte sie als sie in die Küche kam doch die war noch immer leer. Sogar die Schale voller Brei war noch da. Sie schloss das ihr Vater wohl zu müde gewesen war um etwas zu essen, oder es nicht mehr geschafft hatte und beeilte sich das kalte Zeug aufzuwärmen und herunter zu würgen. Tapfer aß sie alles bis auf den letzten Löffel auf und verließ dann schnell die Wohnung. Hastig durchquerte sie die Kaserne unten und huschte auf die leere Straße. Es war noch sehr früh am Morgen. Nicht einmal der Bäcker an der anderen Straßenseite hatte geöffnet und ein orangenes Glühen erhellte die schmutzigen Pflastersteine. Lasaar eilte die Straße hoch und bog um die Ecke eines alten Hauses und lief dann lange geradeaus. Sie hatten keine Pferde oder etwas in der Art und so musste sie jeden Tag zur Akademie laufen. Da sie es gewöhnt war, machte es ihr nichts aus aber die meisten in der Akademie und auch die meisten ihrer Freunde wunderten sich so manches mal über Lasaar die immer fröhlich angelaufen kam. Dafür brauchte sie fast eine ganze Stunde um zum Akademie Gebäude zu kommen. Heute kam ihr der Weg nur halb so lang vor und sie fegte durch die kleinen Gässchen, die sie als Abkürzung benutzte und die breiten, gepflegten Straßen, denn je näher sie ihrem Ziel kam, desto schöner wurden die Häuser und Straßen. Früher war sie als kleines Mädchen die Straßen entlang getollt und hatte auf ihre Mutter gewartet die Dienstmädchen bei einer reichen Familie gewesen war. Als ihre Mutter aber einmal nicht gekommen war schlich sich Lasaar zu dem Haus in dem sie arbeitete. Vorsichtig schob die kleine Lasaar Zweige von einigen Büschen zur Seite und schaute aus großen violetten Augen durch ein Fenster in den Salon des großen Herrenhauses. Sie konnte sich selbst nicht mehr genau daran erinnern aber was sie wusste war das ihre Mutter am Boden gelegen hatte und sich nicht mehr rührte. Über ihr stand ein lüsterner Mann. Später sagten die Angestellten des Hauses das ein Dieb eingebrochen war und ihre Mutter zur falschen zeit am falschem Ort gewesen wäre. Doch Lasaar wusste das dem nicht so war. Ihre Mutter war auf einem Armenfriedhof bestattet worden und Lasaar hatte leuchtend gelbe Blumen auf das Grab gelegt. Die Lieblingsblumen ihrer Mutter. Ihr Vater konnte nicht wissen das Lasaar mehr wusste als alle anderen und war traurig über den tot seiner Frau und die einsamen Augen seiner kleinen Lasaar. Doch die große Lasaar hatte diese Vergangenheit hinter sich gelassen. Jetzt würde sie eine Kriegerin werden und sie könnte ihre Mutter rächen, die so brutal ermordet worden war. Mit grimmiger Miene ereichte sie das große silberne verzierte Portal der Akademie und drückte gegen eine der hölzernen Pforten. Quietschend schob sie sich auf. Lasaar trat hinein und ging zu dem Mädchen Sälen. Wenn man reich genug war um es bezahlen zu können wurden einige der Mädchen und Jungen aufgenommen und bekamen ein Zimmer und zu essen. Lasaar hatte keine wirklichen Freunde unter den reichen Kindern, denn die waren meist völlig von deren eigenem Glanze geblendet. Sie schritt durch den langen Korridor und bemühte sich möglichst leise zu sein um keinen aufzuwecken. Am Ende des dünnen Korridors drückte sie gegen eine kleine Tür und sie öffnete sich um Lasaar in die leere Sandbodenhalle zu lassen. Mit festem Schritt trat sie in die Mitte der scheinbar riesigen Halle und sagte dann mit lauter aber leicht zitternder Stimme, so wie es Saale ihr beigebracht hatte, „Ich, Lasaar möchte heute meine Prüfung ablegen. Ich bitte euch, ihr, die nie schlaft und über das Wohl eurer Schüler wacht, mir meine Prüfung abzunehmen und den richtigen Weg zu weisen." Eine kleine Weile lang herrschte gedrücktes Schweigen und Lasaar war kurz davor wieder aus der Halle zu rennen, aber diese Schmach würde sie nicht ertragen. Dann begann eine laute dunkle Stimme langsam zu sprechen. „Wir wollen dich prüfen, Lasaar, aber wir müssen dich auch warnen. Du kannst nur einmal versuchen die Prüfung zu bestehen, solltest du scheitern, wird es keine andere Möglichkeit mehr geben die Prüfung zu wiederholen. Willst du die Prüfung beginnen?" „Ja" „So sei es." Die Stimme erstarb doch in Lasaar’s Kopf hallte sie noch eine ganze Weile nach. Dann begann der Boden unter ihren Füßen sich zu bewegen. Ein leichtes Zittern kündigte etwas Größeres an und schließlich begannen hohe Wände aus dem Sand hervor zu steigen, zu wachsen und immer und immer höher zu werden. Schließlich stoppte der Wachstum der Mauern und ein Brüllen erscholl rund um Lasaar herum. „Für sich haben wir als Prüfung auserwählt das Labyrinth der Grausamkeiten und Geschöpfe des Sandes. Wenn du zurück zur Tür gefunden hast, hast du bestanden. Bist du bereit und hast du deine Waffen weise ausgewählt?" Lasaar’s Kehle war wie zugeschnürt doch sie nickte knapp und zog ihr Schwert. Sie überprüfte den Sitz ihres Seiles und der vollen Wasserflasche. „Dann beginne es." grollte die Stimme hoheitsvoll über ihr und das Brüllen um sie herum erhob sich erneut und wurde zu einem ohrenbetäubenden Geräusch. Es hielt ein paar Momente an und verklang dann wieder in der Luft. In ihrem Kopf aber hallte es laut nach. Plötzlich war es totenstill. Keine Panik es kann nichts passieren, du bist gut. Du kannst das. Langsam wich sie an eine der Wände zurück. Als sie sie berührte fühlte sie trockenen Lehm und die so fest geglaubt Mauer bröselte in sich zusammen. Hustend und sich den Sand aus den Augen reibend rannte sie in die endgegengesetzte Richtung davon, dahin wo sie keinen Staub glaubte der sie zu ersticken drohte. Prompt lief sie wieder vor eine Mauer aber die blieb stehen und rührte sich kein Stück als Lasaar mit voller Wucht mit dem Kopf voran dagegen rannte. Benommen rappelte sie sich auf und hielt sich den schmerzenden Kopf. Doch es fing jetzt erst richtig an. Ein markerschütterndes Brüllen erscholl hinter ihr und eine Sandgestalt sprang in hohen Bögen auf sie zu. Ein Löwe, vollkommen aus Sand und mit rot glimmenden Augen. Er sah aus als wäre er direkt der Hölle entsprungen. Lasaar blieb keine Zeit um sich einen Plan zu überlegen und hieb auf das Sandtier mit der Klinge ein. Das Tier zerteilte sich selbst in zwei Hälften, rannte aber weiter, jeweils auf zwei Pfoten um Lasaar herum und fügte sich hinter ihr, mit einem Geräusch wie Schmirgelpapier auf Haut, wieder zusammen. Erschrocken rannte Lasaar los und eine, glücklicherweise stabile, auf der gegenüberliegenden Seite sich befindende Mauer hoch. Sie klammerte sich an die Krone der Mauer die mit scharfen Glasscherben gespickt war, aber ihr waren die Verletzungen an den Fingern lieber, als von einem Löwen, der dazu noch aus Sand bestand zerschmirgelt zu werden. Ohne größere Anstrengung zog sie sich auf die Mauer. Gerade als sie oben war krachte der Löwe gegen die Mauer und zerstob in eine Staubwolke die sich wirbelnd wieder zusammen setzte. Ein halbrunder löwenförmiger Abdruck prangte in der Wand. Sie war froh eine dicke Ledersohle unter den Füßen zu haben, denn die Scherben hatten ihr üble Schnitte in der Handfläche zugefügt. Vorsichtig hockte Lasaar sich auf die erstaunlich breite Mauer und dachte nach. Sie lutschte an den ramponierten Fingern und spuckte das Blut nach unten auf den Sandlöwen. Als die Flüssigkeit ihn erfasste zerschmolz er zu einer blutigen Schlammpfütze. Lasaar musste bei dem Anblick grinsen und begann zu lachen. Wenn sie bei jedem dieser Viecher nur auf sie zu spucken brauchte war die Aufgabe leichter als wohlmöglich gedacht. Sie sah sich von oben aus um. Nicht alle Mauern waren mit Glas- und Tonscherben bestückt und ganz weit hinten glaubte Lasaar die rettende Tür zu erkennen. Nun wusste sie wenigstens schon einmal die Richtung in die sie laufen musste. Mit federnden Knien sprang sie und kam unten auf dem Boden wieder auf. Vorsichtshalber war sie auf der anderen Seite der Mauer nach unten gesprungen, dort wo kein zerschmolzenes Sandungeheuer plötzlich seine Zähne wieder aus dem Sand heben konnte. Darauf achtend den Wänden nicht zu nahe zu kommen, lief sie soweit geradeaus, wie sich der lange Gang erstreckte und stand dann vor einer Kreuzung. Sie glaubte das es jetzt links weiter gehen müsste, von oben hatte es so ausgesehen. Gerade als sie abbiegen wollte blickte sie noch einmal hinter sich. Vor ihr stand eine dicke massive Mauer. Auch als Lasaar sich die Augen mit den Handknöcheln rieb, blieb die Mauer da. Aber sie war doch gerade da lang gelaufen! Irritiert drehte sie sich wieder nach links und lief los. Sie bog ohne genauen Plan immer und immer wieder aber, und manchmal glaubte sie eine Löwenstatur neben sich herlaufen zu sehen. Die Schatten rings um sie herum schienen sie zu umtanzen und mit ihren zu laufen. Ihr eigener schien ihr zuzuwinken. Aber Lasaar versuchte all dies zu ignorieren. Keuchend hielt sie an, völlig außer Atem. Sie hatte keine Ahnung wo genau sie war, und hatte Angst. Das Zugeständnis das sie angst hatte versetzte ihr einen Schlag. Lasaar hielt sich für durchaus strapazierbar und nicht für einen Feigling. Auch musste es wohl wärmer geworden sein denn die Luft vor ihr flimmerte immer wenn sie den Blick auf sie lenkte und das atmen fiel ihr schwerer. Lasaar wollte noch einmal auf eine Mauer klettern um nachzusehen ob sie noch auf dem richtigen Weg war. Vorsichtig berührte sie eine der Lehmwände mit dem kleinen Finger, alle Muskeln im Körper angespannt um herumzuschnellen, falls die Mauer wieder zerbröseln sollte. Dies tat sie aber nicht, sondern stand einfach weiter "mauerig" da. Völlig bewegungslos. Das genügte Lasaar und sie schwang sich auf die Mauer auf der zum Glück keine Glasscherben waren. Hoch aufgerichtet suchte ihr Blick nach der Tür. Sie hatte wenigstens nicht die falsche Richtung eingeschlagen, sondern war gerade mal noch drei Mauerkronen von ihr entfernt. Keine von ihnen war mit Glas oder Tonsplittern gespickt und Lasaar beschloss auf den Mauern entlang zu laufen. Als hätte das Labyrinth ihre Gedanken gelesen, begann sich der Lehm unter ihren Füßen zu bewegen. Er bäumte sich auf, wurde flüssig und wieder fest. Lasaar versank nach und nach immer tiefer in die Mauer ein und überlegte fieberhaft. Sie hatte Angst, oh ja, die hatte sie aber sie durfte sie nicht übermächtig werden lassen. Die zuckende, immer wieder flüssig werdende Lehmmauer war doch wie der Löwe! Sie spuckte hinunter aber nichts passierte. Hektisch mit den Armen rudernd schrie sie auf, als die Mauer sich aufbäumte und verformte, immer wieder schien sie den Halt zu verlieren und zu fallen, Sand drang ihr in Mund und Nase ein. Dann war sie in einem Lehmkäfig gefangen. Hastig versuchte sie sich durch die Lehmstäbe zu quetschen die merkwürdig ungleichmäßig waren und schaffte es auch, mit dem Verlust einiger Fingernägel. Der Käfig lag in einigen Metern Höhe und mutig setzte sie zum Sprung an, als das Lehmgefängnis begann wütend umher zu schaukeln. Wie ein außer Kontrolle geratenes Schiff schwankte Lasaar, an die Gitterstäbe geklammert, von links nach rechts. Ihr wurde speiübel. Lange würde sie das nicht durchhalten. Wie durch ihre Gedanken bekräftigt schwang der Käfig noch ein wenig heftiger und Lasaar rutschte kreischend von den Lehmstäben ab im hohen Bogen, sich mehrmals überschlagend flog sie durch die Luft. Der Aufprall brachte sie zurück in die Realität und an die Prüfungshallenmauer. Mit einem widerwärtigem Geräusch brach in ihr etwas und die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst, sodass ihr erster Atemzug ein mühsames Keuchen wurde. Sie schmeckte metallisches Blut im Mund und spie aus. Noch immer nach Luft ringend schaffte sie es sich wieder aufzurichten. Fast sofort wurde sie wieder von den Füßen gefegt und landete an der nächsten Wand. Wie durch ein Wunder wurde sie dabei nicht weiter verletzt. Auf dem Rücken liegend und die Augen weit aufgerissen, unfähig sich weiter zu bewegen, tauchte das über ihr auf, was wie sie gedachte hatte, ein Käfig gewesen war. Hätte sie darinnen gewusst was es wirklich war, wäre sie wohl drinnen geblieben. Die größte Raubkatze die wohl je irgendjemand gesehen hatte, tapste da vor ihr auf und ab. Es war unmöglich ihre genaue Rasse zu bestimmen und es war Lasaar auch herzlich egal was das Biest war. Sie hatte gerade eben noch in dem Maul von dem Tier gesteckt! Die mächtigen Krallen der Katze fuhren ein und aus und gruben tiefe Löcher in den Boden. Die Grenzen, die einmal ein Labyrinth gewesen waren, hatte das Ungetüm in seinem Eifer Lasaar umzubringen fast alle zerstört und noch immer peitschte ihr Schwanz unruhig umher und ließ weitere zu Staub werden. Lasaar drückte sich fester an den Arenaboden und hoffte das, das Vieh nicht noch einmal Lust bekam 'Fang - das - Elflein' zu spielen. Doch die Monsterkatze dachte nicht daran sie in Ruhe zu lassen. Gemächlich beinahe trottend kam sie näher, wobei man bei einem solchen Tier selbst wenn es trottet Angst haben muss, denn die Geschwindigkeit war die selbe eines rennenden Leoparden. Das war's dann also. Aus vorbei. Sie hatte Angst vor dem sterben, sie hatte ihrem Vater nicht doch noch einmal gesagt wie sehr sie ihn liebte und Saale... Sie versuchte noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren aber es ging nicht. Tränen rannen ihr aus den Augen und sie kniff sie zu. Vielleicht um zu bezwecken das die Katze verschwinde. Ich will nicht sterben, ich will nicht sterben, ich will nicht sterben. Ich wünschte ich hätte mehr Kraft! Ein Schimmern breitete sich um sie herum aus, wurde größer und wurde zum genauen Abbild von ihr. Die liegende Lasaar, noch immer mehr tot als lebendig bildete über sich , ohne es zu wissen, ihren ersten magischen Schild. Das Raubtier das gerade noch da gewesen war zerstob zu Staub der sich langsam auf dem Arenaboden absetzte und das Labyrinth tat es ihr nach. Lasaar öffnete die verklebten Augen. Ihr Gesicht brannte von den salzigen Tränen und dem heißen Sand der sich darauf nieder gelassen hatte. Am anderen Ende der Halle ging eine Tür auf und Stimmen schrieen ihren Namen. Alles wurde hektisch verschwommen als schreiende Schatten näher kamen. Jemand tastete nach ihrem Puls. „Sie lebt. Auf die Trage." danach legte sich samtene Schwärze über sie.


