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Von Staffelstein nach Regensburg

Von Staffelstein nach Regensburg

Mein Leben in Jahrzehnten

 

Nachdem wir Anfang der 80ziger Jahre unsere Wanderlust entdeckt hatten und manchmal sogar dreimal im Jahr einen Wanderurlaub in der Oberpfalz in einem kleinen Dorf 40 Kilometer östlich von Nürnberg verbrachten, planten wir für 1989 unseren ersten Fernwanderweg. Angeregt wurden wir durch ein kleines Büchlein von Albert Geng mit dem Titel „Auf dem Main-Donau- Weg von Staffelstein nach Regensburg.“ Wir wollten die Tour in 9 Tagesetappen schaffen.

Ich hatte bereits im Februar mit den Vorbereitungen begonnen, d. h. ich hatte die Quartiere festgemacht und dafür gesorgt, dass uns unser Gepäck nachbefördert wurde.

 

Am 12, September 1989 einen Tag vor meinem 51. Geburtstag ging es ab Staffelstein los. Unsere Unterkunft war im Gasthof „Grüner Baum“ Übernachtung und Frühstück 70,-- DM. Nachdem wir uns beim reichhaltigen Frühstücksbüffet gesättigt hatten. Beglich ich die Rechnung und mein Mann trug die Koffer zum Verkehrsverein. Von dort sollte unser Gepäck kostenlos zum ersten Etappenziel nach Scheßlitz zum Gasthof Krapp befördert werden.

Um 9.15 machten wir uns dann endlich auf den Weg, der uns zuerst über den Staffelberg führte. Der Wettergott meinte es teils gut und teils schlecht mit uns. Gut, weil es nicht so warm war, schlecht, weil die Sicht sehr schlecht war, es war alles in Wolken. Bei günstigerem Wetter hätten wir eine herrliche Aussicht vom Staffelberg gehabt.

Bis zu unserem Ziel blieben wir auf dem Hochplateau. Wir brauchten zwischendurch nicht herunter ins Tal.

Um 15,35 kamen wir in Scheßlitz beim Gasthof Krapp an. Unser Gepäck war schon zu unserer Erleichterung da. Nachdem wir uns frisch gemacht hatten sahen wir uns das Städtchen mit den hübschen Fachwerkhäusern an und suchten ein Café , um erstens einen vernünftigen Kaffee zu trinken und zweitens ein Stückchen Kuchen anlässlich meines 51, Geburtstages zu essen. Vergeblich. Das einzige Café hatte Betriebsferien. Stattdessen suchten wir am Ortsende das einzige Steakhouse auf, das sehr zu empfehlen ist , speisten dort sehr gut und verbrachten drei Stunden darin. Um 20.30 Uhr waren wir bereits in unseren Betten, notgedrungen, da unser Gasthof Ruhetag hatte.

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14. September 1989

Das Wetter war bewölkt. Nach dem reichhaltigen Frühstück machten wir uns um 9.30 Uhr auf den Weg zum zweiten Etappenziel, Richtung Heiligenstadt. Unser Gepäck mussten wir dieses Mal mit einem Taxi befördern lassen, Preis 30,--DM.

Unser erstes Ziel war die Giechburg. Als wir oben ankamen, musste ich unwillkürlich an einen Gruselfilm denken. Große dunkle , schwere Wolken am Himmel, eine Burgruine und zig kreischende Krähen und wir, zwei einsame Wanderer. Auch hier hätten wir eine schöne Aussicht gehabt, wenn das Wetter besser gewesen wäre. Ab Mittag wurde es dann besser. Gerade als wir die für diesen Tag schönste Strecke durchwanderten, nämlich das Trockental zwischen Hohenpölz und Heroldsmühle. Uns wurde fast schwindelig vom Schauen. Und mittendrin ein Schäfer mit seinen beiden Hunden und seiner Herde. Ich hielt den Atem an, um ja nichts von diesem Anblick zu verpassen, und mein Mann hielt das Ganze mit seiner Kamera fest.

Um 15.30 Uhr hatten wir unser Ziel Neumühle ein Kilometer von Heiligenstadt entfernt bei der Familie Bächmann, erreicht, die mit ihren Forellenspezialitäten warb

. Die geräucherte Forelle mit Schwarzbrot, Meerrettichsauce und Salat, die wir uns bestellten war sehr delikat.

Das Haus war ziemlich alt , aber gepflegt. Unser Zimmer war sehr groß, leider ohne WC, aber mit einer Abtrennung für die Dusche. Das WC befand sich auf der gleichen Etage.

 

15. September 1989

Pünktlich zur gewohnten Zeit um 7.30 Uhr rappelte der Wecker. Der erste Blick galt natürlich dem Wetter. Ein bisschen Enttäuschung, die Straßen waren nass,

Regen!!!!

