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Die Kinder sind aus dem Haus

Die Kinder sind aus dem Haus

Mein Leben in Jahrzehnten 1978 bis 1988

Ich habe die Jahre zwischen 40 und 50 genossen. Die Kinder waren aus dem Haus Mein Mann war noch berufstätig und kam erst um 17.00 Uhr heim, und ich konnte mir den Tag so einteilen, wie ich wollte.

Unser Sohn begann nach der Schulentlassung 1979 eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann beim Deutschen Ring.

Ulrike wollte Sozialpädagogik studieren und machte in einem Alten- und Pflegeheim ein Vorpraktikum.

Steffi besuchte zwei Jahre eine Schule für Erzieherinnen und machte anschließend im Kindergarten im Hammer Westen ihr Anerkennungsjahr. 1984 hatte sie ihr Ziel „Kindergärtnerin“ zu werden erreicht.

Es war 1980 als wir auf unserer Etagenwohnung die Nachbarwohnung ( 2 Zimmer mit Kochnische und Bad) für unsere Mädchen anmieten konnten. Für fünf Erwachsene wurde unsere Wohnung mit nur einem Badezimmer etwas zu klein. Ulrike war 17 und Steffi 16 Jahre alt. Sie hatten beide das Gefühl selbständig und frei zu sein und ich hatte sie trotzdem an der Leine, zugegeben die Leine war recht lang. Das Gute daran war, dass nun auch die Geburtstagspartys nicht mehr in unserer Wohnung stattfanden. Ich sorgte nur weiterhin für das Wohl der Gäste.

  • Die Mädel wussten ganz genau, wann ich nachmittags meinen Kaffee trank. Ich hörte wie nebenan die Tür zuschlug und der Schlüssel sich in unserer Tür drehte. Dann standen sie quasi auf der Matte und wollten auch ein Tässchen mit trinken. Und dabei schauten wir uns die alten Fernsehserien an, die wiederholt wurden z. B. „Unsere kleine Farm“ oder Jeannie“. Ach , und das darf ich auf keinen Fall vergessen zu schreiben . Jedes Jahr in der Weihnachtszeit schauten wir drei Frauen uns die Sissy-Filme mit Romy Schneider an. Und wir saßen 1982 gemeinsam vor dem Fernseher , als Nicole mit „Ein bisschen Frieden „ für Deutschland den Grand Prix d“Eurovision de la Chanson gewann.

  • Mein Mann und ich unternahmen 1980 zum ersten Mal ohne unsere Kinder eine Reise. Drei Tage Wien mit Besuch der Wiener Staatsoper (Lohengrin), 4 Tage Budapest und 2 Wochen Plattensee. Da die Kinder nicht mehr mit wollten, konnten wir auch außerhalb der Ferien Urlaub machen. Ein Handy hatten wir zu der Zeit noch nicht, ich weiß gar nicht, ob es da schon welche gab . Ich rief also jeden zweiten Tag aus der Telefonzelle zu Hause an, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist.

Finanziell ging es uns so gut, dass mein Mann und ich in jedem Jahr sogar zweimal im Jahr in Urlaub fahren konnten. Im Herbst 1981 lernten wir Neutras kennen, ein kleines Dorf in der Oberpfalz (40 Kilometer östlich von Nürnberg) und wir entdeckten, wie schön es ist durch Gottes freier Natur zu wandern. Es gefiel uns so gut, dass wir in den nächsten Jahren teilweise dreimal unseren Urlaub dort verbrachten.

Unsere zweite Leidenschaft begann 1984, d. h. es wurde dann immer mehr zur Sucht. Das war der Bowlingsport, den wir beide gemeinsam ausübten.

1986 war das Jahr des Abschiedsnehmens. Das heißt, es war ein Abschied und zugleich ein Neubeginn.

Schon im Dezember 1985 zog unser Sohn in eine Männer WG und im Sommer 1986 zog Steffi mit ihrem damaligen Freund zusammen und Ulrike suchte sich in München einen Job. Das war die schlimmste Trennung für mich. Sie war so weit weg. Wenn ich an den Moment denke, als wir uns Lebewohl sagten und alles so definitiv war, wird mir jetzt im Nachhinein noch ganz komisch. Es war so etwas „Endgültiges“ in meinem Leben. Ich glaube, ich war während der Abschiedsszene ganz schön tapfer. Aber als sie weg war, habe ich im Wohnzimmer gesessen und fürchterlich geheult.

Auf einmal war von der großen Familie nichts mehr da. Mein Mann und ich waren wieder alleine. Doch es gelang mir dem Ganzen die positive Seite abzugewinnen. Ich hatte wieder mehr Zeit für mich und für meinen Mann, der sich vielleicht manchmal vernachlässigt gefühlt hatte.

Als die Kinder aus dem Haus waren und meine Aufgabe als Mutter zunächst nicht mehr gefragt war, nahm ich die ehrenamtliche Arbeit im Vorstand unseres Bowlingvereins an, die mich voll in Anspruch nahm und mich von meinem Trennungsschmerz ablenkte. Ich war acht Jahre als Geschäftsführerin in unserem Bowlingverein und bis 2008 als Pressewart tätig und das sehr engagiert.

Es war im Herbst 1986 während unseres Wanderurlaubs, als wir in den Radionachrichten von dem Supergau in Tschernobyl erfuhren.


Wenn ich bis dahin nicht nur für und nicht gegen Atomkraft war, wurde ich nun eine absolute Atomkraftgegnerin und bin es noch.

Tschernobyl liegt im Norden der Ukraine (damals noch Sowjetunion) und gehört zu der „ Oblast Kiew‘“, Kiew die Hauptstadt der Ukraine. 1985 unternahmen wir anlässlich unserer silbernen Hochzeit eine Rundreise durch die Sowjetunion und besuchten auch Kiew, von der mein Mann behauptete , dass es die schönste Stadt gewesen wäre, die er bis dahin gesehen hätte. Und nun gehörte sie zum Teil der Region, der radioaktiv verseucht ist. Wir waren sehr geschockt

Es waren wohl merkwürdige Zufälle, dass wir so Hiobsbotschaften immer während unserer Wanderurlaube erfahren mussten. 1982 erfuhren wir, dass Helmut Schmidt ,der seit 1974 Bundeskanzler war, durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen ihn von Helmut Kohl abgelöst wurde. Schmidts Amtszeit wurde geprägt durch den Terror der Roten Armee Fraktion. Das Ende seiner Amtszeit wurde durch seine Unterstützung des Nato Doppelbeschlusses eingeläutet, mit der viele SPD –Mitglieder nicht einverstanden waren.

Meinen 50. Geburtstag feierten wir 1988 mit unseren Kindern und deren Freunden in Neutras, unserem ständigen Wander-Urlaubsort.

Impressum

Texte: Doris Frese
Cover: eigenes Foto
Tag der Veröffentlichung: 02.10.2020

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
meiner Familie gewidmet

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