Es war dunkel und kalt. Etwas hielt ihre Füße fest und sie konnte sich kaum bewegen. Auch als sie die Augen versuchte zu öffnen schaffte sie es zwar, aber dunkel blieb es. Aber die vollkommene Schwärze war nicht so wie sie wirkte. Sie vernahm ein leichtes kratzen über ihren Augen. Benommen hob sie die Hände an die Augen. Jemand hatte sie mit einem Tuch zugedeckt. Dahinter kam strahlendes Sonnenlicht hervor und ein ihr völlig unbekannter Raum in dem es nach kranken, vornehmend alten Menschen roch. Eindeutig das Krankenzimmer der Akademie. Dunkle Möbel und klobige Schränke mit Glastüren standen an einer langen Wand, viele Betten mit Vorhängen an der Fensterseite des Zimmers, über denen jeweils eine der magischen Glocken hing die Alarm schlugen sobald es dem Patienten schlecht ging. Aber auch um zu verhindern das welche die sich gesund glaubten einfach verschwinden konnten. Durch eine Tür die verschlossen war, klang ein Chor hustender und schniefender. Als sie sich aufrichten wollte schnellte ein Blitz durch ihren Körper und sie fiel keuchend zurück was den Schmerz keineswegs minderte. Die schimmernde Glocke über dem Bett in dem sie lag begann sich schnell Richtung Tür fortzubewegen und glitt durch sie hindurch um auch sogleich mit einer aufgeregten Heilerin zurück zu kommen. „Nicht bewegen, dummes Kind." fauchte sie Lasaar an als ob sie an ihrer schlechten Laune schuld wäre. Die Heilerin wuselte mit ihren Grünen Gewändern raschelnd zu einem der großen Schränke und holte etwas heraus. Sie sah aus wie eine übergroße Heuschrecke. „Trink das und halt still." Lasaar tat wie geheißen und die Heilerin legte ihr eine ihrer kalten Hände auf die Stirn. Ein wohliges warmes Gefühl breitete sich in ihrem Körper aus. Es war wie Tausende von Schmetterlingen die bemerkten das sie fliegen konnten. „Was ist pa..." wollte sie fragen doch die Heilerin machte eine unwillige, halb wütende Geste. „Schhh! Jetzt werden keine Fragen gestellt. Meine Güte Kind du bist mir hier halb tot angeliefert worden. Ich bin froh das ich dich wieder zusammenflicken konnte!" erbost die Nase hoch in die Luft erhoben lief sie auch schon wieder hinaus. So schnell wie sie gekommen war. Verdutzt schaute Lasaar ihr nach. Da ging die Tür auch schon wieder auf und jemand kam herein aber es war nicht die Heilerin. „Hast du uns aber erschreckt." „Saale!" freute sie sich und wollte sich wieder aufrichten. Diesmal ging es. Der Schmerz war wohl mit der Flüssigkeit zusammen verschwunden. „Was ist denn passiert und warum bin ich..." „Du bist auf dem Boden der Arena gelegen. Konnten dich eben noch so hierher schaffen. Was hast du bloß für eine Prüfung angezettelt hm? Ich stand damals in einer Halle voller Soldaten und sie haben mich angegriffen, aber du? Was ist passiert? Hast du bestanden?" Das waren so viele Fragen auf einmal. „Soldaten?! Blöde Katzen und weiß nicht." fasste sie schnell zusammen. Saales Lächeln verrutschte leicht und seine Frage sagte das selbe: „Du weißt es nicht?!" "Jahh. Ich weiß das es komisch klingt aber ich weiß nicht einmal was der Sinn der Prüfung war. Meine Kampfkünste habe ich ja kaum einsetzten können. Ich war in einem Labyrinth aus Sand. Dann hat mich eine riesige Katze herumgeschleudert und mit mir fang das Elflein gespielt. Das war’s. Ich dachte ich wäre tot, aber anscheinend bin ich das nicht" endete sie und zupfte prüfend an sich selbst. Saale begann zu grinsen. „Was ist denn so lustig?" fauchte Lasaar angenervt. „Eine riesige Katze!" prustete er lachend, „und ich dachte ich wäre verrückt." Da konnte Lasaar nicht anders, sie lachte auch. Als sie sich wieder beruhigt hatten wurde Saale wieder ernst. „Weißt du, manche von uns finden erst ganz spät heraus was die Prüfung eigentlich sollte, aber es wird einen Grund gehabt haben das es bei dir so war. Ich habe damals gelernt Magie zu benutzen. Ich habe mir in meiner Verzweiflung immer wieder gewünscht diese Kampfmaschinen mögen endlich verschwinden, denn es für jeden Erschlagenen kamen drei Neue." lächelte er leicht gequält. „Und? Sind sie das?" „Oh ja, das sind sie! Aber genau über mir sind sie dann auch wieder aufgetaucht. Ich musste auch in die Krankenstation. War ganz schön knapp, weil weißt du, normalerweise landen auf mir keine gepanzerten Hünen. " Lasaar musste sich das prusten verkneifen, schaffte es aber nicht ganz. Saale guckte sie geschauspielert böse an. Sie wurde wieder ernst. „Aber was hat dir das geholfen? Was hast du weiter damit angestellt, wenn du doch Krieger bist?" „Ich bin Lehrer.“ Verbesserte er, „Und ich kann schon einige nützliche Dinge tun." Er guckte ein wenig schräg ein Fenster an das leicht angelehnt war und der Knauf drehte sich mit einem Quietschen herum und das Fenster schwang auf. „Ich gebe ja zu das es nicht sehr beeindruckend ist, aber ich war nie gut im Magie erlernen." „Ach ich finde es doch ganz praktisch, vor allem weil ich mich hier nicht raus bewegen kann." Sie lachte und deutete auf das bett und die Warnglocke. „Wer sagt denn das du nicht hier raus kannst? Du kannst gehen wann immer du willst, auch wenn die gute Ârseen das nicht für eine gute Idee halten wird." er machte eine leichte Kopfbewegung Richtung Tür wo ein grüner Schatten aufgeregt umher huschte. „Aber was ist mit meinen Verletzungen?" „Spürst du denn noch etwas?" Jetzt wo er fragte bemerkte sie das sie sich frei bewegen konnte selbst ihre Rippen taten nicht mehr weh. Aber sie war sich sicher, sich mindestens das Bein oder Schlimmeres gebrochen zu haben. „Magie ist eine merkwürdige Sache Lasaar. Sie kann heilen und sie kann verteidigen. Natürlich kann sie auch zum Kampf eingesetzt werden," seine Miene verdüsterte sich, „aber bis auf den Einen hat es bis jetzt keiner geschafft, bis auf sehr wenige. Die meisten sind daran gestorben es zu versuchen." Betretenes Schweigen breitete sich unter ihnen aus. Saale sprach nicht gerne über den Diktator. Lasaar räusperte sich. „Also kann ich... kann ich nach hause gehen?" „Ja, ja geh nur. Ich schalt das da," er deutete auf die wie wütend aufleuchtende Glocke, als ob sie wüsste was ihr bevor stand, „nur eben aus." Saale begann leicht zu schielen und nach einer Weile löste sich die Glocke in einen Funkenschauer auf. „Na los zieh dich an!" wies er sie an und beeilte sich das Zimmer zu verlassen. Kurz vor der Tür drehte er sich noch einmal herum und zeigte auf einen Schrank neben ihrem Bett. Dann war er auch schon draußen. Lasaar schob die Decke von ihrem Körper und war erstaunt darüber sich darunter, bis auf einen schmalen Verband über der Brust, vollkommen nackt vorzufinden. Sie bedeckte ihre Blöße, obwohl sie keiner sehen konnte und eilte zu dem Schrank. Er sah genauso alt aus, wie er vermutlich auch war und er roch auch genau so. Als sie die Tür öffnete flog ihr eine Motte entgegen. Ihre Kleider waren gewaschen und ausgebessert worden , aber man sah ihnen an das sie nicht mit Samthandschuhen angefasst worden waren in letzter Zeit. Hastig zog sie sich an und blickte sich dann vergebens nach ihrem Schwert um. Sie hatte in den letzten Jahren es nur abgelegt wenn sie schlief oder arbeitete und vermisste sein Gewicht an ihrer Seite. Nach einem letzten vergeblichen Blick in den leeren Kleiderschrank schritt sie auf die einzige Tür zu und öffnete sie. Saale stand neben der Tür und ging ihr voraus dem Ausgang entgegen. Draußen drückte er ihr im gehen die vermisste Klinge in die Hand. „Es wird Zeit, du solltest nach hause gehen. Morgen beginnt dein Training in der Königlichen Armee.“ „Morgen schon...“ Lasaar seufzte traurig, es ging ihr zu schnell und sie wollte Saale nicht verlassen. Der schien wie jedes mal ihre Gedanken gelesen zu haben, wenn die auf Abwegen waren, denn er drehte sich wieder zu ihr um und lächelte sie an. „Keine Sorge wir sehen uns noch oft genug.“ Schweigend nickte sie, wenig überzeugt und schritt an ihm vorbei auf den Ausgang der Akademie zu. Aus der kleinen Festung heraus fühlte sich Lasaar richtig erleichtert. Sie fühlte sich als hätte ihr jemand eine Tonnenschwere Last von den Schultern genommen. Erst jetzt wurde ihr der Sieg über die Prüfungsdämonen richtig bewusst und sie begann zu Lachen. Es war ein befreiendes lachen und es sprengte den Rest unguten Gefühls aus ihren Gedanken. Saale der sie nur verwundert anstarrte musste im Inneren auch Lachen. Ja, das war seine Lasaar. „Machs gut.“ flüsterte er, drückte sie fest an sich und küsste sie. Grinsend befreite sie sich aus seiner Umarmung und gab ihm einen leichten Schubs. „Wir sehen uns bald wieder." gab sie zur Antwort und drehte sich flink um, um ihm zu entwischen. Glücklich lief sie die Straßen der Stadt entlang die ihr heute noch schöner und lebendiger erschienen als sonst. Freudentränen stiegen ihr in die Augen. Ja, sie würde es schon schaffen. Jetzt erst recht.


Ihr Vater war wie erwartet nicht zuhause gewesen und sie wünschte sich er wäre es, denn sie wollte ihn an ihrem Glück teilhaben lassen, auch wenn er traurig sein würde seine Tochter an den Krieg zu verlieren. Sie war Gestern Heim gekommen und gleich in ihr Zimmer gerannt, hatte ihr Sachen in ihre Reisetasche gepackt, sie noch einmal ausgeschüttet und wieder gepackt. Völlige aufgekratzt noch immer in Gedanken an die Prüfung war sie eingeschlafen, aber selbst im schlaf ließ sie das Geschehene nicht los. Lautes Geschrei hatte sie aufgeweckt. Es war noch nicht einmal die Sonne aufgegangen. Noch war es zu früh überhaupt aufzustehen. Aber vielleicht war ihr Vater wieder da. In froher Erwartung stand die auf und schaute sich in der Wohnung um. Nichts. Nun gut er würde ja wissen wo sie war wenn sie nicht mehr da war, aber enttäuscht war sie schon. Trotzdem beschloss sie sich auf dem Weg zu ihrem neuen zuhause noch einmal am Stadttor vorbei zu gehen, vielleicht war dort eine Nachricht für sie abgegeben worden. Dafür musste sie allerdings dann jetzt schon aufbrechen. Die Stadt war groß, viel größer als alle anderen Städte dieser Welt, wie ihr Vater immer gesagt hatte. Man benötigte zwei Tage um sie zu durchqueren und noch länger wenn man außen herum ging. Lasaar aber war optimistisch dem gegenüber. Früher war sie nur um zu sehen ob sie es schaffen konnte einen tag lang zum Palast gelaufen. Spät abends kam sie zurück. Später dann hatte sie es in einem halben geschafft, danach in ein paar Stunden. Wenn sie aber nun zum Tor wollte würde der halbe Tag verstreichen, aber dann würde sie zu spät am Palast sein. Hastig kehrte sie in ihr Zimmer zurück, nahm ihr Gepäck und schlich nach unten durch die Kneipe nach draußen. Auf der Straße begann sie zu rennen, schnell und ausdauernd wie sie es gelernt hatte. Sie flog praktisch den ganzen Weg zum Tor, blickte nicht zurück.


Der Angriff

Er hatte nicht gedacht das der Tag so heiß werden würde.
Er schwitzte in seiner Uniform und fühlte sich miserabel. Die Kopfschmerzen waren vor einer Stunde gekommen und hatten ihn seitdem nicht ruhen lassen. Selbst der Schatten erschien ihm zu warm, die Luft zu stickig zum atmen. Auch seinen Kameraden erging es nicht anders, es schien als wäre eine Hitzeglocke über das große Stadttor und die, die es bewachten gestülpt worden. Seine Hand befand sich schon wieder auf dem Weg zu seinem Wassersack doch er hielt sich zurück. Sie Wasserration musste noch eine Weile reichen, es konnte nicht mehr lange dauern bis es Schichtwechsel war und er zu seiner Frau und den Kindern konnte, einfach nur entspannen. Seufzend fuhr er sich mit der Zunge über die rissigen Lippen und blinzelte der Sonne entgegen die es fast unmöglich machte irgendetwas auf der Ebene rund um die Stadt herum zu sehen. Der Grasstreifen der so breit war das man ihn erst nach einer Stunde überwunden hatte sah schon halb verdorrt aus und dem dahinter liegendem Wald schien es auch nicht besser zu gehen. Mühsam richtete er den Blick wieder in die Ferne. Plötzlich riss er die Augen auf und rieb sie sich. Da war etwas. Etwas was viel zu groß war um eine Gruppe Menschen oder Heimkehrende darzustellen. Alarmiert rief er die anderen mit einer Handbewegung dazu auf selbst zu schauen. Ein Fernrohr wurde hoch auf die Zinnen getragen und an ihn weiter gereicht. Als er hindurch sah musste er nicht lange suchen um es zu finden. Drachen. Die schwarz geschuppten Kreaturen trotteten am Boden weshalb er sie erst gesehen hatte nachdem sie den Wald verlassen hatten. Hinter ihnen waren Soldaten die in den von den Drachen geschaffenen Gräben durch den Wald folgten. Tausende von ihnen marschierten hinter den Drachen heran und auf dem vordersten Drachen saß er. Groß, hoch aufgerichtet, schwarz und dunkel wie die Drachen selbst und vermutlich auch seine Seele. Der Tyrann. Um nicht in Panik zu geraten gab er das Fernrohr an den Nächsten weiter und selbst rannte er auf die Alarmkette zu sie sich über die ganze Stadt zog. Sie war nur aus einem einzigen Grund da. Alle Magier der Stadt hatten sie Jahrelang konstruiert und getestet. Er berührte den Tastsensor der sie in Gang bringen würde. Sofort erscholl ein Ohrenbetäubendes Jaulen, so laut das er glaubte seine Ohren würden ihren Dienst versagen. Das Geräusch schallte durch die ganze Stadt. Danach herrschte eine Weile nur schweigen. Kurz darauf brach blanke Panik aus.