Und es sah nicht so aus, als würde es bald aufhören. Wir ließen uns erst einmal das Frühstück schmecken. Inzwischen hatte es angefangen immer heftiger zu regnen. Außer uns waren noch zwei Hausgäste da, die boten uns an, uns mit dem Auto zum nächsten Ziel nach Behringersmühle zu bringen. Das ließ aber unser Stolz und unser Ehrgeiz nicht zu..

Wir beglichen unsere Rechnung 60,-- DM Übernachtung mit Frühstück und 15,-- DM für die Gepäckbeförderung und machten uns um 9,15 Uhr auf den Weg.

Fünf Stunden wanderten wir im strömenden Regen durch die bis jetzt reizvollste Landschaft dem Aufseßtal, an der Kuchenmühle und der Schottermühle vorbei zu unserem dritten Etappenziel.

Bis auf die Haut durchnässt kamen wir um 15.00 Uhr dort an, ohne eine Pause eingelegt zu haben. Dafür wurden wir mit einem sehr schönen Zimmer , mit WC und Balkon belohnt. Die heiße Dusche tat ungemein gut. Wir fanden, dass wir den Kaffee und den Zwetschgenkuchen hinterher redlich verdient hatten.

 

16. September 1989

Mein Mann hatte Geburtstag und wir legten , nachdem wir die ersten 74 Kilometer hinter uns hatten , einen Ruhetag ein. Unsere Tochter Ulrike, die zu der Zeit in München lebte, kündigte telefonisch ihren Besuch für den Nachmittag an. Nachdem wir einen gemütlichen Nachmittag mit Ulrike verbracht hatten, war wieder ein schöner Tag zu Ende.

 

17. September 1989

Unser nächstes Ziel hieß Betzenstein. Wir brachen um 9.15 Uhr auf nachdem wir die Rechnung für Übernachtung und Frühstück 64 .— DM pro Nacht und 10,-- DM für die Gebäckbeförderung beglichen hatten.

Bei herrlichem Altweibersommerwetter führte uns der Weg durch eines der schönsten Teile der fränkischen Schweiz. Hier hat die Natur wahre Wunder vollbracht. Typisch für die Landschaft, die Felsen, Höhepunkt die Stadt Pottenstein, die Felsenstadt.

Um die Teufelshöhle zu besichtigen, hinderten uns die vielen Tagesausflügler, die den schönen Spätsommertag nutzten , und das Gleiche vorhatten.

Nach der Schüttermühle begegneten uns immer weniger Leute. Schließlich gehörte die Landschaft wieder nur uns. Keine Menschen, - kein Verkehrslärm mehr-.

Bei uns machte sich der über vierstündige Marsch bemerkbar. Wir waren wieder nirgendswo eingekehrt, hatten unterwegs nur auf einer Bank eine kurze Rast eingelegt und uns mit einem Brot gestärkt.

Die Sonne hatte ihren Höhepunkt erreicht, schien uns ins Gesicht, die Beine wurden immer schwerer, der Weg zog sich, unser Mund wurde immer trockener.

Wir hatten nichts mehr zu trinken.

Wir wurden immer stiller!

Ein Aufatmen, als wir endlich um 15.20 Uhr die ersten Häuser von Betzenstein sahen, unserem Tagesziel.

 

18. September

Wir machten uns bei herrlichem Wetter zur gewohnten Zeit auf den Weg. Vor uns lagen 35 Kilometer. Unser Etappenziel war Neutras.

Über Neutras muss ich noch Folgendes berichten. Seit Jahren verbrachten wir dort teilweise dreimal im Jahr unseren Wanderurlaub und lernten dort auch Albert Geng kennen, der den Main –Donau Weg in einem kleinen Buch beschrieben hat, auf dem wir gerade unterwegs waren,

Bevor wir von Staffelstein unsere Wanderung anfingen, hatten wir den Tag davor in Neutras verbracht. Wir ließen unser Auto da stehen und ließen uns von unserem Gastwirt am anderen Tag nach Nürnberg zum Bahnhof fahren und fuhren von dort mit dem Zug nach Staffelstein.

Während wir am 18. September in Neutras zu Abend aßen, gab es eine Überraschung, Albert Geng kam mit seiner Frau zur Tür herein. Sie interessierten sich verständlicherweise für unsere Tour. Angeregt tauschten wir Erfahrungen aus. Herr Geng machte sich nach den Angaben meines Mannes eifrige Notizen darüber, was auf der Route mit den Angaben in seinem Buch nicht mehr übereinstimmte.

Es war ein netter Abend, Wir versprachen ihm, uns nach der Wanderung auf jeden Fall noch einmal zu melden.

Am nächsten Tag legten wir einen Ruhetag ein 112 Kilometer lagen noch insgesamt vor uns.

Am Nachmittag brachten wir selbst unser Gepäck zum nächsten Etappenziel nach Berg bei Neumarkt in der Obpf.