Lasaar war schon in der Nähe des Tores als der Alarm los ging. Die Leute auf den Straßen hielten inne und lauschten. Das Alarmsystem bestand aus einem gewaltigem Netz aus Glocken hoch über der Stadt die ein lautes Läuten verbreiteten. Es war unmöglich es zu überhören und doch schlugen einige der Mütter auf der Straße erschrocken die Hände an die Ohren, wie um das Gehörte ungeschehen zu machen. Als das Geräusch langsam über den Rest der Stadt schwappte, hörte man Kinder weinen, Alte den jüngsten Tag heraus rufen und Männer, die Frauen und Kinder in die Häuser treiben. Lasaar stand noch immer an der selben Stelle wo sie vorher gestanden hatte als der Laut alle in Panik versetze. Dann begann zu rennen. Sie konnte einfach nicht glauben das, das wovor alle angst gehabt hatten und gefleht hatten es möge nie geschehen heute sein sollte. Sie flog praktisch den Rest des Weges und kam keuchend am Tor an. Immer drei Stufen auf einmal nehmend raste sie die steile Treppe zur Mauerkrone nach oben ohne auf die erschrockenen Rufe der Soldaten zu achten. Oben angekommen wurde ihr schwindelig und sie musste sich an der Mauer festhalten. Das Blut rauschte in ihren Ohren. Als sich ihr Körper beruhigt hatte blickte sie schaudernd über eine der riesigen Zinnen nach unten auf die Ebene. Sie sah nicht viel, nur einige große Schatten am Ende des Graslandes aber sie spürte plötzlich eine Kälte, wie man sie nur spürt wenn jemand einen anstarrt. Und zwar voller Hass. Aber wie sollte jemand genau sie ansehen können? Plötzlich wurde sie grob am Arm gepackt und herum gerissen. Es tat verdammt weh aber sie ignorierte das und sah sich ihren Folterknecht an. Es war einer der Wachelfen. Er war nicht gerade schlank und hatte einen schlechten Geruch von Schweiß an sich. Seine Sachen standen gerade zu vor Dreck und sein Gesichtausdruck war alles andere als freundlich. „Was willst du hier?“ heischte er sie wütend an. „Du hast hier oben nicht zu suchen.“ „Ich wollte nur...“ setzte sie an. „Schnüffeln, ja, aber hier oben ist kein Platz für kleine neugierige Mädchen.“ Fuhr er ihr dazwischen. Er hatte ja eigentlich recht, niemand war es erlaubt einfach so die mauer zu betreten, schon gar nicht ihr, aber sie wollte es mit eigenen Augen gesehen haben. Trotzig schob sie die Lippe vor, wie ein kleines Kind, was sie nicht mehr war. „Ich bin genauso Soldat wie du, ich habe das recht hier zu sein.“ Knurrte sie zwischen den Zähnen hervor. „Soldat ja sicher, das ich nicht lache, und ich bin der König, also Kind willst du mich für dumm verkaufen?! Lauf lieber nach hause, nimm deine Mutter und Geschwister mit und flieh solange ihr noch könnt.“ Inzwischen waren noch andere der Soldaten heran getreten und lauschten interessiert. Jede Ablenkung vor dem bevorstehendem schien ihnen recht zu sein. Meine Eltern sind beide nicht da, meine Mutter wird nie wieder kommen und meine Geschwister hatte ich nie, wollte sie dem Großkotz entgegen schleudern aber sie kniff verbissen die Lippen zusammen. Wahrscheinlich lagen seine Nerven einfach nur blank und suchte jemanden den er zur Schnecke machen konnte um sich selbst besser zu fühlen. „Ach lass sie doch los,“ mischte sich einer der anderen ein und trat auf den Dicken zu der fast automatisch seine Finger noch fester um Lasaar’s Arm spannte. Sie ließ sich davon nichts anmerken und spannte ihrerseits ihre Armmuskeln an. Durch das jahrelange Training waren sie dick geworden und sprengten jetzt den brutalen Griff. Mit einem Ruck riss sie sich los und wich den wieder zu greifenden Fingern mit einer leichten Drehung aus. Der Mann zog es vor sie einfach dort stehen zu lassen, stand aber bereit jeder zeit wieder zu zu packen „Ich wollte nicht stören, oder sie belästigen.“ murmelte sie entschuldigend dem zu, der gerade so bereit willig für sie in die Bresche gesprungen war. „Schon gut.“ meinte dieser und lächelte. Da fiel ihr wieder ein weshalb sie eigentlich hier her gekommen war. „Ich wollte eigentlich nur fragen ob der Baumeister Tûc hier war.“ Beeilte sie sich zu fragen. „Vor drei Tagen, ja“ „Hat er eine Nachricht hinterlassen? Für seine Tochter?“ Ein überraschtes Augenbrauenzucken folgte, aber er ging bereitwillig auf die bläulich schimmernde Nachrichtenblase zu wo jeder Nachrichten hinterlassen konnte. Doch sie sah schon das nichts darin war. Der Soldat schüttelte den Kopf . Lasaar versuchte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. „Danke“ beeilte sie sich zu sagen drehte sich wieder um. Hastig lief sie die Treppe wieder runter. „Die Kleine weiß es doch oder?“ „Nein, ich glaube sie kann es sich nicht vorstellen.“


Lasaar hatte nicht vor gehabt irgendwo anders hinzu gehen, allein der Gedanke erschien ihr fiel zu absurd. Sie konnte einfach nicht weg gehen, nicht jetzt wo ihre Stadt sie am meisten brauchte. Die Stadtmauer war eigentlich so gebaut wie ein haus, ihr Vater hatte es ihr einmal erklärt. Die Wände waren magisch verstärkt, aber ohnehin schon viel dicker gebaut als gewöhnliche was es Eindringlingen eigentlich unmöglich machte ungesehen hier einzudringen oder gar anzugreifen. Sie meisten kamen erst gar nicht auf so eine dumme Idee. Vorsichtig schlich Lasaar in das Innere der mauer hinein. Es roch nach Schweiß und anderen körperlichen Ausscheidungen über die sie sich besser nicht den Kopf zerbrach. Sie hatte einen kleinen Raum betreten der anscheinend als Abstellkammer diente. Ein Sammelsurium an Kisten und zerbrochenen Waffen türmte sich an den Wänden zu Stapeln auf und die ein oder andere Lache von Erbrochenem wurde sichtbar. Anscheinend war das essen hier genauso gut wie man es beschieben hatte (als sehr schlecht), oder man brachte die betrunkenen hier her. Lasaar war es egal. Sie durchquerte das winzige Zimmer und suchte nach einer Tür. Hinter einem Stapel Kisten fand sie auch eine und bemühte sich die Kisten wegzuschieben. Ächzend schaffte sie es und öffnete die Tür. Der selbe Geruch schlug ihr entgegen, dafür bot sich ihr aber ein ganz anderer Anblick. Wo sie gerade wohl eine Müllhalde durchquert hatte war das wohl die Schatzkammer. Gut, der Schatz bestand nur aus den Ersatzrüstungen der Krieger und deren Schwertern aber mehr hatte sie gar nicht gewollt. Leise schlüpfte sie durch die Tür und huschte zu der nächst besten Rüstung hin. Sie war wie neu. Mit einigem Kraftaufwand schaffte sie es das Ding aus der viel zu engen Lagerkiste zu heben und stolperte erschrocken rückwärts als die Rüstung plötzlich nicht mehr in der Kiste verkantet war. Unsanft landete sie auf dem Hosenboden und fluchte leise in sich hinein. Die Rüstung war nicht schwer, sie war federleicht, aber auch wieder so stabil das kein Schwert durch sie dringen könnte. Lasaar befühlte den Elfenstahl der trotz der schlechten Lichtverhältnissen glänzte. Ohne weiter zu überlegen begann sie sich die Rüstung über ihre Kleidung zu ziehen. Am Ende war sie geradezu begeistert von sich selbst, aber ihr eigenes schwer behielt sie, auch wenn es vielleicht auffallen würde, doch sie war viel vertrauter mit ihrer eigenen Klinge als mit einer der Soldaten die ihr plump und unhandlich erschienen. Was sie nun vor hatte grenzte allenfalls an Wahnsinn und nichts anderes. Die Vorstellung sie könnte in die Schlacht gegen den Mann ziehen der schon Hunderte von gestandenen Völkern vernichtetet hatte war gerade zu lächerlich, doch sie war Kriegerin, oder wollte es zumindest werden. Sie konnte nicht einfach weglaufen mit den anderen und warten bis der Tyrann sie höchst persönlich umbrachte. Die neue Kleidung war ungewohnt für sie und sie merkte schon jetzt das ihre alten Sachen ihr die Haut wund scheuern würden und bereute jetzt schon sie nicht ausgezogen zu haben. Seufzend akzeptierte sie das schmirgelnde Gefühl von Sandpapier auf der Haut und suchte den Ausgang aus dem Raum. Sie fand eine Tür, die teils verglast, teils aus Holz bestand und drehte den Knauf nach rechts. Quietschend öffnete sich die Tür und leitete sie in einen dunklen gang der von einem schummerigen Licht erhellt wurde. Frische Luft schlug ihr entgegen und sie beeilte sich eine Treppe oder ähnliches zu finden. Sie fand eine Leiter die ihr ebenso recht war und griff nach der ersten Sprosse. Das Holz war alt und rau und sie musste aufpassen das sie sich keine Splitter einfing den die Rüstung schützte zwar ihren Köper aber nicht ihr Hände. Oben angekommen drückte sie gegen eine Bodenluke und drückte dagegen. Sie bewegte sich ohne Probleme nach oben und Lasaar nahm die letzten Stufen der Leiter. Missmutig blickte sie auf ihre Hände hinunter und zupfte einen der größeren Spliter weg. Sie taten weh, waren aber weiter nicht schlimm. Sie hob den Blick und fand sich in einem Wachturm wieder, der glücklicher Weise leer war. Sie wollte nicht unbedingt die Frage beantworten müssen warum sie ausgerechnet durch die Bodenluke krabbelte und nicht wie jeder normale Halbelf die Zinnen benutzte. Sie rappelte sich auf und trat aus dem Turm über ein paar Stufen auf den breiten Befestigungsweg der Mauer. Sie hatte gewaltiges Glück gehabt, denn außerhalb des Türmchens schien die Hölle ausgebrochen zu sein. Auf einmal war sie nun gar nicht mehr so sicher ob es eine gute Idee gewesen war die Rüstung anzuziehen. Wo vor ein paar Augenblicken nur ein wenige Soldaten gewesen waren tummelten sie sich nun, so schien es ihr, Hunderte. Die Mauerkrone war besetzt mit Schwertkämpfern die mit starken Schilden ausgerüstet waren. Dahinter standen die Bogenschützen, auf den jeweiligen Türmen waren die Katapulte untergebracht deren Ladung sie nicht genau zuordnen konnte. Sie wusste nicht wo sie hin sollte. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie sich in die Reihe der Schwertkämpfer eingereiht, aber sie besaß keinen Schild und war auch nicht beileibe so gut wie es diese Krieger hier sein mussten. Vor allem hatte sie so gut wie keine Kampferfahrung außer den Kinderkram in der Akademie. Der Gedanke schoss ihr leider zu spät durch den Kopf, denn sie war hier und nun würde es auffallen wenn sie sich wieder zurückzog, feige wie ein Hund. Aber fast im selben Augenblick vergaß sie was sie eben noch gedacht hatte. Denn sie sah einen von Ihnen. Das schönste was sie jemals wohl gesehen hatte, schwarz geschuppt und wild, unbezähmbar mit wütendem zu gleich aber sanften Blick. Einen Drachen. Sie erschrak als sie bemerkte das, das heißen musste, das die Fremde Streitmacht viel näher sein musste als sie gedacht hatte, wenn sie die Kreaturen schon so genau erkennen konnte. Fast glaubte sie den Blick der riesigen Kreatur auf sich ruhen zu spüren, als ob es genau sie musterte. Plötzlich wurde es still. So still, das man ein Haar hätte fallen lassen können. Der Aufprall des Haares wäre zu hören gewesen. Die Armee des Diktators war nun heran. Auch Sie verharrte ohne Geräusche und Regung. Hinter ihr zogen die Bogenschützen ihre Bögen voll durch und zielten nach den Unglücklichen die gleich ihren tot durch deren Pfeile finden würden. Ein Ausruf und die Pfeile schnellten von den Sehnen. Mehrere fanden ihr Ziel, doch für die entstandene Lücke schienen gleich drei neue Männer zu erscheinen. Ein Kampfschrei dröhnte aus der Feindlichen Armee zu Lasaar herüber und die Erde begann zu beben. Ein Gewusel aus verschiedenen Kreaturen, Menschen und Drachen stürmte auf die Mauer zu und im selben Moment begannen die Männer und Frauen hinter ihr Pfeile auf die ungeschützten Wesen prasseln zu lassen. Alles wurde zu einem verwaschenen Huschen für kurze Zeit und erst als die Drachen die Mauer fast erreicht hatten sah man wieder etwas von dem feindlichen Heer. Es war ein reines Abschlachten bei dem keiner eine wirkliche Chance hatte zu überleben der kleiner war als ein Elf. Noch hatten die Angreifer die Mauer nicht erreicht doch der erste der mindestens fünf Drachen schon. Die krallen besetzten Pranken sausten mit ungeheuerlicher Gewalt auf den Stein hernieder und ließen ihn zersplittern als wäre er aus Holz. Die dicke Wand bebte unter den Füßen der Krieger und brachte viele zu fall. Auch Lasaar schwankte bedrohlich und verlor nach kurzen Kampf das Gleichgewicht. Nach halt suchend stolperte sie nach hinten und fiel in freien Fall auf in den Stadthof hinunter. Panisch schrie sie auf und griff mit den Händen nach halt und.. ...fand ihn. Starke Hände hatten sich um ihre Handknöchel gekrallt und zogen sie verbissen wieder nach oben. „Was suchst du denn hier?“ fauchte sie Saale unwirsch an während er sie mit einem letzten wütenden Ruck über die Brüstung zerrte. „Geh und flieh so lange du es noch kannst! Diese Schlacht muss IHN nur ablenken, mehr nicht! Die Stadt ist schon längst verloren bevor sie auch nur verteidigt werden kann, das ist und allen klar und deshalb hat es keinen Sinn das du hier dein Leben vergeudest!“ Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung war und schlug schnell zur Seite. Ein Gnom stürzte getroffen zu Boden.
„Geh!“ brüllte Saale.
„Aber...“
„Verdammt hau endlich ab!“
Plötzlich weiteten sich seine Augen überrascht, sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerz und er kippte vorn über. Aus seinem Rücken ragte ein Wurfspeer dessen Besitzer nun auf Lasaar zugestürmt kam. Vor Freude verzog sich sein Gesicht zu einem zerfurchtem Lächeln als er das verängstigte Mädchen vor sich sah, dessen Augen nun Tränen erfüllt waren. Gerade als er zu packen wollte wand sich Lasaar aus seinem Weg, rammte ihr Schwert in seine Seite woraufhin das Ungeheuer seufzend zu Boden ging. Sie konnte kaum atmen und ihr Blick war Tränen verschleiert. Ihr Herz drohte zu zerspringen wie sie Saale so da liegen sah. Doch zum trauern blieb ihr keine Zeit. Die Schlacht tobte noch immer um sie herum und hatte sich schon in die Stadt hineingefressen, in der jetzt Gnome die ersten Häuser anzündeten und Trolle Keulen schwingend die Verteidiger Mit Panik vernebeltem Blick huschte nieder mähten. sie durch die Reihen der Verteidiger immer weiter auf der breiten Mauer entlang. Oft schlugen Trolle oder Zwerge nach ihr und hackten mit ihren Streitäxten nach ihrem Kopf doch keines der Wesen konnte sie wirklich fassen, oder ernsthaft verletzten. Lasaar blutete schon nach kurzer Zeit aus unzähligen kleineren Stichwunden. Doch sie hatte schon längst kein Gefühl mehr. Sie fühlte sich leer. Ihr Körper rannte zwar um ihr überleben, doch ihr Geist war noch immer bei Saale dessen Augen gebrochen waren und kalt geradeaus blickten. Immer wieder spulte sich die selbe Szene in ihrem Kopf ab so oft und schnell hintereinander das sie gar nicht bemerkte wie sie sich vom Kampfgeschrei und Schlachtgetümmel entfernte. Es wurde nun rasch Dunkel und sie konnte deutlich den Schein mehrerer Fackeln unter sich in der Stadt erkennen. Fackeln von Feinden und Freunden. Fackeln die oft durch die Luft flogen und Häuser in brand steckten. Schon nach kurzer Zeit spürte sie die Hitze der brennenden Stadt in ihrem Rücken.
Plötzlich, ohne Vorwarnung spritzte vor ihren Füßen Stein auf. Rasch ließ sie sich in die Hocke fallen. Gerade noch im rechten Moment. Weitere Steinsplitter regneten auf sie hinab und bohrten sich schmerzhaft in ihre Seite. Wenigstens, waren es nicht die Pfeile die den Steinsplitterhagel auslösten die ich da in ihren Körper bohrten. Trotzdem lies sie der Schmerz gepeinigt aufstöhnen. Sie hätte sich dafür Ohrfeigen mögen. Wenn ihre Verfolger bemerken würden das sie noch immer am leben war würden sie über kurz oder lang zu ihr hoch kommen und das war so ziemlich das Letzte was sie jetzt gebrauchen konnte. Vorsichtig, bemüht möglichst flach zu atmen, kroch sie auf den Boden gepresst weiter. Während sie sich von der Stelle weg arbeitete, geschahen drei Sachen auf einmal. Vor ragte ein Schatten auf, sie schrie und der Steinsplitterhagel rückte Augenblicklich dahin wo ihre Angreifer sie vermuteten. Doch ihr war auf einmal der Hagel völlig egal. Das, was da vor ihr stand stellte eine größere Gefahr dar als ein paar Pfeile. Vielleicht, überlegte sie, solle sie sich lieber erschießen lassen. Denn das wäre hundertmal Schmerz freier, als sich von dem da, töten zu lassen. Ein bösartiges kichern drang an ihre Ohren, darauf folgte ein genießerisches einatmen. Für Lasaar klang es wie ein das Schnüffeln eines Tieres das gerade jagte. Schritt für Schritt kam der Schatten näher auf sie zu. Sie war sich sicher das diese Kreatur ihrem Herzschlag lauschte denn sehen konnte es sie nicht. Alle diese Kreaturen waren blind. Wenn der Schatten gewollte hätte, hätte er zu dem trommeln ihres rasenden Herzens tanzen können.
Lasaar hielt die Luft an und versuchte sich zu beruhigen und ihren Herzschlag zu drosseln. Es half nicht. Der schwarze Schatten vor ihr hob die Nase suchend Höher in die Luft und er kam näher. Logisch versucht sie sich einen Plan zurecht zu legen. Von der Mauer kam sie nie und nimmer runter, es sei denn ihr würden Flügel wachsen und da das im Moment nicht der Fall war saß sie fest. Der Blinde streckte gierig seine Hände aus, wie um sich festzuhalten. Ja, dachte sie düster. An ihren Schultern damit er sie probieren konnte. Aber so weit ließ sie das Wesen nicht kommen. Schneller als ein Auge es hätte verfolgen können zog sie das Schwert aus der Scheide. Das Schleifen ließ den Kopf der Kreatur herumfahren und mit geiferndem Blick und Ausgefahrenen Zähnen auf sie zu schnellen.
Die blinden Pupillen verfärbten sich blutrot vor Begierde nach ihrem Blut und schon war das Nachtgeschöpf bei ihr und riss sie mit dem vollen Gewicht herum so das sie wuchtig mit dem Kopf auf den Boden knallte. Sterne tanzen vor Lasaar’s Augen. Verzweifelt blinzelnd versuchte Sie, sie zu verscheuchen. Bevor sie es auf die Beine geschafft hatte war Es schon wieder heran. Als es im Begriff war sich wieder auf sie zu stürzen, ließ sie sich fallen und hieb gleichzeitig mit dem Schwert nach den blutsüchtigen Wesen. Sie traf und das Schwert fuhr durch weiches empfindliches Fleisch. Ein Brüllen und Jaulen hob an. Klebriges geronnenes Blut bespritzte Lasaar. Sie hatte vielleicht ein paar Augenblicke um jetzt die Kontrolle über das Geschehen zu bekommen. Hastig kam sie auf die Füße und entdeckte die Gestalt nur wenige Schritte entfernt vor ihr, in einer Blutlache. Noch immer sprudelte Blut das nicht des Wesens eigenes war in einem dicken Strom aus dessen Seite, doch sie Wunde begann sich schon wieder zu schließen. Schneller als es gewöhnliche Augen verfolgen können wirbelte Lasaar auf den Bluttrinker zu und hieb ihm im vorbeischnellen den Kopf von den Schultern. Der Kopflose Körper fiel getroffen zusammen und zuckte in der sich weiter ausbreitenden Blutlache. Der Geruch von all dem Blut um sie herum ließ sie würgen. Die Schwertlose Hand vor den Mund gepresst taumelte sie an dem Toten vorbei und setzte ihren Weg fort. Als der Blutgestank nachließ wischte sie das Schwert an ihrer Kleidung sauber. Danach atmete sie heftig ein und aus um ihr rasendes Herz zu beruhigen das ihr schmerzhaft in der Brust hämmerte als wolle es zerspringen. Sie hatte zum ersten mal getötet. Und es fühlte sich schrecklich an. Saale hatte ihr gesagt das der Ekel danach irgendwann weniger schlimm wurde, das man bald Kontrolle über den rebellierenden Geist erlangen würde und die Schuldgefühle nachließen. All das konnte sie sich im Moment nicht vorstellen. Sie hatte einfach ein Leben ausgelöscht. Gut der Bluttrinker hätte sie auch umgebracht, aber der hatte ja auch schließlich keine Wahl. Er ernährte sich von ihresgleichen.
Taumelnd schlurfte sie vorwert, doch sie kam nicht weit. Mit einem seufzen ließ sie sich an der Mauerbrüstung herunterrutschen und legte den Kopf zwischen ihre Knie. Alles um sie herum drehte sich und ihr war speiübel. Sie fühlte noch wie sie zur Seite kippte, dann hüllte Dunkelheit sie in warme Schwärze.


Die Prüfung

Ich stehe am Abgrund, mir passiert nichts. Ich stehe am Abgrund mir passiert nichts. Wiederholte Nhar immer und immer wieder. Seine Ausbildung zum Magier sollte er nun abschließen doch die verfluchte Höhenangst ließ es nicht zu das er sich konzentrierte. Er atmete tief durch und versuchte sich von allem zu lösen. Sein Geist sollte sich mit der Natur verschmelzen. Er stellte sich vorstellen er sei auf einer Wiese so wie die am Berghang. Saftig grün und weich.
Langsam beruhigten sich seine nerven. Er spürte die Natur um sich herum. Die Aufgabe die er bekommen hatte war das er die Schönheit der Natur beschrieb. Ihren Kreislauf und ihre Bewegungen. Nhar war noch sehr jung für das Amt eines Magiers doch Lehena hatte immer an ihn als ihren talentierten Schüler geglaubt und er wusste das niemand ihr glaubte bis er ein echter Magier war und seine Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Er fasste sich zusammen atmete ein und aus, spürte die Natur um sich herum und studierte sie. Nahm jede einzelne Farbe in sich auf, verfolgte kleine Bäche die in Seen mündeten und klammerte sich an ein Blatt das im Wind davon geweht wurde. Er fühlte sich regelrecht frei und hatte am liebsten laut gejauchzt vor Freude. Schon bald erspürte er einen Rhythmus in den Bewegungen und folgte ihm. Ließ sich treiben. So vergingen zwei Tage in denen er nichts anderes tat als da zu sitzen und der Natur zu lauschen und Bewunderung für sie zu empfinden, ja sogar Verehrung. Schließlich spürte er eine Berührung an seiner Schulter.
Lehena lächelte ihm entgegen als er seine Augen aufschlug.
„Ich hab es gespürt“ hauchte er, vollkommen erschöpft.
„Du hast deine Prüfung schon fast bestanden Nhar.“
Sie nahm drei kleine Kristalle aus ihrer Jackentasche und legte sie auf den Boden. Sie murmelte einige unverständliche Worte und eine Art durchsichtiger Wasserfall erschien. Die durchsichtige Schicht waberte und bewegte sich. Nhar streckte entschlossen die Hand hinein. Ein wohliges Gefühl umhüllte seine Hand und kleine Fünkchen umspielten seine Haut. Kurz darauf erlosch das Wabern und Nhar’s Arm begann unangenehm zu prickeln.
Lehena lachte und nahm ihn in die Arme.
„Ich bin stolz auf dich!“ jauchzte sie wie ein kleines Kind.
„Was war dieses... ...Wabern?“ Ihm fiel kein besseres Wort für das eben geschehene ein.
„Nenn es wie du willst“ sie zwinkerte ihm verschmitzt zu. „Wenn du nicht gewusst hättest wie es sich anfühlt und du gelogen hättest wäre deine Hand jetzt ein Klumpen.“
Nhar’s lächelt war wie weggefegt.
„Ich hatte gewusst das du es schaffst!“ Lehena schien
empört, als ob sie eines Mordes verdächtigt würde. Nhar
war sich nicht sicher gewesen.
Ganz und gar nicht und er hatte Angst gehabt!
Er zwang sich zu einem steinernem Grinsen was ihm einen wütenden Blick Lehena’s einbrachte und begann ins Tal hinunter zu steigen. Lehena schien verstimmt und so verlief ihr Abstieg schweigend. Doch unten angekommen gab es dann für Nhar keine Pause mehr. Von allen Seiten wurde er bestürmt und mit Fragen überhäuft. Nhar mochte keine Förmlichkeiten. Er liebte die Ruhe und versuchte automatisch sich aus der Menge zu winden. Allerdings gab ihm Lehena keine Chance dazu. Gerade als er dachte er könne sich zurück ziehen begann irgendwo auf dem großen Versammlungsplatz Musik zu spielen und er wurde von der wilden Meute mit gerissen die anfing fröhlich zu tanzen und zu singen. Alle bejubelten den neuen Magier und lachten. Zur Feier des Tages gab es ein Buffett mit Köstlichkeiten die es sonst nicht gab. Es wahren ärmliche Zeiten.
Weit nach Mitternacht konnte Nhar den Tanzenden entfliehen und kehrte in die kleine Hütte zurück in der er seit nun mehr als drei Jahren wohnte. Die Zeit als Lehrling war hart gewesen und entbehrend. Seine Familie hatte er nicht wieder gesehen und seine Schwester hatte ihm gefehlt doch nun bereute er nicht das er fort gegangen war.
Ächzend legte er sich auf sein Strohbett und schloss die Augen. Fast Augenblicklich dämmerte er in einen tiefen Schlaf.


Kitzelnde Sonnestrahlen weckten ihn am frühen Morgen.
Es war schwer zu sagen wie früh es war, denn die Sonne sah man im Gebirge jeden Tag zu einer anderen Zeit am Himmel aufziehen.
Er reckte die vom Schlaf steifen Glieder und gähnte herzhaft bevor er seine Beine von seinem Lager schwang.
Gestern war er so erschöpft gewesen das er es nicht mehr geschafft hatte sich zu entkleiden. Er tappte aus seiner Hütte hinaus in den Sonnenschein und wandte sich in Richtung Bergbach, der direkt hinter seiner Hütte sich seinen Weg durch den Felsgebohrt hatte. Müde hielt er seinen Kopf in das eiskalte Schmelzwasser und lauschte seiner Geschichte. Es erzählte ihm von Wärme, von Tieren die sich an ihm genährt hatten und von der unbändigen Freiheit die es empfand. Erfrischt zog er seinen Kopf wieder aus den Fluten. Er würde heute noch einmal mit Lehena sprechen müssen über seine neuen Pflichten und Regeln die ihn von nun an Schranken in der Magie verzeichnen sollten. Seufzend kehrte er der Quelle den Rücken zu um sich auf den Weg zu ihr zu machen.
Gerade als er loslaufen wollte hörte er ein Wimmern, nur ganz leise ein wenig abseits vom Weg der ins Dorf führte. Er lauschte angestrengt und da war es wieder das Geräusch, gar nicht weit entfernt. Es kam aus dem Dickicht, dass das Dorf umspannte.
Alle wagten sich nicht sehr weit hinein da in dem Dickicht giftige Tiere und Feen hausten die nur darauf warten Herumirrende zu verwirren und am Ende von einer Klippe springen zu lassen oder sich mit Freude selbst zu strangulieren. Wenn jemand dort drinnen war, brauchte er Hilfe. Und zwar sofort. Nhar wandte sich dem Dickicht zu und ging hinein. Es war scher darin voran zu kommen denn kleine feine Dornen hielten ihn fest und zerrten an seinen Kleidern. Schon nach ein paar Schritten spürte er wie seine Beine vollkommen zerkratzt waren. Er sandte einen leichten Heilzauber hin seine Beine und sie kleinen Kratzer schlossen sich wieder. Er hielt inne und Lauschte wieder. Das Wimmern klang so nahe! Er müsste schon längst über die Person gestolpert sein die diese Geräusche von sich gab. Ohne Vorwarnung stolperte er auf eine Lichtung hinaus und viel mit vorgestreckten Armen hin. Hastig rappelte er sich auf und sah, was so herzerweichend Wimmerte. Es war eine Frau. Mit langen graziös geschwungenen Ohren. Ihre Kleidung erinnerte an eine Kriegerin, allerdings war die Uniform ihm gänzlich unbekannt. Die freien Arme und Beine waren an einigen Stellen bis auf das Fleisch zerkratzt und blutig. Die Frau hatte die Arme um die Knie geschlungen und den Kopf auf darauf gebettet. Ihr Körper wippte stetig vor und zurück, wie unter Schock. Das merkwürdigste an dieser Frau war aber nicht Ihre Haltung oder ihre Wunden, nein es waren diese Haare und Ohren. Meerblaue Strähnen hingen ihr über den Rücken und verhüllten den Blick auf ihr Gesicht. Er beeilte sich zu ihr hinüber zu kommen und sank vor ihr auf die Knie um sie besser zu begutachten. Vorsichtig strich er die Blaue Mähne aus ihrem Gesicht. Starre tief violette Augen bohrten sich in seine. Er korrigierte sich in Gedanken. Sie war noch mehr Mädchen als Frau.
Als sie ihn sah stoppte das wimmern und sie wippte auch nicht mehr vor und zurück. Mit einem deutlich erleichterten Seufzen streckte sie die blutigen Arme in seine Richtung aus und er griff automatisch zu. Ihre Haut war so heiß das es ein Wunder war, das sie noch nicht tot war und ließ ihn erschaudern. Vorsichtig um sie nicht zu erschrecken zog er sie näher zu sich heran und barg ihren Körper in seiner Umarmung. Sie klammerte sich so fest an ihn das er fast keine Luft mehr bekam. Langsam versuchte er aufzustehen und sie gleichzeitig mit hoch zu ziehen, doch ihre Beine wollten sie nicht tragen. Seufzend lud er sie auf seine Arme und wankte bedrohlich unter ihrer Last. Die Rüstung machte es schwer sie zu halten doch er schaffte es. Er biss die Zähne zusammen als auf dem Rückweg, raus aus dem Dickicht, die Dornen der Zweige sein Gesicht malträtierten. Als er endlich aus dem Dornengestrüpp heraus war schwankte er weiter zu seiner Hütte. Mit einem Fußtritt öffnete er die Tür und hievte das Mädchen durch den Türrahmen, was sich als schwierig gestaltete denn seine Tür war nun einmal nicht für zwei Personen gleichzeitig gedacht.. Schließlich schaffte er es doch. Vorsichtig beugte er sich mit dem Mädchen in den Armen zu seinem Bett hinunter und versuchte sie abzulegen. Es blieb bei dem Versuch. Sie wollte nicht loslassen. Panisch krallte sie sich an ihm fest. Er redete beruhigend auf sie ein doch es half nicht. Schließlich konzentrierte er sich auf ihren Körper. Er sandte einen Schlafzauber in ihren Körper und die verkrampften Arme ließen ihn los. Sanft bettete er sie auf sein Lager und begutachtete sie noch einmal. Die äußeren Verletzungen könnte er auch so heilen, aber ihren Geist konnte nur sie selbst heilen. Sanft legte er ihr seine Hände an ihren Kopf und sandte einen Heilzauber durch ihren ganzen Körper. Danach nahm er eine Hand wieder weg und hielt eine seiner Hände über ihre Stirn. Verwirrung schlug ihm entgegen als er versuchte ihren Geist zu ergründen. Verwirrung, gepaart mit Schmerz und Trauer und etwas anderem undefinierbaren. Ein Geräusch von draußen ließ ihn zusammenfahren. Er deckte das Mädchen noch mit einer Decke zu und verließ die Hütte. Draußen kam ihm Lehena entgegen gelaufen. Sie lächelte ihm entgegen. „Du solltest mich doch heute besuchen Nhar!“ rief sie ihm noch ein Stück von ihm entfernt tadelnd zu.
„Ich muss dir was zeigen“ ignorierte er ihren Tadel.
Ihr Lächeln verschwand angesichts seiner Ernsthaftigkeit und als er zurück in sein Haus ging, folgte sie ihm auf den Fuß. Als sie das schlafende Mädchen entdeckte sog sie scharf die Luft ein. „Das kann doch gar nicht sein...“
„Was?“ fragte er scharf. Ihr versteinertes Gesicht machte ihm Angst. Sie versuchte wieder Kontrolle in ihre entgleisten Gesichtszüge zu bringen und schüttelte leicht den Kopf. „Ich glaub es nicht... „
„Was verdammt denn, glaubst du nicht?“
Er war leicht verstimmt angesichts der Tatsache das sie komplett ignorierte.
„Sie ist eine Elfe...“ flüsterte Lehena noch immer mit unfassbaren Blick.
Nhar starrte auf das schlafende Mädchen. Das würde einleuchten... Er hatte über Elfen* gelesen als er noch studiert hatte, hätte sich aber nie träumen lassen jemals eine zu treffen.
Und doch lag sie direkt vor ihm.
Durch seinen Zauber waren alle kleinen Kratzer schon verheilt und nur die großen aufgerissenen Stellen heilten noch. Ihr Körper zeichnete ich unter der dünnen Decke ab.
Dann fiel ihm etwas auf.
„Aber Elfen leben nicht hier....“ murmelte er in Gedanken versunken.
„Nein tun sie nicht, nur die Hochlandelfen.“ Erklärte Lehena etwas gefasster. Ihre Stimme klang hart.
„Diese Elfe kommt aus der Alten Baumstadt Nhar. Sie ist viel zu weit von ihrem zuhause entfernt als sie sein dürfte. Elfen verlassen diese Stadt nur um zu handeln und Nahrung anzubauen. Sonst nichts. Es muss irgendetwas passiert sein das sie sich so weit fortgewagt hat.“
„Nur was?“
„Ich weiß es nicht...“ murmelte sie leise. Dann fasste sie einen Entschluss. „Ich schicke Browne aus um herauszufinden was passiert ist im Land der Elfen und bis dahin sollte sie besser nicht dieses Haus verlassen. Ich glaube es würde den meisten hier nicht gefallen sie hier zu haben...“
„Ist gut“ antwortete er. Es klang logisch auch wenn er nicht wusste warum dem Mädchen hier Gefahr drohen konnte.
Lehena nickte ihm kurz zu und rauschte aus der Hütte hinaus ins Sonnenlicht und zurück ins Dorf.
Sein Blick wanderte zurück zu der Schlafenden. Er erinnerte sich an ihre Augen, panikerfüllt, merkwürdig und doch so schön. Sie hatte keine Pupille gehabt viel ihm ein. Ein Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Plötzlich regte sie sich. Ihre Augen flatterten und mit einem Ruck öffnete Sie sie.