 

20. September

Um 9.30 ging es bei strahlendem Wetter los. Es war ein schöner sehr abwechslungsreicher Weg. Aber der Weg zog sich in die Länge und wir zweifelten allmählich daran, dass es nur 27 Kilometer sein sollten. Kurz vor dem Ziel kam zu allem Übel noch hinzu, dass wir in die falsche Richtung abgebogen waren und wir wieder zurück mussten. Das machte bestimmt 2 km mehr aus.

Endlich um 18.30 erreichten wir unser Quartier den „Lindenhof „ in Berg. Da wurden wir mit dem bisher schönsten Zimmer belohnt. Die Gepäckbeförderung übernahm der Wirt, ein ruhiger sympathischer Mann , am anderen Tag kostenlos

 

21. September

.Um 9.00 Uhr brachen wir zu unserer siebten Etappe nach Lengenfeld auf. Im Gegensatz zu dem sehr schönen Wetter, war der Weg nicht so schön. Wir liefen fast nur Straße und Schotterwege. Es dauerte eine Weile bis die Wegstrecke besser wurde und wir durch ein schönes einsames Tal , dem Quellgebiet der „Weißen Laaber „ kamen. Aber das war es auch schon.

Dann ging es wieder über eine Asphaltstraße nach Oberbuchenfeld. Dort war eine Einkehrmöglichkeit angegeben. Wir freuten uns schon auf den Kaffee, den wir dort trinken wollten. Aber das Gasthaus war geschlossen.

Inzwischen brannte die Sonne unerbittlich auf uns nieder. Aber es half nichts, wir mussten weiter.

Nun ging es nur durch Felder. So viele Felder auf einmal habe ich, glaube ich, noch nie gesehen. Für mich war das die bisher langweiligste Wegstrecke .

Endlich um 15.30 Uhr kamen wir in Lengenfeld an.

 

22. September

Der erste Blick aus dem Fenster. Nebel!!!

Um 9.05 brachen wir zu unserer vorletzten Etappe nach Beratzhausen auf. Bis Regensburg lagen noch 58 Kilometer vor uns.

Die Sonne arbeitete sich langsam durch den Frühnebel durch, und ich bewunderte die Spinnennetze an den Gräsern und Sträuchern, die wie gesponnenes Gold aussahen.

Ich erwartete voller Ungeduld das Laabertal. Als wir es schließlich durchwanderten , waren wir enttäuscht. Es sah zwar alles ganz nett aus, aber die Verkehrsstraßen waren viel zu nah, und damit auch der Verkehrslärm. Wir mussten entweder auf Asphalt oder über Schotter laufen, was ziemlich ermüdend war.

Nachdem wir uns 12 Kilometer vor Beratzhausen in Degerndorf mit einem Kaffee gestärkt hatten ging es auf der schönsten Wegstrecke weiter. Jetzt endlich bot sich uns das Laabertal in seiner ganzen Schönheit an, so wie wir es erwartet hatten. Eine herrliche Landschaft, einsam und fern vom Verkehrslärm.

Um 18.30 Uhr erreichten wir unser Quartier, den Gasthof Ehrenfels in Beratzhausen.

 

23. September

Um 9.30 Uhr ging es bei anfänglichem Nieselwetter los d,h. es war mehr Nebel als Regen, der uns feucht werden ließ. Doch was jetzt kam hatte ich eigentlich nicht erwartet. Eine wunderschöne Wegstrecke durch das Laabertal, an vielen bewirtschafteten romantisch gelegenen Mühlen vorbei. Bis Regensburg lagen noch 31 Kilometer vor uns.

Acht Kilometer vor Regensburg stärkten wir uns in einem Gasthaus, welches am Wege lag mit einem Kaffee und einem leckeren Birnenkuchen.

Inzwischen merkte ich kaum, dass ich noch Beine hatte. Vom Lendenwirbel abwärts war alles taub. Aber der Kaffee und das Gefühl, es bald geschafft zu haben, beflügelte mich noch einmal..

Kurz bevor wir die Brücke erreichten, die uns über die Donau nach Regensburg –Großprüfening , dem Ende des Main-Donau-Weges führte, suchte sich die Sonne eine kleine Lücke durch die Wolkendecke und mein Wunsch ging in Erfüllung..

 

Wir hatten nach 242 Kilometer Fußmarsch die Donau und Regensburg erreicht. Meine Füße waren zwar zerschunden, aber ich sah, wie sich die untergehende Sonne in der Donau spiegelte. Und ich vergoss ein paar Glückstränen.

Es war war ein unbeschreibliches Gefühl!.

 

Kurz nach 18.00 Uhr waren wir nach 8 ½ Stunden am Ende des Wanderweges angelangt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Texte: Doris Frese
Cover: Ccver Bild Werner Frese
Tag der Veröffentlichung: 01.11.2020

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