Der Beschluss

Lasaar war müde. So unendlich müde das es fast schon weh tat. Doch es war zugleich auch so, das sie wusste das sie nicht mehr schlafen konnte. Mühsam als wögen ihre Lieder genauso viel wie sie blinzelte sie und schlug die Augen auf. Über ihr vielen Sonnenstrahlen durch ein Strohdach und berührten angenehm ihr Haut. Verwirrt irrten ihre Augen durch eine winzige Hütte und entdeckten einen Jungen. Hastig setzte sie sich auf und bereute es prompt als ihr bunte Sterne vor den Augen tanzen. Stöhnend sank sie zurück auf das Lager.
Der Junge kniete daneben nieder und streckte die Hand nach ihrer Stirn aus. Seine Hand war angenehm kühl doch es war ihr zuwider von einem ihr vollkommen Fremden berührt zu werden. Schwach hob sie den Arm an um seine hand wegzuschlagen doch sie war so schwach wie ein Neugeborenes. „Lass.. das...“ stöhnte sie leise.
Die Hände verschwanden.
„Ich bin Nhar“ sagte eine dunkle Stimme. Sie öffnete erneut ihre Augen und starrte in die des Jungen. Er war älter als sie und auf der Stufe der Entwicklung wo ein Junge die kindlichen Züge in seinem Gesicht verliert. Doch was sie irritierte war nicht sein Alter. Seine Augen waren nicht wie sie Augen gewohnt war. Sie waren weiß und beinhalteten einen braunen Kreis in dessen Mitte ein schwarzer saß. Grüne Sprenkel waren nahe dem Kreis zu sehen. Seine Haare waren Sonnengebleicht und ebenfalls braun und seine Ohren waren Rund und klein. Kein bisschen spitz. Das war kein Elf.
Als ihr auffiel das sie ihn anstarrte senkte sie den Blick. „Wie heißt du?“ fragte er wieder mit der dunklen Stimme. Sie erinnerte sie an Saale. Tränen schossen ihr in die Augen.
„Was ist los?“ fragte die Stimme des Jungen panisch.
„Tut dir etwas weh?“
Nun fasste er doch wieder ihre Stirn an und ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihr breit. Nach wenigen Augenblicken legte sich das und sie fühlte sich besser. „Lasaar...“ murmelte sie. Ihr Mund war wie ausgedörrt und ihre Zunge klebte ihr am Gaumen. „Wasser...“ krächzte sie schwach.
Ein Becher mit dem Gewünschten wurde ihr gereicht und sie versuchte sich aufzusetzen. Die Hände des Jungen schoben sich unter ihren Nacken und hoben sie leicht an um ihr das Trinken zu erleichtern und sie nahm die Hilfe diesmal dankbar an. Das Wasser schmeckte köstlich, auch wenn es nur Wasser war. Kühl rann es ihre Kehle hinab. Gierig trank sie den Becher leer. „Mehr...“
„Nicht zu viel auf einmal sonst wird dir schlecht.“
Er hatte recht. Sie sollte es nicht übertreiben.
Vorsichtig legte er sie wieder hin und saß dann still neben ihr. „Wo bin ich hier?“ fragte sie mit noch immer krächzender Stimme.
„Im Gebirge“ kam die schnelle Antwort.
“Ich hab dich aus dem Dickicht geholt. Du hast überall Schnittwunden gehabt die ich geheilt habe... Kommst du aus der Baumstadt?“
„Ja.“
„Wie kommt es das du so weit weg von dort bist? Ich meine es liegen drei Länder zwischen de Gebirge und der Baumstadt. Was ist passiert?“
Bilder ihres brennenden Zuhauses kamen wieder in ihre Erinnerung und sie begann zu erzählen. Alles.
Wie die Streitmacht des Unterdrückers gekommen war.
Wie Saale gestorben war und wie sie geflüchtet war.
Wie sie zum ersten mal getötet hatte und dann die Stadt verlassen hatte. „Ich schloss mich anderen Elfen an die in einem Karren versteckt durch mehrere Länder hindurch flohen. Die meisten wollten zuflucht bei den Elfen des Hochlandes suchen.
Andere einfach nur überleben. Ich habe meinen Vater finden wollen bis mir einfiel, warum er wohl nicht zurückgekommen war. Er muss direkt in die Truppen gerannt sein ohne es auch nur zu ahnen... Ich saß in dem Karren und hatte Angst. Mein Leben war nicht mehr viel wert und ich war sicher die Schergen des Unterdrückers würden uns auch noch kriegen. Uns alle auch noch töten.
Kinder weinten im vorderen Teil des Wagens und Mütter beruhigten. Ein Mann murmelte ununterbrochen vor sich hin, bis ihn ein anderer fragte was er erzähle. Der Mann erzählte von dem Ring der Drachenherrscher. Es ist eine uralte Geschichte meines Volkes. Vor Jahrhunderten haben wir Elfen mit den Drachen zusammengelebt. Es herrschte Frieden zwischen uns wegen dem Ring. Der Ring war kein Fingerring sondern ein Kopfschmuck. Er passte einzig und allein dem, den er dafür auserkoren hatte. Wenn es nur einen einzigen Elfen gegeben hätte, hätte diesem wohl alleine der Ring gepasst. Er sagte das dieser Ring wirklich existiere. Er wurde nur versteckt. Wo weiß niemand aber er vermutete das die Sitha* es wussten und das sie es noch immer wissen. Der Mann sagte das der Unterdrücker diesen Ring wollte. Das er selbst ein Elf sei und nur deshalb alle Elfen auslöschen wollte. Ich glaubte ihm. Ich tue es immer noch. Ich beschloss nach diesem Ring zu suchen, nur für mich allein beschloss ich es. Um mein Volk zu schützen und meinen Vater zu rächen. Wir durchquerten gerade Das Land der Winde als wir angegriffen wurden. Soldaten hatten am Wegesrand gelauert um uns zu töten. Viele starben aber ich floh. Ich hätte viele retten können wenn ich nicht so feige gewesen wäre doch ich tat es nicht. Ich rannte immer weiter bis ich nicht mehr konnte. Später sah ich die Berge und ging in diese Richtung. Schließlich hatte ich mich hoffnungslos in diesem Dickicht verirrt. Ich war müde und am Ende. Wenn du mich nicht gefunden hättest, wäre ich wohl jetzt schon tot.“
Er hatte sie kein einziges Mal unterbrochen oder Fragen gestellt. Nur seine Augen verrieten was in ihm vorging.
Schließlich seufzte er nach ihrer Erzählung und legte den Kopf in beide Hände.
„Du willst über die Berge zum Volk der Schlangen reisen, wegen einer Legende“ sagte er tonlos.
„Ja.“
Er blickte sie an. Schmerz spiegelte sich in seinen Augen. Dann straffte er seine Schultern.
„Wenn du wieder reisen kannst, dann komme ich mit dir.“
Ungläubig fiel ihr der Mund auf.
„Du willst mitkommen?“
„Ich will, ja. Vor einigen Jahren, als ich noch bei meinen Eltern lebte hat der Unterdrücker meine Verlobte getötet. Ich habe sie geliebt. Auch wenn es eine einseitige Liebe war. Danach wollte ich nicht mehr leben. Lehena hat mich das Leben gerettet mit ihrer Magie und in mir großes Potenzial entdeckt. Auch wenn du nach einer Legende suchst, es ist eine Möglichkeit den Unterdrücker zu töten.“
Lasaar überlegte. Sie hatte nichts dagegen wenn er sie begleiten wollte, sollte er das tun.
Sie lächelte ihn an.
„Gut, begleite mich.“


Der Hinterhalt

Noch war Lasaar nicht in der Verfassung um wieder weiter reisen zu können. Nhar hatte sie nach ihrem Gespräch wieder in schlaf versetzt damit sie sich regenerieren konnte und war zu Lehena gegangen. Die Magierin hatte neue Nachrichten.
„Die Baumstadt ist völlig zerstört“ sagte sie nachdem er ihr Lasaar’s Geschichte erzählt hatte.
„Willst du wirklich mit diesem Mädchen mitreisen? Nhar sie zieht los um eine Legende zu suchen!“
„Ich weiß. Aber ich habe die Legende auch schon einmal gelesen. In den Chroniken der Elfenstadt steht auch etwas darüber. Jede Legende hat einen wahren Ursprung also ist es gar nicht unmöglich das dieser Ring existiert!“
„Selbst wenn er existiert, wer sagt denn das man damit die Drachen beherrschen kann?! Es ist eine aussichtslose Reise Nhar!“
„Vielleicht. Aber ich werde ihr folgen. Sie hat diese Augen Lehena! Violett. Ich weiß das sie irgendetwas verändern kann.“
Lehena schnaubte.
„Wir werden ja sehen“ giftete sie und rannte über den Platz davon.
Er seufzte und lief in die endgegengesetzte Richtung zu Lasaar.

Es dauerte einige Tage bis sie wieder so weit war aufzustehen und herum zu laufen. Nach drei Tagen fing sie an Übungen mit ihrem Schwert hinter dem Haus zu machen. Fasziniert beobachtete Nhar sie aus der Ferne dabei wie ihre Muskeln sich spannten und wieder lockerten.
Nach zwei weiteren Tagen wollte sie wieder aufbrechen. Nhar willigte ein das sie am nächsten Morgen sofort los ziehen konnten. Er würde noch Proviant besorgen müssen und eine Kleider für die lange Reise. Lasaar kaufte er einen langen grünen Umhang wegen der Nächte. So warm der Tag auch war, in der Nacht wurde es bitterkalt.
Sie saßen am Abend zusammen am Feuer und starrten in die orangenen Flammen.
„Wir brauchen vielleicht einen Tag bis zum Gipfel,“ sagte Nhar in die Stille hinein. „Dann noch einmal einen nach unten ins Tal und einen, um zu den Sitha zu kommen“
„Also drei Tage.“
„Ja.“
Sie schwiegen wieder.
Draußen schrie jemand auf war aber auch gleich darauf wieder leise. Alarmiert schoss Lasaar in die Höhe und war aus der Hütte hinaus. Nhar folgte ihr und erstarrte als er nach draußen gelangte. Das Dorf stand in hellen Flammen lichterloh brennend da und Lasaar stand erstarrt vor seiner Hütte. Brennende Gestalten rannten jetzt schreiend durch das Dorf.
Sie verbrennen bei lebendigem Leibe!
Panisch rannte er los. Angekommen bei Lehena’s Hütte keuchte er außer Atem. „Lehena!“ rief er.
„Nhar...“ flüsterte ihre Stimme leise von drinnen. Er öffnete die Tür und erstarrte. Für Lehena kam jede Hilfe zu spät. Sie lag in einer sich ausbreitenden Blutlache und atmete hektisch ein und aus. Er kniete sich neben sie und fühlte sich in ihren Körper. Dann ließ er wieder los. Lebenswichtige Organe waren zerfetzt und nicht wieder heilbar. Sie würde sterben.
„Nhar...“ wiederholte sie mit schwacher Stimme. Blut lief aus ihrem Mund. „Es tut.... mir so leid Nhar....“
„Was sollt dir schon leid tun“ antwortete er leise.
„Ich war das hier... Ich habe...“ sie hustete Blut.
„Ich habe euch an IHN verraten...“
Seine Augen weiteten sich. „Du hast was?!“
„Ich liebe ihn Nhar. So sehr... So sehr... So wie ich... dich liebe Nhar. Er hat...“ sie hustete wieder. „Er hat mich nur benutzt. Er will sie, Nhar. Hörst du? Sie! Bring sie... weg von hier sonst... sonst ist es zu spät.“ Sie lächelte ein blutiges Lächeln. Dann erschlaffte ihr Körper vor ihm.
Er will sie, Nhar. Hörst du. Sie!
Wenn der Unterdrücker Lasaar wollte, dann konnte es ja nur bedeuten das sie das Richtige Suchte! Dass, das den Unterdrücker ein für alle mal von dieser Welt verschwinden lassen konnte.
Er schloss Lehena die Augen und rannte zurück zu seiner Hütte. Schreiende Menschen, Leute aus seinem Dorf rannten an ihm vorbei. Dazwischen mordende Soldaten und Kobolde. Als er Lasaar wieder erblickte stand sie genau dort wo er sie stehen gelassen hatte. Er packte ihren Arm und zog sie zurück zu seiner Hütte. Hastig sammelte er alles ein was er für die Gebirge Übersteigung brauchte. Draußen krachte etwas. Er drehte sich um und hastete wieder hinaus.
Lasaar stand noch immer nur da. Als ob sie nicht mehr in ihrem Körper wohnen würde. Er fasste sie am Arm und rannte.
Rannte in die Berge, ziellos drauf los, einfach nur weg von diesem Massaker.
Die Schreie erstarben hinter ihm, aber er rannte immer noch, Lasaar festhaltend. Nach einer Ewigkeit so schien es ihm hielt er inne und fiel keuchend zu Boden. Als sich sein Puls beruhigt hatte blickte er zu Lasaar. Sie war wieder ansprechbar, doch Tränen standen in ihren Augen und liefen ununterbrochen ihre Wangen hinunter.
„Es ist alles meine Schuld!“ flüsterte sie mit bebenden Lippen. „Wenn ich nicht dort gewesen wäre, dann... dann...“ Sie schluchzte.
„Du warst es aber nun einmal. Jetzt ist es zu spät es zu ändern. Wenn Lehena uns nicht verraten hätte würden alle noch leben.“ Er erzählte ihr was Lehena getan hatte und während er es tat weiteten sich ihre Augen. Danach herrschte betretendes Schweigen.
Es roch nach Rauch.
„Lass uns weiter gehen.“
Sie wanderten den Tag lang bis spät Abends. Sie suchten Schutz in einer Höhle um zu schlafen. Keiner von Beiden schlief gut, oder lange und so brachen sie in der frühen Morgendämmerung wieder auf. Gegen Mittag kamen sie an eine weitläufige Ebene hinter der sich das Gebirge weiter erstreckte. In der Mitte der Ebene stand ein einziger Baum. Er war riesig. Sein Blätterdach überspannte fast die Hälfte der Fläche und überall an den Zweigen blühte es. Ein summen von Bienen lag in der warmen Luft.
Lasaar ging nah an den Baum heran und legte eine Hand auf den gewaltigen Stamm. „Er ist wunderschön“ hauchte sie mit Erfurcht. Plötzlich schien die Rinde des Baumes zu brechen. Erschrocken wich Lasaar von dem Baum zurück.
Ein wispern glitt durch die Zweige.
Dann bildete sich dort wo der Baum aufgerissen, aus dem Holz heraus ein Gesicht. Es war ein gütiges Gesicht, wie das eines Kindes, das schon über Tausende von Jahren alt war. Die Augen des Gesichts waren leere Höhlen die einen trotz der Leere in ihnen die Weisheit des Wesens erkennen ließen, das da aus dem Baum zu ihnen blickte.
Nhar hatte so etwas zwar noch nie gesehen, aber durchaus schon davon gehört. Vor ihnen lebte ein Naturgeist in einem Baum. Erfurcht schoss durch ihn hindurch.
„Ihr sucht etwas“, wisperte der Geist. „Ihr werdet es finden!“
Damit verschwand das Gesicht wieder im Baum.
„Was war das?“ fragte Lasaar mit einer piepsigen Stimme.
„Ein Naturgeist. Sie sagen die Wahrheit voraus wenn eine reine Seele die berührt.“
„Eine reine Seele... Das heißt wir werden den Ring finden!“ rief sie begeistert aus. Außer sich vor Freude umarmte sie den Baum.


Die Sitha

Nachdem sie den Baum verlassen hatten waren sie weiter gewandert, immer auf der Hut vor den Schergen des Unterdrückers. Gegen Abend hatten sie ein Wäldchen erreicht in dem sie Früchte gefunden hatten. Nun lagen sie nebeneinander in ihre Umhänge gerollt im Gras unter einem Baum und versuchten zu schlafen. Lasaar spitzte die Ohren. Da war etwas. Etwas in den Büschen um sie herum, dass nicht zu den üblichen Geräuschen einer Nacht gehörte. Langsam ohne ein Geräusch ihrerseits zu verursachen stand sie auf und huschte durch das Gestrüpp und lauschte erneut. Da war ein schlurfen von Schritten. Allerdings nur von einer Person. Sie lauschte angestrengt in die Dunkelheit hinein ob da noch andere Geräusche waren.
Die Schritte waren schwer und alleine. Weit und breit um sie herum war nichts anderes als Wald und das in einem großen Umfeld. Lasaar zog ihr Schwert.
Sie schlich den Schritten entgegen und versteckte sich hinter einem Baum bis die Schritte genau neben ihr waren. Dann schnellte sie hinter dem Baum hervor und schneller als ihr Gegenüber reagieren konnte, hatte sie ihm die Klinge an den Hals gesetzt.
„Wer bist du?“ zischte sie ihm ins Ohr. Es war eindeutig ein Mann, muskulös und in Rüstung. Die Rüstung des Unterdrückers. Sie fauchte. „Was willst du Scherge?“ sagte sie mit unterdrückter Wut. Sie war kurz davor ihm einfach die kehle durchzuschneiden als ihr einfiel das sie vielleicht zu fest auf die Luftröhre des Mannes drückte. Sie lockerte den Griff ein wenig und der Mann holte keuchend Luft.
„Ich bin kein Scherge!“ presste er mühsam hervor.
„Was bist du dann?“
„Ein Geflohener.“
„Ich glaube dir nicht.“
„Das ist dein gutes Recht.“
„Warum sollte ich dir glauben?“
„Weil du nur zwei Möglichkeiten hast.. Mich töten oder mir glauben.“
Seine Stimme überschlug sich fast vor Angst aber etwas darin ließ sie ihm glauben.
Sie stieß ihn von sich. Er fiel nicht hin, stolperte aber ein paar Schritte ungeschickt vorwärts und hielt sich an einem Baum fest. Er keuchte und zitterte.
Lasaar trat neben ihn und drehte ihn so herum das sie ihm in die Augen sehen konnte. Sie sah keinen Hass darin, wie bei den anderen die dem Unterdrücker folgten. Sie glaubte ihm.
„Wie heißt du?“ fragte sie barsch.
„ Seth. Darf ich deinen Namen auch erfahren? Das würde die Sache einfacher machen.“ Er versuchte zu Lächeln, doch es misslang kläglich.
„Lasaar“ herrschte sie ihn an. „Was tust du hier in dieser Einöde Seth?“
„Ich wollte zurück zu meiner Familie. Durch den Unterdrücker hab ich sie verloren. Sie lebten hier in dem Wald: Doch mein früheres Zuhause ist leer.“ Er schüttelte gedankenverloren den Kopf.
„Das tut mir leid.“
„Ich hab sie kaum noch in Erinnerung also ist es nicht so schlimm.“ Er Lächelte aufrichtig. Sie blickte ihn an. Er hatte etwas von Nhar in seinem Gesicht, wenn auch nicht viel. Er war vielleicht zwei Jahre älter als sie selbst, vielleicht auch drei. Dunkelbraune Locken umspielten sein Gesicht und grüne Augen schauten sie genauso an, wie sie ihn. Nach der gegenseitigen Inspektion senkten Beide verlegen den Blick.
„Wohin bist du unterwegs?“ fragte er interessiert nach einer Weile.
„Ich werde den Unterdrücker vernichten. Ich bin auch nicht alleine unterwegs.“
Seth zog die Luft durch die Zähne.
„Wie willst du das schaffen?“
„Ich werde den Ring der Elfen finden.“
„Den Ring aus der Legende?“
„Ja. Ich weiß das er existiert. Auf dem Weg hierher trafen wir einen Naturgeist.“
„Was hat er gesagt?“
„Das wir finden werden was wir suchen.“
Er nickte grübelnd.
„Ist es möglich das ich euch begleiten kann?“
„Warum solltest du das tun?“
„Ich hasse den Unterdrücker. Mehr als alles andere auf der Welt. Ich habe nie das Schwert mit ihm erhoben und auch nie mit ihm ziehen wollen. Ich musste meine Familie zurücklassen und meine Träume aufgeben. Das was ich mehr als alles andere auf der Welt möchte, ist ihn vernichtet zu sehen. Wenn ich dabei helfen kann, dann tue ich das auch.“
Lasaar überlegte. Er sagte die Wahrheit das konnte sie hören.
„Begleite uns“, sagte sie schlicht und wandte sich in Nhar’s Richtung.
Als Sie zusammen mit Seth unter den Baum trat schreckte er aus seinem Dämmerschlaf auf.
„Was ist los, Lasaar? Wer ist das?“
„Seth“ erklärte sie kurz. „Er wird uns begleiten.“
Nhar blickte ihm misstrauisch ins Gesicht.
„Warum trägt er diese Rüstung?“
„Weil er die Armee des Unterdrückers verlassen hat.“
Das Misstrauen wich nicht aus Nhar’s Augen.
„Ich glaube ihm Nhar!“
„Trotzdem solltest du ihm die Waffen abnehmen. Nur zur Sicherheit.“
Lasaar streckte die Hand in Seth’s Richtung aus ohne den Blick von Nhar zu nehmen. Seth seufzte, aber gab ihr das Schwert samt dem Wurfdolch, den Wurfsternen und vergifteten Nadeln, die in seiner Kleidung sorgfältig verborgen gewesen waren.
Sie warf alles vor Nhar ins Gras.
„Steck es ein, lass es hier, oder vernichte es. Ist mir gleich.“
Dann nach kurzem Überlegen hob sie das Schwert wieder auf und platzierte es neben ihrem eigenem an ihrer Seite.
Nhar packte die restlichen Waffen ein und stand auf.
Dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab und sie Erschöpfung stand ihm in sein Gesicht geschrieben.
Lasaar schenkte ihm ein Lächeln das er erwiderte.
„Lass und weiter gehen.“


Während sie sich durch den Wald geschleppt hatten sprach keiner von ihnen ein Wort. Die einzigen Geräusche um sie herum entstanden durch kleinere Tiere und Vögel die am Himmel kreischend und kreisend ihre Bahnen zogen.
Wenn man bedachte was die drei Vorhatten schien diese Atmosphäre schon beinahe zu friedlich.
Sie liefen den ganzen Vormittag ohne Unterbrechung, woraufhin sie am frühen Nachmittag das Ende das Waldes erreichten. Keiner von ihnen war je zuvor in dem Land der Schlangenmenschen gewesen und hatte daher keine Vorstellung wie es dort aussehen mochte. Die Ebene die vor ihnen lag erstreckte sich bis zum Horizont wo graue Schattenfelsformationen sie eingrenzte. Satte grüne Flächen die im Wind wie ein riesiges Meer wogten, soweit das Auge reichte. In der Ferne konnte man etwas funkeln und blitzen sehen.
Lasaar kniff ihre Augen zusammen und begriff was sie dort sah. Es war ein monströser Palast aus Kristall um den sich eine Stadt aus ebenfalls kristallenen Häusern und Hütten sammelte. Der Anblick war so Atemberaubend schön, dass sie ehrfürchtig den Blick nieder senkte. Die Stadt der Sitha war etwas Einmaliges. So etwas gab es nur einmal auf der Welt.
Sie beschlossen noch im Schutz der Bäume zu rasten und dann später weiter zu ziehen da keiner on ihnen wusste wie die Sitha auf Eindringlinge in ihr Reich reagieren würden. Nhar hatte gelesen das die Schlangenmenschen nur selten Menschen zu sich ließen und die wenigsten verließen ihre Stadt auch wieder.
„Wir können von Glück reden wenn wir überhaupt rein kommen“ meinte Nhar unglücklich.
„Mal die Wand nicht schwarz bevor sie dreckig ist“ bluffte Lasaar zurück. Sie gereizt und nervös. Wenn die Sitha sie nicht willkommen hießen dann hätten sie keine Möglichkeit einen Hinweiß auf den Ring zu finden. Grimmig starrte sie in die Baumwipfel hinauf. Die Blätter rauschten im Wind leise vor sich hin. Zwischen den Zweigen saß etwas. Es war so grün wie die Blätter selbst und hatte glatte schuppige Haut. Erschrocken setzte sie sich auf und starrte wie gebannt nach oben. Der Sitha kam aus dem Blätterdach hervor und auch Seth und Nhar schreckten auf.
Es war als hätte der Sitha keine Knochen in sich. Er schlängelte sich von Ast du Ast herunter zu ihnen. Lasaar’s Hand wanderte instinktiv zu der Waffe an ihrem Gürtel, doch sie zog sie nicht. Die langen Haare des Sitha hingen ihm in Strähnen über das Gesicht und seine ocker farbenen Augen glommen darunter hervor. Trotz der ungewohnten Haut und den Augen sah er einfach nur schön aus. Lasaar fand kein anderes Wort um ihn zu beschreiben.
Unten angekommen stellte sie fest das er weit aus größer war als sie selbst oder Seth bei dem sie schon den Kopf nach oben heben musste.
„Kann ich euch behilflich sein?“
Die Stimme klang so fein und zerbrechlich wie die einer Fee, nur das sie zu ihm passte. Irgendwie.
Lasaar holte tief Luft um zu erklären wieso sie hier waren. Der Sitha hörte zu, fragte nicht dazwischen und nickte ab und zu. Als Lasaar ansprach das sie den Ring der Drachenherrscher finden wollten, zuckten seine Lippen, doch er schwieg. Als sie endete war seine Miene undurchdringlich.
„Ich werde euch zum Palast bringen. Die Informationen die ihr braucht sind vermutlich in der Bibliothek auffindbar, doch bevor ihr dort lesen dürft, müsst ihr mit unserem Herrscher sprechen. Er weiß mehr als das ganze Volk der Sitha.“ Er nickte um seine Worte noch zu bestätigen. „Ich werde eure Bitte überbringen. Da ich schneller bin, werde ich vorgehen um dies zu tun. Wenn ihr hier warten wollt, bleibt hier, wenn nicht geht in Richtung Palast.“ Damit verschwand er als hätte es ihn nie gegeben.
Sie beschlossen nicht zu warten, dafür war die Angelegenheit zu dringlich.
Es dauerte lange das Grasland zu durchqueren und so wurde es schon Dunkel als der Sitha aus dem Nichts erschien.
„Unser Herr möchte euch herzlichst einladen seine Gäste zu sein. Die Audienz wird sobald ihr ankommt statt finden.“
„Ich danke dir“ sagte Lasaar mit einem Lächeln.
„Dankt nicht mir“ gab er zurück. „Dankt meinem Herrn wenn ihr ihm gegenübersteht.“
Sie nickte und setzten ihren Weg fort. Als sie die ersten Häuser der Stadt erreichten blieb Nhar die Luft weg. Diese kunstvoll geschaffenen Häuser waren nicht gebaut worden. Es schien gerade so als wären sie direkt aus dem Boden gewachsen. Staunend durchquerten sie Straßen an deren Seiten sich immer mehr gaffende Sitha ansammelten. Kinder, Erwachsene, Alte, alle Alterstufen waren vertreten.
Lasaar fühlte sich unter den Blicken unwohl doch tat ihr bestes es zu verbergen. Sie wollte nicht unhöflich erscheinen.
Vor dem Gewaltigen Palasttor hielten sie inne bis sich die Flügel geöffnet hatten. Es sah aus als würden sich Schmetterlingsflügel in die falsche Richtung falten. Nach dem durchschreiten starrte niemand mehr sie an. Ja niemand achtete auch nur auf sie. Die Sitha die hier drinnen umher liefen blätterten in Büchern oder eilten einfach in verschiedenen Richtungen umher. Es waren ausnahmslos junge Sitha.
Sie stiegen viele Treppen hinauf und erreichten erneut einen riesigen durchlass der noch prunkvoller geschmückt war als alles andere. Verschieden farbige Kristalle waren in die Flügeltüren eingearbeitet und falteten sich wie ein Blütenblatt auf. Der Sitha der sie begleitet hatte winkte sie hindurch, blieb aber selbst draußen stehen.
Drinnen waren die Wände weiter mit den Kristallen verziert worden und es schien als würde der ganze Raum pulsieren. Wie ein riesiges lebendes Herz. Lasaar erschauerte bei dem Gedanken daran das es wirklich eines sein könnte.
„Tretet näher.“ Kam eine glockenhelle Stimme aus dem Hinteren Teil des Raumes. Dort standen drei ausgehöhlte Kristalle, glitzernd wie die Sonne und in ihnen saßen drei strahlende Sitha, eine Frau die die Hand ihres Mannes hielt und ein Mädchen in Lasaar’s Alter, dass wie Eis glitzerte. Die Haut der drei schien von innen heraus zu leuchten, wie Lampen und sie waren weiß wie Schnee. Ihre Augen blickten die Besucher rot glimmend, aber freundlich an.
Nhar lief es kalt den Rücken hinunter bei diesem Anblick.
Es sah so unreal aus, als ob er in einem Traum wandeln würde. Die drei Sitha trugen weiße lange, wallende Roben die sich noch auf dem Boden kräuselten. Die Kleider wirkten fast lebendig so wie sie fielen.
„Willkommen in meinem Reich“ sagte der Mann und winkte sie näher heran.
„Ich hörte von dem was ihr sucht.“
„Wisst ihr wo es sein kann?“ fragte Nhar ehrfürchtig noch immer nicht fähig den Blick von den glimmenden Schlangenmenschen abzuwenden.
„Ich weiß es ganz genau. Vor langer Zeit versteckte der alte König der Elfen den Ring um ich dem Unterdrücker unzugänglich zu machen. Er vertraute sich niemandem an wo er ihn verstecken würde, so weit ich weiß, doch erschrieb es nieder in einem Dokument. Dieses Dokument habe ich verbrennen lassen nachdem ich es gelesen habe.
Lasaar keuchte erschrocken.
Der Herrscher der Sitha lächelte ihr zu.
„Ich habe es natürlich vorher gelesen. Ich bin davon überzeugt das dieses Geheimnis in deinen Händen gut aufbewahrt ist, wenn ich es dir verrate. Der Ring der Drachenherrscher, soll sich im Gebirge befinden, das hinter meinem Reich liegt. Auf dem Höchsten Gipfel wird es von einem Zauber bewacht. Wenn ein Elf mit reinem Herzen und guten absichten ihn berührt, kann er den Ring entwenden. Wenn ich in deine Augen blicke Lasaar, dann sehe ich ein Herz, das es reiner nicht sein könnte.
Außerdem ist Krieg im Land des Windes ausgebrochen. Wenn der Unterdrücker nicht bald aufgehalten wird, dann geht auch mein Volk unter.“
Er stand auf und streckte ihr die Hand entgegen. Als seine Haut berührte fühlte sie sich in die Luft gehoben. Als sie blinzelte fand sie sich über dem Gebirge wieder das er ihr eben benannt hatte. „Folge dem Weg durch die Berge, Lasaar und finde den Ring“ flüsterte seine Stimme in ihren Gedanken und sie flog über sie Berge mit den Augen einen sich schlängelnden Pfad folgend der vor dem Höchsten berg endete.
Der Schlangenherrscher löste seine Hand von der ihren und Lasaar taumelte.
Sie fand sich aus dem schwebenden Gefühl herausgerissen auf dem Boden der Realität wieder.
Seth fing sie auf bevor sie stürzen konnte und barg sie schützend in seinen Armen. Er roch nach Sonnenschein und Wind. Sie atmete diesen wunderbaren Geruch tief ein und blickte ihn an. Sanft schob sie ihn von sich weg und drehte sich wieder dem Sitha zu. „Ich danke ihnen so sehr!“
Er nickte wohlwollend und lächelte.
„Ihr solltet so bald wie möglich aufbrechen. In meinem Reich kann der Unterdrücker euch nichts anhaben, aber sobald ihr es verlasst und in die Berge zieht seit ihr wieder seinem Blick ausgesetzt. Es wäre besser er würde euch nicht sehen.“
Lasaar nickte.
„Wenn ihr mich und meine Begleiter noch mit Proviant ausstatten würdet würde ich sofort wieder aufbrechen.“
Der Sitha überlegte kurz und klatschte dann in die Hände. Eine Tür zur Seite der Halle flog auf und Bedienstete wuselten herein, beladen mit neuem Proviant und Kleidung.
„Die Umhänge sind mit einem Zauber durchwoben der euch von Oben unsichtbar machen wird.“
Lasaar ließ den feinen Stoff durch ihre Finger gleiten. Er fühlte sich an wie Seide, schien aber gleichzeitig so gemacht zu sein das er warm hielt.
„Ich danke euch!“
Ein Lächeln breitete sich über das Gesicht des Sitha aus.
„Ich wünsche euch Zweien Glück.“
Lasaar blickte verdutzt auf. Wieso Zwei? Sie waren Drei!
Verwirrt bemerkte sie das die Bediensteten auch nur wie Umhänge gebracht hatten.
„Was...?“
„Nhar möchte nicht weiter reisen.“ Beantwortete der Sithaherrscher die unausgesprochene Frage.
Lasaar drehte sich zu ihm um und unter ihrem Blick errötete er.
„Ich wollte darum bitten hier einmal die Bibliothek ansehen zu dürfen und auch in einigen Büchern zu lesen wenn es mir gestattet wird“ murmelte er betroffen und wendete den Blick ab.
Lasaar lächelte ihn an.
„Du kannst machen was du willst! Du musst mich nicht weiter begleiten Nhar. Ich würde doch auch gerne einmal einen Blick in diese unglaubliche Bibliothek werfen, aber“, sie blickte auf den Umhang in ihren Händen, „Ich muss weiter reisen.“
Wieder rot anlaufend umarmte er sie und wich dann hastig wieder zurück.
„Dürfte ich denn bleiben?“
Die Frage war an den Sitha gerichtet der wohlwollend nickte.
„Ich werde dich unglaublich vermissen Nhar“ seufzte Lasaar.
Schon kurze Zeit später verließen Seth und sie den Palast wieder und Nhar blieb alleine zurück.
„Viel Glück!“ rief er ihnen hinterher und winkte.


Die Bibliothek

Als Lasaar und Seth den Palast verlassen hatten stand Nhar nur noch alleine in dem riesigen Thronsaal.
„Ich freue mich einen würdigen einladen zu dürfen meine Bibliothek zu erkunden. Zathi“, er deutete auf das Mädchen, „wird sich begleiten und dich herumführen.“
Als das Mädchen aufstand wallte ihr Gewand über den Boden wie ein Wolke auf ihn zu und ihre Haare schwebten anmutig um ihr feines Gesicht. Nhar lief rot an.
„Ich danke euch von ganzem Herzen dafür! Es ist mir eine Ehre das ihr mir euer Vertrauen schenkt.“
Der Sitha nickte und Zathi glitt an seine Seite.
„Folge mir doch bitte.“
Der klang ihrer Stimme war wie die eines Vogels. Singend und wiederklingend. Nhar wusste nicht wie ihm geschah. Verlegen folgte er ihr noch immer rot im Gesicht.
Zathi schien nicht zu laufen, sondern die Gänge des Schlosses entlang zu fließen. Ihre Gestalt floss aufrecht Treppen hinunter und hinauf bis sie vor einem Durchgang anhielt und wartete bis Nhar neben sie getreten war.
„Die Bibliothek“ sagte sie schlicht und lächelte ihn aufmunternd an durch den Türbogen zu treten. Nervös schritt er hindurch und erstarrte. Wie alles hier schien auch die Bibliothek wie gewachsen. Sie schien Höher als das Ganze Schloss sein konnte und Regale, Treppen und Gänge zu Seiten der Regale waren Fugenlos miteinander Verbunden. Auf mittlerer Höhe befand eine durchsichtige Plattform. Auf der blassgrüne Tische und Stühle standen. Licht fiel durch eine hellgrüne Glasskuppel auf den kristallenen Innenbau und ließ alles glitzern und glänzen.
„Beeindruckend nicht wahr“ lachte Zathi als sie sah wie er mit offenem Mund da stand.
„Es ist wundervoll“ hauchte er leise und trat einen Schritt vorwärts.
„Als ich noch ein Kind war, habe ich Stunden hier zugebracht und bin durch die Gänge gelaufen. Nur um alles anzuschauen. Um ehrlich zu sein habe ich insgesamt nur vier Bücher geöffnet.“
Er schaute sie beinahe ungläubig an. Wenn er hier leben dürfte, dann hätte er jeden Tag hier gelesen.
„Ich weiß ich sollte es nutzen hier zu lesen,“ fuhr sie fort und ging weiter in den Raum hinein auf eine Treppe zu, „aber ich mag es mehr mir alles genau anzuschauen.“
Nhar folgte ihr die Stufen der sich ringelnden Treppe nach oben, noch immer absolut in den Bann dieser Hohen Regale gezogen.
„Wenn ich fragen darf, wonach suchst du eigentlich in der Bibliothek?“
„Ich weiß nicht. Ich hatte vor mich erst einmal umzusehen und vielleicht das ein oder andere Buch aufzuschlagen wenn es interessant aussieht.“
Sie lachte auf und ihr Lachen hallte von den Kristallwänden wieder.
„Alle Bücher sehen hier interessant aus“, schmunzelte sie.
„Du musst schon nach etwasgenaueres Ziel haben. Aber lass dir Zeit zum überlegen. Denn wir haben genug.“


Der Aufstieg

Lasaar hatte es mittlerweile bereut sofort weiter gezogen zu sein. Es war absolut Dunkel und kalt und schon nach kurzer Zeit waren ihre Umhänge durch das feuchte Gras nass und schwer.
Sie blickte zu dem Wolkenverhangenen Mondlosem Himmel auf und hoffte inständig das der Morgen bald kommen würde.
Als er dann kam waren sie schon seit einiger Zeit im Gebirge unterwegs und stiegen ohne unterlass den gewundenen Pfad hinauf und hinab den Lasaar in Gedanken gesehen hatte. Schon bald ging ihr Beide Atem schwer und die Luft wurde dünner. Nach zwei Tagen mühsamer Wanderung standen sie am Fuße des höchsten Berges und begannen ihn zu erklimmen. Es wurde immer kälter je höher sie kamen und bald lag Schnee und Eis auf ihrem Weg. In der nacht überraschte sie ein Schneesturm.
Peitschender Wind versuchte sie aus der Felsspalte herauszufegen in die sie sich geflüchtet hatten. Dicht aneinander geklammert saßen frierend in dem naturgeschaffenen Spalt und zitterten.
Es war für Lasaar als ob sie Seth schon ihr ganzes Leben lang kennen würde. Als ob er das fehlende Puzzelteil wäre das immer in ihrem Leben gefehlt hatte und als sie ihm in die Augen sah wusste sie plötzlich das es ihm ebenso ging. Sie dachte an Saale und bemerkte das die Lücke die er in ihr Herz gerissen hatte nicht mehr leer war. Seth füllte sie vollkommen aus und er würde sie nicht mehr alleine lassen. Da war sie sich sicher.
Er berührte mit den Fingerspitzen ihr Gesicht und hob ihr Kinn an. Dann küsste er sie. Zuerst vorsichtig, dann fordernder während draußen der Schneesturm tobte. Die Welt schien nicht mehr zu existieren. Lasaar schmeckte Sommer in seinen Küssen und seine Berührungen hinterließen auf ihrer Haut ein angenehmes Prickeln. Schon bald vergaß sie die Zeit.


Die Entdeckung

Nhar hatte sich die Bibliothek voll und ganze zu Gemüte geführt. Er hatte jeden Gang erkundet, war mit den Händen vorsichtig über dicke Büchereinbände gestrichen und hatte hier und da einmal eines herausgezogen und ein paar Sätze gelesen. Zathi begleitete ihn die ganze Zeit hindurch und die Beiden verließen die Bibliothek nur um zu essen oder zu schlafen. Schon am zweiten Tag kam es Nhar so vor als seihe Zathi zu seinem eigenen Schatten geworden. Überall wo er war, war auch sie. Er war dem nicht abgeneigt und sie genoss seine Anwesenheit die es ihr gestattete sich ihren Pflichten als Tochter ihres Vaters zu entziehen.
Nhar war noch immer begeistert von den Bücherreihen und dem Geruch von frischem und altem Papier in der Luft als ihm ein Buch in die Hände fiel. Überrascht fing er es auf und blickte fragend zu Zathi.
„Wenn ein Buch spürt das es gebraucht wird kommt es von ganz alleine zu dem der es unbeabsichtigt sucht“ erklärte sie. Er schaute auf den Einband und stutzte. Es stand nichts darauf. Bis dahin hatte er auf jedem Buch einen Titel oder zumindest einen Autor gefunden. Vorsichtig schlug er die vergilbten Seiten auf und begann zu lesen.

...und der König der alten Elfen verkündete das der Ring verschwinden würde. Er wusste das er nicht mehr lange leben würde und opferte sein leben um den Ring der Drachenherrscher zu verstecken. Er schrieb einen Brief an den Herrscher der Sitha in dem er das Versteck des Ringes verriet. Doch der Ort den er nannte benutzte er nur um vom eigentlichen Versteck des Ringes abzulenken. Der Ring der Drachenherrscher befindet sich nicht auf dem höchsten Gipfel des Sitha Gebirges. Er befindet sich im Land des Windes. Ein Naturgeist hält den Ring solange im Baum versteckt bis ihn ein Elf mit reinem Herzen darum bittet ihm den Ring zu geben. Diejenigen die den höchsten Gipfel im Sitha Gebirge aufsuchen, werden ihn nie erreichen. Der alte König der Elfen legte einen Kälte-Zauber über den Berg. Jeder der es versuchen sollte den Ring zu finden, sollte sterben...

Nhar’s Herz setzte kurz aus und schlug dann panisch weiter. Wenn Lasaar und Seth schon zu weit oben am Berg waren dann wäre es um die Beiden geschehen und der Ring würde nicht aus dem Baum gerettet werden. Er war sich sicher das der selbe Naturgeist den sie auf ihrer Reise getroffen hatten den Ring versteckt hielt. Er fluchte und klappte das Buch wütend zu. Verwirrt blickten ihn die Zathi’s Augen an.
„Sie laufen in den tot“ beantwortete er ihre unausgesprochene Frage.
„Wenn man sie nicht aufhält werden sie erfrieren.“
Schnell faste Zathi in bei der Hand und rannte die Stufen hinunter die sie eben erst hochgestiegen waren.
Sie raste mit ihm in Schlepptau durch den Palast und blieb erst vor einer schlichten Tür wieder stehen. Nhar keuchte vor Anstrengung, doch Zathi ignorierte ihn komplett. Laut klopfte sie an der Tür die sich sofort öffnete. Das besorgte Gesicht ihres Vaters erschien.
„Was ist passiert?“
Alarmiert schloss er die verstörte Zathi in seine Arme und berührte ihre Stirn. Nach wenigen Augenblicken verzerrte sich sein Gesicht schreckhaft und seine Augen weiteten sich.
„Ich werde sofort Jemanden losschicken der sie aufhält.“


Der Ring

Sie fühlte sich miserabel als sie langsam aufwachte. Kopfschmerzen hämmerten an ihren Schläfen und ihr war erbärmlich kalt. Ein Schauer nach dem anderen jagte durch ihren Körper und ließ sie unkontrolliert zittern.
Lasaar versuchte die Augen zu öffnen doch es gelang ihr nicht. Sie versuchte es erneut und diesmal öffneten sie sich wenigstens soweit das sie etwas erkennen konnte. Als sie ihre Umgebung erkannte setzte sie sich mit einem ruck auf und sank wimmernd zurück. Ihr Kopf schien zu explodieren und sie vergrub ihn zwischen ihren Knien. Sanfte Fingerspitzen berührten sacht ihre Stirn und der Schmerz ebbte langsam ab.
„Du solltest dich nicht so heftig bewegen. Das macht es nur noch schlimmer.“
Sie murmelte etwas unverständliches und öffnete dann erneut die Augen. Sie schaute in das Gesicht das sie aus dem Thronsaal im Sithapalast kannte. Es war das Gesicht das Mädchens das neben dem Herrscherpaar gesessen hatte. Ihre weißen Haare flossen um ihr lächelndes Gesicht. Hinter ihr erkannte sie ein Bett auf dem eine zugedeckte Gestalt lag und neben dem Mädchen stand besorgt drein guckend Nhar.
„Was ist denn passiert?“ stöhnte sie auf. Verwirrung machte sich in ihrem malträtiertem Kopf breit.
Nhar erklärte ihr was er gefunden hatte. Das sie nur knapp dem Tode entronnen war und Seth ebenso.
„Wie geht es ihm?“ Ihr Blick irrte zu Seth’s Bett hinüber.
„Es könnte besser sein aber er ist außer Gefahr. Er hatte leichte Erfrierungen, genauso wie du im übrigen, die wir behandeln konnten. Ihr werdet Beide keine bleibenden Schäden davon tragen.
Erleichterung machte sich in ihr breit. Sie hatte ihn nicht verloren.
Nhar sah was in ihr vorging und musste breit grinsen. Er gönnte es ihr Glücklich zu sein.


Lasaar war es nicht möglich aufzustehen. Drei Tage erholte sie sich. Am zweiten hatte sie mit Seth sprechen können.
„Ich hatte schon gedacht ich hätte dich verloren...“ flüsterte er ihr zu.
Am vierten Tag hatte sie sich so weit regeneriert das sie versuchen wollte aufzustehen. Noch ein wenig wackelig auf den Beinen schaffte sie es schließlich einmal im Gang rauf und runter zu laufen. Danach war sie so erschöpft das sie wie ein Stein einschlief.
Durch Zathi’s und Nhar’s Heilzauber genas sie schnell. Nach einer Woche ließ sie Zathi die Nachricht an ihren Vater ausrichten das sie am nächsten Tag aufbrechen würde.
Der Sitha suchte sie noch am Abend des selben Tages Lasaar in ihrem Zimmer auf.
„Ich wollte mich Verabschieden,“ meinte er und ließ sich auf den Stuhl zwischen den zwei Betten nieder sinken.
„Ihr müsst vorsichtig sein wenn ihr im Land des Windes reist. Die Belagerung hat sich auf den Nordwesten verlagert, was euch automatisch näher an das Geschehen heranbringt. Wenn ihr den Ring einmal habt und die ihn benutzt, Lasaar, dann wird der Unterdrücker das merken. Sobald du ihn benutzt werden alle Drachen dieser Welt dir gehorchen. Auch die, die der Unterdrücker befehligt. In den vergangen Jahren hat sich ihr Bestand stark vermindert. Trotzdem sind noch viele am Leben. Sei vorsichtig Lasaar. Der Unterdrücker ist mächtig. Die Magie die er sich angeeignet hat ist stark. Nhar ist zwar ein guter Magier, doch hat er nicht einmal einen Bruchteil der Macht die der Unterdrücker besitzt. Seid vorsichtig.“
„Das werden wir sein. Ich schwöre euch, ich werden diese Tyrannei beenden und wenn es mein eigenes Leben kostet..“
„Ich hoffe wir werden uns wieder sehen.“
Der Sitha nickte ihr noch einmal zu und erhob sich.
„Das hoffe ich...“, flüsterte sie grübelnd als er schon das Zimmer verlassen hatte.


Schon am frühen Morgen waren sie abgereist. Nhar hatte sich von Zathi verabschiedet. Sie hatten sich umarmt und sie flüsterte so leise das nur er es hören konnte, „Komm bitte wieder zurück...“
Er hatte noch immer den Klang ihrer Stimme in seinem Kopf und Lächelte ununterbrochen. Nicht mal als Lasaar in damit neckte verließ ihn seine gute Laune.
Es wurde später Nachmittag bis sie den Baum wieder gefunden hatten.
Die nervöse Spannung die besitz von ihnen ergriffen hatte ließ die Luft förmlich knistern.
Lasaar legte ihre Hände auf den Baum.
„Ich bitte um den Ring der Drachenherrscher“ sagte sie zeremoniell.
Ein Windstoß wehte durch die mächtigen Zweige des Baumes und Blätter wirbelten durch die Luft.
Dann bildete sich aus der Rinde heraus, ein Kreis. Die Stelle leuchtete in einem warmen gelben Licht und dann durchbrach der Ring die Rinde die sich hinter ihm wieder schloss.
Ehrfürchtig fing Lasaar den Ring mit beiden Händen auf und blickte ihn bewundernd an.
Der Ring war schlicht und einfach gearbeitet. Ein grob behauener Metal Ring, groß genug um auf dem Kopf eines Jeden halt zu finden. Das einzig Auffällige an ihm war ein kleiner meerblauer Kristall der warm leuchtete.
„Du hast es geschafft!“ jubelte Nhar und umarmte sie freudig. Seth umarmte beide gleichzeitig mit seinen langen Armen und drückte sie so fest das sie fast keine Luft mehr bekamen.
Er küsste Lasaar liebevoll auf die Stirn und sie seufzte wohlig.
Nhar trat ein wenig beiseite. Es war ihm unangenehm das Glück der Beiden zu stören.
Alle drei beruhigten sich langsam wieder uns überlegten was sie nun tun sollten.
„Ich muss den Ring aufsetzen... Ich darf es aber erst tun, wenn wir nahe genug an der Schlacht dran sind und am besten sollte ich den Hauptkommandanten benachrichtigen damit es keine Verwirrung gibt. Die Drachen des Unterdrückers müssten dann sofort das Blatt wenden können.“
Dem wurde zugestimmt und die Drei machten sich wieder auf den Weg.
Es kam Lasaar so vor als würde die Zeit fliegen. Im einen Moment war sie noch auf der Wiese bei dem Baum, im anderen auf einem Schlachtfeld von unglaublichen Ausmaßen und einem Getöse von Schlachtrufen, Todesschreien und Waffengeklirr.
Nachdem sie die Situation dem Hauptkommandanten erklärt hatte und dieser dem Plan zugestimmt hatte wurden sie, abgeschirmt von hundert Kriegern, in die Vordere Verteidigungslinie geschleust.
Lasaar roch schon von weitem das Blut mit dem sich die Kleider der Kämpfenden getränkt hatte. Nahe genug heran an die Angreifenden hob sie den Ring über den Kopf.


Der Kampf

Als Lasaar den Ring überstreifte erscholl ein markerschütterndes Brüllen quer über die Ebene. Eine dunkle schwarze, wirbelnde Nebelwand so dick, kalt und unantastbar das sie wie eine Wolke wirkte, raste auf die drei zu und die Wand hatte ein Gesicht. Das Gesichtes des Unterdrückers. Als die Kälte und der Wind so stark wurden das sie kaum noch in der Lage waren sich auf den Beinen zu halten, brach der schwarze Sturm ab und er stand vor Ihnen. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt und seine Augen quollen fast aus ihren Höhlen.
Noch nie zuvor hatte Lasaar ihn gesehen. Der Unterdrückers war nicht alt, wie sie gedacht hatte, nein, er war jung. Doch selbst diese junge Gestalt bestand aus purer Bosheit. Die schwarzen Drachenhautgewänder des Tyrannen wehten im Wind, so das es aussah als wäre er selbst ein schwarzer Drache.
Das was Lasaar an ihm fesselte, war nichts von alledem. Nein, es waren seine durchgehenden Bernsteinaugen Augen und sie war sich sicher das unter der Kapuze seines wallenden Umhanges meerblaues Haar verbarg, neben dem ein paar spitzer Ohren wuchs.
Der Jenige der sie alle verraten und ihr Volk vernichtet hatte, war einer von ihnen und er hatte ganz bewusst so gehandelt. Er war verantwortlich für den Tot Saale’s und ihres Vaters, ihrer Heimat. Er hatte so viele Menschen umgebracht und würde noch mehr ermorden wenn sie ihn nicht stoppte.
Die Drachen, angestachelt durch die Wut Lssaar’s begannen unter den Kriegern des Tyrannen zu wüten, sie zu zerfetzen. Ihr Herz schmerzte heftig und ihr war kalt. Der Unterdrücker selbst begann zu lachen, belustigt über ihren Schmerz den er ihr zufügte, alleine durch seine Anwesenheit. Darüber das er sie lenken konnte, darüber das die neue Drachenherrscherin sich selbst zerstören würde wenn sie sich nicht lernte zu kontrollieren.
Plötzlich brach um sie herum die Hölle los. Aus dem Nichts materealisierten sich neue Krieger des Unterdrückers und Seth hechtete zu ihnen hinüber um die erstarrte Lasaar zu verteidigen. Nhar hatte die Arme ausgebreitet und murmelte konzentriert Beschwörungsformeln. Eine Wand aus beschützendem Wind wuchs empor und hüllte ihn und Lasaar ein. Pfeile prallten gegen Nhar’s geschaffene Wand und zerbrachen. Lanzen suchten sich ihren Weg durch die steinhart gewordene Materie und Schwerter zerbrachen als sie, sie berührten.
Der Unterdrücker stand völlig unbeeindruckt da, rührte keinen Finger und dazu hatte er auch keinen Grund. Niemand wagte es auch nur in seine Nähe zu kommen. Nhar perlte der Schweiß von der Stirn und seine Knie begannen zu zittern.
Als sein Zauber erlosch drang ein Schrei zu ihnen. Wahrscheinlich hörte man ihn selbst noch unten auf der Ebene wo tausende der Krieger starben.
Seth sackte mit einem letzten Seufzer zusammen und riss das kristallene Schwert des Unterdrückers mit sich. Sein Gewand färbte sich in pulsierenden Strömen rot und seine Augen wurden glasig, leer. Mit einer Handbewegung des Unterdrückers, schleuderte das Schwert, das eben noch in Seth steckte, eben diesen vor die Füße Lasaar’s.
Wie in Trance sank sie auf die Knie und berührte Seth’s Gesicht. Es war nass vor Schweiß und Dreck verkrustet, aber es war auch noch etwas. Leblos. Seth war tot.
Nein er konnte nicht tot sein das war vollkommen unmöglich dachte Lasaar bei sich.
„Nein", flüsterte sie.
„Nein hörst du mich, du darfst mich nicht alleine lassen!" sie begann ihn wie wild an den Schultern zu rütteln. Tränen rannen ihr übers Gesicht.
„Du hast es mir versprochen!"
Haltlos Schluchzend sank sie über ihm zusammen. Alles um sie herum begann zu verschwimmen, zu verlaufen. Es sah aus als würde die Welt wie sie, sie kannte beginnen zu schmelzen und zu einer unförmigen Masse zu gerinnen.


In Wirklichkeit tobte die Schlacht noch immer. Nhar hatte beobachtet wie Seth gestorben war und Lasaar zusammenbrach aber er konnte nichts tun er musste sich seiner eigenen Haut wehren. Das Schlimme war, das durch Lasaar’s verwirrten Geist die Drachen genauso unberechenbar waren wie sie.
Sie nahmen jetzt keine Rücksicht mehr auf Unschuldige und brachten jeden zu Fall der ihnen in den Weg kam. Nhar duckte sich unter den gewaltigen Flügeln von einem der Drachen als dieser zu taumeln begonnen hatte und auf den Boden zu fiel. Er konnte nicht viel ausrichten. Er war Magier kein Kämpfer. Selbst seinen eigentlich erstaunlichen Kräften waren Grenzen gesetzt.
Wenn Lasaar nur wieder Kontrolle erlangen würde, hätten sie vielleicht eine größere Chance.
Lasaar drückte ihren warmen Körper an Seth’s und streichelte ihm über die Wange. Sie konnte ihn nicht loslassen, sie konnte nicht! Jeder der ihr etwas bedeutet hatte war tot, vernichtet, gestorben, zerstückelt, verbrannt, zerfetzt, durchbohrt...
Niemand würde sie je zurück holen. Lasaar merkte nicht was um sie herum geschah und glitt langsam in eine fremde Welt über. Die Welt, in die man sich vor allem, was einem Angst macht flüchtet. Seth lebte dort und schloss sie in seine Arme.
Er küsste sie und hielt sie fest. „Ich hab dich nicht verlassen." hauchte er ihr zu.
„Ich musste nur einen anderen Weg gehen hörst du? Ich muss gehen das ist mein Weg und deiner ist woanders." Und auch diese Welt zerbrach in tausend Spiegelscherben. Vollkommene Schwärze verschlang sie und Seth.
Tränen flossen ihr erneut übers Gesicht und malten Muster in den Schmutz.
„Du kannst auch ohne mich stark sein. Du musst es! Wenn du nicht wieder zurück kommst, Lasaar, dann sterben noch mehr Unschuldige!" Er drückte die mit sanfter Gewalt von sich weg. „Willst du das?" „Nein" murmelte sie kraftlos. „Dann geh! Geh und bring ihn um diesen alten Kerl, und nimm ein paar von denen mit, die ihm Unterstehen."


„Lasaar!" brüllte Nhar aus Leibeskräften. Mittlerweile war er heiser und jeder Atemzug schmerzte ihn in der Brust. Wie lange das nun schon andauerte wusste er nicht, er musste nur Lasaar finden.
Bereit auf den erneuten Schmerz in der Lunge holte er tief Luft um erneut nach ihr zu rufen. „Lasaar! Lasaar, verdammt antworte!"
Selbst wenn Lasaar das Gehör einer Maus verfügen würde, hätte es keinen Sinn gehabt weiter zu rufen. Sie würde ihn nicht hören.
Auf einmal stolperte er und fiel der Länge nach hin. Ein Arm lag auf dem Boden und er war geradewegs darüber gestolpert. Fluchend rappelte er sich auf und wurde gleich darauf wieder hingeworfen und dann... ...versiegte die Bewegung.
Statt tot getrampelt zu werden wie es vielen schon ergangen war, konnte er aufstehen. Selbst die Drachen waren auf einmal verschwunden. „Was..." das Wort blieb ihm im Halse stecken.
Lasaar, schwebte.
Nein besser gesagt sie flog. Aus ihrem Rücken heraus waren schwarze ledrige Schwingen gewachsen, mit denen sie kraftvoll schlug. Es schien als würde sie fast vollkommen still in der Luft zu schweben. „Lasaar!" schrie er erneut.
Lasaar war zornig.
Sie war Enttäuscht, wütend und verletzt.
Das letzte Geschenk, neue Kraft die Seth ihr gegeben hatte, würde sie weise einsetzten.
Schwer schlug sie mit den schwarzen Schwingen. Der Unterdrücker starrte sie an. Beinahe ängstlich schaute er zu ihr hoch, wie ein kleines Kind.
Nur das er das nicht war. Die unstillbare Wut in ihr verlangte nach Rache nach Blut und zwar nach seinem.
Mit einem Aufschrei stürzte sie vom Himmel wie eine lebendig gewordene Rachegöttin die alles zerstört was ihre Krallen zu fassen bekommen.
Sie berührte die Schultern des Tyrannen mit einer ledrigen Schwinge und riss ihn auf die Knie. Mühsam drehte sie in der Luft und stürzte wieder vom Himmel. Immer und immer wieder.
Plötzlich, ohne Vorwarnung zuckte ein grüner Blitz nach oben und zerriss Lasaar’s rechten Flügel.
Sie fiel und prallte hart auf der Erde auf. Blut spritzte und in ihr zerbrach etwas mit einem widerlichem Geräusch. Sie konnte nicht einmal Schreien, denn die Luft wurde ihr aus den Lungen gepresst. Sie würgte und spuckte Blut. Ein Schatten wuchs über ihr empor und jemand lachte. Es war ein kaltes, grausames Lachen.
Die Spitze eines Stiefels rammte sich urplötzlich in ihre Rippen und sie spürte wie einige unter dem Tritt brachen. Und zum ersten mal sprach er zu ihr.
Er öffnete nicht den Mund und auch sonst niemand hörte wie sich die spitzen windigen Worte in Lasaar’s Gehirn bohrten und ihr Schmerz zufügten. Sie krümmte sich unter jedem einzelnem Wort und schrie, schrie so laut wie sie noch nie in ihrem Leben geschrieen hatte. Blut quoll ihr aus Mund und Nase. War es das? Ist das der Tot?
Urplötzlich verstummten die Messer in ihrem Kopf und sie spürte jeden einzelnen auch noch kleinen Schmerz in ihrem Körper. Auf einmal wirbelten neben ihr schwarze Gewänder in einem Knäuel mit braunen, und grüne Blitze leuchteten auf.
Nhar!
Stöhnend arbeitete Lasaar sich auf die Knie. Ein Bein war gebrochen und sie stützte sich auf das andere was heftig zitterte. Ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt. Aber sie würde Nhar nicht sterben lassen.
Nein.
Nicht auch noch ihn.
Mit einem Knurren konzentrierte sie sich. Die Drachen die bis jetzt friedlich außerhalb des Tumultes gewartet hatten brüllten auf und flogen zu ihr. Einer von ihnen packte Nhar und flog davon. Die anderen schickte sie auf den Unterdrücker los. Von den Drachenattacken abgelenkt humpelte und schleppte sich Lasaar unbemerkt vorwärts, einzig und allein auf ihre Rache konzentriert.
Schließlich war sie nah genug dran.
Die Drachen stoben davon und blieben über ihnen Kreise ziehend, wie Geier auf Beute wartend. Er lag zu ihren Füßen. Ein Häuflein Dreck in ihren Augen.
„Du hast meine Familie ermordet," ein Tritt mit dem gebrochenem Bein landete in der Lunge des Unterdrückers der qualvoll keuchte, „du hast meine Freunde getötet und du hast Seth umgebracht!" schrie sie wie wild auf den Unterdrücker einprügelnd, nicht auf den Schmerz achtend der ihr bei jedem Schlag und Tritt durch den Körper fuhr.
Sie labte sich an seinem Schmerz und lachte grausam während seine Rippen brachen.
„Es wird Zeit, das dir jemand zeigt wie es ist Schmerz zu fühlen!" brüllte sie. Suchend glitt ihr Blick über den Boden und fand eine Streitaxt. Sie hob sie hoch und wog sie prüfend in beiden Händen.
„Fahr zur Hölle“ sagte sie kalt und mit einem einzigen Schlag hieb sie den Kopf des Mörders ihrer Geliebten ab. Von einem auf den nächsten Moment stand sie keuchend inmitten eines fast leeren Feldes.
Die Krieger des Unterdrückers lösten sich auf. Der Zauber der sie am Leben gehalten hatte war gebrochen. Diejenigen, die sich ihm angeschlossen hatten liefen in wilder Panik davon.
Sie würden nicht weit kommen.


Nhar stolperte hastig über die Toten auf sie zu. Lasaar’s zerstörte Flügel explodierten in einem schwarzen glitzernden Regen. Sie hatte es geschafft. Mit dem letzten Gedanken brach sie zusammen.
Die Sonne erhellte das Feld.


Epilog

Drei Jahre später:
Nhar blickte von seinem Buch auf als das leise Trappeln hörte.
Er tat so als habe er es nicht bemerkt und widmete sich wieder seinem Buch zu. Als kleine Hände sich von hinten um seine Augen schlossen spielte er überrascht.
„Huch was ist denn jetzt los?“ fragte er lachend.
„Dadda, ich bin los!“ quietschte die Stimme seiner Tochter glücklich in sein Ohr.
Noch immer Lachend nahm er ihre Hände in seine und drehte sich zu ihr um. Das Ebenbild ihrer Mutter war sie, mit dem feinen Unterschied das sie keine Schuppen sondern normale Haut hatte. Die Augen hatte sie allerdings von ihrer Mutter übernommen, sowie die Eleganz.
Er klemmte sie sich unter dem Arm wobei sie fröhlich quietschte und drehte sich im Kreis.
Sie kreischte überglücklich.
Als er sie wieder absetzte klammerte sie sich an seinem Bein fest.
„Dadda, Mama ist auch da.“
Sie guckte ihn an und deutete nach unten. Er sah durch den durchsichtigen Kristall hindurch Zathi’s Gestalt und eilte mit seiner Tochter am Bein, die dabei lachte, die Treppe hinunter, was die Sache sichtlich erschwerte.
Zathi lächelte angesichts der Beiden und floss auf Nhar zu.
„Ich weiß du magst den Tag heute nicht, aber es ist jetzt drei Jahre her...“ sie fasste seine Hand und zog ihn noch immer mit seiner Tochter am Bein aus der Bibliothek.
Natürlich wusste er was heute für ein Tag war. Er mochte ihn nicht nur nicht. Nein. Er trauerte um ihn.
„Du hast recht, aber was erwartest du von mir?“
„Nichts.“
Sie lächelte ihn an.
„Nur das du dich nicht in deinen Büchern verkriechst.“
Sie schwiegen und nach einer Weile war es seiner Tochter zu langweilig und sie ließ sein Bein los.
„Dadda nicht traurig sein.“
„Raasal ich bin nicht traurig.“
Bestimmt grinste er sie an. Sie grinste zurück.
„Dann kommst du mit uns zum Fest?“ überrumpelte Zathi ihn.
„Ja ich komme“ seufzte er niedergeschlagen.
Zwischen seiner Tochter und seiner Frau schritt er hinaus aus dem Palast zu dem Marktplatz auf dem schon das Lachen vieler glücklicher Sitha zu hören war. Alle lachten und redeten glücklich, nur weil Lasaar es vor all den Jahren gelungen war den Unterdrücker zu stoppen.
Tränen stiegen ihm die Augen.
Als er sie damals vor all dieser Zeit in die Arme geschlossen hatte, voller Blut und leblos hatte er sie auch so gesehen. Trotzdem konnte er nicht wirklich feiern. Er hätte es verhindern müssen auch wenn ihm klar war, dass das nicht möglich gewesen war.
„Kommst du?“
Zathi hatte sich zu ihm gedreht und bei der Hand genommen und lächelte ihm zu.
Und er lächelte zurück.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.10.2009

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